Klaus Lederer
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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Juhnke! Ich glaube, dass Karl Marx wie viele andere Personen der Zeitgeschichte durchaus ambivalent zu bewerten ist.
In Bezug auf den Briefwechsel, der auch veröffentlicht worden ist, kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass er sich darin rassistischer Klischees bedient hat und
dass dort auch antisemitische Stereotypen reproduziert worden sind. Ob man das Werk Karl Marx‘ insgesamt darauf reduzieren kann und daraus jetzt eine Umbenennungsdebatte folgen muss,
das, glaube ich, ist dem öffentlichen Diskurs vorbehalten.
Darüber kann man ja ernsthaft diskutieren, wie viele andere Umbenennungsfragen auch diskutiert worden sind. Ich kann jetzt nicht für den Senat insgesamt sprechen, das sage ich explizit, denn wir haben es im Senat so noch nicht diskutiert. Ich bin der Ansicht, das betrifft neben Karl Marx auch andere Personen der Geschichte. Es gibt ja auch die Debatte um den großen Königsberger Philosophen, inwieweit Teile seines Werks rassistische oder kolonialistische Stereotypen reproduzieren. Es käme trotzdem von vornherein keiner auf die Idee, „Kant“ generell überall umzubenennen.
Zwischen dem Abbruch von Denkmalen von Kolonialverbrechern oder Nazis auf der einen Seite und dem Umgang mit Namen durchaus ambivalenter Persönlichkeiten der Zeitgeschichte andererseits besteht noch eine Differenz, und ich bin immer dafür, dass man öffentliche Diskussionen über diese Frage führt und gegebenenfalls auch Kontextualisierungen herstellt.– Ich sage auch ganz offen: Der Senat wird für alle Besorgnisse, Fragen und Bedenken aus der jüdischen Community immer ein offenes Ohr haben. Ich stehe auch für Gespräche zur Verfügung.
Ich habe meine persönliche Position dazu deutlich gemacht. Ich habe gesagt: Es gibt für mich Personen der Geschichte, die sind so eindeutig als Nazis oder als Kolonialverbrecher gewürdigt worden – wenn ich beispielsweise an Wissmann denke –, dass für mich zweifelsohne eine Umbenennung die einzige logische Konsequenz sein kann.
Ansonsten gibt es in der Zeitgeschichte, in der Neueren Geschichte viele Personen mit sehr ambivalenten Haltungen, was sich auch in dem Briefwechsel beispielsweise bei Karl Marx ausdrückt.
Sie sind, glaube ich, jetzt gerade nicht dran.
Und Karl Marx‘ Werk und Karl Marx‘ Persönlichkeit auf diese von Ihnen gerade vorgelesenen Zitate zu reduzieren, halte ich für etwas überzogen, und ich glaube auch, dass aus diesen Zitaten nicht unbedingt automatisch eine Umbenennungspflicht erfolgt. Kontextualisieren soll man das, man soll auch diese Perspektive marxschen Wirkens, finde ich, in einem öffentlichen Diskurs kenntlich machen und auch diskutieren, und man muss dazu auch eine klare Haltung haben, die habe ich auch, ich habe es ja gesagt.
Ob Karl Marx ein Antisemit ist, ja oder nein, darüber wird intensiv diskutiert. Es gab beispielsweise in den „Blättern für deutsche und internationale Politik“ eine Kontroverse, deren einer Vertreter Professor Micha Brumlik, deren anderer Vertreter Hauke Brunkhorst war, in der Micha Brumlik zu dem Ergebnis kommt, dass er aus den Texten tatsächlich ableitet, dass Karl Marx ein Antisemit gewesen sei; Hauke Brunkhorst kommt mit guten Argumenten zum entgegengesetzten Ergebnis.
Lange Rede, kurzer Sinn: Man wird über Personen der Geschichte immer auch streiten können, und man wird selten bei Menschen, die vor 100, 200 oder 300 Jahren gelebt haben, eine moderne, demokratische Haltung finden. Das liegt in der Natur der Sache, denn sie waren Genossen ihrer Zeit – Zeitgenossen ihrer Zeit. Vor diesem Hintergrund bin ich kein Freund von Bilderstürmerei, sondern sage da – –
Sie haben irgendwie ein Problem, oder?
(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)
[Stefanie Fuchs (LINKE): Da gibt’s bestimmt was von Ratiopharm! – Frank-Christian Hansel (AfD): Ja, mit Ihnen! Ist doch alles Kontext; was Sie da reden, ist doch dummes Zeug!]
Ohne Quatsch – Sie haben irgendein Problem, also ein Benehmensproblem.
Also: Da, wo eine Person explizit dafür gewürdigt worden ist, dass sie Haltungen vertreten hat, die mit unserem heutigen Denken in keiner Weise mehr konform sind – Nazis, Antisemiten, Kolonialverbrecher, auch Stalinisten –, finde ich, da kann man nicht nur darüber diskutieren, sondern da ist eine Umbenennung die logische Konsequenz.
Bei Persönlichkeiten, die durchaus ambivalenter einzuschätzen sind und die durchaus ein vielfältiges und auch ambivalentes Werk und eine ambivalente Haltung verkörpern, da, finde ich, ist eine Umbenennung keine Zwangsläufigkeit, und in dem konkreten Fall, glaube ich, wäre eine Umbenennung auch Geschichtstilgung, und man würde sich damit genau die Ambivalenzen auch im Stadtbild und in der öffentlichen Debatte versuchen vom Hals zu halten, und das, finde ich, ist eigentlich dem Umgang mit Geschichte, die ja immer widersprüchlich ist, nicht angemessen.
Nein!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Bangert! Ja, da wurden in der Tat im Rahmen von Bauarbeiten im Kunsthaus Dahlem zwei Marmorplastiken im Garten gefunden, und bei einer steht fest, dass es sich tatsächlich um eine Marmorskulptur von Arno Breker handelt. Bei der zweiten Skulptur wird derzeit mit entsprechender Unterstützung der Kulturverwaltung durch das Landesdenkmalamt und durch die Arbeitsgemeinschaft Bildhauermuseen von anerkannten Fachleuten geklärt, um wessen Werk es sich handelt und, wenn es gegebenenfalls feststellbar ist, ob es sich um Arno Brekers Werk handelt.
(Staatssekretär Ingmar Streese)
Die erste Plastik stammt aus dem Jahr 1940 und ist die verschollene Skulptur Romanichel. Das Werk ist leicht beschädigt, und der Schaden ist vermutlich zum Zeitpunkt der Vergrabung der Skulpturen entstanden. Weil das Kunsthaus Dahlem oder das frühere brekersche Atelier nach 1945 im Zusammenhang mit der Befreiung durch die amerikanische Besatzungsmacht genutzt worden ist, ist zu vermuten, dass die Vergrabung auch durch die amerikanische Besatzungsmacht erfolgt ist.
Die Situation ist jetzt so, dass die Funderfassung durch das Landesdenkmalamt erfolgt ist und dass eine Begutachtung durch die Restaurierungswerkstatt Restaurierung am Oberbaum vorgenommen ist und jetzt wurden beide Objekte zur Präsentation in den Ausstellungsbereich des Kunsthauses Dahlem verbracht. Dort findet derzeit eine Ausstellung von Förster statt. Davon entkoppelt, also sozusagen in deutlicher Abgrenzung von dieser Ausstellung, ist jetzt geplant, bis zum 15. Januar 2021 dort die beiden Skulpturen aufzustellen und auch zu kontextualisieren, also dort über die Umstände der Entstehung, die Umstände der Auffindung und die Umstände der Werkentstehung und auch über die Person Brekers aufzuklären. Es ist jetzt erst mal klar, dass das bis zum 15. Januar so sein soll. Beide Skulpturen sind der Berlinischen Galerie und der Stiftung Stadtmuseum zur Übernahme angeboten worden. Beide haben sich dazu verständigt und sind sich dann unterm Strich darüber einig, dass die beiden Skulpturen an die Stiftung Stadtmuseen gehen sollen, wo sie inzwischen auch schon eine Inventarnummer haben.
Frau Abgeordnete! Ich kann das tatsächlich nicht bewerten, weil ich diese Kontextualisierung noch nicht gesehen habe. Insofern werde ich dem jetzt einfach nachgehen und schauen. Ich kenne Frau Dr. Schöne, die Leiterin des Kunsthauses Dahlem, als eine sehr reflektierte und eigentlich sehr qualifiziert mit solchen Vorgängen umgehende Leitung des Kunsthauses. Insofern wundert mich das jetzt. Aber nichtsdestotrotz werden wir dem nachgehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kultur ist Lebensmittel, das wird immer so leicht dahingesagt. In Berlin sind Kunst und Kultur tatsächlich noch mal von viel größerer Relevanz, weil ohne Kultur Berlin nicht das wäre, was es heute ist. Kunst und Kultur prägen das Lebensgefühl unserer Stadt, prägen den Rhythmus und ihre Entwicklung und haben einen enormen Anteil an der Attraktivität, die Berlin besitzt. Unsere aktuelle Bevölkerungsumfrage zur kulturellen Teilhabe hat ergeben, dass fast 60 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sagen: Die Theater, Opern, Konzerte und Museen sind für mich ein wichtiger Grund, gern in Berlin zu leben. – Und dass die Menschen in Berlin insgesamt Kulturliebhaberinnen und Kulturliebhaber sind und die vorhandenen Kulturangebote häufiger nutzen als
die Einwohnerinnen und Einwohner anderer Großstädte, das ist auch bekannt.
Für den Kulturbereich war der Lockdown im März ein Schock, ebenso das vorzeitige Ende der Spielzeit, was wir nicht nur in der Kulturministerkonferenz vereinbart haben – das war also kein Berliner Alleingang –, sondern was wir insbesondere mit den Intendantinnen und Intendanten besprochen und mit ihnen gemeinsam kommuniziert haben. Sie waren dankbar dafür, dass sie diese Planungssicherheit hatten, weil das Schlimmste für sie wäre: Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln, und jede Woche neue Rahmenbedingungen. – So ließ sich über die ersten drei Monate dieses Lockdowns hinweg dann auch das Danach besser planen, belastbarer planen auch für die Zukunft.
Das ist uns alles nicht leichtgefallen, aber es war trotzdem richtig, hier schnell und entschlossen zu handeln. Das zeigt ein Blick in andere Länder, die viel zu spät reagiert haben und in denen die Theater und sogar die Museen immer noch komplett geschlossen sind – beispielsweise in den Vereinigten Staaten. Liebe AfD, liebe CDU, liebe FDP! Das ist doch immer Ihr Vorzeigeland mit seinem Ultraliberalismus. Da findet kulturell derzeit überhaupt nichts statt.
