Protokoll der Sitzung vom 15.11.2018

[Stefan Evers (CDU): Pfui!]

Darauf meldeten sich Landesfeuerwehrverband, Gewerkschaften und verschiedene Initiativen mit Brandbriefen zu Wort. Sie wiesen darauf hin, dass von den vorhandenen Löschfahrzeugen 80 Prozent älter als 14 Jahre und damit auszumustern sind, dass sich lange Werkstattaufenthalte ergeben, mit der Folge, dass die Sicherheit unserer Stadt gefährdet ist.

Wir haben dann im Innenausschuss am 15. Oktober dieses Jahres eine Anhörung durchgeführt, und dort hat der stellvertretende Landesbranddirektor unter anderem Folgendes ausgeführt: Der Investitionsbedarf bei den Feuerwehrfahrzeugen beträgt 160 Millionen Euro – jetzt ist die Zahl endlich raus –, und es seien 23 Millionen Euro pro Jahr nötig, um den derzeitigen inakzeptablen schlechten Zustand zu halten. 23 Millionen Euro sind genau das Doppelte von dem, was Sie der Feuerwehr in den letzten Haushaltsberatungen zugebilligt haben.

[Zuruf von Hildegard Bentele (CDU)]

Das heißt, Sie betreiben einen Kaputtsparkurs für die Feuerwehr, mit der Folge, dass Sie ihr die Reste der Leistungsfähigkeit nehmen, und das ist angesichts der Haushaltssituation dieses Landes völlig inakzeptabel.

[Beifall bei der CDU]

Jetzt legen Sie einen Nachtragshaushaltsentwurf vor, weil Sie angesichts der wunderbaren Haushaltsüberschüsse, um die Sie jede Landesregierung der Vergangenheit beneidet hätte, noch ein bisschen Geld ausgeben wollen. Sie haben für die Feuerwehr null Euro vorgesehen. Das ist ein Entwurf des Senats, nicht der Koalitionsfraktionen, und deswegen kann ich nur hoffen, dass die Koalitionsfraktionen jetzt in den Beratungen, die vor uns liegen, diesen Fehler reparieren. Wir als CDU-Fraktion werden jedenfalls mit allem Nachdruck in den nächsten Wochen in den Beratungen darauf dringen, dass der Feuerwehr zumindest jetzt die Mittel gegeben werden, die notwendig sind, um den schlechten Status zu halten. Unser Ziel ist es, dass sie mehr bekommt, dass in die Fahrzeugbeschaffung investiert wird, damit die Brandsicherheit, aber auch die technische Sicherheit, die Sicherheit bei möglichen Anschlägen, bei Katastrophen im Interesse unserer Stadt und unserer Menschen wieder gewährleistet ist.

[Beifall bei der CDU]

Dazu haben wir zwei Anträge vorgelegt. Der eine betrifft die notwendigen Investitionsmittel. Wir haben 160 Millionen Euro gefordert. Wir sind zufrieden, wenn wir mit weniger herauskommen, aber wir werden Sie nicht mit Null herauskommen lassen. Das werden Sie in den nächsten Wochen erleben. Wir haben einen Antrag vorgelegt, der auch mal ein Konzept einfordert, damit wir in eine derartig desolate Situation nie wieder kommen werden, in der wir vorausschauend darüber nachdenken: Was sind denn die Zielvorgaben an die Feuerwehr zu Personalstärke, Ausbildungskapazität, zu ihrer technischen Ausstat

tung, zur baulichen Instandsetzung der Feuerwachen? –, damit wir vorausschauend planen können und Sicherheitspolitik nicht nach Haushalt betreiben – nicht einmal das machen Sie –, sondern nach den Sicherheitsbedürfnissen unserer Stadt, und das ist das Ziel der CDUFraktion. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Schreiber das Wort.

[Mario Czaja (CDU): Jetzt kommt der zweite CDU-Redner, sehr gut!]

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es ist schon bezeichnend, Herr Dregger, dass Sie mich hier noch als Kronzeuge anführen für etwas, was uns eigentlich alle im Haus interessieren sollte. In der damaligen Koalition, unter Rot-Schwarz, war es uns ein Anliegen, etwas zu tun bei der Freiwilligen Feuerwehr, bei der Berufsfeuerwehr,

[Beifall bei der CDU – Stefan Evers (CDU): Eine gute Zeit!]

und Sie wissen sehr genau – ja, ich sage es deswegen, ich habe auch die Pressemitteilung aus dem Jahr 2015 dabei, da können wir auch noch mal drüber reden –, was wir damals besprochen und was wir beschlossen haben.

