Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Trefzer! Ich habe mich mit der Kulturstaatsministerin verständigt, dass wir eine Rechtsanwältin aus der Kanzlei Knauthe und Partner mit der Aufklärung dieser Vorwürfe betrauen. Das haben wir nicht selbst gemacht, sondern wir haben eine in diesen Fragen erfahrene Rechtsanwältin damit beauftragt, die Gespräche zu führen, die Substantiierung der Vorwürfe zu untersuchen und dergleichen mehr. Ich sage Ihnen jetzt auch mal eins: Mal unterstellt, Sie hätten recht, und das wäre keine unabhängige Instanz. Wir haben vom Anwalt des Betroffenen – also desjenigen, dem gegenüber die unmittelbaren Belästigungsvorwürfe erhoben worden sind – inzwischen eine schriftliche Bestätigung bekommen, dass die Vorwürfe weitgehend der Wahrheit entsprechen.

[Zuruf von Martin Trefzer (AfD)]

Jetzt stelle ich mir die Frage – – Lassen Sie mich bitte ausreden! Bei Herrn Knabe ging es auch nicht um diese Vorwürfe. Bei Herrn Knabe ging es um die Frage – –

(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)

[Zurufe von Dr. Hugh Bronson (AfD) und Harald Laatsch (AfD)]

Lassen Sie mich bitte ausreden, oder ich beende das jetzt hier!

[Harald Laatsch (AfD): Das wäre besser!]

Wenn es um die Frage geht, ob Sie mir die Chance geben zu antworten, dann müssen Sie einfach mal aushalten, dass ich antworte. Okay? – Gut!

[Zuruf von der FDP: Zur Sache!]

Also: Ich habe gesagt, es ging um die konkreten Vorwürfe, und dabei ging es um den stellvertretenden Direktor der Einrichtung. Bei der Frage, ob wir Herrn Knabe das Vertrauen aussprechen, diesen Wandlungsprozess zu organisieren, ging es darum, ob der Stiftungsrat das Vertrauen hat, dass, nach allem, was wir im letzten halben, dreiviertel Jahr erlebt haben, Herr Dr. Knabe der Richtige ist, der diesen Kulturwandel in der Einrichtung glaubwürdig vollziehen kann. Wir sind einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass das nicht der Fall ist. Das ist eine andere Angelegenheit als die Vorwürfe gegen den stellvertretenden Direktor, die dann von dessen Anwalt eingeräumt worden sind. Es mag unterschiedliche Gründe geben – und in dem konkreten Fall gab es unterschiedliche Gründe – für die Entscheidung, sich von dem stellvertretenden Direktor und von dem Direktor zu trennen.

[Martin Trefzer (AfD): Nach 17 Jahren!]

Wenn Sie versuchen, das zusammenzumixen, dann versuchen Sie, Nebelkerzen zu werfen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Die zweite Nachfrage geht an den Abgeordneten Herrn Ubbelohde. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Verstehen Sie unter Kulturwandel und rechtlicher Pflicht, einen renommierten Gedenkstättenleiter, dem offensichtlich nicht mehr vorgeworfen wird als eine ungenügende Reaktion auf Verfehlungen seines Stellvertreters, mit sofortiger Wirkung von seiner Tätigkeit zu entbinden, während eine stellvertretende Polizeipräsidentin, die unter dem Verdacht steht, sich der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge schuldig gemacht zu haben,

[Zuruf von Marcel Luthe (FDP)]

zur Leiterin der Generalstaatsanwaltschaft befördert wird?

[Beifall bei der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Stefan Förster (FDP): Das ist Rot-Rot-Grün! – Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Zum einen: Ich bin kein Freund von Whataboutism. Ich bin zuständig für die Gedenkstätte Hohenschönhausen, und ich bin Stiftungsratsvorsitzender eines Stiftungsrats, der aus fünf Personen besteht. Das ist Frau Bering vom BKM, das ist der stellvertretende Präsident des Brandenburger Landtags Herr Dr. Dombrowski, der auch Vorsitzender der UOKG ist. Das ist darüber hinaus die Aufarbeitungsbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt Frau Neumann-Becker, und es ist schließlich Martina Gerlach, die Staatssekretärin der Berliner Senatsverwaltung für Justiz. Wir haben uns gemeinsam mit der derzeitigen Situation in der Gedenkstätte auseinandergesetzt. Ich würde Ihnen empfehlen, das auch mal zu tun.

