Also Politikerin muss ich mich aber auch immer fragen: Wer schreibt denn da und was? – Ich muss keine von Herrn M. persönlich verfolgte Genderforscherin sein, um zu erkennen, dass da etwas nicht stimmt. Wir können andererseits auch froh sein, dass sich an dieser kleinen Sache zeigt, wohin die Reise der Parteien der rechten Seite dieses Parlaments geht, nämlich noch weiter nach rechts – so weit, bis CDU und FDP dann endlich ihre rechte Flanke geschlossen haben.
Inhaltlich ist das hier ein kleines Scharmützel, das schon bald wieder vergessen sein wird. Aber für Lesben, Schwule, Transgender und queere Menschen in dieser Stadt ist der heutige 28. September der Tag, an dem sich drei Parteien deutlich bekannt haben: nicht zu, sondern gegen Vielfalt und Solidarität mit den queeren Communitys.
Damit dieser Tag und diese überflüssige Debatte noch durch etwas Schönes abgeschlossen wird, werden wir den Krempel auch, wie von Ihnen gefordert, sofort abstimmen, denn das ist kein Antrag, das kann weg. – Danke!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag wurde die sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag, Drucksache 18/0548, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CDU und der FDP sowie ein fraktionsloser Abgeordneter. Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? – Bei Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen und Enthaltungen der AfD-Fraktion ist der Antrag damit abgelehnt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine INSAUmfrage vom Anfang des Jahres zum Thema Schulkleidung hat ergeben, dass sich 42 Prozent der befragten Berlinerinnen und Berliner klar für die Einführung von Schulkleidung aussprechen. Das Ergebnis ist angesichts der Tatsache, dass in Berlin Schulkleidung nie traditionell verankert war, äußerst bemerkenswert. Aus den Umfrageergebnissen geht nämlich hervor, dass die Mehrheit derer, die Schulkleidung befürworten, dies aus ebensolchen Gründen tut, wie sie auch der Berliner Landesverband meiner Fraktion in seinem Wahlprogramm aufführt: Abbau und Verhütung von sozialer Diskriminierung, von Abwertung der Schüler untereinander und von modisch bedingtem Konkurrenzverhalten – Stichwort: Markenklamotten –, um ein besseres Sozialklima zu erzeugen.
Die Übereinstimmungen bestehen ebenso hinsichtlich des Wunsches nach einer Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls in der Schulgemeinschaft – in der Umfrage auch als Wir-Gefühl bezeichnet. Diese Annahmen stimmen mit den Erfahrungen überein, die seit Langem an privaten und staatlichen Schulen mit Schulkleidung gemacht werden. Exemplarisch steht hier die Brandenburger Max-Dortu-Grundschule, die seit der Einführung ihrer Schulkleidung klare Verbesserungen hinsichtlich des Zusammengehörigkeitsgefühls, der Identifikation mit der Schule und der Integration verzeichnet.
Auch die internationale Perspektive gibt unserem Antrag recht. In England stehen Schuluniformen seit Jahrhunderten für Gemeinschaft, Identität und Tradition, und sie sind darüber hinaus zu einem Markenzeichen englischer Kultur geworden. Wer hier ausschließlich an versnobte Eliteschulen denkt, der irrt. So steht beispielsweise die Armenschule Christ’s Hospital seit dem 16. Jahrhundert in der Tradition, sozial niedriggestellten Kindern neben Bildung auch Würde und Schutz vor sozialer Diskriminierung zu geben, und zwar durch gepflegte, einheitliche Schulkleidung.
Herr Weiß! Darf ich Sie kurz unterbrechen, um all diejenigen, die derzeit im Plenarsaal stehen, reden oder sonst etwas tun, was wenig mit dieser Sitzung zu tun hat, zu bitten, vor die Tür zu gehen oder den Lärmpegel abzustellen? – Danke schön!
Vielen Dank! – 2011 sind die Schüler dieser Schule gefragt worden, ob sie ihre traditionelle Kleiderordnung beibehalten möchten, und 95 Prozent bejahten dies. Warum? – Weil sie diese Tradition mit Stolz erfüllt und sie spüren, wie es ihre Zusammengehörigkeit stärkt.
