Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

Das sehen Sie aber nicht vor. Sie schließen also keine Lücke, sondern Sie vergrößern die Lücke mit diesem Entwurf weiter.

[Beifall bei der FDP]

Wenn Sie sich anschauen – das Thema Bauen hatten wir zu Beginn schon einmal –, dass Sie diese Staats- und

Amtsanwälte – auch die, die Sie noch einstellen wollen – unterbringen müssen, dann fehlen auch darauf konkrete Antworten. Es fehlt vor allem jede Planung. Sie müssen aber auch erst mal das Personal gewinnen. Wenn Sie auf 20 ausgeschriebene Stellen bei der Berliner Staatsanwaltschaft sage und schreibe fünf Bewerbungen bekommen, dann hat das wohl irgendetwas damit zu tun, wie qualitativ ansprechend das ist. Es ist Ihre Aufgabe, die Arbeit bei der Staats- und Amtsanwaltschaft attraktiver zu gestalten, damit Recht in dieser Stadt funktioniert. Das tut es nicht, und zwar an keiner Stelle.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Florian Graf (CDU) und von Sven Rissmann (CDU)]

Was den Bereich der Antidiskriminierung angeht, und zwar in Verbindung mit Justiz, eine frische Betrachtung: Der gemeinsame Justizprüfungsausschuss BerlinBrandenburg hat zum Jahreswechsel 2016/2017 seine Praxis in Bezug auf die Prüfung von Schwerbehinderten, insbesondere bei Klausuren von durch die Behinderung eingeschränkten Prüflingen, im ersten und zweiten Staatsexamen geändert. Früher haben die Betroffenen mehr Schreibzeit erhalten. Jetzt sieht man vor, dass sie auf eigene Kosten jemanden beschaffen sollen, dem sie ihre Klausur diktieren. Das ist in Ihrer Amtszeit passiert. Das verstehen Sie offensichtlich im Bereich Justiz unter Antidiskriminierung. Es ist aber das Gegenteil, nämlich eine Diskriminierung und Benachteiligung von Schwerbehinderten.

Sie haben an vielen Stellen – wir haben es gestern im Rechtsausschuss wieder gehört – Verbesserungen in den Justizvollzugsanstalten vorgesehen, und zwar nahezu ausschließlich Verbesserungen zugunsten der Insassen. Das ist in der Tat im Sinne einer Rehabilitierung wichtig. Sie vergessen aber komplett und an jeder Stelle die Beschäftigten im Justizvollzug. Sie schaffen – ganz wunderbar – Tablets für die Insassen in einer JVA an. Sie schaffen aber keine Tablets für die Verwaltung in der JVA an.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Doch, natürlich! Das ist Bestandteil! Die kriegen die Tablets sogar zuerst!]

Sie haben insgesamt – beispielsweise auch zum Bereich der Justizwachtmeister – viele Lippenbekenntnisse abgeliefert. Sie haben ein hübsches Pressefoto geliefert, als Sie zwei Schutzwesten übergeben haben. Was beispielsweise die dringend notwendigen Zulagen für alle Justizwachtmeister angeht, unternehmen Sie jedoch ebenfalls nichts. Sie waren noch nicht einmal bereit, sich bei den Leuten auf ihren Brief hin zurückzumelden. Das ist Ihre Praxis.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schlüsselburg?

(Marcel Luthe)

Vielen Dank, Herr Kollege! Sie haben gerade dargestellt, wir hätten nichts für die Justizwachtmeister getan. Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass der Senat die Stellenobergrenzenverordnung abgeschafft hat und das insbesondere bei den Justizwachtmeistern auf große Sympathie und Zustimmung gestoßen ist?

Sie kennen das mit dem Tropfen auf dem heißen Stein, Herr Kollege Schlüsselburg.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Sagen Sie das denen mal!]

