Protocol of the Session on November 29, 2018

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(Senatorin Sandra Scheeres)

Robert-Koch-Institut gerade aktuelle Zahlen veröffentlicht. Ich kann Ihnen die gute Botschaft übermitteln, dass Berlin ein ganzes Stück vorangekommen ist, Aids zu beenden. Wir haben fast die erste 90 erreicht, bei den zweiten 90 sind wir mit 92 Prozent etwas darüber, und bei der dritten 90 haben wir 95 Prozent erreicht. Also: Berlin hat fast die 90-90-90-Zielsetzung der Fast-TrackCities erreicht. Das ist doch mal eine gute Nachricht!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Mit der ersten 90 wollen wir erreichen, dass Menschen, die mit HIV infiziert sind, auch Wissen über ihre Infektion haben, denn das ist die Grundvoraussetzung, dass sie sich dann in Behandlung begeben und diesen Virus auch bekämpfen. Deswegen ist die erste 90 enorm wichtig. Bei der zweiten 90 geht es darum, dass die Menschen, die wissen, dass sie HIV-infiziert sind, tatsächlich auch in eine Behandlung kommen. Ich war mit dieser Zahl in der Vergangenheit nicht zufrieden. Deswegen habe ich mich besonders gefreut, dass 92 Prozent der Menschen, die wissen, dass sie HIV-infiziert sind, tatsächlich auch in eine Therapie gehen.

Und die ganz gute Nachricht ist, dass 95 Prozent von denen wiederum so weit in ihrer Therapie kommen, dass die Nachweisgrenze des Virus unterschritten wird. Diese letzten 95 Prozent sind auch deshalb wichtig – das wissen die meisten nicht; da müssen wir viel mehr Aufklärungsarbeit leisten –, weil Menschen, die in die Therapie gehen und diese Grenze erreicht haben, nicht mehr ansteckend sind. Deswegen ist das ein großartiges Ergebnis für Berlin.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch ganz klar sagen, dass diese Zahlen nicht von alleine kommen, sondern dass ich, die Initiative „Fast-Track Cities“ und die ganze Community in der Stadt, die seit vielen Jahren mit dem Senat an einem Strang ziehen – – Ich glaube, das ist auch ein Moment, dass man danke sagen muss an die ganze Community, die die Tests mitmachen, die Beratung und Begleitung machen, aber auch an die vielen Ärztinnen und Ärzte in unserer Stadt, die Schwerpunktärztinnen und -ärzte, die seit Jahren an dem Thema Aidsbekämpfung arbeiten.

Aber auch Vivantes möchte ich hervorheben, denn die haben das Schöneberger Modell mitinitiiert. Also noch mal Dank an das Engagement der Medizinerinnen und auch Mediziner!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich will aber auch sagen: Wir lehnen uns jetzt nicht zurück. Nachdem 90-90-90 erreicht ist, geht es weiter. Die nächste Zielsetzung ist 95-95-95 Prozent zu erreichen, und da hat die rot-rot-grüne Regierung eine ganz tolle Weiche gestellt: Wir haben im Oktober „Checkpoint BLN“ eingerichtet, der wirklich einmalig ist, auch welt

weit, und wo wir alle Angebote bündeln und auch Menschen erreichen, die vorher nicht erreicht worden sind. Wir wollen das testen und verstärken und vor allem ein Netzwerk von allen Ärzten und Beratungsstellen bündeln.

Ich will aber auch nennen, dass unsere Clearingstelle hier ein wichtiger Baustein ist, dass Menschen, die keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben, hoffentlich schneller in die Therapie kommen. Hier hat das Parlament eine ganz große Rolle gespielt, die Finanzierung der Clearingstelle, aber auch von „Checkpoint BLN“ auf den Weg zu bringen. Danke dafür, dass wir das alles umsetzen können! Aber auch Entwicklungen auf Bundesebene, das muss ich sagen, spielen Berlin in die Karten. Denn wir haben ganz aktuell eben auch die Situation, dass PrEP eventuell finanziert werden soll. Wir haben bereits vorausschauend in unserer Clearingstelle, aber auch im „Checkpoint BLN“ ein Modellprojekt PrEP auf den Weg gebracht, um Menschen zu unterstützen, die vielleicht nicht das Geld für diese wichtige Prävention haben.

