Protokoll der Sitzung vom 29.11.2018

von dem Versagen des Staates damals spricht und damit erklärt, wieso Anis Amri sich dreimal unter anderem Namen registrieren konnte –, dann gehört dazu schon eine gewisse Chuzpe.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Maik Penn (CDU): Schwachsinn!]

Es gibt noch zwei Dinge, die hier schon gesagt wurden, die aber ganz offensichtlich noch nicht alle verstanden haben. Die jetzt noch MUF genannten Gebäude, die hier entstehen sollen, werden nicht nur für Flüchtlinge sein. Das muss man mal ganz klar sagen. Wir fordern schon seit Monaten, dass man sie auch schneller, als es ursprünglich der Senat vorgesehen hatte, für gemeinsames Wohnen öffnet – überall dort, wo man kein Sonderbaurecht braucht, denn das braucht man nicht bei jedem der vorgesehenen Grundstücke. Dort kann man das auch von Anfang an machen, wenn man das möchte. Wir setzen uns dafür ein, und es gibt Bezirke, die dafür aber eigene Konzepte vorlegen müssen, die auch in diese Richtung gehen. Wenn die Bezirke das nur als ein reines Senatshandeln auffassen, dann können sie nicht selber steuern. Deswegen auch der Appell an alle. Es gibt einige Bezirke, die sich auf den Weg gemacht haben. Ich könnte Ihnen viele Beispiele nennen.

Und übrigens: So richtig es ist, dass dieser Senat viele Probleme und auch viele Konzepte vom Vorgängersenat geerbt hat, kann man trotzdem die Dinge immer besser machen. Deswegen gibt es auch bei den MUFs 1.0, die noch viel früher, also vom Vorgängersenat, beschlossen wurden, durchaus Bewegung. Und es sollte auch Bewegung geben.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dregger?

Nein! – Denn besser geht immer. In der Quedlinburger Straße ist z. B. ein MUF 1.0, also aus der ersten Generation, das schon lange beschlossen, aber immer noch nicht gebaut ist. Es wird jetzt geplant mit einer Kita auf dem Dach und einem Nachbarschaftszentrum, mit einer Öffnung, die ursprünglich nicht vorgesehen war. Und es gibt sogar Überlegungen, da auch Studierende unterzubringen. Sprich: Es geht besser, und deswegen würde ich am Ende wirklich gerne appellieren, dass wir mit den Schuldzuweisungen aufhören und mal gemeinsam anpacken.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und

der LINKEN –

Hört auf mit den

(Stefan Förster)

Schuldzuweisungen! Der war gut! – Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag wird die Überweisung federführend an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen empfohlen. Widerspruch höre ich nicht. – Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 4.3:

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 8

Siebtes Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 21. November 2018 Drucksache 18/1482

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1017

Zweite Lesung

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. Ich eröffne die zweite Lesung zur Gesetzesvorlage und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II Drucksache 18/1017. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke und hier der Kollege Zillich. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Der Senat hat dem Abgeordnetenhaus eine Änderung der Landeshaushaltsordnung vorgelegt, in der es ihm neben eher technischen Punkten darum geht, seine Berichtspflichten gegenüber dem Abgeordnetenhaus beim Thema über- und außerplanmäßige Ausgaben – ich sage mal freundlich – zu entschlacken. Diesem überaus freundlichen Ansinnen des Senats können wir so pur nicht nähertreten. Wir haben aber einen Vorschlag des Rechnungshofes aufgegriffen, der hier in Bezug auf den finanziellen Umfang und auf die Bedeutung differenzieren möchte. Er schlägt eine Differenzierung vor, die uns praktikabel erscheint. Dieses seit Tagen auf den Parlamentsfluren und in den Zeitungen breit diskutierte Thema der finanzpolitischen Feinmechanik zwischen Regierung und Parlament ist aber nicht der Grund, weshalb wir hier als Priorität darüber reden.

Die Koalitionsfraktionen haben diese Vorlage des Senats genutzt, um an zwei entscheidenden Stellen im Verhältnis von Parlamentsrechten und Landesunternehmen nachzu

steuern. Das ist der Grund, hier darüber zu reden. Wir haben einen Anlass, dies zu tun, weil wir mehr und mehr in der Situation sind – und das auch politisch wollen –, dass Landesunternehmen uns bei Landesbaumaßnahmen unterstützen. Deswegen stellt sich natürlich die Frage: Wie begleiten wir sie als Parlament? Wollen wir sie anders behandeln als die Landesverwaltung bei Baumaßnahmen? Welche Sicherungen ziehen wir ein? – Worum geht es dabei?

Erstens: um das parlamentarische Baukostencontrolling. Wir erstrecken das parlamentarische Baukostencontrolling mit dieser Änderung der Landeshaushaltsordnung auf Landesunternehmen, soweit diese Baumaßnahmen im Auftrag des Landes durchführen. Was heißt das im Einzelnen? – Das bedeutet, dass unabhängig davon, ob eine Landesverwaltung baut oder auch ein Landesunternehmen, und auch unabhängig davon, ob das im Einzelnen im Haushalt veranschlagt ist oder nicht, eine Baumaßnahme dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden muss auf der Grundlage der entsprechenden Planungsunterlagen mit einer entsprechenden Gesamtkostenprognose und dass Abweichungen davon im Prozess im Hauptausschuss diskutiert und unter den entsprechenden Regularien, wie sie auch für Landesbaumaßnahmen gelten, beschlossen werden müssen. Das bedeutet, dass wir hier nicht zweierlei Controllingstandards haben und dass wir das, was wir gelernt haben – gerade aus Beispielen wie der Staatsoper oder anderen – und was zum Nachschärfen der Controllingsachverhalte geführt hat, auch auf Landesunternehmen, wie hier die HOWOGE oder auch die BIM, übertragen.

Der zweite Punkt, um den es hier geht, ist die sog. kleine Privatisierungsbremse. Da geht es um die Frage, welche Möglichkeiten oder Mitbestimmungsmöglichkeiten das Parlament bei der Aufgabe von Landeseinfluss über Landesunternehmen hat. Bisher war es so, dass es eine Zustimmungspflicht des Abgeordnetenhauses gab, wenn Landesunternehmen entweder aufgelöst werden sollten oder aber, wenn Anteile an Landesunternehmen in wesentlichem Umfang verkauft werden sollten.

Wir sagen, es ist auch nötig, diese parlamentarische Zustimmung auf den etwaigen Verkauf von Teilen, also Organisationseinheiten, von Landesunternehmen oder Tochterunternehmen zu erstrecken. Da war das bisher nicht nötig. Und wir wollen auch, dass das Landesparlament gefragt wird, wenn etwa Landesunternehmen ihren bestimmenden Einfluss, den sie aufgrund von vertraglichen Regelungen auf andere Unternehmen haben, aufgeben wollen. Warum ist das notwendig? – Weil wir natürlich die Vorstellung haben, dass mit Landesunternehmen öffentliche Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten einhergehen und deswegen die Aufgabe von solchen Möglichkeiten nicht allein der Unternehmenspolitik – auch nicht von öffentlichen Unternehmen – überlassen sein

soll, sondern es auch des Einflusses des Landesparlaments bedarf.

Deshalb ist das, was wir hier vorlegen in zwei entscheidenden Punkten in der Landeshaushaltsordnung, sicherlich etwas, das wir aus Anlass der Einbeziehung der HOWOGE und der BIM in die Berliner Schulbauoffensive diskutieren, das aber darüber hinaus durchaus weitreichende Folgen hat und was es uns auch in Zukunft ohne Kontrollverluste stärker ermöglicht, Landesunternehmen in Landesaufgaben einzubeziehen und wir nicht befürchten müssen, dass wir dadurch Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten des Landesparlaments aufgeben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Goiny das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Zillich hat die wesentlichen Punkte, die in dieser Gesetzesänderung stehen, bereits dargelegt. Wir können als CDU-Fraktion nur sagen: Ja! Das ist gut, dass das passiert. Das ist ein weiterer Baustein zu einer möglicherweise besseren Kontrolle landeseigener Unternehmen. Gleichwohl ist die Frage offen, ob mit solcher formal-gesetzlichen Änderung am Ende des Tages wirklich effektive Kontrolle stattfinden kann. Da, muss man allerdings sagen, haben wir aus der Praxis einige Zweifel, denn am Ende muss man es auch anwenden, was man hier beschlossen hat.

Da haben wir als Erstes einen Unterausschuss des Hauptausschusses, nämlich den Ausschuss für Beteiligungsmanagement, wo wir uns mit den landeseigenen Beteiligungen beschäftigen. Ich habe leise Zweifel, ob die hier vorgelegten Rechtsänderungen tatsächlich in der Effizienz der Kontrolle unserer Landesbeteiligungen irgendetwas verbessern werden. Da bin ich sehr gespannt, ob auch vonseiten der Koalition, die diese Gesetzesänderung auf den Weg gebracht hat, irgendeine Veränderung stattfindet. Ich halte, gelinde gesagt, die Art, wie wir dort im Unterausschuss die Kontrolle der landeseigenen Unternehmen machen, für oberflächlich und an der Stelle, wo es wirklich spannend wird, nicht wirklich für tief genug.

Wir beschäftigen uns da intensiv mit der Flughafengesellschaft. Hat irgendeiner von Ihnen das Gefühl, dass das Parlament durch die intensive Kontrolle der Flughafengesellschaft im Unterausschuss Beteiligungsmanagement mehr Kontrolle ausübt oder mehr weiß?

[Frank-Christian Hansel (AfD): Dazu kommen wir noch! Dem Sonderausschuss können Sie nachher zustimmen!]