Viele Einrichtungen und auch freiberufliche oder soloselbständige Kunstschaffende haben schnell nach Beginn des Lockdowns begonnen, so gut wie irgend möglich aus der Not eine Tugend zu machen. Sie haben digitale Formate, darunter einige vollständig neue, entwickelt, um auf diese Weise weiter Kontakt zum Publikum zu halten. Wir haben das unterstützt, indem wir innerhalb weniger Tage gemeinsam mit der Digitalagentur „3pc“ die Plattform „Berlin (a)live“ ans Netz gebracht haben, um während des Lockdowns die digitalen Angebote der Berliner Kunstszene zu bündeln und in die Wohnzimmer der Berlinerinnen und Berliner zu bringen. Außerdem haben wir über eine integrierte Spendenmöglichkeit auch die Gelegenheit gegeben, die Kunstschaffenden direkt zu unterstützen.
Aber es ist richtig: Wirtschaftlich hat die Pandemie die Kultur so stark getroffen wie nur wenige andere Bereiche der Gesellschaft. Besonders heftig traf es die nicht angestellten Einzelkunst- und Kulturschaffenden, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, auf der Bühne zu stehen und ihre Kunst einem Publikum zu präsentieren, das nun nicht mehr zusammenkommen durfte. Deren Einnahmen sind durch die Absage von Veranstaltungen von heute auf morgen komplett weggebrochen. Da bin ich auch tatsächlich froh, dass wir mit unserer schnellen Umsetzung der Soforthilfe II mithilfe der IBB auch Zehntausenden Kulturschaffenden in Berlin helfen konnten. Herr Juhnke! Mit demselben Einsatz, mit derselben Verve, mit der Sie heute Morgen hier standen, können Sie sich ja mal bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in der
(Florian Kluckert)
Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Bundesratsinitiative der Länder Bremen und Berlin, die im Bundesrat Erfolg hatte, jetzt endlich mal umgesetzt wird, sodass ein sogenannter fiktiver Unternehmerlohn als Pauschale zur Deckung von Lebenshaltungskosten jetzt endlich gewährt wird.
Da können Sie jetzt auch nicht auf den Finanzminister zeigen! Es ist Ihr Wirtschaftsminister Herr Altmaier, der sich im März hingestellt hat und 25 Milliarden Euro als das große Geschenk für die Massen verkauft hat. Wissen Sie, wie viele von den 25 Milliarden Euro auch nur beantragt worden sind? – 700 Millionen Euro wurden beantragt. Das heißt nicht, dass sie geflossen sind. Und alle drei Monate verkauft uns Herr Altmaier diese
25 Milliarden Euro – auch jetzt wieder – als große Rettungsaktion, während diejenigen, die dringend drauf angewiesen sind, von dieser Bundesregierung zu Hartz IV geschickt werden, während ihre Selbstständigkeit und ihre Freiberuflichkeit nicht selten explizit die Konsequenz genau dieser Hartz IV-Gesetzgebung ist. Sie haben wirklich genug zu tun, Herr Juhnke! Sie haben wirklich genug zu tun, wenn Sie den Kulturschaffenden in Berlin einen Gefallen tun wollen.
Es ist nämlich von Wumms weit und breit keine Spur. Das Geld liegt ungenutzt auf den Konten der Bundesregierung herum, während die Selbstständigen in Hartz IV gezwungen werden, wo in der Praxis vom angeblich vereinfachten Zugang oftmals nicht allzu viel zu spüren ist. Ich kriege nämlich die Post von den Kolleginnen und Kollegen, die dann die Erfahrungen in den Jobcentern machen und denen dann zum Beispiel erklärt wird: Na, Sie können doch erst mal Ihre Geige verkaufen, bevor es jetzt hier an dieser Stelle eine Unterstützung durch die Jobcenter gibt. – Ich kann hier nur sagen, dass wir das Versagen der Bundesregierung an dieser Stelle nicht voll kompensieren können, weil uns die beim Bund herumliegenden Milliarden schlicht und einfach nicht zur Verfügung stehen. Wir haben aber, um Berliner Kunstschaffende gezielt zu unterstützen, jetzt aktuell gerade 2 000 Sonderstipendien in Höhe von 1 500 Euro pro Monat, angesetzt auf sechs Monate, zur Verfügung gestellt. Das macht insgesamt immerhin 18 Millionen Euro. Ich glaube, ein solches Stipendienprogramm kann sich im bundesweiten Maßstab sehen lassen. Das wird aus Mitteln des Nachtragshaushalts dann finanziert, und es wird vielen Kunstschaffenden ermöglichen, ihrer professionellen Arbeit weiter nachzugehen.
Außerdem haben wir auch gleich noch im März, wo wir über unsere regulären Förderprogramme Zuschüsse für Kunstprojekte ausschreiben, massive Vereinfachungen im
Zuwendungsrecht vorgenommen. Das hat die Finanzverwaltung mit unterstützt, sodass in Berlin zum Beispiel sofort Ausfallhonorare gezahlt werden konnten, Projekte unbürokratisch zeitlich verschoben oder unter Pandemiebedingungen umgestaltet werden konnten.
Was die öffentlichen Kultureinrichtungen und Kulturbetriebe angeht, ist die Lage nicht ganz so dramatisch wie bei den privaten. Aber auch hier gibt es natürlich extreme Einnahmeausfälle. Wir haben diese jetzt für das Jahr 2020 auf voraussichtlich 47 Millionen Euro beziffert. Da ist der Friedrichstadtpalast nicht mit dabei, weil wir beim Friedrichstadtpalast die vorgezogene Maßnahme der Sanierung der Lüftungsanlage machen konnten und jetzt Geld einsetzen können, was wir sonst im Jahr 2022 eingesetzt hätten. Zusammengenommen sind das dann eben 60 Millionen Euro.
Für das Jahr 2020 lassen sich diese Ausfälle noch gar nicht seriös abschätzen. Wir sind ja erst mittendrin in der Pandemie. Wenn ich Herrn Juhnke und Herrn Kluckert hier so zuhöre, dann frage ich mich: Wo leben Sie eigentlich? – Wir sind mittendrin. Die Ansteckungszahlen steigen wieder. Ich bin in permanenter Kommunikation mit den Einrichtungsleitungen. Sie können ja die Säle alle aufmachen und sagen: Wir besetzen mal alle Plätze. – Nach dem, was ich aus unseren Einrichtungen höre, gibt es eine große Zurückhaltung. Wenn man derzeit Karten in der Staatsoper haben will, kann man die relativ schnell bekommen. Wenn man jetzt ins BKA-Theater oder ins Tipi am Kanzleramt gehen will, kann man die Karten relativ schnell bekommen, weil die Leute nämlich gar nicht ohne Weiteres bereit sind, jetzt in diese Kultureinrichtungen zu gehen. Da gibt es nämlich auch Sorgen, und eine Hasardeurpolitik wird Vertrauen in die Sicherheit des Kulturgenusses sicherlich nicht erhöhen. Das Schlimmste wäre, wenn irgendwo in einer Kultureinrichtung tatsächlich was passiert. Ich kann Ihnen sagen – ein bisschen was kriegen wir ja mit –, dass es jetzt in einer unserer Gedenkstätten einen Fall gab. Wir müssen wirklich aufpassen, und wir müssen vorsichtig sein. Wenn nämlich die Leute das Gefühl haben, dass es dort nicht sicher ist, dann haben wir mit Zitronen gehandelt, und dann ist der Schaden mittel- und langfristig viel, viel größer.
Unsere öffentlichen Kultureinrichtungen sind natürlich zu einem vorsichtigen Umgang mit Haushaltsmitteln angehalten. Aber wir haben natürlich auch gesagt, sie sollen unter Pandemiebedingungen arbeiten. Und es ist schon extrem beachtlich, was von unseren Theatern, Museen, Orchestern und Opern, den Gedenkstätten und Galerien, aber auch in unseren Musikschulen und Bibliotheken geleistet wird. Dazu wirklich meinen ganz herzlichen Dank!
(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)
Während das in manch anderem Bundesland bis heute nicht möglich ist, haben wir bereits im März unseren Kultureinrichtungen gesagt: Ihr könnt Ausfallhonorare für bereits vereinbarte Produktionen und Gastkünstlerinnen und -künstler und -Ensembles, die aufgrund der Pandemie nicht auftreten können, zahlen, auch wenn das in den Verträgen nicht vereinbart ist. Das haben wir schon im März gemacht. Der Bund hat sich dann im Mai oder Juni oder Juli auf die Schultern geklopft, als hätte er da gerade eine ganz große Erfindung gemacht. Das war in Berlin eine Selbstverständlichkeit.
Während allerdings bei den institutionell geförderten Kultureinrichtungen die Förderungen zumindest regulär weiterlaufen und deswegen ein Grundstock an Liquidität vorhanden ist, haben wir vor allem in den nichtgeförderten Kulturbetrieben, vor allem in den kleinen und mittleren, keine Einnahmebasis mehr. Und da haben wir diese Soforthilfe IV als Programm zur Sicherung von Zuschüssen, zur Liquiditätssicherung ermöglicht, gerade, weil die meisten dieser Betriebe in normalen Jahren gerade so kostendeckend arbeiten oder mit geringer Rendite. Da wäre es total illusorisch zu glauben, Kredite könnten hier eine generelle Lösung sein.
Davon profitierten in der ersten Runde fast 80 Theater, Varietés, Museen, Kinos, Clubs mit jeweils mindestens zehn Beschäftigten. Jetzt in der zweiten Runde werden aller Voraussicht nach noch mehr Kulturorte gefördert, weil wir die Zugangsbedingungen verbessert haben.
Wir sichern damit die Liquidität der Einrichtungen in dieser Zeit, in der von einem Normalbetrieb in der Branche überhaupt keine Rede sein kann. – Lieber Herr Kluckert! Etwas nicht zu wissen ist nicht schlimm. Diese Ignoranz und Unkenntnis dann allerdings noch zelebrierend zur Schau zu stellen, ist peinlich, und wider besseren Wissens Dinge zu behaupten, ist einfach bösartig.
Ich kann Ihnen das ganz klar sagen: Wir arbeiten natürlich mit Hochdruck daran, wieder mehr Normalität, geregelten Betrieb und Kulturgenuss zu ermöglichen, wo immer das mit Blick auf das Pandemiegeschehen und den Infektionsschutz vertretbar ist. Was nicht vertretbar ist, ist, eine Meinung, die die Charité auch genau als eine solche Einzelmeinung gekennzeichnet hat, für State of the Art im Pandemiebetrieb zu halten.
Ich bedanke mich an dieser Stelle bei den Professoren Kurth, Kriegel, Gastmeier, Voshaar und weiteren von der TU, von der Charité und vom Krankenhaus Bethanien in Moers, mit denen wir uns im Grunde seit Monaten regelmäßig kommunikativ zusammenschließen und gemeinsam überlegen, welche weiteren Lockerungen sind verkraftbar, was kann man machen, welche Vorschriften
sollten eingegangen werden. Das ist eine schwierige Abwägung.
Der Amtsarzt in Mitte ist nach wie vor der Ansicht, dass man innerhalb von geschlossenen Räumen grundsätzlich eine FMP2 Maske aufsetzen muss. – Das ist so eine, wie sie Herr Juhnke gerade aufhat.
Die richtige Balance zu finden, zwischen: Macht die Säle voll! – wie gesagt: ob die Leute kommen, ist noch eine zweite Frage –, und: Macht sie unter Bedingungen voll, wo Kulturgenuss wirklich schwer zu ertragen ist! – Diese Balance gehen wir ein, und das machen wir. Man kann an der Stelle sagen: In den Museen, Ausstellungshäusern, Gedenkstätten ist das Publikum bereits zurückgekehrt.
Pop-up-Outdoor-Kultur, lieber Herr Kluckert, findet übrigens statt. Aber, dass die FDP jetzt eine Senatskulturverwaltung mit der Konzert- und Gastspieldirektion der DDR seligen Angedenkens vergleicht und von uns erwartet, dass wir jetzt hier draußen durch die Gegend rennen und die Kiezkonzerte machen: Da müssten Sie wirklich noch mal ein bisschen gucken, welches Verständnis einer Kulturverwaltung Sie jetzt eigentlich haben.
Wir haben Besucherinnen- und Besucherbefragungen unseres Kulturmonitorings gemacht, und es zeigt sich deutlich, dass es ein hohes Vertrauen der Besucher und Besucherinnen in die Vorkehrungen der Einrichtungen gibt: 91 Prozent sind mit der Umsetzung der Hygienemaßnahmen zufrieden oder sehr zufrieden, nur 1 Prozent ist unzufrieden.
Herr Wesener und Herr Jahnke sind schon darauf eingegangen: Wir hatten vorige Woche die Berlin Art Week, das war und ist international – also in der „New York Times“ – als die erste internationale wirklich relevante Kunstveranstaltung seit dem Lockdown wahrgenommen worden.
Ich will darauf verweisen, es gab noch viel mehr: Young Europe classic, das Musikfest, der Tanz im August, das Popkulturfestival, jeweils auch mit spezifischen Formaten, Mix: digital und analog. Was für großartige Ideen da entstanden, was für tolle Sachen da gemacht worden sind!
Und auch in den Bühnen ist das Brot des Künstlers, der Applaus – nebenbei: vom Applaus wird man auch nicht satt –, auch schon längst wieder State of the Art. – Die Bühnen haben im Sommer auch gar nicht spielen wollen, die hatten nämlich Sommerferien, Herr Kluckert! Das machen die jedes Mal so. Müssten Sie als Kulturpolitiker eigentlich wissen.
(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)
Unser aktuelles Hygienerahmenkonzept erlaubt unter Mund-Nasen-Bedeckungsbedingungen in den Sälen mit fest eingebauter maschineller Belüftung eine Reduzierung des Mindestabstands auf 1 m. Das ermöglicht immerhin wieder eine Belegung von 50 Prozent. Wir scannen derzeit Belüftungsanlagen durch. Wenn das alles gut geht, dann werden wir in einem Monat auch bei der Maske ein bisschen kulanter werden.
Also: Ich muss an der Stelle Herrn Juhnke noch einmal sagen: Ich weiß nicht, auf welcher Welt Sie leben, aber im Konzert der Bundesländer geht Berlin ziemlich vorneweg. Unser Hygienerahmenkonzept ermöglicht mehr als in der Mehrheit der Bundesländer bis zum heutigen Tage möglich ist. Sie hätten den Aufwand – Sie haben ja ein Metapherfeuerwerk hier entfacht, Herr Juhnke, einen Rundumschlag versucht. Das war ein ziemlich dünnes Brett, an dem Sie zehn Minuten lang gebohrt haben – Sie hätten den Aufwand, statt für die Erfindung von Sprachbildern, lieber für die Substanz Ihrer Rede verwenden sollen.
Ich habe gestern mit Elisabeth Sobotka, der Intendantin der Bregenzer Festspiele, gesprochen, weil ich immer höre: Salzburg, Salzburg, Salzburg. Gucken Sie mal nach Wien, da sind die Ansteckungszahlen mittlerweile so hoch, dass es wieder Risikogebiet ist. Das liegt nicht an individuellen Entscheidungen von Personen zu ihrem Gesundheitszustand, sondern an einem Public-HealthProblem. Ich muss schon wirklich sehr vorsichtig sein. Frau Sobotka hat mir gesagt, bei ihnen läuft es eben auch nicht mehr so, wie Sie behaupten, sondern da überlegen die gerade, wieder Dinge herunterzufahren. Vor allen Dingen lassen die ihre Einrichtungen mit der Verantwortlichkeit für das, was passiert, komplett alleine. Das käme für mich hier in Berlin nicht infrage. Das ist nicht mein Verständnis von Kulturpolitik.
Trotzdem gibt es natürlich Bereiche – vor allem Clubs und Livemusikspielstätten – wo ein normaler Betrieb in den Innenräumen mit Tanz, Schweiß, Kontrollverlust und vielen Menschen auf engem Raum, oft auch keinen guten Belüftungsmöglichkeiten, noch überhaupt nicht zu denken ist.
Ich will ausdrücklich betonen, dass das auch die Clubbetreiberinnen und -betreiber in Berlin das so sehen und sehr verantwortungsvoll mit der Situation umgehen. Es ist die Ausnahme, dass – wie vorgestern in Pankow passiert – nachts um 2.45 Uhr eine Tanzparty in einem Club beendet werden muss, wo keine Regeln mehr eingehalten wurden.
Ich muss sagen, dass die Clubcommission und die Betreiberinnen und Betreiber extrem besonnen sind und sehr genau wissen, was auf dem Spiel steht. Umso wichtiger ist die von uns geleistete wirtschaftliche Hilfe, damit sie die Krise auch durchstehen können.
Das bedeutet, im Freien, wo das Infektionsrisiko niedriger ist, mehr zu ermöglichen, deswegen machen wir „Draußenstadt“, deswegen bringen wir Kunst und Kultur in den Stadtraum, deswegen ermutigen wir eine wohlwollende Genehmigungspraxis und stellen Mittel für sichere Veranstaltungen im öffentlichen Raum zur Verfügung.
Auch die Bezirke sollen daran partizipieren. Ich habe gestern die Förderrichtlinie unterzeichnet, die gilt rückwirkend zum 1. August, damit bereits begonnene Vorhaben auch unterstützt werden können.
Am 3. Oktober ist „Tag der Clubkultur“. Da werden sich 40 der besten Clubs der Stadt mit unserer Unterstützung mehrheitlich im Freien präsentieren. Wir würdigen mit diesen 40 Auszeichnungen auch das programmatische Engagement von Clubs in unserer Stadt, denn das sind Freiräume, das sind Orte des Ausprobierens und Experimentierens, nicht zuletzt auch Safe Spaces. Was wäre Berlin ohne sie?
Und wenn man im Berghain gerade nicht feiern kann, kann man dort bei einem Besuch im Studio Berlin eine ganz hervorragende Auswahl von neu entstandenen Werken Berliner Künstler sehen. Darum beneiden uns die Zeitungsredaktionen aus anderen Metropolen gerade schwer.
Ich will langsam zum Ende kommen
und sagen: Ich muss Ihnen schon jetzt für Ihre Unterstützung danken, aber ich will auch um weitere Unterstützung werben. Zumindest alle Koalitionsredner haben es deutlich gemacht: Wir sind lange nicht am Ende.
Ich glaube, wir werden nicht allein mit Liquiditätshilfen bis zum Schluss durchkommen, denn wir zwingen jetzt die Kulturbetriebe sich im Grunde bis auf das Gerippe abzuhungern, bevor sie von uns öffentliche Unterstützung bekommen.
Natürlich denken wir im Senat, denken wir mit dem Finanzsenator, auch schon darüber nach, was können konjunkturell belebende, andere Ideen und Konzepte sein, die dann helfen. Das wird auch im Jahr 2021 nicht ohne Einsatz zusätzlicher Mittel gehen.
Da möchte ich wirklich sagen: Ich danke Ihnen hier allen für die bisherige Rückendeckung und bitte Sie, auch
(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)
zukünftig nicht nachzulassen. Wir werden die Kultur, die Berlin in schwierigen Zeiten nie im Stich gelassen hat, als es der Stadt wirklich schlecht ging, jetzt nicht im Stich lassen können, wo es ihr schlecht geht.
Ich will mich dem Dank an alle Kulturschaffenden und Engagierten im Kulturbetrieb, auch den Verbänden anschließen. Ich nenne einmal stellvertretend den LAFT, den BBK Berlin, die Clubcommission, aber auch den Chorverband und den Landesmusikrat, ohne die wir nicht so eng und kommunikativ die Probleme hier angehen könnten, und die sich auch hier, in dieser existenziell schwierigen Situation, als wichtige Partnerinnen und Partner erwiesen haben.
Die Belastungsprobe, in der wir uns befinden, ist eine schwere Last für die Kulturlandschaft, aber dass sie mit Besonnenheit, Einfallsreichtum und Solidarität – nicht mit Untergangsgerede, Herr Trefzer! –, vor allem aber mit dem nötigen Optimismus und langem Atem bewältigt wird, darauf kann Berlin stolz sein.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bezüglich Herrn Olbricht habe ich gehört – aber das werde ich noch verifizieren –, dass er persönliche Gründe hat, warum er mit seiner Sammlung aus Berlin weggehen möchte. Das, finde ich, muss man respektieren. Aber natürlich mache ich mich noch mal kundig, ob das tatsächlich den Tatsachen entspricht.
Hinsichtlich der Sammlung Flick schlage ich vor, dass Sie sich mal bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz erkundigen, bei der wir ja nur ein kleiner Akteur sind, denn da sind offenbar in der Vergangenheit Fehler des Bundes, insbesondere der Deutschen Bahn gemacht worden, als man Grundstücke, die Bahnbetriebsgelände waren, umgewandelt und dann günstig am Markt verscheuert hat. Das betrifft auch Teile der Grundstücke, die sich in der Nähe des Hamburger Bahnhofs befinden, Teile der Grundstücke, auf denen die Rieck-Hallen heute stehen. Die sind damals durch private Investoren erworben und dann von der CA Immo übernommen worden, und die CA Immo hat offensichtlich die Absicht, dort das zu machen, was Investoren machen: nämlich Geld zu verdienen ohne Rücksicht auf Verluste. Das kann man jetzt auch ärgerlich finden; ich glaube, dass das Herrn Marx – nein: Herrn Flick auch bekannt war.
Herr Marx ist auch ein Sammler; das müssten Sie eigentlich wissen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hatte eigentlich vor, über die Fortsetzung der Verträge mit Herrn Flick weiter zu sprechen. Es war schon ein Termin avisiert, sich zu treffen. Der ist coronabedingt weggefallen. Insofern sagte Herr Parzinger, ihn habe die öffentliche Ankündigung, dass Herr Flick die Sammlung zurückzieht, sehr überrascht. Das kann ich nachvollziehen. Ich weiß nicht, ob noch mal ein Gespräch möglich ist.
