Protokoll der Sitzung vom 06.07.2017

[Karsten Woldeit (AfD): So ist das doch!]

Angst ist ein schlechter Ratgeber, vor allem die durch die AfD verbreitete diffuse Angst davor, sich im eigenen Land fremd zu fühlen und die konkrete Angst vor Terroristen zu instrumentalisieren, da sie als Geflüchtete getarnt nach Europa kommen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Buchholz von der AfD?

Nein, danke! – Angst führt zu Wagenburgmentalität, Angst macht Menschen verführbar, einfache Lösungen zu akzeptieren. Sie, Damen und Herren von der AfD, wollen Angst über das Denken siegen lassen. Das werden wir nicht zulassen, nicht in Berlin und nicht in Deutschland.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Das Krude an Ihrem Antrag, der suggerieren will, dass unser Schulgesetz den Auftrag der Schule und die Ziele von Bildung und Erziehung in nicht notwendigem Umfang formuliert, wird im Anhang und besonders in der Begründung des Anhangs deutlich. In § 1 Schulgesetz wollen Sie unter anderem eine „Befähigung zu einer uneingeschränkten Religionskritik“ einfügen.

[Beifall von Marc Vallendar (AfD)]

Was meinen Sie eigentlich damit? Gegen welche Religion richtet sich das? Üben Sie diese gelegentlich auch in Ihrer eigenen Fraktion aus, in der ja bekennende Religionsanhänger sind? Das würde mich mal interessieren.

Des Weiteren wollen Sie Schülerinnen und Schüler dazu heranbilden, die Einhaltung des Amtseides gewählter Regierungsmitglieder zu kontrollieren. Sie zitieren in

dem Zusammenhang aus dem Amtseid des Bundespräsidenten, in dem er schwört, seine

Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm (zu) wenden.

Gleich darauf schreiben Sie dann:

Die Wahrung der Interessen des deutschen Volkes ist auch auf einem weniger offensichtlichen Wege bedroht als durch „zur Gewaltherrschaft strebende Lehren“.

Weiter sagen Sie:

Auch demokratisch gewählte Regierungen können die beeidete Selbstverpflichtung verfehlen oder unterlaufen.

Sehen Sie das bei unserem Bundespräsidenten so? Sehen Sie das bei unserer Regierung so? Das ist doch schon wieder die Verbreitung von Angst und Schrecken und entspricht ganz der Strategie Ihrer neuen Spitzenkandidatin Weidel, die in Köln ja behauptete, ganz Deutschland sei dank Angela Merkel zu einem kriminellen Hotspot geworden.

[Beifall bei der AfD – Bravo! von der AfD]

Sie sehen das offensichtlich genauso. Wo leben Sie denn eigentlich? – In Ihrer Antragsbegründung heißt es dann weiter:

… die Wahrnehmung anderer Interessen als der des deutschen Volkes ist auszuschließen …

[Zuruf von der AfD: Ja, ja!]

Also hier in Deutschland soll kein Völkerrecht gelten, kein allgemeines Menschenrecht, kein Asylrecht?

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE) – Frank-Christian Hansel (AfD): Krudes Zeug!]

Das, Damen und Herren der AfD, verstößt gegen das Grundgesetz, das wir vor Ihnen schützen werden, genauso wie wir das Schulgesetz vor Ihnen schützen werden. Darauf können Sie aber wetten.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der FDP – Lachen von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Als perfide muss ich dann auch noch Ihre Auslassung zur von Politik und Medien betriebenen „Täuschung durch Sprache“ – Maja Lasić nahm schon Bezug darauf – bezeichnen, die Sie wenig später mit der Forderung verbinden, Begriffe, die durch die Nazis missbraucht wurden, doch „wieder zu befreien“. Besonders beziehen Sie sich auf die Worte: „Heimat, Nation, Volk“. Sie verbreiten weiter, dass diese Begriffe stigmatisiert, ja gebrandmarkt seien und das in einem „Sprachraub“ münde.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Sie sagen es doch jeden Tag!]

Abgesehen davon, dass das ausgemachter Blödsinn ist,

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

was Sie uns hier unter dem Deckmantel dieses Antrags unterschieben wollen, ist offensichtlich das Salonfähigmachen völkischer Aussagen à la Weidel, die Zitat: „politische Korrektheit … auf den Müllhaufen der Geschichte“ werfen will.

[Beifall bei der AfD – Bravo! Stefan Franz Kerker (AfD)]

Das ist offensichtlich das Anbiedern bei völkischen Aussagen à la eines Mitgliedes Ihrer Fraktion, nämlich Herrn Dr. Berg,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Blödsinn!]

der in der letzten Kulturausschusssitzung, als er den neuen Intendanten der Volksbühne, Dercon, fragte, ob er sich zum Blockwart des Deutschen Bühnenvereins machen lassen wolle, von ihm eine entsprechende, passende Antwort bekam.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ui!]

Hier kann ich jetzt wirklich nur noch ausrufen: „Herr! Schmeiß Hirn vom Himmel!“ – oder um es mit einem berühmten Kinder- und Jugendtheater Berlins zu sagen: Mehr Grips!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Stefan Franz Kerker (AfD): Das sagt jemand, der an den Sozialismus geglaubt hat!]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Fresdorf das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte heute eigentlich eine ganz andere Rede zu diesem Tagesordnungspunkt halten, aber Dr. Curio, das, was Sie hier heute mit Ihrem Redebeitrag gemacht haben, war zum einen schlecht,

[Vereinzelter Beifall bei der FDP – Anja Kofbinger (GRÜNE): Ja!]

und das trifft jetzt sowohl Sie als auch Ihre Fraktion und auch Ihren Antrag.

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wenn ich so einen Antrag lese und die Gedanken, die darin stecken, rausfiltere, dann sehe ich, wie gut unser Schulgesetz ist, das wir haben,

[Torsten Schneider (SPD): Hej!]

und finde es immer notwendiger, dass wir mündige und kritische Bürgerinnen und Bürger erziehen in unserem Land, die solchen Rattenfängern nicht ins Netz gehen.

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Carsten Ubbelohde (AfD): Eben!]

Es gehört aber dazu, dass wir dieses Schulgesetz mit Leben ausfüllen, dass wir unsere Schulen zu funktionierenden Lern- und Bildungsorten machen, dass wir sie vernünftig ausstatten – mit finanziellen Mitteln, mit Lehrerinnen und Lehrern –, dass wir die Unterrichtsqualität anheben und dass wir all das angehen, was in 23 Jahren SPD im Bildungsressort versäumt wurde. Doch das gehört zu einem anderen Tagesordnungspunkt.

Wir werden den Antrag ablehnen, weil er einfach schlecht ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Frau Jarasch das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Curio! Sie haben Glück, dass ich mir eine Sache vorgenommen habe: Ich habe mir vorgenommen, es der AfD nicht zu leicht zu machen und nicht über jedes ideologische Stöckchen zu springen, das Sie uns hier hinwerfen, sondern Ihre Argumente zu zerlegen. Deswegen werde ich auch diesen Antrag ernst nehmen, obwohl ich nach Ihrer Rede Lust hätte, zu sagen: Egal, zu welchem Thema, egal, zu welchem politischen Fachbereich Sie reden, eigentlich könnten Sie über jeden Antrag schreiben: Ich hasse Muslime! –, denn das ist der einzige Inhalt, der jedes Mal herauskommt, wenn Sie anfangen zu reden.