Protokoll der Sitzung vom 14.09.2017

Man muss sich mal anschauen, was sie machen: Internetrecherche, mehrere Hausbesuche. Mit welchem Recht belasten Sie diese Fallgruppe, die wir ausnehmen möchten, zumal diese Fallgruppe gar nicht zu Ihrem Gesetzesziel beitragen kann? Insofern: Bringen Sie nicht alle Bürgerinnen und Bürger in Verruf! Setzen Sie Ihr Verwaltungspersonal da ein, wo es Sinn macht und zu der Umsetzung Ihres Gesetzesziels beiträgt! Alles andere finde ich unverhältnismäßig.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Buchholz erneut das Wort.

Verehrte Kollegin Dr. Jasper-Winter! Liebe FDPKolleginnen und -kollegen! Die Argumentation, die Sie hier vorbringen, ist schon etwas seltsam. Ich habe herausgehört, dass Ihnen gewerbsmäßige Feriennutzungen offensichtlich völlig egal sind. Es ist jetzt mehrfach vorgerechnet worden, dass Sie mit dem gewerbsmäßigen Vermieten von Ferienwohnungen bis zum Vierfachen – vielleicht in der Praxis sogar das Fünf- oder Sechsfache – dessen einnehmen können, was Sie mit einem normalen Mietverhältnis einnehmen können. Das ist Ihnen völlig egal. Das ist übrigens auch illegal verdientes Geld. Ich wundere mich sehr, dass die Berliner FDP eine so komische Haltung hat.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das, was Sie als Gesetzesänderung vorschlagen, ist so löchrig wie ein Schweizer Käse. Sie wissen das und wollen das ganz bewusst so. Dazu sagen wir Ihnen von der Koalition ganz klar: Sie werden damit mehr illegale Ferienwohnungsnutzung in Berlin ermöglichen. Es waren einmal 15 000 oder 25 000. Jetzt haben wir 6 100 offiziell gemeldete Ferienwohnungen. Sie können ja mal fragen, wie viele davon Steuern gezahlt haben. Haben Sie darüber einmal nachgedacht? Dazu habe ich noch nie etwas von der FDP gehört. Das ist nämlich auch Steuerhinterziehung. Das muss man mal klar sagen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Schauen wir uns einmal an, wie die CDU-Berlin plötzlich argumentiert – da wird es ganz traurig, Herr Gräff –: Ich weiß bei diesem Gesetz sehr genau, um was es geht und was darin steht. Ich habe es vor einigen Jahren mit Ihrem Kollegen Matthias Brauner Wort für Wort und Komma für Komma ausverhandelt. Wir haben sehr genau darauf geachtet, ein verantwortungsvolles Gesetz für Berlin zu machen. Dahinter fallen Sie mit dem heutigen Vorschlag kilometerweit zurück. Dass wir über Trägerwohnungen nicht reden brauchen, ist klar. Das ist nicht das Thema. Das betrifft auch die Genossenschaftswohnungen. Aber wenn Sie hier die Hälfte des Jahres plötzlich das ermöglichen wollen, was die FDP vorschlägt, dann sind Sie absolut auf dem Holzweg. – Auch die AfD hat sich als Antimieterpartei geoutet. – Mit dem Gesetz wurde bisher für viele eine große Klarheit geschaffen. Es geht um einen Grundsatz. Es geht nicht darum, dass jemand während seines Urlaubs einem anderen seine Wohnung überlässt, sie tauscht oder sie vielleicht sogar für zwei Monate vermietet. Darüber können wir reden, und das sollten wir im Gesetz auch klarstellen. Völlig unproblematisch! Das können sie übrigens sogar noch länger machen. Wenn es nicht um das Geldmachen geht, Frau Jasper-Winter, wenn es gerade nicht um das Gewerbliche dabei geht, dann ist das alles völlig problemlos. Das Problem kommt erst, wenn sowohl die Vermieterinnen und Vermieter wie auch die Portale etwas dabei verdienen wollen.

Und da noch ein letztes großes Argument.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Jasper-Winter?

Einen kleinen Moment noch! – Da sitzen auch Vertreterinnen und Vertreter von den Buchungsportalen hier oben im Publikum. Fragen wir doch mal die Firma Airbnb. Die haben offiziell gesagt, die durchschnittliche Vermietungsdauer in Berlin beträgt 34 Tage, Frau Jasper-Winter, nicht 182. Da merken Sie, wenn wir hier eine Regelung für 60 Tage im Jahr einführen werden, was wir vorhaben, werden wir damit die allermeisten Fälle positiv erfassen,

(Dr. Maren Jasper-Winter)

wir werden Klarheit schaffen. Dadurch, dass die Menschen das vorher anmelden, sagt man auch ganz klar, es ist ein richtiges und vernünftiges Instrument, das für eine Zeitlang zu ermöglichen, aber was wir nicht brauchen, ist der dauerhafte Missbrauch von Mietwohnungen. Was wir nicht brauchen, ist die Verhinderung von bezahlbaren Mieten in der Stadt. Und das ist die Quintessenz Ihres Gesetzesvorschlages. Sie wollen dazu führen, dass weniger Wohnungen dem Mietwohnungsmarkt zur Verfügung stehen.

