Zweitens: Wie viele Versammlungen sind Ihnen denn bekannt, die wegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung verboten worden sind oder aufgelöst worden sind?
Es ist verboten, eine Israelfahne auf einer Versammlung zu verbrennen, wenn dadurch eine unmittelbare Gefahr entsteht. Das ist auch strafbar. Zweitens habe ich ausgeführt: Bei diesen Demonstrationen –
Frau Seibeld, wir hatten sie doch jetzt ein oder zweimal wegen der Jerusalemfrage – muss die Polizei gut genug vorbereitet sein, um die schmale Grenze, die es dort gibt, in Vorbereitung zu haben. Eine Auflage, dass es dort verboten ist, Israelfahnen anzuzünden usw., ist schnell gemacht.
Diese hält auch vor den Gerichten stand, und dann ist es eben strafbar, wenn man dagegen verstößt. Übrigens gilt das auch für Sprechchöre, die geeignet sind, die Stimmung anzuheizen oder bestimmte Gruppen verächtlich zu machen. Da hat man ein Mittel, man muss es eben nur nutzen.
Zweite Frage, wie viele Versammlungen mir jetzt bekannt sind, die deswegen verboten worden sind: in jüngster Zeit keine, weil die Versammlungen wegen des Jerusalemkonflikts natürlich jetzt erst stattgefunden haben. Ich bin aber mit Ihnen einer Meinung, dass wir auf Habacht sein müssen. Ich bin auch explizit dankbar dafür, dass wir uns hier diesem Problem stellen. Wo ich mit Ihnen auch in der Sache bei dem Antrag einer Meinung bin, dazu können wir vielleicht bei den späteren Beratungen noch kommen. Heute ist nicht das Ende aller Tage.
Danke schön, Herr Lux, auch für Ihre sachlichen und juristisch fundierten Ausführungen, denen ich mit sehr viel Interesse folge! – Wenn ich mich richtig erinnere, war der Sachverhalt vor dem Brandenburger Tor doch so, dass dort teilweise selbstgemalte Flaggen verwendet und verbrannt wurden. Würden Sie mir zustimmen, dass diese von dem Antrag, den die CDU eingereicht hat, mit einer Änderung des Strafgesetzbuchs in keinem Fall erfasst würden und wir dieses Problem von selbstgemalten Flaggen, die verbrannt werden, nämlich nicht erfasst hätten?
Ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass man das nur hätte verbieten können, wenn man das Versammlungsrecht nutzt und eben die Auflage: Symbole, auch selbstgemalte Flaggen des Staates Israel, dürfen nicht verbrannt werden. – Dann wäre diese Handlung entsprechend strafbar. Da sind wir einer Meinung. Inwiefern Frau Seibelds Antrag auch für selbstgemalte Fahnen gelten würde, ist wahrscheinlich der Auslegung der Gerichte überlassen. Das will ich hier nicht vorwegnehmen. – Ich bin Ihnen aber auch sehr dankbar, dass ich mit Ihrer Frage überleiten kann, nämlich zur Frage der sogenannten Bagatellgrenze bzw.: Worum muss sich der Gesetzgeber kümmern?
Ein Fall, den wir nicht im Blick haben, ist – und da bin ich mit Ihnen einer Meinung, Frau Seibeld; ich hoffe, Sie nehmen mir das ab –: das Verbrennen einer Israelfahne, nicht auf einer Versammlung – danach hatten Sie auch gefragt –, aber irgendwie in der Öffentlichkeit, aus der kein Hass gegen Jüdinnen und Juden, gegen Israel speziell hervorgeht – aber so eine Tat muss man ja erst einmal schaffen.
Um das unter Strafe zu stellen, muss man sich schon sehr geschickt anstellen. Da könnte Ihre Gesetzesänderung in der Tat helfen. Wir haben aber dann das Problem: Nehmen Sie ein x-beliebiges Fußballspiel, und Deutschland verliert einmal wieder gegen Italien, Frankreich oder Spanien!
Dann nehmen Sie ein Symbol dieses Staates, das nicht einmal ernsthaft, auch nicht annähernd, als Hoheitszeichen genutzt wird, sondern meinetwegen ein Cocktailfähnchen oder so. Das schmeißen Sie weg, das verunglimpfen Sie, das zerreißen Sie. – Das ist nach Ihrem Antrag strafbar.
