Wir haben aber in der Tat in diesem Fall kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit. Deshalb ist der Masterplan vermutlich nicht das geeignete Instrument. Wir brauchen in den nächsten Jahren Zehntausende neue Wohnungen für eine wachsende Stadt, die möglichst alle Preissegmente abdecken. Wenn man nur Sozialwohnungen baut, werden die Eigentümerinnen und Eigentümer, die bauen, auf der anderen Seite ganz teure Wohnungen anbieten müssen, und das mittlere Preissegment – der
Insofern wissen wir sehr wohl: Brachen müssen bebaut, neue Wohngebiete erschlossen, in innerstädtischen Lagen müssen maßvolle Nachverdichtungen vorgenommen werden, und wir müssen dabei auch die Bauordnung entrümpeln, damit Bauen deutlich preiswerter wird. Wir müssen neue Wohngebiete erschließen, um zehntausende neue Wohnungen zu ermöglichen – Stichwort: Paulinenaue in Pankow. Man kann nicht immer nur sagen: In Tegel können Wohnungen gebaut werden, das wollt Ihr nicht. – Nutzen Sie doch erst einmal die Wohngebiete, die sofort zur Verfügung stehen! Dort könnte man auch Tausende neue Wohnungen schaffen.
Ansonsten gibt es noch vom Baulückenkataster, das wir hier schon eingefordert haben, zum Ausbau von Dachgeschossen über die Arrondierung in Innenstadtbereichen weitere Möglichkeiten – Grunderwerbsteuer haben wir diskutiert, straffere Abwicklung und zügigere Vergabe von Baugenehmigungen, Subjekt- statt Objektförde- rung –, der Maßnahmenkatalog ist lang, die Instrumente sind bekannt, mit denen man der Wohnungsnot in dieser Stadt begegnen könnte.
Allerdings brauchen wir dafür keinen Masterplan. Ich habe in meinem Leben genug Masterpläne in der Bezirksverordnetenversammlung in meiner Hand gehabt. Da wurden dann mit Volumina von 50 000 bis 300 000 Euro irgendwelche Studien beauftragt, die hinterher kein Mensch gelesen hat, die in den Schubladen der Verwaltung vor sich hingammelten, die dann auch kein Bezirksverordneter mehr zu Rate gezogen hat. Insofern wäre das Geld an anderer Stelle sinnvoller investiert. Machen wir uns an die Arbeit und lassen wir schnell auch durch die private Wohnungswirtschaft und die Privatindustrie Wohnungen bauen! Das wäre der beste Weg, um den Wohnungsnotstand zu lindern. Wir brauchen keinen Masterplan, der unnötig Geld kostet und von dem wir dann in fünf Jahren die gleichen Erkenntnisse gewinnen, die wir jetzt schon haben. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Frau Schmidberger das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Gräff! Ich habe schon beim letzten
Mal im Plenum und auch im Ausschuss ausführlich über Ihren Antrag gesprochen. Ich muss sagen: Nach wie vor fällt die Bilanz eher mager aus. Es ist weder „Master“ noch „Plan“. Zum einen, weil Sie sozusagen nur Empfehlungen geben, was in Zukunft festgehalten werden soll. Sie schreiben aber überhaupt nicht, wie wir den Neubau beschleunigen sollen. Sie schreiben nichts zu den Problemen, die Sie eben benannt haben. Deshalb tut es mir leid, dass wir mit Ihrem Antrag nach wie vor nichts anfangen können.
Ich möchte gern eher zu diesem Vorwurf Stellung nehmen, den Sie schon seit Wochen – überhaupt die gesamte Opposition – verbreiten: Wir würden Klientelpolitik machen, und zwar Klientelpolitik für die Armen.
Wie sieht denn die Wahrheit eigentlich aus? – Wenn wir uns angucken, was wir als rot-rot-grüne Landesregierung auf den Weg gebracht haben, kann ich Ihnen nur sagen: Wir machen Angebote für alle 85 Prozent Mieterinnen und Mieter dieser Stadt. Wie bieten im Bestand bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften einmal 60 Prozent der Wohnungen an für Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein und die anderen 40 Prozent werden frei vergeben, das heißt, auch die Mittelschicht, vielleicht auch ab und zu die Oberschicht, kommen zum Zuge. Genauso ist es auch bei der Neubauförderung bzw. dem Neubau der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften: 50 Prozent auf landeseigenen Grundstücken wird gefördert sein, 50 Prozent frei finanziert. Also: Wo liegt Ihr Problem?