Auch in den USA macht man seit Langem die Erfahrung, dass Schulkleidung signifikant dabei unterstützt, Mobbing, Gewalt und Disziplinlosigkeit abzubauen und zugleich schulische Leistungen, Pünktlichkeit, respektvollen Umgang und Gemeinschaftsgefühl zu fördern. Dort gibt es keine argumentativen Grabenkämpfe zwischen Rechts und Links bzw. zwischen Konservativen und Liberalen, denn selbst in den liberalen Städten wie z. B. Boston haben die meisten öffentlichen Schulen Uniformen. Als beliebtes sozialwissenschaftliches Forschungsprojekt liefert dort die Stadt Long Beach in Kalifornien besonders anschauliche Zahlen, denn seit der Einführung einheitlicher Schulkleidung sank dort die Zahl geschwänzter Schulstunden um 47 Prozent. Fälle von Vandalismus in Schulen gingen um 70 Prozent zurück, Tätlichkeiten und Mobbing unter Schülern schwanden um 85 Prozent und Schulverweise sogar um 90 Prozent. Da verwundert es also nicht, dass die Befürworter kreuz und quer durch alle Staaten in der Mehrheit sind, zumal dort keine falschen Assoziationen geweckt werden, nach denen uniforme Kleidung etwas mit Persönlichkeitslosigkeit oder autoritären Regimes zu hätte.
Überhaupt ist einheitliche Kleidung für viele Schüler im sportlichen Rahmen längst völlig normal, ob nun im eigenen Sportverein oder bei den großen Idolen etwa aus der deutschen Fußballnationalmannschaft oder im olympischen Mannschaftssport. Man muss auch gar nicht beim Sport stehenbleiben. Viele der großen Vorbilder unserer Gesellschaft und speziell in den Augen unserer Kinder tragen doch alltäglich Uniform, seien es nun Polizisten, Feuerwehrleute oder Notärzte. Da ist es doch naheliegend, dass Schüler darin zu fördern sind, sich solchen Vorbildern anzunähern, und das über diejenigen Stärken zu tun, die durch Schulkleidung gefördert werden und die in der Schule ebenso wünschenswert sind wie in den genannten Berufen, nämlich Verlässlichkeit, Respekt und Zusammenhalt. Darum fordern wir den Senat auf: Fördern und regen Sie dazu an, Pilotprojekte einheitlicher Schulkleidung an Berliner Schulen zu implementieren, und unterstützen Sie die flächendeckende fakultative Einführung von Schulkleidung in Berlin! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Weiß! Jetzt will die AfD also Schulkleidung. Das Wort „Uniform“ vermeiden Sie sehr wohl. Das wundert mich ein bisschen. Bei einer Partei, die stolz auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei
Aber ich finde es sehr schön, wie Sie immer wieder wohlfeil auf Ihre Sprache achten. Hier wäre es mal angebracht gewesen, von Uniform zu sprechen, aber hier vermeiden Sie dieses Wort.
Aber zurück zum Antrag: Sie fordern eine Uniform für die Schule, und Ihr Vorbild ist dabei Großbritannien, ein Land, in dem die sozialen Unterschiede weitaus größer sind als bei uns. Die sieht man übrigens auch an der Schulkleidung. Man sieht schon von Weitem, auf welche Schule ein Kind geht. Man weiß, wie viel Geld der Schulbesuch kostet, und man weiß auch, ob die Schulkleidung beispielsweise secondhand gekauft wurde oder nigelnagelneu ist. Um es auf den Punkt zu bringen: Schulkleidung kostet viel Geld, und sie schafft soziale Unterschiede nicht ab.
Gerade in der Schulzeit wachsen Kinder unglaublich schnell. Diese Kosten möchten Sie auf die Eltern abwälzen.
