Alle wissen, dass Digitalisierung wichtig ist und unser Leben bestimmt und die Zukunft von Leben und Arbeiten noch viel mehr verändern wird, als das bislang geschehen ist. Es ist eigenartig, dass trotzdem immer noch zu oft in Bezug auf Digitalisierung der Bildung das Ob und nicht das Wie debattiert wird.
Viele Eltern, denen das Smartphone längst an der Hand angewachsen ist, wünschen sich für die Kinder so etwas wie Bullerbü. Es wird beklagt, Kinder und Jugendliche würden die Smartphones nur zum Daddeln benutzen – ja, wenn wir ihnen denn keine anderen Angebote machen. Viele beklagen, dass im Internet viel Falsches zu lesen ist. Ich habe für meinen Teil auch schon viel Unfug in Büchern gelesen. Diese Debatte erinnert manchmal auch an die Zeit um 1800, als der Roman aufkam. Man sah eine große Gefahr darin, dass vor allem Frauen von der Arbeit und der religiösen Lektüre abgehalten würden und ihr Geist verwirrt würde.
Was brauchen wir? – Ein sinnvolles Ineinandergreifen von klassischen und digitalen Medien, die binnendifferenziertes Unterrichten ermöglichen, die unterrichtsbegleitende Diagnostik bereitstellen, die individuelle und auch inklusive Lernmöglichkeiten eröffnen und die Kinder und Jugendliche zu souveränen Nutzern machen, die ihre eigenen Daten schützen, die Informationen beschaffen und bewerten können, die die beruflichen Chancen der Digitalisierung ergreifen können und sich gesellschaftlicher Risiken bewusst sind, die selbstbestimmt lernen und sich entwickeln. Diesen Weg müssen die Schulen gemeinsam mit Eltern und Lehrkräften gehen. Es muss sich das Gesamtsystem auf den Weg machen, und da haben wir noch sehr viel zu tun.
In der Lehrkräfteaus- und -fortbildung brauchen wir dazu neben dem Einstein-Zentrum Digitale Zukunft und dem Deutschen Internet-Institut in Berlin auch Spezialisten und Spezialistinnen für Medienbildung an den Hochschulen. Wir brauchen eine vernünftige Anbindung von Schulen. Es scheint da ein paar Probleme mit dem Breitband zu geben, das die privaten Anbieter nicht so recht gelöst bekommen. Falls das so sein sollte, kann es aber nicht sein, dass die Ausbildung unserer Kinder am Desinteresse von Telekommunikationsunternehmen scheitert.
Im Antrag wird gefordert, dass die Senatsverwaltung für Bildung diesen Runden Tisch einrichten soll. Ich habe schon erwähnt, dass die Senatskanzlei bereits einen Aufschlag gemacht hat. Ich will einmal sagen, was die Kul
Bildungspläne und Unterrichtsentwicklung, curriculare Entwicklungen; Aus-, Fort- und Weiterbildung von Erziehenden und Lehrenden; Infrastruktur und Ausstattung; Bildungsmedien, Content; EGovernment, Schulverwaltungsprogramme, Bildungs- und Campusmanagementsysteme; rechtliche und funktionale Rahmenbedingungen.
Für diese umfangreichen Aufgaben wäre jetzt das Geld vom Bund schon mal ganz hilfreich – die Digitalisierungsmilliarden, die schon lange versprochen sind. Dafür brauchen wir also Geld, aber wir brauchen dafür auch kompetentes Personal. Wenn die Bildungsverwaltung nun auch den Runden Tisch übernehmen soll, müssen wir uns als Abgeordnete insofern auch ehrlich machen und sehen, dass mit einer einzigen Personalstelle diese ganzen Themen – von Breitband über Beschaffung von Hardware und Lernsoftware, Bildungsserver, Fortbildung und Kommunikation mit Hochschulen, Lehrkräfteausbildung und Runder Tisch – nicht so ohne Weiteres zu bearbeiten sind. Wir müssen noch einmal darüber nachdenken, wie wir diesen Bereich stärken können. Ich hoffe jedenfalls, dass weitere Fortschritte bei dieser wichtigen Aufgabe nicht so lange dauern wie die parlamentarische Beratung dieses Antrags, und bitte um Zustimmung. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn solche Schlüsselbegriffe zusammenkommen – „Runder Tisch“, „Medienkompetenz“, „Akteur*innen“ –, dann geht bei mir das persönliche Phrasometer immer gleich bis zum Anschlag. Uh, uh! Das ist jetzt wirklich ganz weit oben.