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass das Klima in der Gedenkstätte, dass die Arbeitssituation in der Gedenkstätte einen Grad erreicht haben, der einen dringenden Kulturwandel erfordert. Wie gesagt, ich bin froh, dass wir mit Frau Birthler jemanden gewonnen haben, die auch dazu steht, die das Vertrauen genießt,

[Georg Pazderski (AfD): Von der SED!]

die auch das Ansehen genießt, so einen Kulturwandel durchführen zu können. – SED! Ja, wissen Sie! Sie kennen offenbar immer nur die eine Leier.

[Zurufe von Harald Laatsch (AfD) und Gunnar Lindemann (AfD)]

Wenn man aber die Situation hat, dass in einer Gedenkstätte über sieben Jahre hinweg solche Belästigungen stattfinden können, es mittlerweile ein offenes Geheimnis ist – so wurde es mir gestern von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesagt –,

[Georg Pazderski (AfD): DDR 2.0!]

und man, wenn man sich an die Einrichtungsleitung wendet, keine Unterstützung, sondern eher zusätzliche Drangsalierung zu erwarten hat, dann muss man handeln. Sie können das jetzt infrage stellen. Sie stehen nicht an meiner Stelle. Ich stehe zu dieser Entscheidung; Sie hätten sie wahrscheinlich anders getroffen. Aber ich finde in der Tat: Fachliche Kompetenz und Verdienste in der Einrichtung kann man nicht gegen das andere aufwiegen.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Nein!]

Das sind zwei verschiedene Baustellen. Und da muss man am Ende zu einer Entscheidung kommen, so schwer sie einem fällt. Wir haben uns diese Entscheidung nicht leichtgemacht; wir haben fünf Stunden miteinander getagt und beraten, wie wir mit dieser Situation umgehen. Das war nun die Konsequenz. Die mag Ihnen gefallen oder nicht, aber bitte bleiben Sie sachlich! Ziehen Sie es nicht immer auf Ebenen, auf die es überhaupt nicht gehört!

(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD) – Weitere Zurufe von der AfD]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Schlömer die Möglichkeit, seine Frage zu stellen. – Bitte schön!

Themenwechsel! Stichwort: Digitalisierung, Innovation – und Hausaufgaben gemacht? – Welche konkreten Maßnahmen hat das Bundesland Berlin eingeleitet, um die aktuellen Probleme des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs nach Wiederaufnahme des obligatorischen Betriebs im September 2018 abzustellen, vor allen Dingen die beklagte Prangerwirkung?

Für den Senat antwortet Senator Behrendt – bitte schön!

Danke schön, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Einen ärgerlichen Umstand sprechen Sie an. Wir als Berliner Justiz hatten fest damit gerechnet, dass zu Beginn dieses Jahres das besondere elektronische Anwaltspostfach tatsächlich in Betrieb geht. Wir waren vom Sozialgericht darauf eingestellt, dass wir ab dann nur noch digital mit den Rechtsanwälten kommunizieren können. Die dort vorfindlichen Umstände, Sie haben es angesprochen, worum es im Konkreten ging, haben uns um Monate zurückgeworfen. Das ist sehr ärgerlich. Anfang September wurde das besondere elektronische Anwaltspostfach wieder freigeschaltet, sodass wir es jetzt ins Werk setzen können.

Wenn Sie uns fragen, was wir dort unternommen haben, dann muss ich sagen, dass es ein Akt der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft ist. Ich akzeptiere das. Ich finde es richtig, dass sich die Rechtsanwaltschaft als Organ der Rechtspflege in Kammern organisiert und ihre eigenen Sachen selbst regelt, dass nicht der Staat das macht. Das wissen Sie. Das ist eine lange Tradition, die für andere Kammern auch gilt. Dort ist viel Geld ausgegeben worden – es gibt große Unzufriedenheit bei den Mitgliedern –, unter anderem einige Anwälte hier, die haben das mitfinanziert, zweistellige, hohe Millionenbeträge sind da investiert worden. Da gibt es auch eine lebhafte Debatte zwischen der Bundesrechtsanwaltskammer und den Länderkammern über die Frage: Was werden für Prüfberichte veröffentlicht? – und, und, und.