Bei der 90-90-90-Strategie fangen wir ja immer an, wenn die Menschen schon infiziert sind. Aber wir setzen in Berlin schon auf die Prävention: Wir wollen, dass Menschen erst gar nicht infiziert werden. Deswegen wird Prävention in Zukunft ein großes Thema sein. Das SelfTesting, das jetzt mit einer neuen Medizinprodukteverordnung ermöglicht wird, wollen wir in die ganze Umsetzung mit einbauen.

Wir sind also ein ganzes Stück vorangekommen. Aber die letzte Null ist nicht zu vergessen, denn wir wollen mit dieser Strategie auch null Stigmatisierung und Ausgrenzung von HIV-Infizierten und Aidskranken machen. Da haben wir alle noch gemeinsam zu tun, denn leider ist auch heute die Stigmatisierung und Diskriminierung Realität in unserer Gesellschaft. Aber da hoffe ich auf unsere gemeinsame Kraft dieser Region, dass wir Aids in Berlin keine Chance geben. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Kollege Schatz für eine Nachfrage? – Bitte schön, dann bekommen Sie das Wort!

Vielen Dank, Frau Senatorin, für die Beantwortung! Sie haben ja auch darauf hingewiesen, dass gerade das Wissen um die Nichtinfektiosität unter wirksamer Therapie ein wesentlicher Bestandteil des Kampfes gegen Stigmatisierung und Ausgrenzung von Menschen mit HIV ist. Wie wollen wir denn in Berlin dieses Wissen stärker nutzen? Wäre da z. B. ein Weg so eine Kampagne, wie

(Senatorin Dilek Kolat)

die Deutsche Aids-Hilfe sie gestern unter dem Hashtag „#wissenverdoppeln“ gestartet hat, um deutlich zu machen, dass 90 Prozent der Menschen in Deutschland nicht wissen, dass Menschen unter wirksamer Therapie nicht mit HIV ansteckend sind, das Virus gar nicht weitergeben können? Wollen wir also beispielsweise als Land Berlin so eine Kampagne unterstützen?

Frau Senatorin!

Ja, unbedingt! Auch das Land Berlin wird eine Kampagne auf den Weg bringen. Wir wollen das aber nicht alleine machen, sondern abgestimmt mit allen Beteiligten in der Stadt.

Ich denke, zwei Punkte sind bei einer Öffentlichkeitskampagne, die wir machen werden, wichtig: zum einen natürlich die Stigmatisierung zu beseitigen. Denn, wenn Vorurteile da sind, Diskriminierung da ist, trauen sich Menschen auch nicht, sich testen zu lassen und offen mit ihrer Infizierung umzugehen. Deswegen ist das Thema null Toleranz für die Strategie insgesamt enorm wichtig.

Der zweite Punkt ist tatsächlich: aufklären, aufklären, aufklären –, dass eben das frühzeitige Feststellen der Infizierung und das frühzeitige Eintreten in die Therapie lebenswichtig sind, aber auch wichtig, um diese Krankheit schnell zu besiegen. Inzwischen ist der medizinische Fortschritt da, aber leider lassen sich viele Menschen noch Zeit, stellen die Infizierung sehr spät fest oder gehen sehr spät in die Therapie.

Mit den beiden Zielen wird Berlin auf jeden Fall eine Kampagne auf den Weg bringen. Wir brauchen mehr Aufklärung und mehr Sensibilität, um der Diskriminierung auch in Berlin ein Ende zu setzen. Das wird der Berliner Senat auf den Weg bringen, aber, wie gesagt, nicht alleine, sondern mit der gesamten Community.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Die zweite Nachfrage geht jetzt an Frau KühnemannGrunow von der SPD. – Bitte schön!

Im Sinne der 90-90-90-0-Ziele, von denen – der Kollege Schatz hat es gerade angesprochen – eine 90 für 90 Prozent HIV-Infizierte steht, die unter der Nachweisgrenze sind, und die 0 vor allem für 0 Diskriminierung, frage ich den Senat, ob das Kürzel ANST für Ansteckungsgefahr in

den Akten und in den elektronischen Datenbanken der Polizei für Personen, die mit HIV infiziert sind, diesen Zielen nicht zuwiderläuft.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Frau Senatorin – bitte schön!

Wir sehen das kritisch. Mein Kollege Herr Geisel und ich sind uns da einig. Das ist aber eine bundesweite Regelung. Dass wir das kritisch sehen, platzieren wir auch regelmäßig auf Bundesebene.

