Protokoll der Sitzung vom 08.03.2018

offensichtlich auch nicht gelesen. Das haben die Berlinerinnen und Berliner beschlossen. Das ist keine Aufforderung, mal dies oder jenes zu überprüfen, wie in anderen Beschlüssen, sondern das ist Gesetzgebung.

[Frank Scheermesser (AfD): Da wird gerade Kultur gebraut!]

Sie glauben hier, 128 500 Quadratmeter könnten irgendwie für wissenschaftliche Nutzung für den Fachbereich Gartenbau und Landschaftsarchitektur in eine Anbaufläche verwandelt werden. Das ist durch das TempelhofGesetz auf der Freifläche explizit ausgeschlossen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie wollen also ganz offensichtlich das Tempelhof-Gesetz, das durch die Berlinerinnen und Berliner in Ausübung direkter Demokratie beschlossen wurde, ändern. Oder ist Ihnen das gar nicht klar, was Sie da gerade fordern? Oder wollen Sie den Gartenbau im Hangar machen? Haben Sie eigentlich einmal bei der BeuthHochschule angerufen und die gefragt, was sie zu diesen Ideen sagen? Mein Eindruck ist nicht, dass Sie gefragt haben, ob das hochschulpolitisch sinnvoll ist. Sie haben eben selbst gesagt, es geht hier gar nicht um Wissenschaftspolitik, sondern um irgendwas anderes.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, möchte ich jetzt nicht. – Also was bedeutet das für die räumliche Nähe von Wissenschaft zu Wirtschaft, Ausgründungsmöglichkeiten, innovative Ideen, Kooperationen, Interaktionen mit dem Stadtraum? – Alles nicht bedacht.

Also eine Entscheidung von oben herab. Wie gesagt, ich habe hier zwei Probleme, die ich wahrnehme, packe sie zusammen und gucke mal, ob was dabei herauskommt. Aber wie gesagt: Um die Beuth-Hochschule und um die Zukunft geht es Ihnen gar nicht.

[Frank Scheermesser (AfD): Unterstellung!]

Das ist hier wirklich hingeschludert, um ganz andere Themen zu bespielen.

Uns allerdings liegt die Beuth-Hochschule sehr am Herzen. Sie ist eine hervorragende Ausbildungsstätte. Deswegen haben wir sie wie auch die anderen Fachhochschulen mit Mittelbau gestärkt. Wir freuen uns, dass wir da demnächst das Konzept von den Fachhochschulen vorgelegt bekommen. Wir haben Kooperationen mit Wirtschaft und anderen öffentlichen Institutionen durch das IFAF gestärkt. Wir wissen um die Bedeutung der BeuthHochschule für die Fachkräfteversorgung der Berliner Wirtschaft und für die Innovationsfähigkeit, aber auch

ganz besonders für die Aufstiegsmöglichkeiten von jungen Menschen aus Familien ohne Akademikerhintergrund, die wir in dieser Stadt auch ganz dringend brauchen. In diesem Sinne freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss, die die tatsächlichen Herausforderungen für die Zukunft der Beuth-Hochschule in den Blick nimmt. Vielleicht geben Sie sich ja dann bei Ihren Vorschlägen noch etwas mehr Mühe. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Hausmann. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen! Der Antrag der AfD zielt darauf ab, in der Nachnutzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof die Beuth-Hochschule mit ihrem Raumbedarf zu berücksichtigen. Der Antrag ist auf den ersten Blick nicht unsympathisch, ich möchte Ihnen aber gleich zuteilwerden lassen, dass wir als CDUFraktion den Antrag ablehnen werden, weil es gute Sachgründe dagegen gibt.

Positiv an dem Antrag ist, dass er zwei dem Allgemeinwohl dienliche Zielsetzungen verfolgt. Zum einen ist es stadtentwicklungspolitisch richtig, den Flughafen Tempelhof und somit auch den Gebäudekomplex und vorgelagerte Flächen einer für das Allgemeinwohl dienlichen Nutzung zuzuführen. Zum anderen ist es wissenschaftspolitisch richtig, die Beuth-Hochschule mit ihren Raumbedarfsproblemen zu unterstützen.