[Paul Fresdorf (FDP): Quatsch!]

Dafür sind wir in der Koalition nicht zu haben! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann hat sich die Zwischenfrage erledigt, und der Kollege Gräff hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Buchholz! Ich nehme Ihnen ganz persönlich ab, dass Sie sagen, die Verhinderung von mehr preisgünstigem und sozialem Wohnraum in der Stadt ist etwas, was wir natürlich alle miteinander nicht wollen. Das nehme ich Ihnen ganz persönlich ab. Aber, Frau Senatorin, da muss ich doch darauf eingehen, wir stehen alle deswegen hier, weil Sie noch mal das Wort ergriffen haben.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Nicht auf Zeit spielen!]

Dass Sie, die Senatorin, die wie keine andere in diesen Tagen dafür steht, Wohnungsbau in Berlin zu verhindern, dazu das Gleiche sagt, ist absurd. Es ist absurd! Wirklich, es ist lächerlich!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Nun wird – nein, keine Zwischenfragen, vielen Dank – Die Linke in den Umfragen bald die Berliner SPD überholen. Ich bin übrigens der festen Überzeugung, dass wir das in den nächsten Tagen und Wochen erleben werden. Und einer der Gründe dafür ist die Neuausrichtung der Politik der Linken, die ich in Ihrem Sinne, an Ihrer Stelle recht klug finde. Sie nehmen den Grünen auch gleich das Thema weg – Mieten, faire Mieten, gerechte Mieten usw. Das ist aus Ihrer Sicht nicht nur klug, sondern, wie die Umfragen zeigen, auch total erfolgreich. Nur: Vom dicken Ende her kommt es ja! Wenn diese Legislaturperiode zu Ende ist oder diese Landesregierung – je nachdem, was früher kommt – zu Ende sein sollte, dann werden in der Stadt, Frau Senatorin Lompscher, Hunderttausende von Wohnungen fehlen. Das prophezeie ich Ihnen.

[Beifall bei der CDU]

Hunderttausende Wohnungen werden fehlen – eine sechsstellige Zahl –, weil Sie auf ideologische Experimente setzen, statt den Wohnungsbau anzukurbeln, und SPD und Grüne schauen dabei zu.

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Wissen Sie im Übrigen, wie man so etwas nennt, wenn man auf der einen Seite sagt, wir wollen für preisgünstige, soziale und faire Mieten in dieser Stadt sorgen, und auf der anderen Seite den Wohnungsneubau verhindert und damit das beste Instrument verhindert? – Das nennt man Populismus, und deswegen sind Sie Populisten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Karsten Woldeit (AfD) – Steffen Zillich (LINKE): Könnten wir mal darüber reden, wie viel die CDU so neu gebaut hat?]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat Herr Dr. Nelken das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden jetzt hier über das Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Zunächst einmal – ich komme gleich dazu, Herr Gräff – zu dem eigentlichen Thema, und da würde ich noch mal in die Richtung der FDP sagen: Ich habe gesagt, ich lasse mich gerne überzeugen, dass Sie eigentlich andere Ziele verfolgen, als hier offensichtlich alle annehmen und was auch Ihr Gesetzestextentwurf ausstrahlt. Wir sind hier in der ersten Lesung. Da werden wir dann vielleicht mal in der Gesetzesdebatte im Ausschuss genau darüber reden können. Das Misstrauen ist allerdings groß. Das geht auch aus Ihrem Redebeitrag hervor, den Sie hier gehalten haben. Letztendlich sagen Sie, dass eigentlich jeder mit seiner Wohnung machen könnte, was er will, und man soll doch nicht so misstrauisch sein, dass damit alle Geld verdienen wollen.

Ich sage, wenn Sie im Prenzlauer Berg, in Friedrichshain oder auch in Neukölln wohnen und erlebt haben, wie viele Wohnungen dort zu Ferienwohnungen umgewandelt worden sind und was das auch für die Kieze bedeutet, für das soziale Zusammenleben, dann hätten Sie jetzt vielleicht nicht so viel Vertrauen, dass das nicht massenhaft passiert. Es sind ganze Häuser durch die Eigentümer umgewandelt worden. Wenn es Ihnen nur um die Gruppe geht, die Sie vorgeben, dann werden wir eine Lösung dafür finden. Das ist hier schon drei oder fünf Mal von Herrn Buchholz usw. gesagt worden. Also dann machen Sie sich keine Sorgen, das Problem werden wir klären.