Zu einem weiteren Argument von Ihnen, dass damit soziale Ungleichheiten beseitigt würden und ein besseres Schulklima entstünde, sage ich: Glauben Sie mir, soziale Unterschiede zeigen sich auch an teuren Handys, teuren Fahrrädern. Die Schuhe bleiben weiter teuer. Soziale Ungerechtigkeit bekämpft man ganz anders.
Wir müssen dann hier beispielsweise über prekäre Arbeitsbedingungen der Eltern sprechen oder darüber, dass beispielsweise immer noch das Kindergeld auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird.
Zum Abschluss möchte ich nur noch einmal auf den Kern des Wortes Uniform zurückkommen, denn uniform als Adjektiv, nicht als Substantiv, bedeutet, einheitlich und gleich. Unsere Kinder und Jugendlichen sind aber nicht uniform, und sie passen auch nicht in eine. Es gibt kleine, lange, dünne, dicke Kinder.
Warum wir aber generell gegen Schuluniformen sind – das ist übrigens auch das Ergebnis Ihrer Anfrage, Herr Weiß –: Keine Schule hat eine Uniform nachgefragt oder
hat sich dafür interessiert, ein solches Modellvorhaben einmal zu erproben. Zu meiner Schulzeit drückte sich Individualität und Jugendkultur noch viel stärker durch die Zugehörigkeit einer Gruppe aus. Da gab es Punks, da gab es Popper, da gab es Teds, da gab es Rocka- und Psychobillys. Das war bunt, und das war ganz individuell, und so wollen wir die Schule auch haben. Gerade in einer Zeit, in der man seine eigene Persönlichkeit entwickelt, ist der Ausdruck über die Kleidung und den Kleidungsstil, den man ab einem gewissen Alter entwickelt, Bestandteil des Erwachsenenwerdens. Dazu gehört, sich einesteils Löcher in die Jeans zu schneiden, dazu gehört aber auch, sich einem etwaigen Modediktat zu widersetzen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Schulkleidung kann positive Wirkungen auf das Schulklima haben. Die wichtigsten sind im Antrag aufgeführt. Kollege Weiß hat hierzu auch entsprechend ausgeführt. In den Schulen von vielen Ländern wird Schulkleidung getragen. Oft ist das auch auf eine größere Rolle des Schulmannschaftssports zurückzuführen, bei dem Schulteamkleidung getragen wird. In Deutschland bzw. in Berlin ist das Tragen von Schulkleidung allerdings nicht sehr ausgeprägt,
wie Ihnen, Herr Weiß, die Bildungsverwaltung auf eine Anfrage von Anfang des Jahres mitgeteilt hat. In keiner einzigen öffentlichen Schule ist dies bisher der Fall.
Insofern stehen die von Ihnen zitierten Umfrageergebnisse doch in einem großen Kontrast zur Berliner Schulwirklichkeit. Wenn also wirklich so viele Eltern positive Effekte von Schulkleidung sehen, frage ich, warum es noch nicht entsprechende Elterninitiativen auf der Ebene der einzelnen Schulen gibt, die eine Einführung einfordern oder auch umsetzen.
Dort, auf der Ebene der einzelnen Schule, sehen wir auch den richtigen Ansatzhebel. Schulkleidung sollte nicht vom Senat verordnet werden, sondern Schulen sollten selbst entscheiden, ob sie das Tragen von Schulkleidung für sinnvoll halten oder nicht, und auch die reale Möglichkeit haben, diese einzuführen.
Wir müssen hier also darüber sprechen, ob und welche Hürden es bei der Einführung von Schulkleidung gibt,
rechtliche, finanzielle. Könnten Mittel aus dem Verfügungsfonds oder dem Bonusprogramm dafür genutzt werden? Ich denke, wir haben genug Gesprächsstoff für den Ausschuss, was die Potenziale von Schulkleidung und die Umsetzbarkeit anbetrifft. Was allerdings die Herangehensweise anbetrifft, so sehen wir hier aber klar die einzelnen Schulen und nicht den Senat als Akteure in der Pflicht. Insofern werden wir dem AfD-Antrag in der vorliegenden Form auch nicht zustimmen können.