(Regierender Bürgermeister Michael Müller)
Wir als Land Berlin haben eine Menge unternommen, um Lösungen zu finden. Allerdings gibt es immer dort Grenzen, wo privates Grundeigentum existiert. Sie als Apologeten des Markts finden es immer eine dufte Sache, wenn Private ohne Rücksicht auf Verluste Entscheidungen nach ihrem Renditebedürfnis treffen können. Hier zeigt sich deutlich, dass es nicht immer sinnvoll ist, öffentliche Grundstücke zum Höchstpreis zu verschleudern, sondern es ist durchaus sinnvoll, so, wie es unsere Koalition macht, öffentliche Grundstücke als öffentliche Grundstücke zu halten und damit unter anderem kulturelle Infrastruktur zu ermöglichen.
Letzter Punkt, Sammlung Stoschek: Mit Frau Stoschek stehe und stand ich eigentlich in Kontakt. Wir haben vor wenigen Monaten das letzte Mal telefoniert. Ich habe ihr zwischenzeitlich versucht zu helfen, ein Grundstück zu finden, eine Möglichkeit zu finden, mit ihrer Sammlung woanders hier in Berlin eine Heimat zu finden. Da gab es zwei sehr konkrete Vorschläge von mir. Die haben aber den Erwartungen von Frau Stoschek nicht genügt. Ich habe damals gesagt, wir gucken weiter. Ich stehe jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung. Jetzt habe ich das aus der Zeitung erfahren. Das hat mich dann schon überrascht. Ich muss an dieser Stelle allerdings auch sagen: Das Grundstück Leipziger Straße befindet sich im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten, der BImA. Wie Sie wissen, ist mein Zugriff auf die BImA überschaubar, und wenn die BImA, die offenbar bisher zu sehr günstigen Konditionen diese Sammlung ermöglicht hat, sagt, wir sanieren und machen danach eine Mieterhöhung – –
Wollen Sie die Antwort hören oder nicht?
Dann fragen Sie doch nicht.
Ist Ihnen das zu überkomplex, Herr Laatsch?
Nein, es hat genau mit dem Thema zu tun.
Das hat genau mit dem Thema zu tun. Wenn Ihnen das zu hoch ist, ist das Ihr Problem und nicht meines. Das meine ich ganz ernst, denn es geht ganz offensichtlich um Grundstücksangelegenheiten. Es ist so, dass Frau Stoschek öffentlich gesagt hat, sie hat über 2022 hinaus
bisher keine Verlängerung des Mietvertrags, weil die Konditionen ihres Erachtens nicht akzeptabel sind. Das ist bedauerlich, das muss ich akzeptieren, aber das ist die BImA, und das muss man dann mit der BImA klären.
Ich habe Frau Stoschek gestern eine Mail geschrieben, nachdem ich sie Sonntag nicht erreicht habe, in der ich ihr mitgeteilt habe, dass wir, wenn sie Interesse daran hat, weiter in Berlin suchen, dass sie sich jederzeit an mich wenden kann, dass ich für sie zur Verfügung stehe. Da insgesamt bei sehr unterschiedlichen Fällen, die eigentlich nicht wirklich miteinander zu tun haben, so ein Eindruck entsteht, dass Berlin als Stadt und Berlin als Kulturstandort für Sammlerinnen und Sammler nicht genug täte, werde ich mich mit der Kulturstaatsministerin in Verbindung setzen, und wir werden gemeinsam überlegen – ich habe ein paar Ideen, was man machen könnte –, ob wir etwas tun können, um die Ansprechbarkeit für Sammlerinnen und Sammler zu erhöhen. Ich denke, da werden wir auf einen gemeinsamen Trichter kommen. Wir müssen gucken, dass wir möglich machen, was wir möglich machen können.
Sehr geehrter Abgeordneter! Wenn Sie mir richtig zugehört haben, dann gab es diese Möglichkeit nie, denn die Deutsche Bahn, das wissen Sie, ist ein Bundesunternehmen, und die betriebsnotwendigen Grundstücke, die nicht mehr betriebsnotwendig waren, sind am freien Markt zum Höchstpreis vergeben worden. Es gab zwischenzeitlich Gespräche verschiedener Akteure, auch des Landes Berlin, mit Eigentümern dieses Grundstücks in der Hoffnung, dort mit Grundstückstausch oder mit Erwerb bestimmte Dinge möglich zu machen. Das hat zu keinem Ergebnis geführt.
(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)
Auch da kann ich nur noch mal sagen: Sie können private Grundstückseigentümer zu gar nichts zwingen, sondern Sie müssen dann in einem Wettstreit um sehr viele Ressourcen mitbieten, wenn Sie die Möglichkeit bekommen. Die müssen Sie auch erst mal haben. Ich kenne hier einen Haufen Parteien, die finden, der Markt regelt das alles – Ihre gehört dazu –, und die öffentliche Hand sollte sich bei Grundstückseigentümern am besten raushalten. Da müssen Sie sich jetzt mal entscheiden.
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Wesener! Uns ist allen die leidige Geschichte bekannt, die in der Zwischenzeit schon ein bisschen als Provinzposse galt, was ich zumindest nachvollziehen kann. Ich habe mehrfach Anstrengungen unternommen, um beim Bezirksamt Lichtenberg eine gewisse Offenheit dafür zu erzeugen, dass man die Vorstellungen, die das Ehepaar Haubrok hat, ermöglicht, und ich halte das für rechtlich absolut unproblematisch, das zu ermöglichen.
Auch die Stadtentwicklungsverwaltung hat sich gutachterlich gegenüber dem Bezirksamt schon positioniert. Auch die Wirtschaftssenatorin hat es gemacht. Ich weiß, dass der Regierende Bürgermeister Kontakt aufgenommen hat. Ich selbst habe es natürlich auch getan. Inzwischen, das wissen Sie, gibt es einen Wechsel in der verantwortlichen Bezirksstadtratsposition. Ich habe den Respektzeitraum verstreichen lassen, den man verstrei
chen lässt, wenn Kolleginnen und Kollegen sich neu in ein Amt einarbeiten, aber ich werde natürlich jetzt Kontakt mit dem neuen Bezirksamtsmitglied für den Bereich aufnehmen. Ich sage es mal so: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete Kittler! Uns haben diese Nachfragen auch erreicht, und zwar insbesondere deshalb, weil die IBB sich noch mal an alle Empfängerinnen und Empfänger dieser Hilfen gewandt hat und dort, die IBB nennt das: eine Belehrung verschickt hat. Wenn man sich diese Belehrung aber durchliest, dann ist die absolut eindeutig und dann bewegt sie sich auch im Kontext dessen, was wir in den letzten Monaten kommuniziert haben. Es ist so, in der Belehrung steht – ich habe sie auch dabei, denn sie kommt jetzt öfter, sie wird jetzt öfter herangetragen – und auch im Antragsformular steht das so:
Die Landesmittel sind auf 5 000 Euro begrenzt und sollen in der Regel für Personal und Betriebskosten verwendet werden. Diese dürfen also für Gehälter von Beschäftigten und Geschäftsführung verwendet werden. Soloselbstständige können ihr eigenes Gehalt davon auszahlen.
Bei den Bundesmitteln ist es anders. Die Bundesmittel sind gestaffelt. 9 000 Euro für bis zu fünf Beschäftigte und 15 000 Euro für bis zu zehn Beschäftigte. Diese Bundesmittel dürfen nach der entsprechenden Vereinbarung des Bundes mit den Ländern – darauf hat der Bund bestanden, das muss man sagen, es gab durchaus Bemühungen, das anders zu handhaben, konnten wir uns aber nicht mit durchsetzen – ausschließlich für Betriebskosten, das heißt, für Mieten, Leasingraten, Kredite für Betriebsräume und was weiß ich, verwendet werden. Da ist im Rahmen der elektronischen Antragstellung auch genau auf diesen Unterschied hingewiesen worden. Nichts anderes steht jetzt auch in der Belehrung. Es mag sein, dass das – manchmal ist es so – in etwas kompliziertem Deutsch gehalten ist, aber das geht eindeutig daraus hervor. Ich kann das zitieren:
Sie werden die Mittel zweckmäßig verwenden, das heißt, einen Zuschussbetrag über 5 000 Euro hinaus nutzen Sie ausschließlich zur Begleichung Ihrer fortlaufenden betrieblichen Ausgaben.
Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass die 5 000 Euro auch für die eigenen Aufwendungen wie das Gehalt, wenn man als Selbstständiger arbeitet, verwendet werden
können. Das ist relativ eindeutig. Es ist ein bisschen bedauerlich, dass trotz der Bemühungen in der Wirtschaftsministerkonferenz und in der Kulturministerkonferenz – einige Finanzminister sollen sich auch dafür eingesetzt haben, unser beispielsweise –, der Bund sich bisher noch nicht bereitgefunden hat, die Solohilfen, die Soloselbstständigen- und Klein- und Kleinstunternehmerhilfen dementsprechend zu öffnen, sondern da wird im Kern gesagt: Wenn das Geld alle ist, also unser Berliner Geld alle ist, dann müsst ihr Grundsicherung beantragen. Ich halte das für einen bürokratischen Aufwand. Letztlich würde das auch nicht zu Mehrausgaben führen, denn jetzt ist die Situation: Die Menschen beantragen die Gelder, können aber nur einen Bruchteil dieser 9 000 oder 15 000 Euro tatsächlich verwenden, wenn sie nicht entsprechende betriebliche Aufwendungen haben. Das ist eigentlich nicht wirklich erklärbar. Ich finde das ein bisschen bedauerlich. Schauen wir mal, wie am Freitag mit unserer Bundesratsinitiative umgegangen wird. Wir haben als Land Berlin eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, wo wir noch einmal versuchen, eine Tür aufzubekommen, aber bisher sind die Signale eher so, dass der Bund auf seiner Position beharrt.
Bei Bundesmitteln sind es halt Bundesmittel. Da haben wir nicht allzu viel davon. Die kriegen wir dementsprechend auch nicht abgerufen. Bei den Landesmitteln gibt es zum Teil Ermittlungsverfahren, wo richtig kriminelle Energie hinter Missbrauch der Antragsmöglichkeit stand. Dann mag es auch Fälle geben, in denen die Menschen wegen Doppelkompensation usw. irgendwann Gelder zurückzahlen müssen, ohne dass dahinter irgendeine böse Absicht steht.
Wir sind derzeit dabei, Ramona Pop, Matthias Kollatz und ich sind im Gespräch, dass wir natürlich im Blick behalten, was da zurückfließt und dass wir dann auch schauen: Haben wir eine Möglichkeit, das denjenigen zur Verfügung zu stellen, die es wirklich brauchen? Aber da sind wir noch nicht ganz so weit. Man kann jetzt auch dazu sagen, wir sind gerade dabei, Diskussionen um den Nachtragshaushalt hier im Parlament zu führen. Sie wissen, dass das nicht unerhebliche Summen waren, die da verausgabt worden sind. Wir wissen auch nicht, wie lange sich die ganze Sache noch hinzieht.