Dann schauen wir uns einmal die Wohnungsbauförderung an, die wir auf den Weg bringen. Sie haben in den letzten Jahren weniger gefördert, als wir in einem Jahr als rot-rot-grüne Landesregierung ansetzen. Übrigens, diese Wohnungsbauförderung steht allen, auch den Privaten, zur Verfügung. Deswegen verstehe ich Ihr Problem nicht, denn wir bieten allen in dieser Stadt etwas an. Also hören Sie auf, immer so zu tun, als wären Sie diejenigen, die um das Gemeinwohl besorgt sind. Klar, wenn Sie meinen, Ihr Vorwurf beziehe sich darauf, dass wir für Ihre Klientel – für börsennotierte Unternehmen, für Makler, für Reiche und andere Spekulanten – nichts machen, dann haben sie recht. Diese Klientel wollen wir gar nicht bedienen!
Generell würde ich einmal vor meiner eigenen Haustür kehren. Sie haben keinen Masterplan Wohnen, weder auf Bezirksebene – da blockieren Sie alles, wenn es um den Milieuschutz geht – noch auf Landesebene noch auf Bundesebene, wo Sie das Mietrecht aushöhlen, wo Sie zulassen, dass wir Schlupflöcher bei der Grunderwerbsteuer haben und uns mehrere Hundert Millionen Euro jedes Jahr verloren gehen. Sorry, ich kann nur sagen: Überall da, wo Sie wohnungsbaupolitische Verant
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist nicht nur in der heute veröffentlichten Forsa-Umfrage, sondern schon seit längerer Zeit erkennbar, dass das Thema bezahlbares Wohnen eines der wichtigsten Themen ist, das die Menschen in dieser Stadt bewegt. Insofern bin ich ein bisschen erschüttert darüber, dass Sie von der Opposition de facto keinen Vorschlag machen, sondern das Thema nur benutzen, um eine mehr oder weniger offenkundige Wahlkampfveranstaltung abzuziehen.
Weil Sie es immer wieder wiederholen, muss ich mich auch wiederholen, und ich mache es einfach an drei Beispielen: Dass die Stadt nur gemeinsam zu gestalten ist, liegt auf der Hand. Das führt unter anderem dazu, dass ich am Montag im Hoffmann-Quartier in Buch war und dort mit dem privaten Investor, einem Vertreter der Genossenschaft und einem Vertreter der BBU vor einem sehr interessierten Publikum darüber diskutiert habe, wie man die Stadt gemeinsam gestalten kann. Ein paar Tage zuvor war ich in Spandau, wo ein privater Bauträger für die städtischen Gesellschaften WBM und DEGEWO ein großes Quartier baut, über tausend Wohnungen – Richtfest, gute Sache! Wieder ein paar Tage vorher war ich in Köpenick, Rahnsdorf beim Spatenstich für ein Bauvorhaben, das Stadt und Land gemeinsam mit einem privaten Investor realisiert. Ihrer ständigen Litanei, dass in dieser Stadt private Bauherren nicht zum Zuge kämen und sie weder mit mir redeten noch bei mir einen Termin bekämen, will ich mit aller Entschiedenheit widersprechen. Das ist der einzige Grund, warum ich mich zu Wort gemeldet habe. Ein solcher Unsinn kann nicht unwidersprochen im Raum stehengelassen werden. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Senatorin! – Mit dieser Rede ist die zweite Rederunde eröffnet. Herr Abgeordneter Gräff hat sich bereits zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Sie haben das Wort! Es geht jetzt auf das Redekontingent.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Schmidberger! Wo ist Ihr Problem? Ich möchte es Ihnen noch einmal erklären. Wir sind der tiefen Überzeugung – und wenn wir in dem Punkt nicht einer Auffassung sind, was ich mir nicht vorstellen kann, dann haben wir in der Tat einen grundsätzlichen Dissens – und glauben eben nicht, dass der Neubau der öffentlichen Gesellschaften, den Sie ja richtig beschrieben haben, dazu ausreicht, das Problem in beiden Feldern, im sozialen oder preiswerten Mietwohnungssegment und im mittleren Segment zu lösen. Mit Verlaub, es sind wirklich keine Millionäre oder wie auch immer, die 8 oder 9 Euro Nettokaltmiete bezahlen können, Frau Schmidberger. Da leben Sie wirklich in einer anderen Welt. Das ist Quatsch, das ist Unsinn!
Wir sind nicht der Überzeugung, dass der Bau der öffentlichen Gesellschaften dazu ausreicht. Wir brauchen die Privaten.
Verehrte Frau Senatorin! Ich bin dankbar, dass Sie sich zu Wort gemeldet haben. Ich habe es so noch nicht gehört; ich finde es gut. Ich hatte immer den Eindruck, da wird so ein bisschen weggenickt. Ich finde es insofern gut, dass Sie sich dazu zu Wort gemeldet haben.