Ich glaube, da ist nicht viel passiert. Wir gucken uns andere Wohnungsbaugesellschaften an. Auch da sind alles nur Erfolgsmeldungen, und die wirklichen Probleme werden nicht angegangen. Eine GEWOBAG, die wilde Prozesskosten verursacht in sinnlosen Streitigkeiten über Kreativprojekte und Millionenbeihilfe leistet zu Millionen Schadensersatzforderungen, wie jetzt beim Eckwerk, wird völlig unkontrolliert von Ihnen durchgehen gelassen. Die Frage, wie wir unsere Wissenschafts- und Medizinlandschaft organisieren: Da wird jetzt im Nachtragshaushalt für Vivantes singulär ein zusätzlicher Investitionsbedarf gesehen und ein Betrag zur Verfügung gestellt, wie sich das aber z. B. abbildet in der Stärkung von Unternehmen wie der Charité, das lassen Sie völlig außen vor. Ich könnte weitere Beispiele in dieser Größenordnung nennen.

Ich will ihnen damit nur aufzeigen, dass die formelle Kontrolle über die Landeshaushaltsordnung und die Instrumente, die man damit schafft, das eine sind. Wenn Sie aber keine entsprechende Prüfung in den parlamentarischen Ausschüssen vornehmen, wenn Sie sich nicht der inhaltlichen Aufgabe stellen, wenn Sie nicht genau darlegen, wo Ihre strategischen Ziele und Planungen sind, und entsprechend die Landesunternehmen auch anhalten, diese Aufgabe so, wie das Parlament sie vorgibt, wahrzunehmen, dann bleibt alles, was Sie hier schaffen, ein Papiertiger. Insofern sind wir sehr gespannt, inwieweit Sie diese weiteren Kontrollmöglichkeiten, die Sie dem Parlament mit dieser Änderung der Landeshaushaltsordnung geschaffen haben, auch anwenden wollen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Hochgrebe das Wort!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! – Herr Goiny! Wenn Zweifel an der Effizienz dieses Gesetzes aufkommen: Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen von der CDU! Dass wir heute die Landeshaushaltsordnung ändern, das liegt doch an Ihnen! Sie sind es doch, die eine verfassungsändernde Mehrheit blockieren. Sie sind doch in Wirklichkeit die wahren Gegner der Privatisierungsbremse! Und im Ausschuss Beteiligungsmanagement erfordert es auch Anwesenheit.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]

Das Siebte Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung ist erforderlich geworden, weil auf Bundesebene

(Steffen Zillich)

das Haushaltsgrundsätzegesetz geändert wurde. Wir müssen nun unsere Berliner Haushaltsordnung anpassen, um die Anwendbarkeit der Regelungen in Berlin sicherzustellen. Damit könnten wir mit der Begründung dieses Änderungsantrages bereits am Ende sein, aber es ist viel mehr als das.

Durch die Einführung des § 24 Abs. 6 wird geregelt, dass das Abgeordnetenhaus in Zukunft verstärkt ein Auge auf Baumaßnahmen unserer landeseigenen Unternehmen haben wird und dabei auch mitreden kann. Denn wir müssen diversifizieren. Wir haben die Bauherreneigenschaft teilweise übertragen – an die Universitäten, an die BIM, an die HOWOGE. Wenn aber die Bauherreneigenschaft diversifiziert wird, dann muss auch die parlamentarische Kontrolle diversifiziert und erweitert werden, damit die Volksvertretung weiterhin ein wachsames Auge, ja, ein überwachendes Auge hat.

Was soll durch dieses Gesetz erreicht werden? – Wir haben in der Vergangenheit an vielen Beispielen gesehen, dass bei größeren Baumaßnahmen häufig die Kosten explodieren, weil Sonderwünsche hinzukommen oder weil während der Durchführung der Baumaßnahmen festgestellt wird, dass sich diese gar nicht so realisieren lassen wie ursprünglich geplant. Mit diesem Gesetz schaffen wir eine Regelung, durch die das Parlament mehr mitbestimmen, mitreden kann, sodass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Und zum Thema Kostenexplosion haben wir in der Vergangenheit so einiges erlebt. Einige Beispiele kamen hier schon, beispielsweise bei der Ernst-Busch-Schule, beim Umbau des Marinehauses, bei der Sanierung der Staatsoper und – ja – auch beim BER.

Bei der Sanierung der Staatsoper hatten wir ursprünglich den Plan und auch die Vereinbarung, uns die Kosten mit dem Bund zu teilen. Der Bund hatte aber die Möglichkeit, seine Kosten zu deckeln; das Land Berlin hatte diese Möglichkeit nicht. Das führte dazu, dass der Bund bei seiner geplanten Beteiligung geblieben ist, Berlin hat am Ende das Fünfundzwanzigfache der eigentlich geplanten Kosten getragen. Auch damit so etwas nicht noch einmal passiert, verabschiedet die Koalition diese Gesetzesänderung.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Es ist unser Anspruch, dass die Kosten nicht explodieren, denn am Ende sind es Steuergelder, das Geld der Bürgerinnen und Bürger, das effektiv und im Interesse aller eingesetzt werden muss.

Durch die weitere Änderung in § 65 Abs. 6 erhält das Abgeordnetenhaus ein Mitspracherecht bei der Veräußerung von landeseigenen Unternehmen und Tochterunternehmen. Wir reagieren damit auf Erfahrungen aus der Vergangenheit, denen wir derzeit auch durch eine verstärkte Rekommunalisierung entgegentreten. Öffentliche