[Lachen bei der AfD und der FDP]

Sie wussten damals auch, so wie wir heute alle wissen, dass das ein Prozess ist, der mittel- und langfristig angelegt ist. Sie wussten auch, wie heute, dass die Zahlen, die Einsatzzahlen, gerade im Rettungsdienst seit Jahren ansteigend sind. Herr Gräfling hatte im Jahr 2015 explizit darauf hingewiesen, dass wir einen Anstieg haben, der sich nach oben hin fortzeichnet, und das heißt, mit dem Personal, mit den Möglichkeiten im Bereich der Fahrzeuge, Rettungsdienst usw. usf., haben wir eine Situation, von der wir sagen müssen, dass wir an der Kapazitätsgrenze angekommen sind. Das ist, glaube ich, klar.

Und deswegen ist es auch wichtig, dass wir nicht nur im jetzigen Doppelhaushalt etwas tun – das hat der Innensenator sehr deutlich gemacht –, zum einen bei der Fahrzeugbeschaffung, die sehr wohl stattfindet, zum anderen bei der Frage, wie viel Personal jetzt eigentlich eingestellt wird, auch zusätzlich eingestellt wird; bei der ganzen Frage der Besoldung, die natürlich auch für die Feuerwehr eine Rolle spielt, oder eben auch bei der Frage der Beförderung. Da sind etliche Dinge auf dem Weg.

Warum sage ich das? – Weil Sie so ein Stück weit einen Weg zeichnen und auf ein Sprungbrett aufspringen, um

(Burkard Dregger)

zu sagen, Rot-Rot-Grün, die haben doch kein Interesse an der Feuerwehr.

[Stefan Evers (CDU): Das ist doch Schwachsinn! – Maik Penn (CDU): Nur dezent!]

Wie auch immer. Ich meine, wir haben bei den Haushaltsberatungen, auch gerade bei der Freiwilligen Feuerwehr, sehr deutlich gemacht, wie wichtig uns allen das Ehrenamt dort ist. Sie wissen sehr genau, dass wir gerade im Bereich der Modulbauten bei der Freiwilligen Feuerwehr jetzt ein Referenzobjekt haben, Rauchfangswerder, das über Jahre gewachsen ist. Diese Thematik: Was passiert eigentlich konkret, was kann man konkret tun? – auf der einen Seite. Und auf der anderen Seite wissen Sie sehr genau, dass wir darauf achten, die Qualitätsstandards einzuhalten, die wir haben, und, wie Sie damals schon erkannt haben, darauf reagieren müssen:

[Mario Czaja (CDU): Herr Schreiber! Ich habe den Eindruck, Sie müssen das der Koalition sagen!]

Wie ist eigentlich die Bewerberlage, wie ist die Bewerberzahl?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Evers?

Nein, jetzt nicht, nachher vielleicht. –

[Oh! von der CDU– Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

Wir haben die Situation bei der Berufsrettungsdienstakademie, bei der BFRA, bei der eindeutig und klar ist, dass sie eine Kapazitätsgrenze hat, dass sie das, was sie an ihrem Standort hat, im Grunde genommen nur leisten kann, wenn dann auch weiter investiert wird. Sie haben die Situation – das lag auch in Ihrer Verantwortung im Jahr 2016 –, es gab Planungsgutachten bei der Frage, ob dieser Standort beispielsweise für Tegel ausreichend ist. Da ist Ihnen auch klar beschieden worden, ja, man hält daran fest. Aber Sie wissen sehr genau: Wenn Sie mehr ausbilden wollen, brauchen Sie bei der Rettungsdienstakademie eben auch mehr Kapazitäten, Räumlichkeiten und Personal.

Sie haben in Ihren Antrag relativ viele Dinge hineingeschrieben. Was Sie aber vergessen und wo Sie auch ein bisschen Sand in die Augen streuen, auch gegenüber der Öffentlichkeit: Sie sagen, die Feuerwehr hätte keinen Plan. – Das muss man schlicht von sich weisen, aus dem einfachen Grund, dass die Feuerwehr sehr wohl einen Plan hat. Sie hat einen kurz-, mittel- und langfristigen Plan, die Behördenleitung hat einen Plan. Der neue Landesbranddirektor, Herr Homrighausen, wird uns das sicher in der nächsten oder übernächsten Innenausschusssitzung auch vorstellen können.

Gestatten Sie jetzt die Zwischenfrage des Abgeordneten Evers?

Ich glaube, das wird nicht besser.

[Zuruf von der CDU: Oh! – Mario Czaja (CDU): Sie sind aber heute ganz dünnhäutig! Sie kriegen das gar nicht hin!]