Noch einmal: Die Leute wollen vor allem Sicherheit. Sie wollen alle die dringend notwendige Schutzausrüstung. Sie wollen im Falle eines Falles erst einmal sicher sein und in ihrem Leben und ihrer Gesundheit geschützt sein. Das ist schlichtweg nicht vorgesehen.

Ich komme mit einem wesentlichen Punkt zum Schluss: In Berlin gibt es immer noch ein Kammergericht. Sie erinnern sich. Das stand einmal dafür, dass eine Berliner Justiz an jeder Stelle – auch unabhängig von der jeweils gerade agierenden Regierung – funktioniert hat, dass sie in der Lage war, Entscheidungen zu treffen. Was Sie hier prolongieren und über die letzten Jahre entwickelt haben, ist genau das Gegenteil. Wir haben eine Justiz, die keine Entscheidungen mehr treffen kann, weil sie personell dazu nicht in der Lage ist. Sie schaffen mit Ihrem Haushaltsentwürfchen da auch keine Abhilfe. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Hugh Bronson (AfD) – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Nun möchte Frau Bayram zu den Ausführungen von Herrn Luthe eine Zwischenbemerkung machen. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Lieber Herr Kollege Luthe! Von Ihnen wollte ich mich ganz persönlich noch einmal verabschieden.

[Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN, der SPD, der LINKEN und der FDP]

Ich danke Ihnen für den frischen Wind, den Sie als Opposition hereinbringen.

Für mich trifft der Satz zu: Man soll gehen, wenn es am schönsten ist. Es ist wunderschön in diesem Parlament zu sein, zu arbeiten und mit Ihnen allen gemeinsam zu kämpfen – manchmal Seit an Seit, manchmal widerstreitend gegenüber. Ich hoffe, es ist mir immer gelungen, fair zu sein. Manchmal war ich es vielleicht auch nicht. Es war mir eine große Freude, mit den beiden Kollegen der Koalitionsfraktionen zur Situation des Justizhaushaltes positiv beizutragen.

Mein letzter Appell an Sie: Denken Sie daran, dass uns alle eint, dass wir Politik für die Menschen in Berlin machen. Da sollte es uns manchmal auch gelingen, eigene Ansichten zu überwinden. Ich arbeite auch bei mir noch hart daran. – Danke schön!

[Allgemeiner Beifall]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Wünscht der Kollege Luthe zu erwidern? – Nein! Dann hat jetzt das Wort Herr Senator Dr. Behrendt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen von der FDP! Bestellen Sie bitte dem Rechtsausschussvorsitzenden, Herrn Krestel, meine herzlichen Genesungswünsche! Ich habe ihn vermisst.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Stefan Förster (FDP)]

Mit dem hier zu diskutierenden Haushalt ermöglichen wir für die Justiz eine Trendwende weg von den Jahren der Stagnation hin zu einem starken Rechtsstaat, eine Trendwende hin zu einer effizienten Justiz in unserer Stadt, eine Trendwende hin zu einer modernen Justiz – einer Justiz, die den vielen Mieterinnen und Mietern und den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die in Bedrängnis geraten, einen schnellen Rechtsschutz gewährt.

In der Diskussion hier eben und auch im Vorfeld wurden schwere Geschütze aufgefahren. Es war beispielsweise vom Ende des Rechtsstaats die Rede. Ob derartige Zuspitzungen und Übertreibungen die Debatte fördern oder der Justiz eher Schaden zufügen, möchte ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Doch eins ist sicher: Die Berliner Justiz steht in den kommenden Jahren vor erheblichen Herausforderungen. Im Übrigen werden solche Beschreibungen den vielen Tausend engagierten Kolleginnen und Kollegen, die jeden Tag kommen und in der Justiz arbeiten, nicht gerecht. Denken wir nur an die steigende Zahl von Asylverfahren vor den Verwaltungsgerichten oder an den Handlungsbedarf bei den Strafverfolgungsbehörden.