Problematisch an dem Antrag sehen wir jedoch zum einen die räumliche Distanz, nämlich dass die BeuthHochschule im Norden von Berlin und das Tempelhofer Gebäude bzw. Feld in einem komplett anderen Stadtteil liegt. Man würde die Hochschule doch zersplittern und sollte eher nach Standorten in dem gleichen oder zumindest angrenzenden Bezirken suchen.

Des Weiteren sind wir als CDU-Fraktion der Auffassung, dass Ihr Antrag an der Realität der baulichen Gegebenheiten und der Konformität mit dem Tempelhof-Gesetz scheitern wird, vom Denkmalschutz dort ganz zu schweigen. Das Flughafengebäude und -gelände ist aus unserer Sicht für einen Beuth-Hochschulbetrieb baulich weniger geeignet. Die CDU-Fraktion fordert daher einen Neubau für die Beuth-Hochschule. Aus unserer Sicht würde es dem Senat daher sehr gut zu Gesicht stehen, wenn er hierzu endlich ein tragfähiges Konzept anbieten würde. – Danke sehr!

[Beifall bei der CDU]

(Dr. Ina Maria Czyborra)

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Schulze. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die AfD versucht, zwei Volksbegehren gegeneinander auszuspielen, und das gelingt ihr mehr schlecht als recht mit diesem Antrag, die Beuth-Hochschule nach Tempelhof zu bringen.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Okay!]

Das ist eine schlechte Ablenkung davon, dass sie der Beuth-Hochschule mit der Unterstützung des TegelVolksentscheids selbst mitten ins Gesicht getreten hat. So ist das von der Beuth-Hochschule auch aufgenommen worden. Das gilt übrigens auch für die anderen Parteien, die den Tegel-Volksentscheid unterstützt haben. Das war also kein besonderer Erfolg.

Warum die Beuth-Hochschule selbst unbedingt nach Tegel möchte, hat sie schon mehrfach deutlich gemacht. Zum einen ist Tegel für die Beuth-Hochschule durchgeplant, und das seit zehn Jahren. Darin steckt viel Planungsleistung. Zum anderen geht es ja darum, dass die Beuth-Hochschule Platz braucht, und zwar auch Fläche. Sie wollen mit ihren Fachbereichen Gartenbau, Landschaftsarchitektur, Energietechnik und Mobilität umziehen. Jeder kann sich ausrechnen, was es bedeutet, wenn man diese Fachbereiche irgendwo unterbringen will. Sie brauchen Freiflächen, große Hallen und möglicherweise Teststrecken. All dies war und ist in Tegel vorgesehen, und all dies kann man, das wissen Sie wahrscheinlich selbst, in Tempelhof überhaupt nicht machen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Frank Scheermesser (AfD): Doch, doch! Das geht!]

Ja, das geht, wenn man das Tempelhof-Gesetz komplett ignoriert. – Jetzt komme ich zu meinem Eingangssatz: Sie spielen zwei Volksbegehren gegeneinander aus. Der Vorteil des Tempelhof-Volksbegehrens war, dass es ein Gesetzentwurf war. Dieser war ausgefeilt, ist von einer Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner beschlossen worden, und er gilt. Wenn Sie sich einmal die einzelnen Paragrafen dieses Gesetzentwurfs ansehen, finden Sie den schönen § 8, der heißt: Verbote. Darunter steht auch das Verbot, bestehende Gebäude zu erweitern. Wenn man das, was Sie gerade vorgeschlagen haben, machen wollte, dann müsste man dieses von der Bevölkerung Berlins beschlossene Gesetz ändern. Das haben wir nicht vor, und ich glaube, das würden uns viele Berlinerinnen und Berliner, die damals dafür gestimmt haben, auch wirklich übel nehmen.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Daniela Billig (GRÜNE) und Anja Schillhaneck (GRÜNE)]

