Insofern lieber SPD-Kollege, hätten Sie sich das CDUBashing sparen sollen. Die Probleme der CDU liegen auf einer anderen Ebene.
Wir hätten als Konsequenz dieser Debatte wie auch der über die Probleme der Innenverwaltung, die hier immer wieder hochkochen, den parlamentarischen Untersuchungsausschuss gebraucht, der die Probleme in der Berliner Sicherheitsverwaltung aufdeckt, benennt und Vorschläge für deren Beseitigung macht. Wenn man der CDU in dieser ganzen Angelegenheit etwas vorwerfen kann, dann das, dass sie in dieser Angelegenheit als Tiger gesprungen und vorigen Montag in der Innenausschusssitzung so ein bisschen als Bettvorleger der Koalition gelandet ist, liebe Kollegen von der CDU.
Kommen wir zurück. Drittens ist die Misere im Berliner öffentlichen Dienst, insbesondere in den sicherheitsrelevanten Bereichen
allgemein und insbesondere im Justizdienst nicht erst entstanden, als dieser Ausbruch erfolgte. Sie hat sich in 16 Jahren, seit 2001, strukturell aufgebaut: Sparen bis es quietscht! – war die Parole Ihres Vorgängers, Herr Müller, dem Sie vom ersten Tag an an vorderster und damit auch an verantwortlicher Stelle die Stange gehalten haben, bevor Sie dann sein Erbe übernommen haben. Das Ergebnis war ein völlig unterbezahlter öffentlicher Dienst mit einer nicht befriedigenden Bewerberstruktur. Preise für Mitarbeiter bilden sich in einem Land mit Vollbeschäftigung quasi markttechnisch.
[Beifall von Bernd Schlömer (FDP) – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie wissen doch, in welcher Situation sich Berlin befand!]
Wenn Sie den Mitarbeitern zu wenig bieten, werden Sie weniger oder vielleicht nicht ganz so gute Bewerber haben. Diese Schlussfolgerung haben Sie 16 Jahre lang, in denen die SPD hier in erster Linie in Berlin Verantwortung getragen hat, nicht gezogen.
Genau diese Probleme haben jetzt mit zu diesem Ausbruch geführt. Das Justizressort war seit 2001 zehn Jahre lang von zwei SPD-Senatorinnen geführt. Da kann man sich nicht einfach zurücklehnen und die Probleme weglächeln – na, Sie lächeln noch nicht einmal, Sie lesen Akten. Da freut man sich doch, wenn man so einen Regierungschef hat, der sich für die Plenarsitzung hier extra etwas zu Lesen mitbringt, wenn es um seine Verantwortung geht.
[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD – Zurufe von Torsten Schneider (SPD) und Heiko Melzer (CDU)]
Sie können aber die Probleme nicht weglächeln und erst recht nicht weglesen, wenn die Verbrecher in Berlin plötzlich auf der Straße herumlaufen. Herr Müller, das ist eine Schande für den ganzen Senat!
Lieber Herr Dr. Behrendt! Das Erste, was wir aus justizpolitischer Sicht von Ihnen hören mussten, war, dass Einsitzen im Strafvollzug so ein bisschen gaga sei und wenn überhaupt, möglichst nur im offenen Vollzug stattfinden sollte. Wenn man solch einen Unfug erzählt, darf man sich nicht wundern, wenn die Kunden in den Anstalten das auch in die Tat umsetzen
Und wenn die eigenen Bediensteten, die unter den gerade schon von mir skizzierten Problemen ohnehin leiden, dadurch demotiviert werden und möglicherweise auch einmal einen Moment lang nicht so genau hinschauen.
Ich habe bei meinen verschiedenen Besuchen, um hier gar keinen falschen Zungenschlag aufkommen zu lassen, nur sehr motivierte und sehr gute Kollegen getroffen.
[Benedikt Lux (GRÜNE): Wen haben Sie denn da gerade verdächtigt? Es mag aber auch irgendwo – die gibt es in jedem Groß- betrieb – einen geben, der so mitläuft. Wenn der dann noch das Gefühl von seinem Chef vermittelt bekommt, das, was ich hier mache, ist eigentlich nur reaktionärer Kram, [Benedikt Lux (GRÜNE): Das vermitteln Sie doch gerade!]
dann kann das, wenn andere Umstände hinzutreten, schon einmal zu so einem GAU führen, wie wir ihn in Berlin erleben mussten.
Danach haben Sie sich zweitens schwerpunktmäßig mit sogenannten Orchideenthemen beschäftigt. Unisextoiletten,
die in Berlin natürlich schwerpunktmäßig vorhandenen Schweinemastbetriebe und so weiter und so weiter.
Wenn sich dann zum Dritten noch Justizbedienstete – hören Sie einmal auf zu klatschen, hören Sie zu! – mir gegenüber am Telefon äußern, man habe die Öffentlichkeit nicht richtig informiert, indem man den Eindruck erweckt hat, da wären eigentlich nur die sprichwörtlichen – die sprichwörtlichen, damit Sie nicht wieder schreien müssen, armer Herr Albers – Hühnerdiebe ausgebrochen und der Hinweis erfolgt, derjenige, der noch bis 2020 hätte einsitzen müssen, sitzt nicht, weil er vielleicht an irgendeiner Kneipenschlägerei beteiligt war, der Mann hat seiner Frau ein Auge ausgestochen, wurde ich informiert. Der hätte richtigerweise in Tegel mit der höheren Sicherheitsstufe einsitzen müssen. Bei so viel krimineller Energie war es nicht richtig, diesen Mann in Plötzensee einsitzen zu lassen.
Er hätte natürlich vor allem nicht in die schlecht gesicherte – das habe ich am Anfang beschrieben – Kraftfahrzeugwerkstatt gehört. Da ist unter Ihrer Verantwortung der klassische Doppelfehler passiert. Da haben Sie uns hier noch viel zu erklären. – Vielen Dank, insbesondere Herrn Albers, dass Sie meine Rede so engagiert begleitet haben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wollen, dass Berlins Gefängnisse sicher sind.
Der spektakuläre Ausbruch von vier Gefangenen aus der JVA Plötzensee hat Schwachstellen gezeigt, die sorgfältig analysiert und bestmöglich abgestellt werden müssen. Es wurden hier schon einige gute Fragen gestellt, die noch unbeantwortet sind: Wie konnten diese Inhaftierten
ausbrechen? Wie haben sie ihren Plan geschmiedet? Gab es Helfer innerhalb oder außerhalb der Anstalt? Gab es Versäumnisse seitens der Anstalt und seitens des Senats? Sind diese vorwerfbar? – Natürlich sollten wir uns vor allem der Frage stellen: Was muss verbessert werden, damit Berlins Gefängnisse sicher bleiben, will ich sagen. Es gibt für die Staatsanwaltschaft und die Justiz noch viel zu ermitteln und aufzuklären. Wir sollten doch einen Moment froh sein, dass es keine unmittelbare Gefahr mehr für die Berlinerinnen und Berliner gibt, denn drei der Ausbrecher sind innerhalb kürzester Zeit zurückgekehrt und einer wurde festgenommen. Es dürfte an dem Fahndungsdruck der Justiz und der Polizei gelegen haben. Die sind das Umfeld der Ausbrecher angegangen. Die haben die Schlinge enger gezogen. Und das zeigt auch: Ausbruch und Flucht aus Gefängnissen lohnt sich nicht.
Zweitens: Viele unserer Sicherheitsmitarbeiterinnen und mitarbeiter leisten tagtäglich eine hervorragende und erfolgreiche Arbeit. Das dürfen wir nicht kleinreden. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken!