Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

lich nicht zurücknimmt und ihnen keinen Pass ausstellt. Auch alle diese Gruppen

[Zuruf von Marc Vallendar (AfD)]

zählen zu dieser Zahl 12 000. Deswegen sollten Sie mit solchen Zahlen etwas vorsichtiger sein. Eine letzte Sache und dann würde ich tatsächlich gern zu dem Antrag zurückkommen: Es ist eben nicht so, dass Asyl nur einen Aufenthalt auf Zeit begründet.

[Zuruf von der AfD: Doch!]

Diejenigen Menschen, die nach deutschem Asylrecht asylberechtigt sind, haben damit das Recht, hier ein neues Leben anzufangen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der AfD: Quatsch!]

Ich finde es unverschämt, wenn Sie fordern, dass auch die alle gehen sollen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der AfD]

Damit haben wir schon gesehen, dass das Thema, das wir heute diskutieren, keineswegs nur ein Thema für Fachleute und Feinschmecker und irgendwie überflüssig wäre. Denn hinter diesem nüchtern klingenden Auftrag, den wir dem Senat heute erteilen wollen, steckt ein ganz großes Stück Innovation, Öffnung der Verwaltung und Fortschritt in Sachen Partizipation. Wir machen uns damit nämlich auch auf den Weg zu einer gesamtstädtischen Steuerung, die die Verwaltungsmodernisierung übrigens gerade dort realisiert, wo das Land Berlin sich 2015/16 durch den LAGeSo-Skandal noch bundesweit einen schlechten Ruf für Behördenversagen weggeholt hat.

Es geht um Qualitätsmanagement. Der Senat soll ein standardisiertes Verfahren zur regelmäßigen Überprüfung der Unterbringungsbedingungen entwickeln unter Einbindung nicht nur der Bezirke und der Flüchtlingsorganisationen, sondern auch der Bewohnerinnen und Bewohner.

Natürlich gehören Qualitätskontrollen auch zur Aufgabe des LAF. Neu ist aber, dass Integrationslotsen und -lotsinnen die Mitarbeiter begleiten sollen, um selbst mit den Bewohnerinnen und Bewohnern über ihre Lebensbedingungen und Bedürfnisse zu sprechen. Zusätzlich startet ein Modellprojekt in vier Bezirken für ein unabhängiges Beschwerdemanagement. Daraus kann ein Innovationsschub für mehr Qualität entstehen, von dem in einem nächsten Schritt auch alle Obdachlosen profitieren. Denn natürlich hat auch die Situation in den ASOGUnterkünften und anderswo mehr Aufmerksamkeit verdient.

Was wir etablieren wollen, ist ein lernendes System. Die Erkenntnisse aus den Kontrollbesuchen, die das LAF mit

(Karsten Woldeit)

mobilen Lotsen gemeinsam gewinnt, müssen einfließen in die Arbeit der Senatsverwaltung und ihrer Behörden, genau wie die Hinweise der Monitoring-Gruppe, die der Vorläufer für ein künftiges unabhängiges Beschwerdesystem ist. Und wenn das klappt, dann werden Missstände in Einrichtungen rascher behoben, der Informationsaustausch, die Vernetzung zwischen Einrichtungen, Jobcentern, Beratungsstellen und Behörden wird verbessert, die Verwaltung öffnet sich für Ehrenamtliche wie für Bewohnerinnen und Bewohner und ermöglicht so mehr Partizipation.

Das ist überfällig, denn Beteiligung – die Sie ja auch so gerne einklagen, sehr geehrte Herren von der AfD – und ein offener Umgang mit Beschwerden machen die Arbeit öffentlicher Institutionen nämlich besser, und das gilt für Eltern in der Schule ganz genauso wie für Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit.