Für die Beuth-Hochschule ist aber noch etwas sehr wichtig: Sie möchte in Tegel in ein Umfeld kommen, in dem viel mehr passiert als nur dieser Campus. Von den 495 Hektar Fläche, die in Tegel zur Verfügung gestellt werden sollen, sind nur 39 Hektar für die Hochschule selbst vorgesehen. Der Rest geht in zwei Industrieparks, in die schon benannte Teststrecke für Mobilität, in KMU und Kleingewerbe und auch in Gründungszentren für Start-ups und ähnliche Firmen. All dies wäre in Tempelhof überhaupt nicht möglich, und das würde der BeuthHochschule als kreatives produktives Umfeld fehlen. Auch deswegen hängt die Beuth-Hochschule sehr an Tegel, was ich gut verstehen kann. Richtig ist: Wir müssen so schnell wie möglich den Flughafen BER in Gang bringen, wir müssen Tegel so schnell wie möglich schließen und die Beuth-Hochschule an den von ihr gewünschten Platz bringen. – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Förster das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei einigen der Vorrednerinnen und Vorredner war ja auch ein Stück weit Dialektik im Spiel,

[Lachen bei der LINKEN]

denn unabhängig von der Frage „Volksentscheid Tegel, ja oder nein?“ ist doch die eigentliche Bremse einer Nutzung der Beuth-Hochschule in Tegel die Tatsache, dass der BER nicht fertig wird. Da nützt auch kein Volksentscheid. Wenn der BER nämlich 2020 oder vielleicht auch zwei Jahre später nicht fertig ist, ändert das nichts daran, dass die Beuth-Hochschule jetzt Kapazitäten braucht. Insofern brauchen Sie nicht mit Tegel zu kommen. Man muss jetzt nach Alternativen suchen.

[Georg Pazderski (AfD): Richtig!]

Die Alternativen sind aber nicht in erster Linie in Tempelhof zu finden, das ist auch die Wahrheit, das gehört auch dazu.

[Beifall bei der FDP – Frank-Christian Hansel (AfD): Aber auch!]

Der Flughafen Tempelhof ist der denkbar ungünstigste Standort für eine Hochschule, das ist gesagt worden. Abgesehen davon, dass sich die Hochschule auch jeder Diskussion verweigert, was alternative Möglichkeiten wären, hat sie spätestens, wenn der BER nicht pünktlich ans Netz geht und Sie den Volksentscheid trotzdem ignorieren, das Problem, dass Tegel eben nicht frei werden würde. Tempelhof ist aber sicherlich perspektivisch aufgrund der großen Lage eine Kombination aus Büro

standort, Kultur- und Kreativwirtschaft, aus Fashion Week und meinetwegen auch der Idee, die die Kollegin Kapek einmal geäußert hat, dort auch die Berlinale anzusiedeln. Ich finde, das ist keine so schlechte Möglichkeit. Die Messe hat das Interesse, zwei Hangars zu nutzen, auch das ist eine vernünftige Idee. Aber eine Hochschule?

Selbst wenn wir nicht planungsbefangen wären, kein Tempelhof-Gesetz, keinen Denkmalschutz und keine anderen Restriktionen aus dem Baurecht hätten, die bestimmte Umbauten dort einfach nicht möglich machen, keine Probleme mit Statik und Ähnlichem, wären die Anforderungen einer modernen Hochschule heute sicherlich andere: mit Laboren, mit Forschungsmöglichkeiten, mit anderen Möglichkeiten des Zusammenkommens. Heute braucht eine Hochschule weniger die ganz großen Hörsäle, weil man im digitalen Zeitalter auch andere Möglichkeiten hat, sich Wissen zuzuführen, sondern für Lehre und Forschung sind heute andere Anforderungen zu finden. All das würde in Tempelhof in dieser Form nicht umgesetzt werden können, ganz abgesehen davon, dass es, wenn man Recht und Gesetz ernst nimmt, im Augenblick auch rechtlich nicht geht.