Das ist schon wieder so viel substanzloses Polit-Blabla, womit Sie uns hier konfrontieren. Wir haben dabei die Befürchtung – das müssen Sie auch verstehen –, dass Sie das ganze Thema Medienbildung nur benutzen wollen, um den Schulkindern einzutrichtern: Nur ARD und ZDF bringen euch die wirklich guten Nachrichten. Die sind qualitativ wertvoll. Alle anderen sind private Verlage. Die ganzen undurchsichtigen Webseiten verbreiten nur Fake-News.
[Paul Fresdorf (FDP): Oh, mein Gott! – Anne Helm (LINKE): Sie haben wirklich eine Paranoia! – Zuruf: Thema!]
Ich bin beim Thema, meine Damen und Herren! Hören Sie mir einen Moment zu, Frau Helm, und alle anderen!
Hören Sie mir einen Moment zu! Ich komme schon zu dem Punkt, um den es hier geht. – Die Befürchtung ist, dass Sie das Thema missbrauchen wollen. Das heißt aber auf der anderen Seite nicht, dass wir uns dem völlig verschließen.
Wir haben natürlich ein Interesse daran, junge Menschen an digitale Medien heranzuführen. Wir brauchen nicht nur mehr Absolventen in MINT-Fächern. Wir brauchen auch mehr Programmierer. Nun muss nicht jeder eine Programmiersprache verstehen, aber es sollte jeder verstehen, worum es dabei geht und warum es für die digitale Revolution wichtig ist. Deswegen werden wir uns dem nicht verschließen. Berlin hat dort großen Nachholbedarf. Wenn wir in andere Länder schauen wie nach Estland, da sind Schulen seit fast zwanzig Jahren alle an das Netz angeschlossen. Es arbeitet dort jeder mit einem Tablet. Jede Klasse hat einen Beamer. Alle Schulbücher sind ab 2020 digital verfügbar. Bei uns besteht dort ein riesiger Nachholbedarf. Der Staatssekretär Björn Böhning hat bei uns im Medienausschuss sinngemäß gesagt, wir bräuchten eine digitale Infrastruktur an Schulen, um zukunftsträchtige Inhalte vermitteln zu können. Dazu sagen wir: Ja, das sehen wir auch so. Bitte machen Sie das! Aber denken Sie daran, erst die Schultoiletten zu sanieren. Erst kommen die Klos, dann die Tablets. Die Schultoiletten sehen teilweise aus wie in Ruanda oder Burundi. Deswegen sage ich: Wenn es hilft, dass durch Antrag alles etwas beschleunigt wird, werden wir dafür stimmen und uns dem nicht entziehen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der AfD – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Die klatschen zu jedem Scheiß! – Frank-Christian Hansel (AfD): Die Helm äußert sich zu jedem …!]
Ja, es ist meine Aufgabe hier, mich auch zu den Fachbereichen zu äußern, für die ich zuständig bin. Da müssen Sie jetzt durch. – Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss hier scheinbar von dem Projekt Runder Tisch erst einmal niemanden mehr
überzeugen. Das hat sich in den Fachausschüssen auch in der Abstimmungsempfehlung niedergeschlagen. Auch aus den Redebeiträgen bisher gehe ich jetzt einmal davon aus, dass wir da grundsätzlich durchaus auch an einem Strang ziehen können. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken, auch bei Ihnen, Frau Bentele, für die Ergänzung im Bildungsausschuss, auch die Universitäten einzubeziehen, die ja die Lehrenden auch entsprechend auszubilden haben. Das finde ich durchaus sehr sinnvoll. Vielen Dank!