Ob das Land alleine die Kraft hat, so ein Programm noch zwei-, drei-, viermal zu wiederholen, das ist eine politische Diskussion, die weit über die Verständigung zwischen zwei Ressorts hinausreicht. Das ist eine Diskussion, die wir führen sollten. Natürlich müssen wir darüber nachdenken, was wir machen, wenn jetzt der Bund auf seiner Position beharrt und sagt: Nein, wir kümmern uns um die Leute nicht. Das ist eine Herausforderung für uns. Ich formuliere das einmal so.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Schneider! Ich teile Ihren Unmut angesichts der Tatsache, dass sich in bestimmten Debatten die Gewichte verschoben haben, dass das Grundrecht auf Einkaufen – bei aller wirtschaftlicher Relevanz des Einzelhandels, das darf man auch nicht unterschätzen – vor der Grundrechtsausübung in anderen zentralen Bereichen rangiert. Ich kann Ihnen sagen, dass wir im engen Kontakt mit den Kirchen und Religions
(Senator Andreas Geisel)
gemeinschaften stehen. Wir haben uns deshalb auch im Rahmen der letzten Eindämmungsverordnung entschieden, von den Verabredungen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten abzuweichen, und haben gesagt, dass wir in Berlin früher die Teilnahme an Gottesdiensten ermöglichen werden. Wir stehen in enger Kommunikation auch darüber, wie wir das später gegebenenfalls ausweiten können, wenn entsprechende Schutzkonzepte auch detailliert vorliegen.
Klagen gegen die Verordnung liegen jetzt in der Form nicht vor. Ich glaube aber, dass es auch etwas damit zu tun hat, dass wir sehr intensiv kommuniziert und jeweils auch versucht haben, für den Status quo entsprechende Verabredungen zu treffen und auch für Verständnis zu werben. Unsere Eindämmungsverordnung ist im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr religionsausübungsfreundlich, sowohl was die Beteiligung von Seelsorgerinnen und Seelsorgern in Betreuungseinrichtungen angeht als auch beispielsweise das Abschiednehmen und die Trauer.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir haben in unserer Eindämmungsverordnung entsprechende Klauseln vorgesehen, die es ermöglichen, dass unter Wahrung der entsprechenden Kontaktbeschränkungen Seelsorge, die Übertragung von Gottesdiensten und auch die Einkehr in der Kirche möglich sind. Wer jetzt große Osterfeste feiern, Osterfeuer anzünden, Osterparaden veranstalten oder im Massenauflauf Osterhasen suchen möchte, wird in diesem Jahr leider darauf verzichten müssen.
Verehrter Herr Abgeordneter! Die individuelle Religionsausübung bleibt selbstverständlich möglich. Wenn Sie einen Blick in die Eindämmungsverordnung werfen, werden Sie feststellen, dass es keine Klauseln gibt, die in einer besonderen Weise die individuelle Religionsausübung verunmöglichen. Sie werden auf der anderen Seite sehen, dass es Regeln gibt, die versuchen, insbesondere dem seelsorgerischen Beistand den Raum einzuräumen, der ihm in kritischen Situationen gegeben werden muss. Das ist so ähnlich wie das, was die Kollegin Kalayci vorhin gesagt hat: Man kann in Kinderhospizen keine Besuchsregelungen machen, durch die man die Leute nicht zu todkranken und sterbenden Menschen lässt. – Das heißt, und gerade das ist die Herausforderung, vor der wir stehen: Man muss jetzt die richtige Balance finden von Infektionsschutz und den Dingen, auf die man keinesfalls verzichten kann.
Religionsausübung ist ein hohes Gut, aber wir merken selbst, dass bei den Kirchen und Religionsgemeinschaften, ohne dass auf unsere Regeln gewartet worden ist oder dass wir irgendeine Verordnung erlassen mussten, zum Teil schon sehr schnell versucht wurde, zu reagieren, indem Kirchen und auch Friedhöfe geschlossen worden sind. Dazu sind wir in einer Kommunikation, um auch dort die Balance zu halten. Ich freue mich zum Beispiel, dass der Evangelische Friedhofsverband Mitte dann gesagt hat: Nein, wir lassen das wieder anlaufen. Von 8 Uhr bis 13 Uhr ermöglichen wir Angehörigen Besuche an den Gräbern. – Das alles ist nicht ganz unwichtig. Das gehört zu den Dingen, die auch in Krisenzeiten dringend nötig sind oder für manche Menschen vielleicht sogar eine größere Bedeutung bekommen, als wenn das normale Leben einfach so weiterlaufen würde, wie es vorher der Fall war.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir werden über die Verlängerung der Maßnahmen heute im Senat beraten. Der Regierende Bürgermeister hat vorhin schon gesagt, es wird zu einer Fortsetzung kommen. Das ist in der Schalte der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin gestern auch so besprochen worden. Ich glaube, alle, die ihre fünf Sinne beieinander haben, halten das jetzt erst einmal für eine richtige Maßnahme; und dann tasten wir uns Stück für Stück voran. Dann werden wir in zwei Wochen sehen. Wir haben in der Verordnung ja auch eine Evaluationsklausel. Sie haben vielleicht in den vergangenen Wochen gemerkt, dass wir jedes Mal, wenn wir über die Verordnung diskutieren, auch schauen: Sind die Regeln adäquat, oder muss man gegebenenfalls irgendwo nachjustieren?
All das schränkt aber keine Religionsausübung ein, jedenfalls nach meinem Dafürhalten. Wenn Sie aber konkrete Fälle, konkrete Probleme sehen, wo es vielleicht nötig ist, dass wir als die für die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zuständige Behörde
Kontakt aufnehmen und versuchen müssen, konkrete Regeln zu finden: Unsere Tür steht immer offen, unter Berücksichtigung der hygienischen Grundvoraussetzungen, und es gibt auch Telefone und E-Mails.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Abgeordnete Bangert! Ich danke Ihnen für die Frage. Die betrifft einen Sachverhalt, den wahrscheinlich die meisten hier im Detail nicht kennen. Deswegen würde ich ihn gerne vorab noch einmal darstellen, bevor ich die eigentliche Frage beantworte.
Im August 2019 wurden von mehreren Frauen gegen Plácido Domingo Vorwürfe sexueller Belästigung erhoben, die teilweise über 30 Jahre zurückliegen. Nach den Berichten meldeten sich neun weitere Frauen, die ihm ebenfalls sexuelle Belästigung vorgeworfen haben.
Anfang September 2019 berichtete die Nachrichtenagentur „Associated Press“ über die Vorwürfe von elf weiteren Frauen. Mehrere Sängerinnen und eine Tänzerin berichteten von Umarmungen, Küssen, nächtlichen Telefonanrufen, vom Drängen auf private Treffen, und es gab auch Betroffene, die angegeben haben, dass es negative Folgen für ihre Karriere hatte, nachdem sie die Avancen von Herrn Domingo verweigert hätten. Die Frauen haben sich mit einer Ausnahme alle anonym gemeldet.
Als Reaktion darauf ist Plácido Domingo als Chef der Los Angeles Opera zurückgetreten und hat angegeben, auch nicht mehr in der New Yorker Metropolitan Opera auftreten zu wollen. Die Oper von Los Angeles hat eine Untersuchung eingeleitet, gleichermaßen die American Guild of Musical Artist, die AGMA, und die Orchestervereinigung von Philadelphia hat ihre Einladung an Domingo für ihr Eröffnungskonzert am 18. Dezember 2019 zurückgezogen. Auch die Oper von San Francisco hat einen geplanten Auftritt abgesagt.
Das ist die Situation in den USA.
In Europa stellt sich das grundsätzlich anders dar. Es gab geplante Auftritte bei den Salzburger Festspielen und in der Hamburger Elbphilharmonie im August bzw. im November vergangenen Jahres, die alle wie geplant stattfanden. Meines Wissen hat es in Europa keine weiteren Absagen von Auftritten von Plácido Domingo gegeben.
Jetzt will ich erst einmal grundsätzlich für mich festhalten: Das sind erhebliche Vorwürfe, und das unabhängig von der Frage, ob die strafrechtlich relevant sind und ob die gegebenenfalls inzwischen verjährt sind. Sollte sich wirklich herausstellen, dass das, was Plácido Domingo vorgeworfen wird, zutrifft, dann handelt es sich um wiederholten und über Jahre praktizierten Missbrauch von Macht. Das wäre gänzlich inakzeptabel in moralischer
Hinsicht, und ob es rechtliche Relevanz hat, das wird sich zeigen, wenn die Untersuchungen in den Vereinigten Staaten abgeschlossen sind. Bis dahin gilt zumindest in rechtlicher Hinsicht das in jedem Rechtsstaat geltende Prinzip der Unschuldsvermutung.
Jetzt muss man dazu sagen, dass der Vertrag mit Plácido Domingo an der Staatsoper zu einem Zeitpunkt geschlossen worden ist, als die Vorwürfe noch nicht im Raum gestanden haben. Domingo ist seit Jahren immer wieder zu Gastauftritten an der Staatsoper und er ist seit 2017 auch Ehrenmitglied des Staatsopernensembles. Die Staatsoper hatte sich also nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe mit der Frage auseinanderzusetzen, ob durch die Vorwürfe eine veränderte Sachlage eingetreten ist, die es rechtfertig oder gar erfordert, die Auftritte des Opernstars abzusagen. Sie hat sich dann nach Abwägung aller Aspekte entschieden – das ist gestern auch presseöffentlich geworden –, an den Auftritten festzuhalten.
Ich habe gestern mit Matthias Schulz, dem Intendanten, gesprochen, der mir mitgeteilt hat, dass das das Ergebnis der Diskussionen innerhalb des Hauses sei, inklusive der Abfrage, inwieweit es auch an der Staatsoper Vorkommnisse gegeben habe, die den erhobenen Vorwürfen annähernd vergleichbar seien. Matthias Schulz hat mir versichert, dass sich nach sorgfältiger Prüfung nicht einmal ein Hauch solcher Vorwürfe an der Staatsoper feststellen ließ. Plácido Domingo, so hat er mir gesagt, habe sich an der Staatsoper jederzeit nach höchsten Maßstäben korrekt verhalten. Er hat auch gesagt, er habe auf die Grundlagen des Umgangs an der Staatsoper hingewiesen: Machtmissbrauch und jegliche sexuelle Übergriffigkeit sind sanktioniert und werden auch thematisiert. Die Mitarbeitenden der Oper waren demnach in den Entscheidungsprozess eingebunden, sie sind sensibilisiert, und Herr Domingo ist adressiert worden.