Wenn es um die Frage geht, wie wir die Herausforderungen meistern, dann sind wir uns sicherlich in einem Punkt einig: Die Justiz benötigt mehr Personal. Und genau an diesem zentralen Punkt setzt unser Haushalt an. Bereits die blanken Zahlen – sie sind hier vorgetragen worden – zeigen, dass wir mit diesem Haushalt eine Kehrtwende hin zu einem starken Rechtsstaat und einer effizienten Justiz in Berlin schaffen. In meinem Haushalt sind 247 zusätzliche Stellen vorgesehen. Dies hat es seit einem Vierteljahrhundert in dieser Stadt nicht gegeben.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich möchte Ihnen eine Auswahl der einzelnen Bereiche vorstellen. Die gesamte Darstellung würde den Rahmen hier sprengen. Für die Strafverfolgungsbehörden haben wir allein 42 zusätzliche Stellen vorgesehen. Damit stärken wir die Justiz beispielsweise bei der Bekämpfung von Hate Crime und beim Pflegebetrug. Zudem sind die personellen Voraussetzungen geschaffen worden, um die Strafverfolgung insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität durch eine schlagkräftige Vermögensabschöpfung zu flankieren. – Wo ist Tom Schreiber? Er engagiert sich in diesem Bereich seit vielen Jahren vorbildlich. – Der Bundesgesetzgeber hat uns im Sommer dieses Jahres dafür das notwendige Handwerkszeug gegeben. Wir steuern jetzt das Personal nach. Und ich freue mich schon, wenn die Berliner Justiz in Zukunft die Autos aus dem Bereich der organisierten Kriminalität, die Wohnungen und Häuser und auch die ein oder andere Yacht an die Kette legt und dem Vermögen des Landes Berlin zuführt.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Kurz noch einmal zu Herrn Luthe, der leider den Raum schon wieder verlassen hat. Er hat behauptet, auf 20 ausgeschriebene Staatsanwaltsstellen hätten sich nur fünf Bewerberinnen gefunden. Das ist falsch, das sind FakeNews. Es haben sich über 60 Bewerberinnen und Bewerber auf diese 20 ausgeschriebenen Stellen beworben. Die 20 ausgewählten Kolleginnen Kollegen sind gerade mit der amtsärztlichen Untersuchung befasst. Ich hoffe, dass ich ihnen noch zwischen den Jahren die Ernennungsurkunden geben kann, den 20 neuen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, sodass sie am 2. Januar ihren Dienst antreten können.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Die Straf- und Zivilgerichte unterstützen wir mit insgesamt 103 zusätzlichen Stellen. Den Schwerpunkt bildet auch hier die Strafjustiz mit einem zusätzlichen Staatsschutzsenat beim Kammergericht. Ich sagte nur beiläufig, dass wir dann auch mal diskutieren, ob wir zukünftig weiterhin die Kapazitäten haben, um für Brandenburg und Sachsen-Anhalt und andere neue Länder hier die Staatsschutzverfahren zu führen. Das findet momentan statt. Das muss allerdings nicht so sein, wenn wir be

grenzte Kapazitäten haben. Wir schaffen fünf neue Strafkammern am Landgericht. Also das, was Herr Luthe eben behauptet hat, es sei hier nichts passiert, ist falsch. Der wirklich bedrückende Umstand – so habe ich das Amt übernommen –, dass Wirtschaftskriminalität und Korruptionskriminalität, in der Regel Taten, wo die Verdächtigen nicht in Untersuchungshaft sitzen, so gut wie nicht mehr verhandelt werden, weil immer Untersuchungssachen vorgezogen werden, das bedrückt mich zutiefst. Und da steuern wir deutlich gegen mit fünf neuen Strafkammern am Landgericht, sodass das in Zukunft verhandelt werden kann.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Und die Säle, die sind ja schon angesprochen worden, werden wir fertigstellen.

