Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Der Kollege Woldeit hat das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider ist die Debatte zur Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes nicht trennbar von dem heute noch zu behandelnden Koalitionsantrag auf Abwahl eines Mitglieds der AfD-Fraktion aus dem Untersuchungsausschuss. Sie haben heute eine Dringlichkeit erzwungen, die nicht vorliegt; ich habe dazu bereits ausgeführt. Ich sage es ganz deutlich: Knapp ein Jahr nach dem Terroranschlag, nach knapp sieben Monaten Verzögerung eines Untersuchungsausschusses durch die Koalition und die CDU in diesem Hause – mit Einsetzung eines Sonderbeauftragten und allem, was dazugehört, wobei jedem in diesem Hause klar war, dass diese Verzögerung parteitaktischem Kalkül, Wahlkampfkalkül und vor allem auch dem Verzicht der Möglichkeit eines Ausschussvorsitzes meiner Fraktion diente; das ist jedem bekannt –,
müssen wir uns heute wieder mit einer Causa befassen, wobei ich mir die Frage stelle: Was empfinden die Angehörigen, die das alles mitbekommen haben? – Der Kollege Dregger und ich stehen mit den Angehörigen in Kontakt. Das finde ich schon zumindest hinterfragenswert.
Es geht mir nicht um den Wegfall eines Sitzes; das ist Quatsch. Das haben wir übrigens auch mit unserer Zustimmung im Verfahren nach d’Hondt im Rahmen des Verfassungsschutzausschusses gezeigt. Wenn es Ihnen wirklich darum ginge, das Minderheitenquorum nicht zu beschädigen, hätten Sie die Ausschussgröße auch auf sieben verringern können.
Mir geht es darum, dass das Minderheitenquorum nach wie vor gewahrt bleibt. Das Minderheitenquorum wird in dem Augenblick verletzt, in dem Sie den Antrag heute so beschließen, wie Sie ihn beschließen wollen. Es ist in der Beratung im Untersuchungsausschuss mitunter schon
interessant, wie sich die verschiedenen Gemengelagen darstellen. Ich frage Sie ganz direkt: ich frage Herrn Zimmermann, ob er in seinem urfesten Vertrauen auf die Oppositionsrechte mit dem Antrag überhaupt einverstanden ist. Ich frage den Kollegen Schreiber von der SPD. Ich frage Sie, Frau Bayram, die Sie mitunter sehr basisdemokratisch und sehr vernünftig argumentieren, ob Sie in Ihrem Herzen damit einverstanden sind, dass das heute so kommt, wie es kommen soll. In dieser Causa – ich würde gerne ausschließlich über unseren Gesetzesänderungsantrag sprechen – ist es zumindest fragwürdig, was Sie sich haben einfallen lassen.
Sehr gerne, Herr Schneider, sehr gerne! – Es geht um das Minderheitenquorum. Das ist das wichtigste Recht einer Opposition innerhalb eines Untersuchungsausschusses. Es ist das wichtigste Instrument der Opposition, die Regierung zu kontrollieren. Da hat sie die Möglichkeit des Minderheitenquorums. Wir sehen innerhalb der Beratung, wenn wir Beweisanträge befassen, wie sich manche Fraktionen in diesem Saal mit Schaum vor dem Mund dieser Situation annehmen. – Ich sehe gerade eine Zwischenfrage?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Mich würde interessieren, zu welchem Antrag und Tagesordnungspunkt Sie eigentlich gerade reden.
Ja, Herr Wesener, ich sagte es ja gerade: Leider – ich betone es noch einmal – ist dieser Gesetzesänderungsantrag untrennbar mit dem Antrag Ihrer Koalition verbunden. Hier geht es um die Minderheitenrechte, und diese sind Bestandteil des Gesetzesänderungsantrags. – In dem jetzt vorliegenden Untersuchungsausschussgesetz des Landes Berlin haben wir Minderheitenrechte lediglich in der Beschlussfassung von Beweisanträgen. Wo wir sie nicht haben, ist in der Zulassung und der Reihung der Vernehmung von Zeugen und Gutachtern.
Das ist übrigens ein wesentlicher Unterschied im Verhältnis zum Untersuchungsausschussgesetz des Deutschen Bundestages. Wir haben in den letzten Debatten bereits gesehen, dass es gewisse Schwierigkeiten gibt, welchen Zeugen wir wann haben wollen. Der Gesetzesänderungsantrag meiner Fraktion bereinigt genau dieses Manko. Wenn wir es genau so machen – was sich an der Geschäftsordnung des Bundestages und an dem Untersuchungsausschussgesetzes des Bundestages orientiert –, hätten wir eine Stärkung des Oppositionsrechts im Bereich der Vernehmung und Reihung von Zeugen. Es gibt da ein Reißverschlussprinzip.