Wichtig ist mir aber auch, an dieser Stelle noch einmal zu betonen, dass die Initiative für diesen Runden Tisch schon vor einiger Zeit von diversen Akteurinnen und Akteuren aus der Bildungslandschaft und auch aus der Zivilgesellschaft selbst kam, die hier dringenden Nachholbedarf im Bereich Medienbildung gesehen haben. Es geht hierbei, das möchte ich auch noch einmal betonen, wohlgemerkt nicht nur um die Lehrmaterialien, also um Soft- und Hardware, sondern auch um die Lehrinhalte. Die vielfach besprochene Medienkompetenz ist ein Teil davon, aber auch informationelle Selbstbestimmung zum Beispiel. Dabei geht es um didaktische Fragen genauso wie um Datenschutz von Lehrenden und Lernenden.
Dabei ergeben sich eine ganze Reihe von Fallstricken und Interessenabwägungen, die oftmals nicht bedacht werden, wenn man einfach ganz schlicht mehr oder bessere oder modernere Medienbildung fordert. Deswegen gehören auch diverse Institutionen an diesen Runden Tisch, von den Lehrbuchverlagen bis hin zum Chaos Computer Club. Der Senat ist in dem Bereich auch nicht untätig geblieben und hat eben nicht so lange gewartet, bis der Antrag hier abschließend behandelt wird, und hat bereits im Oktober verschiedene Beteiligte zu einem ersten Austausch zu sich eingeladen. Der Kollege Förster und ich waren dort auch anwesend und haben gespannt zugehört. Dort gab es erst einmal eine Verständigung darüber, wo die Problemstellungen tatsächlich liegen, welchen Abstimmungsbedarf es dafür noch unter den verschiedenen Beteiligten gibt und auch, welche Perspektiven wir vielleicht bisher noch nicht hinreichend berücksichtigt haben und wer unbedingt noch an einen solchen Tisch gehört und welche Stimme da noch repräsentiert sein sollte. Das war ein durchaus interessanter und erhellender Austausch. Für dieses Angebot möchte ich mich noch einmal herzlich bei Björn Böhning und bei der Senatskanzlei bedanken.
Auch bedanken möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal bei der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg. Sie ist für die Vermittlung von Medienkompetenz zuständig und hat auf dieser ersten Veranstaltung für diesen zukünftigen Runden Tisch auch einmal vorgestellt, was
sie so für Angebote bereits macht und welche Zielgruppen sie erreicht. Da möchte ich hier einmal stellvertretend die Nachwuchsförderung für junge bis sehr junge Medienschaffende bei ALEX TV nennen. Wir vergessen immer, dass Medienbildung eben nicht nur an die Schule gehört und dass es dabei nicht nur um das Konsumieren und Filtern von Medien, sondern auch um das Schaffen von Medien geht, was ein Bereich ist, der vielen von uns heute technisch viel einfacher zugänglich ist. Aber auch damit muss der Umgang gelernt sein. Dafür ist das, finde ich, ein tolles Projekt.
Die MABB hat uns auch erläutert, welche Zielgruppen sie eben nicht flächendeckend und hinreichend erreichen können und welche Bereiche eben doch zum Beispiel in die Schulen gehören und was wir zum Beispiel noch vom Land Brandenburg lernen können, auch, wie ihre Arbeit durch einen Runden Tisch noch unterstützt und verbessert werden kann, um Doppelstrukturen zu vermeiden und die Absprachen von verschiedenen Akteurinnen und Akteuren zu verbessern und auch zielgruppenorientiert und spezifisch zu arbeiten. Das fand ich auch sehr erhellend. Allein dafür lohnt sich dieser Austausch schon.