Unser Ziel ist eine gesamtstädtische Steuerung für eine gute Unterbringung aller Wohnungslosen. Das ist ein zentrales Projekt der Verwaltungsmodernisierung. Die Bezirke sollen von dieser zentralen Steuerung profitieren können. Sie werden entlastet, aber nicht entmachtet. Und es entsteht vielleicht eine neue Form der Kooperation zwischen Land und Bezirken anstelle des SchwarzenPeter-Spiels, das hierzulande eine allzu lange Tradition hat.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Aber natürlich, Frau Seibeld, in einem haben Sie ganz recht: Qualitätsmanagement ist nicht nur eine Sache der Betreiber. Die Betreiber können nicht dafür sorgen, dass es genügend Kita- und Schulplätze, soziale Infrastruktur, Verkehrsanbindung gibt und dass sich die neuen MUFs z. B. auch in die Nachbarschaft hinein öffnen und einen Mehrwert auch für die Anwohner haben. Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir bei der Debatte über neue modulare Unterkünfte für die Flüchtlinge aufhören, über das Ob zu diskutieren, und endlich beginnen, über das Wie zu sprechen – und zwar nicht nur hier oder auf Verwaltungsebene, sondern mit den Beteiligten vor Ort, mit den Anwohnern und Anwohnerinnen und den Bezirken. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Seerig das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht mir ähnlich wie Frau Seibeld: Wir haben im November über diesen Antrag gesprochen. Man könnte die Rede recyceln

im Sinne von Rot-Rot-Grün: Der Antrag ist gut gemeint, und angesichts der Probleme, die es in diesem Bereich in der Vergangenheit gab, wohl leider auch notwendig. Denn den Standard von Unterkünften zu bewerten und auch zu prüfen, ist an sich eine gute Sache.

Ich habe aber schon damals kritisiert, dass die Idee aus unserer Sicht entschieden zu spät kommt. Man hätte es eigentlich im Vorfeld eines landeseigenen Betriebs machen sollen; man hätte es in die To-Do-Liste der Hamburger Managementberater reinschreiben – und nicht erst, nachdem im Prinzip die Sache gelaufen ist – und sich jetzt darüber Gedanken machen sollen.

Stattdessen kommt man mal wieder auf die Idee, ein neues Gremium mit einer aus unserer Sicht unklaren Zusammensetzung einzurichten. Denn wer bestimmt die Vertretungen aus den Vereinen, welche Organisationen der Hilfe? Wer wählt wen nach welchen Kriterien für wie viele Plätze eigentlich aus? – Statt hier das Know-how der eigenen Verwaltung oder auch der eingeflogenen, hoch bezahlten Experten zu nutzen oder zur Voraussetzung zu machen, wird wieder einmal alles, statt Verantwortung zu übernehmen, diffus an die Zivilgesellschaft delegiert.

Zudem: Was nutzen uns gute Standards, wenn sie am Ende keiner umsetzen will? – Wir alle kennen die Debatte über die nicht bezahlten Rechnungen in diesem Bereich, dass Caritas und Diakonie nun aufgrund ausstehender Millionen klagen wollen.

Und letztlich – auch das hat die Kollegin Seibeld schon angesprochen: Wenn man schon einmal Mindeststandards für Gemeinschaftsunterkünfte definiert – warum dann nicht einheitlich? Betreuung, Sicherheit, Infrastruktur, Ausstattung – das gilt aus unserer Sicht genauso auch z. B. für den Bereich der Obdachlosenarbeit, denn die Reintegration in die Gesellschaft, in den Wohnungs- und Arbeitsmarkt ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die eben nicht nur Flüchtlinge betrifft.

Daher denken wir: Der Antrag ist gut gemeint, aber in der Quintessenz nicht so gut gemacht, dass wir ihm zustimmen könnten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64, Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort!

(Bettina Jarasch)

Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Qualität ist eine wichtige Sache, da haben die Koalitionsfraktionen vollkommen recht. Aber: Wozu sind wir denn hier? – Wir dienen dem deutschen Volk. Wir sind auch den legal hier lebenden Ausländern verpflichtet. Allen anderen Menschen auf dieser Welt sind wir das nicht. Für alle anderen gibt es andere, die für sie verpflichtet sind.

Und da müssen wir doch mal fragen, was den Deutschen so richtig am Herzen liegt: Ist das die Kitaversorgung für sogenannte Flüchtlinge, die keine Arbeit haben? Ist das die Sozialberatung, die abgelehnte Asylanten berät, wie man mit juristischen Tricks auf Kosten der deutschen Steuerzahler seinen Aufenthalt verlängern kann? Sind das Mitwirkungsmöglichkeiten der Bewohner, was auch immer das heißen mag?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Buchner?

Gerne.

Herr Buchner, Sie haben das Wort – bitte!