Ich will aber sagen, dass es nicht reicht, sich kritisch zu äußern. Wichtig ist, dass man tatsächlich Verfahren definiert, dass im Falle einer möglichen Infektion die Polizisten auch Unterstützung haben, dass es hier tatsächlich eine Kette von Handlungsanweisungen gibt. Denn das schnelle Testen ist dort relevant und auch, schnell Vorsorge zu treffen mit PrEP und dergleichen. Das ist etwas, was wir auch gemeinsam verbessern können. Das ist auf jeden Fall etwas, woran wir arbeiten.

Dann kommen wir zu Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Ludwig, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit Blick auf die Aussage von Hertha BSC bei der Mitgliederversammlung am vergangenen Montag, man soll sich für das neue Fußballstadion von Hertha auf dem Olympia-Gelände den Eröffnungstermin 25. Juli 2025 schon einmal notieren, frage ich den Senat: Welche der Voraussetzungen, zum Beispiel der Umgang mit den 24 Wohnungen auf dem fraglichen Gelände, die Finanzierungssicherheit des Baus und vor allem auch die Höhe des Erbpachtzinses sind denn heute schon erfüllt? Und können Sie den kommunizierten Eröffnungstermin bestätigen?

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Frau Senatorin Lompscher, bitte schön!

[Zurufe]

(Carsten Schatz)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ludwig! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist richtig: Frau Lompscher baut da nicht, sondern Frau Lompscher ist deshalb zur Antwort aufgefordert worden, weil sie einmal den planungsrechtlichen Zusammenhang hier für den Fall darstellen wird, dass es zu einem Antrag kommt, dort einen Stadionneubau zu errichten. Den gibt es bisher nicht, und das ist noch in internen Klärungen.

Dann wird auf jeden Fall ein Bebauungsplanverfahren erforderlich sein. Dieses Verfahren führen entweder der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf oder die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen durch. Auch das wird erst dann entschieden, wenn es so weit ist. Ein solches Bebauungsplanverfahren müsste dann natürlich alle Fragen, die in dem Zusammenhang abzuwägen sind, vernünftig analysieren und zur Entscheidung vorbereiten.

Erst dann könnte auch geklärt werden, ob für einen Stadionneubau tatsächlich der Abriss von Wohnungen in Kauf genommen werden soll, wie es sich mit den Denkmalschutzbelangen verhält, wie man Immissionsschutzregelungen durchsetzt. All diese Fragen sind dann zu klären.

Erfahrungsgemäß würde ich mich jetzt einmal so weit vorwagen zu sagen: Es ist ein kompliziertes Bebauungsplanverfahren, und deshalb würde ich auch nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass man das innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen haben könnte.

Gibt es eine Nachfrage? – Bitte schön!

Danke schön für die Beantwortung! – Hertha BSC hat aber auch einen Erbpachtzins auf Basis eines Bodenpreises von 20 bis 50 Euro pro Quadratmeter kommuniziert. Im Umfeld werden derzeit 1 500 Euro bezahlt. Ich nehme einfach einmal an, der Erbpachtzins wird noch verhandelt, bevor da ein B-Planverfahren beginnt, denn der Erbpachtzins wird einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung von Hertha BSC für den Standort haben. Daher frage ich: Können Sie diesen Erbpachtzins, den Hertha BSC kommuniziert, bestätigen, oder liegt der womöglich doch in einer ganz anderen Größenordnung, sodass dieser Standort eventuell gar nicht infrage kommt?

Frau Senatorin, bitte!

Sehr geehrte Frau Ludwig! Ich kann das nicht bestätigen, denn die Voraussetzung für Verhandlungen über einen Erbpachtzins wäre erst einmal eine grundsätzliche Einigung darüber, dass man überhaupt einen Geländeabtritt für einen Stadionneubau macht. Eine solche Entscheidung ist noch nicht getroffen.

[Heiko Melzer (CDU): Tja!]

Herr Friederici hatte die zweite Nachfrage. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage Sie, Frau Senatorin: Ist der Senat bereit, bei so einem großen Infrastrukturprojekt für Berlin und die Region BerlinBrandenburg zu erklären, dass er bei einem etwaigen Bebauungsplanverfahren das Verfahren deutlich mit mehr Personal abkürzen wird, sodass eben doch die zwei Jahre erreicht werden, denn es geht um eine erhebliche Millionensumme, die hier ein privater Investor für Berlin tragen würde?

Frau Senatorin!

Sehr geehrter Herr Friederici! Auch diese Frage kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten, weil sich die schlicht und ergreifend noch nicht stellt.