Es gab dann den offenen Brief von Pro Quote Bühne, in dem gesagt worden ist, dass Schutzpflichten nicht eingehalten worden wären. Das kann ich nach all dem nicht sehen, muss ich sagen. Da ich die künstlerische Entscheidungsfreiheit der Intendanz respektiere, nehme ich erst einmal zur Kenntnis, dass sie so verfahren hat. Es gibt einen rechtsgültigen Vertrag, es gibt keine außerordentlichen Kündigungsgründe.
Rechtliche Maßgaben stehen dem Auftritt nicht entgegen und künstlerische – was ich nicht zu beurteilen hätte – wohl auch nicht. Meines Erachtens ist das Recht der freien und eigenverantwortlich handelnden Einrichtungsleitungen zu verteidigen, solche Entscheidungen zu treffen.
Jetzt zur Antwort auf Ihre Frage:
Wenn man so entscheidet, dann bedeutet das natürlich nicht, dass solche Entscheidungen nicht diskutierbar sind oder dass man sie nicht hinterfragen darf. Es ist angesichts der Entscheidungen an den US-Opern ganz klar, dass man solch eine Abwägung auch anders treffen kann.
Man könnte bis zur Klärung der Vorwürfe vorläufig auf solche Auftritte verzichten, am besten sogar im gegenseitigen Einvernehmen. Ich will auch ganz klar sagen, das wäre für mich keine Vorverurteilung. Es ist auch keine Frage der Missachtung der Unschuldsvermutung, die steht gar nicht zur Debatte, sondern es geht dabei um eine andere Perspektive, und zwar um eine Haltungsfrage. Es wäre ganz klar das Signal, dass solche Vorwürfe nicht übergangen oder weggewischt werden.
Auch die Unschuldsvermutung bleibt auf einer Metaebene erst einmal eine Vermutung. Man geht also das Risiko ein, dass sich solche Vorwürfe im Nachhinein auch als wahr erweisen können.
Es gibt keine absolute Sicherheit. Man muss deswegen immer eine Abwägung treffen. Die Vorwürfe stehen nun im Raum. Eine abschließende Beurteilung liegt nicht vor, wir können die nicht selbst vornehmen, die Staatsoper und die Intendanz können sie auch nicht vornehmen. Andererseits, finde ich, sollte sich auch keines unserer Häuser vorwerfen lassen müssen, über solche nicht zu bagatellisierenden Vorwürfe einfach hinwegzugehen.
Da könnte man jetzt auch sagen: In dieser Abwägung wollen wir das Risiko komplett ausschließen, dass dort jemand auftritt, der massiv Grenzen überschritten hat, was nicht akzeptabel und entschuldbar ist. Wenn man das Risiko gänzlich ausschließen will, muss man auf solche Auftritte verzichten, bis die Dinge abschließend geklärt sind. Diese Klärung kann dann ergeben, dass die Vorwürfe zutreffen oder dass an ihnen überhaupt nichts dran ist. Wenn nichts dran ist, dann sagt man: Wir freuen uns jetzt auf das nächste Konzert.
Das wäre ein Zeichen von Zurückhaltung im Interesse aller, das wäre der Respekt vor der Klärung der Vorwürfe, das wäre zumindest ein Signal, das deutlich macht, dass Machtmissbrauch an den Bühnen keinesfalls akzeptabel ist, und es ist ja nun auch nicht wirklich unwichtig, dass man offensiv kommuniziert, wie man mit solchen Situationen umgeht, wenn solche Vorwürfe im Raum stehen. Der Gewinn wäre, das Haus macht nach außen deutlich, was auch intern die Maxime sein muss: keine Akzeptanz von Machtmissbrauch. Zweitens wäre es auch ein Signal an diejenigen, die solch ein Verhalten nicht hinnehmen, dass man sie ernst nimmt.
Es ist also die Frage, welche Maßstäbe gelten sollen, welche Kriterien, das Leitbild, der eigene Anspruch, die Praxis. Das ist nicht ganz banal, das ist, glaube ich, deutlich geworden.
Die Fragen, was hat systematisch dazu beigetragen, welche strukturellen Verhältnisse haben es ermöglicht, dass in diesem Umfang Machtmissbrauch betrieben oder beschwiegen wurde, akzeptiert oder zumindest gerechtfertigt worden ist, die sind jetzt eben alle Thema.
Es ist aus meiner Sicht ganz klar, dass wir uns ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen müssen, dass sich die Einrichtungen selbst noch intensiver mit den Fragen auseinandersetzen müssen. Für mich wird an diesem Fall wieder nur erneut deutlich, dass wir uns nicht mit den bislang gezogenen Konsequenzen und angeschobenen – –
Ich verstehe Ihre Nervosität nicht.
Bleiben Sie doch einmal ein bisschen locker, meine Herren hier rechts!
Für mich wird an dem Fall erneut deutlich, dass wir uns nicht mit den bislang gezogenen Konsequenzen und angeschobenen Veränderungsprozessen zufriedengeben
dürfen. Wir haben da den Kodex des Bühnenvereins, wir haben das Monitoring von Antidiskriminierungsstandards, aber das reicht nicht, sondern wir müssen weiter daran arbeiten. Ich denke, dass dieser Prozess zwar schon in Gang gesetzt ist,
aber dass er noch lange nicht für angst- und diskriminierungsfreie Situationen am Theater gesorgt hat. Ich glaube, dass inzwischen überall ein Problembewusstsein existiert, aber dass wir noch intensiver darüber diskutieren müssen, wie wir unseren Anspruch einlösen, miteinander lernen, aus Kodizes und Selbstverpflichtungen tatsächlich eine gelebte Praxis zu machen. Dazu werde ich die Intendantinnen und Intendanten jetzt kurzfristig einladen und mit ihnen in einen Austausch treten.
(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)
Ich glaube zum einen, dass man rechtzeitig und proaktiv kommunizieren muss, wenn man im Haus selbst über die Frage diskutiert und zu dem Ergebnis kommt, zu dem die Staatsoper jetzt gerade gekommen ist. Das kann ja ein Ergebnis sein. Ich habe gesagt, ich kann mir auch ein anderes vorstellen. Ich hätte das sozusagen vom Signal, von der Haltung her einfacher, vermittelbarer und plausibler gefunden.
Aber wenn die Staatsoper jetzt schon einen internen Diskussionsprozess führt, wenn die Kolleginnen und Kollegen am Haus über die Frage diskutieren: Wie gehen wir damit um? –, dann finde ich, sollte man nicht auf einen Brief warten, auf den man dann reagiert, sondern hätte schon nach Bekanntwerden der Vorwürfe einmal öffentlich kommunizieren müssen, warum man so entschieden hat und was in die Abwägung eingeflossen ist. Sie haben völlig recht, es darf nach außen nicht der Eindruck entstehen, dass das, was bei Pförtnerinnen und Pförtnern gilt, bei den Stars nicht gilt, weil die einen Promibonus oder einen Starbonus haben. Oder dass man sagt – das gibt es oft –, es gibt die klassischen Argumente gegen „Me Too“ –, vor 30 Jahren hätten andere Maßstäbe gegolten, wozu ich nur sagen kann: Nein! Vor 30 Jahren waren sexuelle Belästigung und Stalking auch schon inakzeptabel. Das ist nicht neu. Neu ist nur, dass jetzt seit
zwei Jahren intensiver öffentlich über solche Fragen diskutiert wird.
Da finde ich, müssen die Häuser Haltung entwickeln, müssen nach außen eine Haltung vertreten. Diese Haltung muss klar und eindeutig sein: Wir sind nicht bereit, Machmissbrauch und sexuelle Belästigung
innerhalb der Häuser zu akzeptieren. Das ist das, was wir mit all unseren Intendanzen diskutieren müssen. Es reicht eben nicht einfach nur zu sagen, wir bekennen uns zu einem diskriminierungsfreien Klima im Haus, sondern man muss strukturell dafür sorgen, dass das am Ende auch gelebt wird,
Man muss in einem Lernprozess gemeinsam auch Umgangsformen mit solchen nicht ganz einfachen Abwägungen entwickeln. Das, glaube ich, ist das Zentrale, und daran werden wir weiter arbeiten.
Ich bin wirklich überrascht, dass sich hier vor allem übrigens mal wieder Herren, bei einem Thema wie Machtmissbrauch und sexueller Diskriminierung die ganze Zeit belustigen und einen Haufen Spaß haben. Sagen Sie, finden Sie das normal?
[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Stefan Förster (FDP): Sie sprengen die ganze Fragestunde! – Holger Krestel (FDP): Sie missbrauchen die Fragestunde!]
Der Ausgangspunkt ist der, dass die Einrichtungen selbst die künstlerische Entscheidungsfreiheit haben, das zu diskutieren und am Ende auch zu entscheiden, und das werde ich auch immer verteidigen. Da werden wahrscheinlich unterschiedliche Argumente einfließen. Hier in dem konkreten Fall ist die Situation zum Beispiel auch die, dass der Vertrag schon existierte. Es ist ja noch mal ein Unterschied, ob man den Vertrag bricht und so ein Engagement absagt oder ob man unter den heutigen Bedingungen sagt: Wir laden ein. – Auch da gibt es noch mal eine Differenz. Das hat ja auch möglicherweise rechtliche Folgen. Also da gibt es einen Haufen Dinge abzuwägen, und das wird in jedem Einzelfall nicht ganz einfach sein.
Herr Abgeordneter Buchholz! Worum es mir geht: Ich möchte eigentlich, dass die Einrichtungen in einem regelmäßigen Austausch auch eine Professionalität im Umgang mit solchen Themen entwickeln. Es ist ja jetzt tatsächlich so, dass solche Fragen von Machtungleichgewichten und Herrschaftsausnutzung am Theater inzwischen anders diskutiert werden – zum Glück!
Ich finde auch, man muss denjenigen, die sich getraut haben, aus dem Dunkel in die Öffentlichkeit zu treten, Mut machen. Andererseits sind die Einrichtungen auch gefordert, jetzt Erfahrungen anzusammeln und zu reflektieren. Da wird nicht immer alles sofort fehlerfrei laufen, sondern das ist auch ein Lernprozess, und es ist auch nicht jeder Fall mit dem anderen vergleichbar. Es gibt Fälle, da geht es um strafbares Handeln. Es gibt Fälle, da liegt strafbares Handeln vielleicht lange zurück und ist schon ewig verjährt. Es gibt die Frage von mangelnder Führungskultur oder von Belästigungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit. Jeder dieser Fälle ist dann im Konkreten auch anders zu würdigen und anders zu bewerten. Deswegen, glaube ich, ist dieser Austauschprozess so wichtig, sodass man in diesem gemeinsamen Miteinander die Maßstäbe auch weiterentwickelt und sich nach denen dann verhält. Darum muss es jetzt gehen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Berlin ist die Kulturhauptstadt Deutschlands, wenn nicht sogar Europas – da hat Herr Schweikhardt völlig recht. Und der vorliegende Haushalt erlaubt es uns, die Vielfalt und Breite unserer kulturellen Infrastruktur zu erhalten und auch auszubauen. Wir verbessern die Rahmenbedingungen, die es zahlreichen Kunstschaffenden ermöglichen, frei zu arbeiten, ohne materielle Existenzängste zu leben – und beides ist dringend notwendig.
