Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

die es ihm ermöglicht, seine wissenschaftliche Arbeit fortzusetzen. Hier ist übrigens auch der Stiftungsrat in der Bringeschuld, denn da wurden in dem Zusammenhang auch nicht alle Sachen richtig gemacht. Auch im Sinne der Gedenkstätte Hohenschönhausen wäre es gut, wenn man wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt, wenn man die Suche fortsetzt, die Suche nach einer geeigneten Persönlichkeit, die die Chance bietet, dass die erfolgreiche Arbeit in der historischen, publizistischen und Bildungstätigkeit fortgesetzt werden kann. Dazu ist es im Interesse aller und aus meiner Sicht zwingend erforderlich, dass sich Kultursenator Lederer vollständig aus diesem Prozess herauszieht.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Es darf nicht der fatale Eindruck entstehen, dass das Ziel des ganzen Vorgangs gewesen ist, einen kritischen Geist durch eine willfährige Marionette zu ersetzen. Das darf nicht passieren.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD) – Zurufe von Marc Vallendar (AfD) und Karsten Woldeit (AfD)]

Eine Besetzungsentscheidung durch einen Vertreter der Partei, die das Unrecht begangen hat, ist daher zwingend zu vermeiden.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ach was!]

So könnten wir diese verfahrene Situation in einem angemessenen und konstruktiven Rahmen beheben und unter Gesichtswahrung aller Beteiligten auflösen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Kittler das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hier steht der Vorwurf im Raum, dass die nunmehr erfolgte Entlassung von Hubertus Knabe nur das Spiel dunkler Mächte sei.

[Kurt Wansner (CDU): Nein! Der Linkspartei! – Ronald Gläser (AfD): Das ist das Gleiche! – Lachen bei der CDU, der AfD und der FDP]

Der vorliegende Antrag enthält aber kein Wort über die Ursachen der Entscheidung des Stiftungsrates, kein Wort zu den Frauen, die mindestens seit 2014 sexuelle Belästigungen und übergriffiges Verhalten durch den stellvertretenden Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen ertragen mussten.

[Christian Buchholz (AfD): Kennen Sie überhaupt den Unterschied zwischen Anlass und Ursache?]

Gegen dieses Verhalten seines Stellvertreters hat der Leiter keine nachhaltigen Schritte unternommen. Die betroffenen Frauen, alle in einem Abhängigkeitsverhältnis stehend, wurden nicht durch den Leiter unterstützt.

40 bekannte ehemalige DDR-Bürgerrechtlerinnen und -rechtler, unter ihnen Bettina Wegner und Wolf Biermann, sowie namhafte Historikerinnen und Historiker haben sich am 5. Dezember mit einer Erklärung zur aktuellen Debatte um die Gedenkstätte Hohenschönhausen zu Wort gemeldet. Sie sehen mit Sorge, dass das Anliegen der Aufarbeitung hinter der Debatte um eine Person verschwindet. In der Erklärung heißt es – ich bitte um Erlaubnis, zitieren zu dürfen –:

Wir leben in Zeiten, in denen es wieder mehr Menschen gibt, die die autoritäre und obrigkeitsstaatliche Führung eines Gemeinwesens begrüßen. Jetzt sollte jeder Ort wichtig sein, der daran erinnert, wohin es führen kann, wenn man leichtfertig Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie zur Disposition stellt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie betonen, dass die Ergebnisse der Aufarbeitung durch die Gedenkstätte und ihre Wirkung in die Gesellschaft hinein nicht nur auf das Wirken des Leiters, sondern auch auf das Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeite des Hauses und der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zurückzuführen ist. Sie weisen nachdrücklich die im Zusammenhang mit den geführten Auseinandersetzungen um die Leitung der Gedenkstätte erfolgten Angriffe auf die Demokratie, den Rechtsstaat und auf die Gerichte zurück. Dem schließe ich mich im Namen der Linksfraktion ausdrücklich an.