Es gibt keine Bagatellgrenze in Ihrem Antrag, und deswegen sollten Sie sich wirklich fragen, welche Regelungslücke Sie schließen wollen, und dort auch präzise sein. Ich glaube, das können Sie. Meine Ausführungen zeigen doch, dass ich selber hier mit mir ringe, weil ich natürlich den Staat Israel in Deutschland geschützt haben will, weil ich natürlich gegen Antisemitismus in jeglicher Form vorgehen will und weil mir auch die Mittel des Strafrechts nicht fern sind.
Deswegen lassen Sie mich nach vorne blicken: Ich glaube, Berlin und auch diese Regierung sind bereits Vorreiter im Kampf gegen Antisemitismus. Wir haben zivilgesellschaftlichen Gruppen, die gegen Antisemitismus arbeiten, gestärkt, auch finanziell.
Ich möchte etwas zu dem Kollegen der AfD sagen, der sich hier auch gegen Antisemitismus ausgesprochen hat.
Ich bin gleich am Ende. – Sie müssten mit Ihrer Argumentation eine Äußerung wie, das Holocaust-Mahnmal sei ein Mahnmal der Schande, unter Strafe stellen. Denn welches geschützte Rechtsgut gibt es, um diese Äußerung nicht unter Strafe zu stellen? Diese Äußerung müsste strafbar sein.
Ich will Sie für Ihre irren Kolleginnen und Kollegen nicht in Sippenhaft nehmen – das liegt mir fern –, aber ich würde Sie doch bitten, in Ihrem eigenen Auftritt hier wenigstens konsequent zu sein. Diese Konsequenz vermissen wir schon seit geraumer Zeit.
Nicht zuletzt müssen wir die Integration und die Bildung gerade von zu uns eingewanderten Menschen stärken. Es ist inakzeptabel, hier israelische Fahnen zu verbrennen.
Insofern glaube ich, dass wir hier noch gemeinsame Initiativen ergreifen können. Ob es am Ende dieser Antrag sein wird, müssen wir sehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Noch einmal kurz zur Geschäftsordnung: Es sind nur Zwischenfragen erlaubt. Zwischeninterventionen sind hier vorne durch den Vorstand anzumelden, und zwar nicht nach Ablauf. – Insofern liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0724
In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Für die Fraktion hat die Abgeordnete Frau Gennburg das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Das Bauen hat Priorität für Die Linke.
Was braucht die Stadt, und wie muss bedarfsgerecht gebaut werden? Diese Frage haben wir in der Koalition diskutiert und legen hier und heute Antworten vor, u. a. mit den Leitlinien, die den Forderungen zu den konkreten Bauvorhaben der neuen Stadtquartiere beigefügt sind. Wir haben darin sehr konkret formuliert, welche städtebaulichen Instrumente wir einsetzen wollen, um dieses neue Bauen zu ermöglichen, und was unsere Kriterien für den neuen Städtebau sein sollen. Darin finden Sie z. B. die Forderung, dass die neuen Stadtquartiere, vor allem wenn sie sich auf landeseigenen Grundstücken befinden,
in Erbbaurecht vergeben werden sollen, dass Vorkaufsrechtsgebiete ausgewiesen werden sollen, um Bauland für die neuen Quartiere zu aktivieren, und dass das Modell der kooperativen Baulandentwicklung in Anschlag gebracht werden soll, um die Privaten zu beteiligen. Auch finden Sie darin das Thema soziale Infrastruktur und hier das, was wir mantraartig vor uns hertragen: Es kann nicht nur neu gebaut werden, sondern es braucht auch die soziale Infrastruktur, die zu guten Quartieren gehört, und Freiräume für Kultur, für nichtkommerzielle Kultur, Orte, an denen man zusammenkommen und sich ausprobieren kann. All das wollen wir für das neue Bauen, die Leitlinien, die eine Zukunftsfähigkeit herstellen und heute schon diese neuen Siedlungen als sicheren Bestand der Zukunft konstituieren.
Das neue Bauen indes gab es schon einmal, wie Sie wahrscheinlich wissen. Auch damals ging es um soziale und politische Ansprüche an das Wohnen in einer wachsenden Stadt, in einer sich ändernden Gesellschaft. Die Zwanzigerjahre waren Aufbruch, Umbruch, das Bauhaus, die Republikgründung die Moderne, Licht, Luft und Sonne und Wohnen für das Existenzminimum in Würde und gut. Berliner Welterbeklassiker entstanden, u. a. die Hufeisensiedlung.
Da kann man mal klatschen. – Leider wurde sie verkauft. Wir sollten heute schon verabreden, dass wir die neuen Stadtquartiere niemals verkaufen.