Nebenbei sei erwähnt, weil es so beliebt ist, die Berliner Justiz schlechtzureden: Welche Strafjustiz ist wohl die schnellste in der ganzen Republik? Wo werden die Verfahren am schnellsten erledigt, wenn angeklagt wurde, an welchem Amtsgericht in der ganzen Republik? Hätten Sie es gewusst? – Das ist die Strafjustiz des Landes Berlin, und das ist das Amtsgericht Tiergarten. Wir sind an der Spitze, was die Erledigungsgeschwindigkeit angeht, von allen Bundesländern. Von daher: Gucken Sie sich das an, bevor Sie die Berliner Strafjustiz schlechtreden.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Erlauben Sie mir an dieser Stelle eine persönliche Bemerkung. Aus eigener Erfahrung als Richter in diesem Land kann ich Ihnen eines sagen: Es kann sehr frustrierend sein, wenn trotz aller Anstrengungen die Aktenberge auf dem Schreibtisch, die wir leider immer noch haben – die elektronische Akte ist noch Zukunft, aber auch daran arbeiten wir –, zunehmen und nicht abnehmen, wenn man Anklagen schreibt und die nicht zur Verhandlung kommen.

Vergangenen Montag habe ich angesichts der steigenden Zahl von Asylverfahren die Kolleginnen und Kollegen am Verwaltungsgericht zu einem Gespräch getroffen. Ich kann Ihnen sagen, diese Kolleginnen und Kollegen leisten unter diesen schwierigen Voraussetzungen, insbesondere der hohen Anzahl der Verfahren, wirklich Hervorragendes. Deshalb haben wir wegen der Belastung das Verwaltungsgericht bereits in diesem Jahr personell gestärkt. Wir werden es auch im nächsten Jahr personell stärken. Wir werden es nicht verdoppeln, wie Herr Luthe sich das vorstellt, sondern wir werden, gestartet von 94 Stellen, zum Ende des jetzt vorliegenden Doppelhaushalts auf 133 Stellen anwachsen. Das ist eine Steigerung um über 40 Prozent. Das schafft kein anderes Bundesland. Die Verdoppelung scheitert daran, dass wir so schnell gar nicht so viele Richter finden – das wäre mal interessant, wenn Herr Luthe erklärt, wo die eigentlich herkommen sollen –, Proberichter können Sie pro Kammer nur einen

(Senator Dr. Dirk Behrendt)

einsetzen, sodass das das Maximum ist, das wir erreichen. Das machen wir aber auch, weil wir den Handlungsbedarf erkannt haben. So Sie dem Haushalt zustimmen, werden wir diesen Aufwuchs dann auch vollziehen.

Wir machen auch für das Justizpersonal eine ganze Menge. Die Schutzwesten sind angesprochen worden. Einheitliche Schutzwesten für alle Wachtmeisterinnen und Wachtmeister, die gleichen, die die Polizei erhält. Das ist versäumt worden in den letzten Jahren. Das hätte die Sicherheitspartei CDU gerne mal machen können. Diese Westen sind der erste Baustein des neuen Sicherheitskonzepts für die Justiz. Außerdem kümmern wir uns intensiv um den Gebäudebestand. Sie wissen, der Gebäudebestand hat sich nicht im Jahr meiner Amtszeit so entwickelt, sondern in den letzten Jahrzehnten ist ein erheblicher Sanierungsrückstau entstanden. Das gehen wir an und werden insbesondere im Bereich Campus Moabit eine Lösung finden. Wir werden die Bereiche – es ist ja so beliebt zu sagen, der Behrendt kümmert sich nur um die Antidiskriminierung und den Verbraucherschutz, wir werden auch diese wichtigen Bereiche stärken.

Herr Rissmann, es ist ein Anliegen von vielen Menschen in dieser Stadt, dass es den Tieren in unserer Stadt gutgeht.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Dafür ist ein hauptamtlicher Tierschutzbeauftragter genau das Richtige, welchen wir hier eingesetzt haben.

[Zuruf von Sven Rissmann (CDU)]