Nun ist es unsere Aufgabe, diese Arbeit des Runden Tisches auch politisch eng zu begleiten und gegebenenfalls auch rechtliche und haushälterische Aufträge anzunehmen, die sich aus dieser Arbeit ergeben. Wie gesagt, es ist eine Aufgabe von uns allen. Ich nehme jetzt einmal die Unterstützung für diesen Antrag als ersten Aufschlag, dass wir das auch tatkräftig tun. Ein Teil dieser Aufgabe wird natürlich auch sein, auch beim Bund noch einmal nachzuhaken. Es ist hier mehrmals schon gesagt worden. Da gab es bisher große Ankündigungen. Viel Unterstützung hat das Land von der Seite noch nicht erfahren. Ich finde, dass da noch eine ganze Menge Luft ist. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der Bildungsverwaltung und freue mich auch auf Ihre konstruktive Mitarbeit weiterhin und bitte um Unterstützung dieses Antrags. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit über zehn Jahren gehören soziale Medien in den Alltag der Berlinerinnen und Berliner und das Internet noch viel, viel länger, fast so lange, wie die SPD das Bildungsressort führt. Wie lange das ist, habe ich Ihnen in der vorletzten Sitzung mehrfach gesagt.
Frau Remlinger! Sie haben gerade gesagt, dass das Bildungssystem ein träger Öltanker ist. Ich denke, es wird Zeit, dass wir daraus ein Speedboot machen, gerade wenn es darum geht, Medienkompetenz und den Umgang mit modernen Medien zu fördern. Dieser Runde Tisch kann ein Teil davon sein, diesen Öltanker in ein Speedboot umzuwandeln. Es muss dann aber eher eine Tafelrunde werden, wo alle dafür streiten und dafür kämpfen, dass diese Medienkompetenz endlich in den Berliner Schulen ankommt.
[Udo Wolf (LINKE): Jetzt setzen Sie das Bild noch einmal ganz in Ruhe zusammen! – Sebastian Czaja (FDP): Ein großes Speedboot, damit die Tafel hineinpasst!]
Wir müssen ganz zwingend darauf achten, dass die dort vermittelten Inhalte den Lehrern zur Hand gegeben werden, dass wir im LISUM so gut aufgestellt sind, dass die Lehrerinnen und Lehrer das Werkzeug auch an der Hand haben, Medienkompetenz zu vermitteln und moderne Geräte in den Schulen haben, mit denen sie auch arbeiten können. Wir können natürlich in einer Übergangsphase sagen: Bring your own device. Jedes Smartphone heutzutage ist schneller als die meisten Rechner in der Schule. Da müssen wir ganz, ganz dringend heran. Es kann eben auch nicht sein, dass Lehrer private Sticks mitbringen, um Internet in der Schule anzubieten. Das wird wirklich Bildungspolitik auf der Stufe eines Entwicklungslandes. Davon müssen wir ganz schnell wegkommen.
Den Breitbandausbau – das haben Sie, die Kollegin hat es erkannt, Frau Czyborra hat das gerade gesagt – müssen wir vorantreiben, ganz schnell. Wir müssen aber vor allem eines tun: Wir müssen die Schülerinnen und Schüler in den Schulen dazu befähigen, mit Medien kritisch umgehen zu können. Wikipedia ist wirklich eine gute Nachschlagemöglichkeit. Aber auch hier muss ich Inhalte kritisch hinterfragen können. Ich darf nicht ungesehen alles glauben, was dort steht. Genau diese Kompetenzen müssen wir in den Schulen vermitteln, das kritische Auseinandersetzen mit Medien. Das sind aber nicht nur digitale Medien. Wir müssen auch kritisch mit Printmedien umgehen können und schauen, was das ist, was der Wahrheit entspricht, und das erkennen, was sich jemand ausgedacht hat. Diese Kompetenz ist grundlegend dafür, dass sich unsere Demokratie weiterentwickeln und weiter fortbestehen kann. Darum ist es wichtig und richtig, dass dieser Antrag jetzt kommt. Er hätte schon viel, viel früher kommen müssen. Ich denke, auch da sind wir uns einig. Da wurde an Bildungspolitik viel verschlafen. Es wird Zeit, jetzt richtig loszulegen und ein Speedboot zu bauen. Das werden wir jetzt alle gemeinsam tun. Ich freue mich darauf.