Im Mittelpunkt steht dabei die gleichberechtigte Teilhabe aller am gesellschaftlichen und damit natürlich auch am kulturellen Reichtum. Da haben wir 2018/2019 geliefert, und mit dem Haushalt, der heute von Ihnen beschlossen wird, liefern wir weiter. Wir sind in der Lage, Begonnenes im Sinne der Kunst- und Kulturszene der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger konsequent fortzuführen, und wir zeigen, dass wir in der Lage sind, auf neue Herausforderungen zu reagieren und völlig Neues anzupacken.
Erlauben Sie mir, dies kurz an einem Beispiel deutlich zu machen: Ab April gibt es jeden Monat einen Sonntag, an dem die Museen des Landes Berlin – und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz macht mit – eintrittsfrei sein
(Notker Schweikhardt)
werden. Gekoppelt wird dies mit Angeboten in den Einrichtungen, Mitmachangeboten, Vermittlungsangeboten.
Die Kopplung von Eintrittsfreiheit und Angeboten an die Stadtgesellschaft begegnet festgestellten Problemen auf zwei Wegen: Wir senken materielle Hürden, die es faktisch gibt, denn es gibt Menschen, die sich den Eintritt in die Museen schlicht nicht leisten können. Wir senken aber auch immaterielle Hürden, indem wir mit zusätzlichen Angeboten Brücken in unsere Einrichtungen schaffen. Ich bin davon überzeugt, dass es uns nur so gelingt, nicht nur in der Stadt Kunst und Kultur anzubieten, sondern auch für die ganze Stadt. So sehe ich meinen Auftrag, und der vorliegende Haushalt bietet die Chance, ihn Stück für Stück zu verwirklichen.
Der kulturelle Reichtum ist nichts für eine kleine Gruppe in der Stadt, und je früher Menschen in ihrem Leben mit der Schönheit, der Vielfalt und kreativen Ausdrucksformen in Berührung kommen, desto eher eröffnen sich ihnen neue Welten, die sie dann auch gerne betreten. Unsere Aufgabe ist es, dabei zu helfen. – Herr Juhnke und Herr Kluckert! Den abstrakten Vorwurf, wir würden hier irgendwelche Leute bevorzugen, weise ich strikt zurück. Bei uns entscheiden Jurys darüber, wer die Mittel bekommt, und nicht irgendwelche Politiker, auch wenn Sie sich das vielleicht anders wünschen. Wir werden darauf beharren, dass das durch unabhängige Akteure entschieden wird und dass sich die Politik da raushält.
Der vorliegende Haushalt stärkt ausdrücklich Kinder-, Jugend- und Puppentheater – das hat etwas mit den Zugänglichkeiten an ästhetischen Ausdrucksformen für junge Menschen zu tun. Wir stärken die Jugendkunstschulen. Wir stärken die Vermittlungsarbeit in den Einrichtungen und noch manches mehr.
Zur Beförderung der Vielfalt in unserer Gesellschaft gehört natürlich auch die Erinnerungsarbeit. Da konnten wir in den vergangenen drei Jahren schon eine Menge leisten, beispielsweise die Überführung der East Side Gallery unter das Dach der Stiftung Berliner Mauer und andere Projekte wie zur Aufarbeitung der NS-Diktatur und der Erforschung der NS-Zwangsarbeit. Hier stellt sich Berlin seiner Verantwortung, und wir suchen auch nach neuen Formen und neuen Wegen bei der Vermittlung. Mit Ihrer Zustimmung zum vorliegenden Haushalt können wir in der Erinnerungskultur ein neues und auch großes Kapitel aufschlagen. – Sabine Bangert ist darauf schon eingegangen. – Mit der Kolonialismusaufarbeitung setzt die Koalition einen weiteren erinnerungspolitischen Schwerpunkt. Wir werden in der Stadtgesellschaft dieses verdrängte Kapitel deutscher Geschichte stärker sichtbar,
stärker transparent und stärker begreifbar machen und es in die gesellschaftliche Auseinandersetzung zurückholen. Ich halte das für zwingend notwendig. – Herr Juhnke, ich freue mich, dass ich mir darin auch mit der Kulturstaatsministerin Grütters einig bin.
Ich könnte jetzt noch eine Menge anderer Punkte anführen, die Zugänge für Menschen schaffen, wo vorher keine waren, wo Kultur als Mittel zur Verständigung für uns ein stärkeres Gewicht erhält. Mir sei dabei erlaubt, als einziges Beispiel die Digitalisierung zu nennen, denn da geht es um mehr als Investitionen in technische Ausrüstung. Sie bietet vor allem neue Zugangsmöglichkeiten zu Kunst und Kultur und neue Möglichkeiten künstlerischer Ausdrucksform. Mit diesem Haushalt können wir die Ausstattung und Entwicklung digitaler Strategien und Projekte im Kulturbereich verbessern. Kulturpolitik, wie ich sie verstehe, ist eben nicht nur Förderpolitik, sondern zuallererst Infrastrukturpolitik. – Herr Juhnke, mit der Verstetigung von digiS, mit dem kulturBdigital-Lab und mit mehreren Millionen Euro an Investitionsmitteln für die Digitalisierungsinfrastruktur in den Einrichtungen haben wir dabei mehr geschafft, als all die Jahre vorher passiert ist.
Ein weiteres Instrument der Infrastrukturpolitik ist der Aufbau eines Kulturraumbüros, mit dem uns schneller als bisher die Akquise und Herrichtung von Kulturimmobilien gelingen soll. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass wir die 2 000 Ateliers schaffen. – Herr Kluckert, Sie müssen auch mal erklären, wie einerseits weniger staatliche Einflussnahme, aber mehr Ergebnisse durch die staatliche Einflussnahme erzielt werden sollen. Mir scheint, das ist ein Widerspruch, den Sie nicht auflösen können.
Wir richten die Stiftung Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung neu aus, deren Aufgabe es sein wird, eine professionelle Teilhabeforschung in der Berliner Kulturlandschaft zu etablieren. Das ist bundesweit einmalig und neu. Sie wird die Diversitätsentwicklung und die kulturelle Bildung voranbringen. Frau Bangert hat es völlig richtig gesagt: Da müssen wir investieren. Dafür müssen wir die entsprechenden Grundlagen schaffen. Das wird uns mit diesem Haushalt gelingen.
Das alles ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was wir geleistet haben und leisten werden. Für die Themen Denkmalschutz, interreligiöser Dialog, die Stärkung jüdischen Lebens und eine offensivere Europapolitik – die wird uns in den Ausschüssen weiter beschäftigen – fehlt mir jetzt schlicht die Zeit. Aber ich denke, es ist eine Grundidee sichtbar, was wir als Koalition im Kulturbereich verfolgen. Ich bin Herrn Jahnke, Frau Kittler und Frau Bangert sehr dankbar dafür, dass Sie die wesent
(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)
lichen Punkte genannt haben. Alle Menschen überall in der Stadt müssen Nutznießerinnen und Nutznießer von Kunst und Kultur sein können. Die Bedingungen, die es vielen Kunstschaffenden ermöglichen, frei zu arbeiten, frei zu sein von Existenzängsten, schaffen wir. Das kann uns gelingen im Interesse der bunten, vielfältigen Kulturlandschaft, die Berlin auszeichnet. – Daher bitte ich Sie um die Zustimmung zum Haushalt.
Abschließend will ich sagen: Vor drei Jahren haben wir uns gemeinsam auf diesen Weg gemacht. Ich bin froh, wie weit wir in dieser Zeit schon gekommen sind. Mein Dank geht an die vielen, die sich beteiligt haben, an das Abgeordnetenhaus, den Kulturausschuss und die Fraktionen für die konstruktive Begleitung. Wir bauen die Infrastruktur; die Kunst machen die Künstlerinnen und Künstler. – Vielen Dank!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Mir ist das nicht bekannt. Ich werde dem nachgehen. Es ist aber relativ klar, und da habe ich mit der Kulturprojekte Berlin GmbH auch ein langes Commitment, dass wir Antisemitismus jederzeit entgegentreten. Es gibt auch einen Beschluss zum Thema BDS aus diesem Hause, was für uns die Maßstäbe sind, nach denen wir agieren. Deswegen kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen. Aber ich werde dem nachgehen, und gegebenenfalls werden wir dann auch Konsequenzen ziehen.
Sie unterstellen damit, dass es einen Automatismus gäbe, dass bei der Kulturprojekte Berlin GmbH antisemitische oder in besonderer Weise Israel in den Fokus nehmende Themen und Botschaften auf der Tagesordnung stünden. Das ist aber nicht der Fall.
Ich sage es an dieser Stelle auch noch einmal deutlich: Die Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der Friedlichen Revolution waren im Großen und Ganzen ein großer Erfolg. Die Resonanz war sehr positiv. Umso bedauerlicher finde ich es, und das haben wir auch relativ deutlich gesagt, dass in einer Videosequenz einer Bühnenshow am 9. November der Nahostkonflikt thematisiert worden ist.
Da ist die Haltung des Senats und auch die Haltung des Geschäftsführers der Kulturprojekte Berlin GmbH ganz klar: Der 9. November steht nicht nur für die Öffnung der Berliner Mauer, steht nicht nur für die Friedliche Revolution, sondern er steht auch für den 9. November 1938, als in Berlin und in ganz Deutschland die Synagogen brannten und die Nazis zum Teil unter dem jubelnden Beifall von Teilen der Bevölkerung den Terror gegen die jüdische Bevölkerung in besonderer Weise entfesselt haben.
Das setzt uns in eine besondere Verantwortung. Deswegen verbietet es sich, auf einer Veranstaltung, die den 9. November 1989 zum Gegenstand hat, den Nahostkonflikt in irgendeiner Weise zum Thema zu machen. Das ist für den Senat ganz klar. Das ist für die Kulturprojekte Berlin GmbH ganz klar.
Dass es in dem konkreten Fall so gewesen ist, dass die beauftragte Firma diese Sequenzen dort eingespielt hat, finde ich traurig, muss ich ganz ehrlich sagen. Ich finde, dass an der Sensibilisierung von Menschen, die sich mit solchen Sachen befassen, offenbar immer noch gearbeitet werden muss. Wir haben offenbar auch das Problem gehabt, dass das bei der Abnahme, beim Abstimmen der Videosequenzen zwischen der Kulturprojekte Berlin GmbH und dem Dienstleister, der beauftragt worden ist, der das übrigens vor fünf Jahren auch schon erfolgreich gemacht hat, es gab also einen guten Grund, ihn zu beauftragen, untergegangen ist.