Aber Ihre konkrete Frage kann ich beantworten: Der Justizsenator und der Senat von Berlin akzeptieren die Selbstverwaltung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Im Rahmen ihrer Selbstverwaltung haben sie dieses Projekt vorangebracht. Wir haben es sehr bedauert, dass wir bei unseren Bemühungen, die Justiz für die Digitalisierung der Zukunft fit zu machen, zurückgeworfen wurden, viele Monate verloren haben, weil vonseiten der Anwälte, die das betrieben haben, Anfang des Jahres die Entscheidung getroffen wurde, das alles abzuschalten. Das ist ein bedauerlicher Umstand. So, wie ich es sehe – ich bin kein IT-Experte, fragen Sie mich bitte nicht nach den Details dieser Programme –, sind die Probleme behoben, und das ist jetzt freigeschaltet und scheint jetzt auch zu funktionieren. Gegenteiliges ist mir zumindest nicht bekannt.

Herr Schlömer! Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage – bitte!

Trifft es denn zu, dass die Berliner Justizverwaltung im Zusammenhang mit dem elektronischen Rechtsverkehr weiterhin Eingänge ausdruckt, um sie zur weiteren Bearbeitung des Vorgangs weiterleiten zu können?

Herr Senator, bitte!

Meinen Sie die Gerichte, oder meinen Sie tatsächlich die Justizverwaltung? – Bei uns ist das richtig, wir arbeiten mit der Papierakte bei uns im Haus, wie die anderen Verwaltungsstellen im Lande Berlin übrigens auch. Da ist es tatsächlich so, dass elektronisch eingehende E-Mails und Schriftsätze, weil sie zu verakten sind – Sie kennen die Aktenordnung des Landes Berlin –, auszudrucken und in die Papierakte zu nehmen sind.

Die zweite Nachfrage geht an den Abgeordneten Herrn Kohlmeier. – Bitte, Sie haben das Wort!

Danke schön, Frau Präsidentin! – Sie haben gerade dargestellt, Herr Justizsenator, dass durch die Verzögerung des beA die Berliner Justiz zurückgeworfen wurde. Können Sie mir sagen, mit welchen Gerichten die Anwaltschaft ebenfalls per beA kommunizieren kann, außer dem von Ihnen gerade dargestellten Sozialgericht?

Herr Senator, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie können als Anwälte mit allen Berliner Gerichten elektronisch kommunizieren. Das Sozialgericht ist als einziges technisch schon der Lage, weil wir da eine digitale Duplexakte haben, das dann tatsächlich auch digital weiterzuverarbeiten. In allen anderen Gerichten sind wir noch nicht so weit, bedauerlicherweise. Dort passiert das, was eben schon angesprochen wurde: Dort drucken wir aus und ordnen in die Papierakte ein.

Aber wir sind dabei. Das ist ein nicht ganz einfacher Prozess, eine Herausforderung. Aber wir sind dabei – der Bundesgesetzgeber hat uns Fristen gesetzt – die technischen Voraussetzungen für die elektronische Akte auch im Justizbereich zu schaffen. Wie gesagt, das Sozialgericht ist das leuchtende Beispiel. Die sind schon sehr weit, auch, weil die Kollegen dort sehr engagiert sind, was man gar nicht genug betonen kann. Sie zeigen, was auch heute schon geht. Wir werben bei den anderen Gerichten, sich das anzugucken, und unterstützen sie intensiv darin, auch mit erheblichen Geldbeträgen, dass wir uns auch in der Justiz der digitalen Zukunft zuwenden.

Vielen Dank! – Damit ist die Runde nach der Stärke der Fraktionen beendet.

Nun können wir die Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Sie kennen das Prozedere. Ich werde jetzt gleich diese Runde mit einem Gongzeichen eröffnen. Schon mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden hier nicht erfasst und bleiben unberücksichtigt.

[Gongzeichen]

Ich gehe jetzt davon aus, dass alle Fragestellerinnen und Fragesteller die Möglichkeit zur Anmeldung hatten. Damit beende ich auch die Anmeldung.

[Gongzeichen]