Eine verantwortliche Hochschule muss sich aber auch Gedanken machen und eigene Ideen entwickeln. Ich sage einmal positiv: Wir haben es bei der HTW gesehen, die ja von fünf Standorten auf zwei zusammengezogen ist, diesen Prozess selbst angestoßen hat, um die Standorte am Ostkreuz, in der Warschauer Straße und in Blankenburg – da sind wir wieder beim Thema – leerzuziehen, sich jetzt auf Schöneweide und Karlshorst konzentriert und nun auch den endgültigen Schritt hin nach Schöneweide machen möchte, was ich prima finde und auch sehr unterstütze.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Das sind aber Angebote und Forderungen, die aus der Hochschule selbst kamen. Die HTW selbst hat immer mit engagierten Präsidenten diese Entwicklung vorangetrieben, hat gesagt: „Wir wollen das“, und hat auch Angebote und Vorschläge gemacht. Nur so kann es eigentlich bei der Hochschulautonomie gehen. Wenn die BeuthHochschule sagt: „Alles oder nichts! Wir konzentrieren uns nur auf Tegel“, laufen sie eben auch Gefahr, dass es nichts wird und sie eine Weile auf ihren maroden Gebäuden sitzen bleiben. Auch das gehört dazu, das ist auch ein Stück der Wahrheit. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Frau Billig das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! An Ihrer Einführung, Herr Scheermesser, merkt man ziemlich gut, dass Sie eigentlich selbst nicht wissen, was und wen Sie mit diesem Antrag erreichen wollen. Augenscheinlich geht es Ihnen nicht um den Willen der Bürgerinnen und Bürger, denn vor zwei Jahren, als es um Geflüchtete ging, die möglicherweise übergangsweise auf dem Flugfeld untergebracht werden sollten, war der Volksentscheid für Sie noch ganz wichtig. Jetzt stehen die, wie Sie es nennen, vorgelagerten Freiflächen aber plötzlich doch zur Disposition und sollen von der Beuth-Hochschule genutzt werden. Das heißt, Sie drehen und wenden das genau so, wie es Ihnen gerade in den Kram passt. Wir haben aber einen gesellschaftlichen Konsens über die Nutzung des Tempelhofer Flughafens. Das ist nicht nur der Volksentscheid, das ist auch das Gesetz. Jetzt, wo es für Sie gerade einmal passt, ignorieren Sie beides, den Willen der Bürgerinnen und Bürger und das Gesetz.

Sie haben außerdem kein Herz für die Kreativunternehmen, für die Künstlerinnen, Künstler und Kulturschaffenden, denn wenn es nach Ihnen ginge, würde ihnen ein beträchtlicher Teil der Flächen im Flughafengebäude schon wieder weggenommen werden, bevor sie überhaupt eingezogen sind. In den Prozess zur Erstellung eines Nutzungskonzepts sind jetzt schon viele Jahre lang Energie und Ressourcen investiert worden, diese wären damit umsonst und völlig verschwendet.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wie in die Tegel- Planung! Tech Republic! Alles in den Sand gesetzt!]

Dieser Antrag hat auch einen immensen Schaden für die Beuth-Hochschule. Die Hochschule rechnet fest mit diesem Standort, und zwar am Campus Tegel. Die Schließung des Flughafens Tegel im Jahre 2020

[Oliver Friederici (CDU): Na, na, na, na, na! – Florian Kluckert (FDP): Niemals!]

bringt genau die nötige Zuverlässigkeit für die Hochschule, die sie braucht. Die Neuplanung würde weitere acht Jahre kosten. Was Sie verlangen, ist keine zügige Deckung des Flächenbedarf und definitiv keine Planungssicherheit.