Aber, letzte Bemerkung: Die bemerkenswerte Rede hat eigentlich Herr Dr. Nelken gehalten. Herr Dr. Nelken! Sie haben genau das bestätigt, was wir möglicherweise an der einen oder anderen Stelle nur geahnt haben.
Sie sind der Auffassung, dass Wohnungsneubau überhaupt keine Auswirkung auf den Mietpreis in Berlin hat. Das haben Sie gesagt, das können wir gerne noch einmal nachlesen. Da haben Sie die Katze aus dem Sack gelassen.
So wollen Sie Mieten- und Wohnungspolitik für diese Stadt machen. Das hat schon mal nicht funktioniert, Herr Dr. Nelken. Darunter wird Berlin leiden, Herr Dr. Nelken!
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Ich habe überlegt, ob ich noch einmal hier nach vorne gehe, denn eigentlich habe ich alles gesagt, auch nach der
Kurzintervention. Da uns aber doch höchstwahrscheinlich viele Zuschauerinnen und Zuschauer zusehen, möchte ich das noch einmal sagen – Punkt eins: Wir werden den Neubau selbstverständlich mit den Wohnungsbaugesellschaften, mit der neuen Liegenschaftspolitik weiterhin vorantreiben, wie die Zahlen es auch zeigen. Ich habe vorhin gesagt, wir werden höchstwahrscheinlich bis zum Jahr 2030 einen ganzen Bezirk mehr in der Stadt haben, mit 260 000 neuen Berlinerinnen und Berlinern. Berlin ist interessant, Berlin ist toll. Wir haben gute städtische Wohnungsbaugesellschaften, die für den Neubau gerüstet sind, und den werden sie umsetzen.
Erinnern Sie sich daran: Wir haben 100 Millionen an zusätzlichem Geld in die Hand genommen, um das Eigenkapital zu erhöhen, damit neu gebaut wird.
Punkt zwei: Selbstverständlich, das hat die Senatorin noch einmal bekräftigt und das möchte ich für die SPDFraktion noch einmal deutlich sagen, werden auch private Investoren in Berlin ein offenes Tor finden. Das haben sie in der Vergangenheit gehabt, und das werden sie auch zukünftig haben. Da wir ein interessantes Bundesland sind, wohin viele, gerade auch private Investoren ziehen wollen, wir aber eine Berliner Mischung wollen, haben wir in der letzten Wahlperiode dieses Modell der kooperativen Baulandentwicklung entwickelt, und das ist richtig so. Genau das werden wir fortsetzen. Wir werden Neubau selbstverständlich wie alle anderen Bestandteile, die dazugehören, um bezahlbaren Wohnraum in der Stadt abzusichern, vornehmen und umsetzen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank! – Die AfD-Fraktion hat verzichtet, dann hat Herr Dr. Nelken für die Linksfraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Gräff! Sie haben mir eine Frage gestellt. Sie haben bedauerlicherweise nicht zugehört, oder Sie haben es nicht verstanden. Ich habe von dem Zusammenhang von Wohnungsneubau und Preisen gesprochen. In dem Augenblick, wo die kaufkräftige Nachfrage da ist und die Preise steigen, nimmt doch der private Wohnungsbau zu. So herum funktioniert der Wohnungsmarkt. Das Problem an der Sache ist auch gar nicht, den Privaten vorzuwerfen, dass sie mit Investitionen Gewinne machen wollen. Das ist ihr Job. Deswegen gibt es einen Unterschied zwischen Wohnungsmarkt und Wohnraumversorgung.
Wir haben ein Problem in der Stadt, das hauptsächlich darin besteht, dass sich viele Menschen, bis in die Mittel
schicht hinein, an diesem Wohnungsmarkt nicht mehr bedienen können. Sie können diese Preise nicht bezahlen. Wenn Sie hier davon reden, dass jemand 9 Euro netto kalt privat baut, dann ist das bei den Boden- und Baupreisen einfach wohnungswirtschaftliche Unkenntnis. Das ist mein Problem, dass die Herren und Damen der Rechten, die sich da eigentlich besser auskennen sollten, nicht wissen, wie der Wohnungsmarkt funktioniert.
Das ist gar kein moralischer Vorwurf, denn von einem Bauherrn zu verlangen, dass er zu 9 Euro baut, wenn er vielleicht zu 12, 13 Euro Kostenmiete hat, ist albern. Es gibt sicherlich Preise, die völlig überzogen sind, aber ein Investor muss doch wenigstens den Herstellungspreis über die Mieten oder den Verkauf einnehmen können.