Ich will den Leuten auch gar keinen moralischen Vorwurf machen, die damit sehr viel Geld verdienen können, und das können auch Einzelleute sein, ich will die auch gar

(Daniel Buchholz)

nicht sozusagen jetzt irgendwie moralisch an den Pranger stellen. Eine Nutzung seiner Wohnung, die letztendlich dazu führt, dass Wohnungen dem Wohnungsmarkt entzogen werden und dass die soziale Struktur in den Kiezen zerstört wird, kann man durch eine gesetzliche Regelung verhindern – , wenn man dafür ist – ich höre jetzt, die FDP ist im Prinzip dafür –, das sollte man dann auch tun. Mir geht es also nicht um moralische Verurteilung oder Misstrauen gegen Bürger, sondern um reale gesellschaftliche Vorgänge wie die Vermarktung und Verwertung von Wohnungen, die vonstattengehen. Sie finden in der Realität statt.

Eine Bemerkung zu der Frage – das sei mir jetzt auch gestattet – der Verhinderung von Wohnungsneubau. Das ist so ein Ding, was hier ständig durch die Gegend geistert, dass die Koalition den Wohnungsneubau verhindert und. Wo Sie das hernehmen, würde mich durchaus interessieren.

[Zuruf: Von Ihren Gesellschaften!]

Von unseren Gesellschaften, die Anfang August einen Brief geschrieben haben – die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften. Eine Zeitung hat geschrieben, das wäre ein Brandbrief. Für mich liest sich dieser Brief wie eine Behinderungsanzeige. Ich kenne das sehr gut aus dem BER-Untersuchungsausschuss. Da werden Verträge abgeschlossen, und kurz nachdem man die Verträge abgeschlossen hat, macht man eine Behinderungsanzeige, um zu sagen, wir können unsere Verträge nicht einhalten. Was da die Wohnungsbaugesellschaften, die Chefs, geliefert haben, ist ausgesprochen peinlich, denn im Prinzip versuchen Sie, eine vorsorgliche Darstellung zu machen, wir sind überhaupt nicht schuld, die bösen Verhältnisse sind schuld, die hohen Preise, wir kriegen keine Grundstücke, und wenn dann noch – das ist die Spitze der Sache – die Politik ständig Bürgerbeteiligungen und Partizipation will.

[Christian Gräff (CDU): In welcher Welt leben Sie eigentlich? Immer sind die anderen schuld?]

Wenn die neue Koalition so sehr auf Bürgerbeteiligungen und Partizipation setzt, dann tut es uns leid, dann wird alles viel teurer, dann dauert alles viel länger, dann können wir leider diesen Vertrag nicht einhalten. Das steht in dieser Behinderungsanzeige drin, und das ist hochpeinlich für diese Gesellschaften.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Gibt es von der AfD noch einen weiteren Wortbeitrag?

[Katina Schubert (LINKE): Die wissen doch gar nicht, worum es geht!]

Das ist nicht der Fall. Dann hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Schmidberger das Wort.

Schade, ich wollte jetzt eigentlich auf die AfD eingehen. Na ja, nächstes Mal! – Liebe Opposition! Ich muss Ihnen sagen, ich finde es eine Frechheit, dass Sie uns hier vorwerfen, wir würden die Bürgerinnen und Bürger belasten.

[Holger Krestel (FDP): Stimmt ja!]

Ich habe Ihnen gerade erklärt, dass wir Homesharing ermöglichen wollen, wenn Sie mal zuhören wollen. Das ist wirklich Quatsch, was Sie hier reden. Sie als FDP verkaufen die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt – das muss man wirklich mal so sagen – an Ryanair, Uber und Airbnb.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Holger Krestel (FDP): Eine Frechheit – Paul Fresdorf (FDP): Sie wissen doch selbst nicht, was Sie da reden!]

Das ist so! Sie sind eine Klientelpartei, die sich nur um sich selbst und um bestimmte Spekulanten und andere Unternehmen dreht. Alles andere ist Ihnen doch egal. Sagen Sie es doch wenigstens ehrlich mal!

Und auch die Art und Weise, wie Sie die Wohnungspolitik hier instrumentalisieren, weil Sie irgendwie letztes Jahr hier zusammen eine Wahl verloren haben, dazu muss ich Ihnen echt mal sagen, Sie belegen noch nicht mal Ihre Behauptungen mit Zahlen. Erst mal haben Sie versucht, den Spin in der Stadt zu setzen, wir würden uns nur um die Armen kümmern, und die Mittelschicht kriegt nichts. Das ist totaler Quatsch. Unser Förderprogramm ist auch für die Mittelschicht ausgerichtet. Wir haben auch Maßnahmen, die der Mittelschicht zugutekommen. Beim Neubau erzählen Sie jetzt, wir würden den hier in der Stadt verhindern. Dann sagen Sie doch mal konkret, wo!

[Paul Fresdorf (FDP): Elisabeth-Aue!]

Außer der Elisabeth-Aue bringen Sie kein anderes Grundstück. Tut mir leid! Sie haben keine Zahlen, die Sie belegen.