Ich habe das an dem Tag selber auch nicht wahrgenommen, als das dort am Brandenburger Tor gespielt wurde. Das war eine kurze Videosequenz. Mir ist das im konkreten Fall auch nicht aufgefallen. Ich habe es am Tag danach mitbekommen. Ich finde es eigentlich ziemlich unerträglich, dass so etwas passiert. Das ist ein Fehler, der nicht passieren darf. Der Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin GmbH und ich haben uns dazu sofort öffentlich positioniert. Wir gehen der Sache nach, wie es passieren kann, dass solche Abnahmefehler dort unterlaufen sind.
Für mich scheint eines festzustehen: Das alles deutet darauf hin, dass die Aufklärung über die Shoah, über Antisemitismus in unserem Land noch längst nicht an dem Punkt ist, an dem wir sein müssten. Wir werden das verstärken. Wir werden auch noch einmal viel intensiver schauen, dass in unseren eigenen Einrichtungen eine höhere Sensibilität existiert. Daran arbeiten wir. Sie kennen die entsprechenden Beschlüsse des Senats und des
Abgeordnetenhauses, die sich mit dieser Frage befassen. Aber da werden wir kein Wasser ranlassen. Das ist ganz klar. Das sage ich hier unmissverständlich. Ich sage auch: Das ist weder die Haltung des Senats noch der Kulturprojekte Berlin GmbH, und das wird auch zukünftig so bleiben. Wir werden so etwas nicht einfach akzeptieren, sondern wir werden dem nachgehen. Wir werden alles tun, um aufzuklären und auch die Kontrollmechanismen zu verbessern, dass so etwas nicht noch einmal passieren kann. Ganz einfach!
Wissen Sie, wir haben eine große Festivalwoche gemacht, in der ging es um die Ereignisse vor und nach dem 9. November 1989. Im Rahmen dieser Veranstaltung war die Bevölkerung zum Mittun aufgerufen. Dass die Bevölkerung nicht den Erwartungen der AfD gerecht geworden ist, was die Gestaltung dieser Woche angeht, tut mir leid, aber das ist vielleicht auch Ihr Problem.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und
den GRÜNEN –
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum einen werden, wie gesagt, Vereinbarungen mit den anerkannten Religionsgemeinschaften getroffen, deren Betätigung vom Grundgesetz geschützt ist. Nun ist nicht jede Partei in Sachen Grundgesetz sattelfest
und steht mit beiden Beinen auf dem Boden desselben,
aber nichtsdestotrotz ist die Religionsfreiheit ein hohes Gut in unserem Land. Der Senat sieht sich in der Verpflichtung, die Religionsfreiheit der unterschiedlichen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu
schützen, und er geht Verträge mit den Anbietern des Religions- und Weltanschauungsunterrichts ein, in denen
im Konkreten geregelt wird, nach welchen Maßstäben die Vergütung erfolgt, wenn die anerkannten Träger des Religionsunterrichts diesen Unterricht anbieten.
Ansonsten ist es so, wie die Kollegin Scheeres es gesagt hat: Es richtet sich nach den Anmeldezahlen und der Entscheidung der Religionsgemeinschaften, ob sie an einer Schule Religionsunterricht anbieten wollen oder nicht. Im Übrigen ist ansonsten die Ausübung des Religionsunterrichts in der Verantwortung der Religionsgemeinschaften durchzuführen. Der Rahmen dessen ist das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, und das bedeutet, wenn dort nicht Religionsunterricht gelehrt wird, dann können wir einschreiten, wenn wir entsprechende Anhaltspunkte haben. Das ist dann eine Aufgabe der Sicherheitsbehörden. Aber bis zu dem Zeitpunkt hat sich der Staat unter Wahrung seiner Neutralität jedes Kommentars über den Inhalt des Religionsunterrichts zurückzuhalten, und das ist auch richtig so.
Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Berichterstattung hat mich schon ein bisschen überrascht, denn der Hauptstadtfinanzierungsvertrag, den das Land Berlin und der Bund am 8. Mai 2017 verabschiedet haben und der dem Abgeordnetenhaus als Vorlage – zur Kenntnisnahme – auch Mitte des Jahres 2017 zugeleitet wurde, sieht ja insgesamt ein Volumen von ca. 2 Milliarden Euro vor, vom 1. Januar 2018 – also dem Tag des Inkrafttretens – bis zum 31. Dezember 2027, also über zehn Jahre hinweg, sodass die Grundstücksgeschäfte, die da jetzt öffentlich in der Kommunikation standen, Bestandteil eines viel größeren Pakets waren, das auch als Gesamtpaket beschlossen worden ist.
Das heißt, es hat jetzt keinen Sinn zu schauen, das Dragoner-Areal hat einen Verkehrswert x, und die Kulturgrundstücke haben einen Verkehrswert y, und dann rechnet man das irgendwie gegeneinander. Das ist insofern eine relativ unbrauchbare Vergleichsform, als so ein Gesamtpaket immer als Gesamtpaket gewürdigt wird, und Sie haben ja hier im Abgeordnetenhaus den Hauptstadtfinanzierungsvertrag seinerzeit auch zur Kenntnis bekommen, und er ist ja auch Gegenstand der entsprechenden Haushaltsberatungen gewesen.
Selbst wenn man aber jetzt alles herausrechnet und sagt, man schaut sich nur diese Grundstücksgeschäfte als solche an und nimmt für das Dragoner-Areal einen zweistel
ligen Verkehrswert an, und die Kulturgrundstücke haben zusammengenommen einen niedrigen dreistelligen Verkehrswert, ist es insofern eine Milchmädchenrechnung, als auf diesen sieben Kulturgrundstücken, die zum Jüdischen Museum, zur Akademie der Künste, zum Gropiusbau oder zum Haus der Kulturen der Welt gehören, ja etwas steht. Das heißt, so ein Verkehrswert lässt sich natürlich nur realisieren, wenn ich das Grundstück dann auch irgendwie nutzen kann, um Einkünfte zu haben, Erlöse zu generieren, was natürlich bei all diesen Grundstücken nicht infrage kommt – es sei denn, irgendjemand hat großes Interesse daran, das Haus der Kulturen der Welt abzureißen und darauf beispielsweise eine Shoppingmall
zu stellen. Das ist mir allerdings bisher von keinerlei Seite als denkbare Option genannt worden.
Insofern ist das, was dort passiert ist, nichts anderes, als dass die Grundstücke, die bundesgeförderte Einrichtungen tragen – dass der Bund beispielsweise die Berliner Festspiele übernimmt, das Jüdische Museum und die Akademie der Künste in der Finanzierung übernimmt, das sind alles Entscheidungen, die schon weit zurückliegen, die sind schon in früheren Hauptstadtfinanzierungsverträgen geregelt worden –, dass diese Grundstücke jetzt dem Bund quasi hinterhergegeben werden und er ohnehin sämtliche Verpflichtungen in Bezug auf diese Grundstücke trägt – weil, wie gesagt, die Förderung all dieser Einrichtungen schon länger durch den Bund passiert.
Da folgen nur die Grundstücke einer eigentlich schon mal geänderten Zuständigkeit für die Finanzierung nach. Insofern ist es eine völlig absurde, eine Milchmädchenrechnung, jetzt irgendwie die Verkehrswerte zusammenzurechnen und zu sagen: Hui, das kostet ja einen Haufen Geld, und dafür haben die nur das Dragoner-Areal bekommen.
Im Gegenteil: Es ist eher so, dass durch den Hauptstadtfinanzierungsvertrag die Frage – – Und dafür hat ja das Land Berlin seinerzeit, haben auch die rot-rot-grünen Fraktionen im Bundestag, hat Herr Kollatz im Bundesrat sehr gekämpft, dass wir das Dragoner-Areal vom Bund tatsächlich zur Verfügung gestellt bekommen, um das jetzt auch entwickeln und um dort Kultur, Gewerbe, Wohnraum schaffen zu können. Das ist für das Land Berlin in einer solchen Lage eine extrem positive Nachricht. Wir finden es gut, dass wir dieses Grundstück jetzt haben, dass wir das Grundstück auch entwickeln können und dass damit – aus der Kulturperspektive gesehen – auch beispielsweise so einem Kulturstandort wie dem Club Gretchen an dieser Stelle eine dauerhafte Garantie des Verbleibs gesichert ist.
Insofern ist das also alles in allem eine runde Sache, eine gute Vereinbarung, und, wie gesagt, die kennen Sie seit zwei Jahren oder zumindest seit anderthalb Jahren, seit
Mitte letzten Jahres, als die Mitteilung – zur Kenntnisnahme – hier ins Abgeordnetenhaus gegangen ist. Jetzt können Sie entscheiden, ob das ein guter Deal ist oder nicht. Ich finde, das ist ein hervorragender Abschluss, und das Land Berlin profitiert davon sehr.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kittler! Das Rockhaus in der Buchberger Straße 6 in Lichtenberg befindet sich in einem ehemaligen Bürogebäude der Post/Telekom, bzw. zuletzt befand es sich im Besitz der Immobilienverwaltung von Post und Telekom und ist vor drei Jahren an die Scharfstein Group verkauft worden, nach unseren Informationen jedenfalls. Es befinden sich ca. 160 Räume im Gebäude, die über Jahre hinweg von einem privaten Generalmieter untervermietet worden sind. Nach unserer Kenntnis probten dort bis zu 1 000 Personen. Es gab schon seit längerer Zeit dort Streit zwischen dem Eigentümer und dem Generalmieter. Im vergangenen Jahr haben wir schon einmal hinter den Kulissen versucht, Vermittlungsbemühungen zu starten, und dann hat uns Anfang 2019, mit der Bitte um Vertraulichkeit, die Information erreicht, dass sich der Eigentümer und der Generalmieter darauf geeinigt haben, den Mietvertrag zum 30. Juni 2019 zu beenden. Das war insofern dramatisch, als die Musikerinnen und Musiker bislang davon ausgegangen sind, dass der Mietvertrag mindestens bis 2021 läuft. Danach war die Sache offen.
Alle Musikerinnen und Musiker haben sofort ihre Kündigung erhalten. Das hat auch eine entsprechende öffentliche Resonanz erfahren. Das Problem, das wir hier haben ist: Alle Beteiligten sind Private, und alle Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten sind auch private. Der Eigentümer ist privat, der Generalmieter ist privat, und die Künstlerinnen und Künstler als solche sind es auch.
Insofern steht man immer in einem Dilemma, wenn man eine solche Information bekommt – wir bekommen die öfter –, dass Kulturräume verschwinden. Wir haben im Grunde keinen Hebel in der Hand, da irgendetwas zu machen, aber eine dringende Raumnot. Das heißt aber nicht, dass wir nichts tun, sondern das heißt, dass wir sehr intensiv in Gespräche eintreten und versuchen zu vermitteln, zu werben, Angebote zu machen, Verhandlungen zu