Vielen Dank! – Herr Kollege! Wenn ich es richtig verstehe, geht es um die Choreografie und die Presseöffentlichkeit. Es ist doch völlig egal, in welcher Reihenfolge ein Zeuge gehört wird, wenn Sie einen ernsthaften Aufklärungsanspruch haben.
Es wäre schön, wenn es so wäre, Herr Kollege Schneider. Es ist aber in der Tat so, dass eine qualifizierte Mehrheit im Untersuchungsausschuss eine Zeugenvernehmung immer wieder verschieben, verschieben, verschieben kann.
Doch! Herr Zillich, reden Sie von Dingen, von denen Sie Ahnung haben! Das ist im Hauptausschuss sicherlich wesentlich besser als im Untersuchungsausschussgesetz, welches meine Kollegen und ich nahezu auswendig können.
Ich komme noch kurz auf den Änderungsantrag der FDPFraktion zu sprechen. Der hat viele interessante Inhalte. Er beschäftigt sich insbesondere auch mit dem Quorum der Minderheiten im Rahmen der Beweisanträge. Wenn wir uns im Rechtsausschuss darauf einigen würden, dass wir die Änderungsanträge der FDP und unsere Änderungsanträge zum Gesetzesentwurf gemeinsam so in eine Form bringen könnten, wären die Minderheitenrechte gewahrt. Dann hätten wir nämlich das Quorum von einem
Fünftel und nicht von einem Viertel; das Quorum von zwei Fraktionen. Das ist etwas, worüber ich gerne beraten möchte. Dementsprechend halte ich das auch für einen sehr vernünftigen Ansatz.
Seien Sie sich gewiss, das habe ich Ihnen auch gesagt: Wir haben einen hohen verfassungsrechtlichen Rang im Rahmen des Untersuchungsausschusses. Mit Ihrem Antrag verletzen Sie dieses Verfassungsrecht. Wenn Sie in den nachfolgenden Reden wieder den Begriff der Opferrolle aufgreifen, der uns dementsprechend wieder auferlegt wird, sage ich Ihnen: Wir gehen hier keine Opferrolle ein. Wir gehen eine Verteidigungsrolle ein. Wir verteidigen das Recht der Minderheiten. Wir verteidigen das Recht der Opposition. Wir verteidigen das Recht der Demokratie in diesem Punkt. – Ich danke Ihnen!
[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo!]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Woldeit! Sie haben hier mit sehr viel allgemeinen, etwas schwülstigen Ausführungen versucht, Ihren Antrag zu begründen, aber Sie sind leider danebengegangen. Sie haben hier keine einzige Begründung für Ihren Antrag geliefert, sondern allgemeine Ausführungen. Das reicht nicht aus, um uns hier von etwas zu überzeugen.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD):Verteidiger aller Rechte! – Frank-Christian Hansel (AfD): Schön, nicht?]
Womit haben wir es denn zu tun? – Zunächst mal haben wir eine Ursache, die gesetzt wurde durch die AfD-Fraktion, dass nämlich ein Mitglied aus der Fraktion ausgetreten ist. Dadurch ist ein Anpassungsbedarf in der Frage des Untersuchungsausschusses und seiner Besetzung entstanden.
Wenn alles nach den geltenden Regeln zu Ihrer Zufriedenheit wäre, würden Sie hier keine Anträge vorlegen, also wollen Sie jetzt eine Extrawurst haben, damit Sie weiter Ihre zwei Sitze behalten.
Denn zunächst mal ist festzuhalten: Es ist dringlich, das hier zu behandeln, weil seit Juli 2017, spätestens seit dem 11. Oktober dieses Jahres, durch die Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes klar ist, dass Sie ein Mitglied weniger in der Fraktion haben. Und jetzt müssten Sie eigentlich, wenn Sie sich an die Regeln hielten, freiwillig auf den einen Sitz im Ausschuss verzichten. Da Sie das aber nicht tun, ist es ganz klar, dass wir hier im Plenum handeln müssen, um hier die Rechtmäßigkeit herzustellen.
Erst einmal vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage! Aber erstens: Der Gesetzesänderungsantrag bezieht sich übrigens auf die Reihung der Vernehmung von Zeugen. Hätten Sie mir zugehört, würden Sie das wissen. Das hat nichts mit Ihrem Antrag auf Reduzierung des Ausschusses zu tun. Und übrigens habe ich den fristgerecht eingebracht, das war kein Dringlichkeitsantrag, sondern einfach nur eine Verbesserung der Rechte der Opposition.