Herr Kollege! Ich habe über Sie gelesen, dass Sie gläubiger Katholik, also religiös sind. Sie haben hier gerade erläutert, dass Humanismus sozusagen nur für Menschen gilt, die in Deutschland leben oder Deutsche sind. Halten Sie das für vereinbar mit dem christlichen Menschenbild?

Vollkommen, Herr Kollege! Denn wir sind für die Vertretung der Deutschen da, und für die anderen gibt es andere.

[Zurufe von der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Gehört es zu unseren Aufgaben, für die besonders gemütliche Akkommodation von Wirtschaftsemigranten oder Asylbenutzern zu sorgen? – Würden Sie vielleicht für ein bisschen Ruhe sorgen? – Nein, der Berliner fragt sich, warum der Rentner von nebenan in der Mülltonne nach den Flaschen sucht! Er fragt sich, warum am Tempelhofer Damm unter der S-Bahnbrücke ständig Obdachlose schlafen müssen, und er fragt sich, warum er keinen Termin im Bürgeramt bekommt und er abends nicht mehr sicher joggen kann.

Wir brauchen uns nicht den Kopf darüber zu zerbrechen und mit DIN-ISO-zertifizierten Prozeduren zu überwa

chen, ob die Toiletten in Gemeinschaftsunterkünften von unseren Reinigungsfirmen oft geputzt werden. Wir brauchen keinen bequemen Asyl-TÜV, wir brauchen einen Rückführungs-TÜV! Wir brauchen ein QM-System zur systematischen Durchsetzung deutschen Rechts. Wir brauchen ein System, das dafür sorgt, dass sich keiner bei uns im Land aufhält und einfach irgendwelche Identitäten erfinden kann.

Wir hatten gestern im Gnadenausschuss einen staatenlosen Libanesen, der wegen Heroinhandels zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde. Der hatte 26 verschiedene Identitäten bei den deutschen Behörden angegeben: Einmal war er Iraker, einmal war er Ägypter, dann Marokkaner, schließlich sogar Italiener und Litauer. Fast alle, die ohne Papiere kommen, versuchen, uns irgendwie zu hintergehen. Was soll das alles? Wir bräuchten einen TÜV, der die Identität der Einwanderer überprüft und nachfragt, ob die deutsche Verwaltung alles unternommen hat, um die hier nicht Aufenthaltsberechtigten außer Landes zu bringen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lux?

Ja, gerne – Herr Lux besonders gerne. – Herr Lux, huhu! Sind Sie eingeschlafen?

Herr Lux!

Herr Wild! Kennen Sie das Beratungsgeheimnis des Gnadenausschusses, das auch uns als Mitglieder des Gnadenausschusses bindet und Sie rechtlich dazu verpflichtet, in der Öffentlichkeit über die Gnadenfälle zu schweigen? Würden Sie mir zustimmen, dass Sie hier einen Rechtsbruch begangen haben?

Nein, da würde ich Ihnen nicht zustimmen! Aber Sie können mich ja verklagen! – Dieser Rückführungs-TÜV muss überprüfen, ob wir alles getan haben, um die hier Nichtaufenthaltsberechtigten außer Landes zu bringen.

Und als Letztes, falls alles andere keinen Erfolg hat, hat man ihn gefragt – den Asylnutzer –, ob er mit Rückkehrhilfen in der Höhe der zu erwartenden Sozialkosten z. B. für die nächsten zwei Jahre freiwillig zurückkehrt. Bei einem normalen sogenannten Flüchtling sind das etwa 72 000 Euro, bei einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling wären es 120 000 Euro. Das bieten wir denen einfach mal an: Wollt ihr das nehmen, und dafür erklärt

ihr, dass ihr in den nächsten 30 Jahren nicht mehr in Deutschland euren Wohnsitz nehmt? – Das wäre nämlich für die Bürger billiger, als die sogenannten Flüchtlinge hier auf Dauer im Land zu lassen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und einen schönen Feierabend!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Zum Antrag der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 18/0632 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen die AfD bei Enthaltung der CDU und der FDP – die Annahme mit geändertem Berichtsdatum „31. Oktober 2018“. Wer also dem Antrag auf Drucksache 18/0632 mit geändertem Berichtsdatum „31. Oktober 2018“ zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die drei Koalitionsfraktionen. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die AfD-Fraktion, die FDP-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. – Wer enthält sich? – Das ist die CDU-Fraktion. Damit ist dieser Antrag angenommen.