Der wird uns das sicher auch vorstellen können, aus dem einfachen Grund: Sie müssen auch klar und deutlich machen, dass die Berliner Feuerwehr die Beinfreiheit, die finanzielle Ausstattung bekommt. Da sind wir auf dem Weg. Der Innensenator, der Senat, aber auch die Regierungsfraktionen sagen sehr deutlich: Das hat für uns Priorität.

Und ich will Ihnen auch sehr klar sagen: Selbst wenn der Finanzsenator heute sagen würde, er stellt einfach mal 500 Millionen Euro zur Verfügung, für die Fahrzeugbeschaffung, für die Immobilien, für den Umbau und, und, und, dann haben Sie die Situation, dass Sie das Geld gar nicht einsetzen können.

[Hakan Taş (LINKE): Hören Sie mal zu!]

Ja, weil Sie mindestens zwölf bis 15 Monate brauchen, wenn es sich beispielsweise um Spezialfahrzeuge handelt, dass die überhaupt, nachdem der Haushalt hier beschlossen wurde, am Ende nicht nur als Auftrag rausgehen, sondern wirklich vor der Haustür stehen.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Das ist das Problem – genauso bei der Frage, wie Wehren und Wachen saniert werden. Auch da haben Sie die Situation, dass Sie auf Planung angewiesen sind. Sie sind auf die Zusammenarbeit zwischen den Bezirken angewiesen, zwischen den Senatsverwaltungen, zwischen der BIM und vieles mehr, um gemeinsam die Projekte voranzubringen. Und deswegen sollten Sie lieber nicht mit dem Finger auf andere zeigen – auch Sie steckten in der Verantwortung, fünf Jahre lang, jedenfalls mit dem Innensenator.

[Burkard Dregger (CDU): Das machen wir doch, wir legen doch jetzt die Anträge vor!]

Ja, da sind auch Fehler gemacht worden, das ist das Eine. Das Andere ist, und damit will ich auch schließen: Wir sollten die Chance nutzen, auch als Parlament, der Feuerwehr den Rücken zu stärken und ihr nicht in den Rücken zu treten. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von der CDU]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt der Abgeordnete Woldeit das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Vielen Dank, Herr Kollege Schreiber für den gerade ausgeführten Redebeitrag. – Ich gebe Ihnen in einem recht: Wir müssen als Parlament unserer Feuerwehr den Rücken stärken. Das müssen wir alle machen. In diesem Zusammenhang begrüße ich auch noch mal herzlich die Angehörigen der Berliner Feuerwehr hier im Saal.

Ich erkenne auch Ihre Problematik, Herr Kollege Schreiber. Ich sehe ja, mit welcher Intention Sie Ihre Schriftlichen Anfragen formulieren, ich erkenne, wie Sie auch im Innenausschuss argumentieren. Das ist ja grundsätzlich größtenteils alles auf dem richtigen Weg. Aber in welcher Koalition befinden Sie sich, Herr Kollege? Sie scheinen sich ja komplett auf verlorenem Posten zu befinden. Und Herr Dregger hat doch völlig recht: Wenn hier im Rahmen der Haushaltsberatungen 2018/19 und auch im Rahmen des Nachtragshaushalts nur auf Verschleiß gefahren wird, dann haben Sie natürlich ein Begründungsproblem. Das können Sie nicht wegwischen.

Und nochmal, Herr Kollege Schreiber: Es schadet, andersherum, es hilft keinem weiter, wenn Sie dann in der jetzigen Regierungsverantwortung wieder den Schwarzen Peter hin- und herschieben. Ich erlebe das seit zwei Jahren. Die Opposition greift eine Thematik auf, kontrolliert und kritisiert den jeweiligen Senat, und dann kommt es wieder sofort zurück: Ja, Sie hätten aber auch in den vergangenen fünf Jahren – – Das hilft keinem Menschen weiter, das hilft auch der Feuerwehr nicht weiter.

[Beifall bei der AfD]

Ich erinnere mich noch sehr gut an die vorletzte Sitzung des Innenausschusses, als der Senator dann wirklich in seinen Ausführungen sagte: Wir haben eine einsatzfähige und moderne Feuerwehr, und das betone er ausdrücklich.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ist ja auch schön!]

In einem Nachsatz sagte er: Aber wir haben einen komplett veralteten Fuhrpark. – Meine Damen und Herren, wir haben leider, leider keine moderne und hoch einsatzfähige Feuerwehr. Was wir aber haben: Wir haben 4 000 hauptamtliche Angehörige der Feuerwehr, wir haben 1 400 Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr, die im Jahr 2017 eine Einsatzbelastung von 485 000 Einsätzen bewältigt haben. Das ist Engagement, das ist Einsatz. Das haben wir, meine Damen und Herren, und dafür meinen herzlichen Dank, liebe Kameradinnen und Kameraden!