(Dr. Robbin Juhnke)

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Deutsche Gerichte agieren außerhalb politischer Beeinflussung.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Auch im Folgenden schließe ich mich der Erklärung der Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler wie auch der Historikerinnen und Historiker an: Wer deutsche Gerichte als Teil einer linken Verschwörung des Stiftungsrats darstellt, bedient sich schlicht rechtspopulistischer Argumentationsfiguren.

[Beifall bei der LINKEN – Gunnar Lindemann (AfD): Das sagt die SED! – Zuruf von Harald Laatsch (AfD)]

Auch die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gedenkstätte haben sich mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet, in der sie sich hinter den Beschluss des Stiftungsrates stellen und den Frauen ihre Hochachtung aussprechen, die ungeachtet möglicher Folgen für ihren weiteren Berufsweg den Mut aufbrachten und die Übergriffe durch den Vizedirektor gegenüber den zuständigen Gremien bekannt gemacht haben. Genau das möchte ich für die Linksfraktion auch tun.

[Beifall bei der LINKEN]

Wenn die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich für die Zukunft einen Kulturwandel in der Personalführung, eine substanzielle Anerkennung und Wertschätzung der Leistung jeder und jedes Einzelnen, eine wissenschaftliche Weiterentwicklung der Gedenkstättenarbeit unter Mitwirkung der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, Historikerinnen und Historiker sowie eine pluralistische Gedenkstätte, in der unterschiedliche Herangehensweisen Raum haben, wünschen, dann deutet das wohl darauf hin, was unter der bisherigen Leitung offensichtlich gefehlt hat.

Auch das Stiftungsratsmitglied Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände der kommunistischen Gewaltherrschaft, hat sich ausführlich zu der Stimmungsmache gegen den Rat und ihn persönlich geäußert. Das Nachlesen seines offenen Briefs empfehle ich nachdrücklich.

Noch kurz zum Antrag: Die AfD nimmt ein Handeln des Stiftungsrats der Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen zum Anlass, direkt und subtil Unterstellungen zu verbreiten, einschließlich gegen den zuständigen Senator Dr. Lederer, dem sie schwere Rechtsverstöße vorwirft.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Ich weise diese Unterstellungen im Namen der Linksfraktion und hoffentlich des demokratischen Teils dieses Hauses entschieden zurück.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Kurt Wansner (CDU) – Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD) – Weitere Zurufe von der AfD]

Herr Trefzer hat jetzt das Wort für eine Zwischenbemerkung.

Sehr geehrte Frau Kittler! Das kann man so ja nicht stehen lassen – der demokratische Teil dieses Hauses nimmt mal Stellung zu dem, was Sie gerade gesagt haben.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Gunnar Lindemann (AfD): Bravo! – Lachen bei der LINKEN]

Sie haben gerade gesagt, wir hätten die betroffenen Frauen vergessen. Dazu muss ich Ihnen wirklich sagen, umgekehrt wird ein Schuh daraus! Wir lassen nicht zu, dass die betroffenen Frauen für Ihre Politik instrumentalisiert werden.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von der AfD: Richtig!]

Sie sind es doch, die die Frauen hängenlassen!

[Carsten Schatz (LINKE): Sie vergessen sie nicht, Sie ignorieren Sie!]

Sie sind es doch, die die Frauen in Ihrem Schachspiel hin und her schieben. Das sind nicht wir.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Wenn es Ihnen um die Frauen ginge, Frau Kittler, dann hätten Sie vielleicht festgestellt, dass zwischen dem Eingang des Briefes der sechs betroffenen Frauen im Juni bis zum September, bis von Herrn Knabe erste Schritte in der Gedenkstätte eingeleitet werden konnten, mehr als drei Monate vergangen sind. Der Senator hat gar nichts gemacht. Er hat seine persönliche Mitarbeiterin hingeschickt, um mit den Frauen zu sprechen. Dann hat eine Anwaltskanzlei Ermittlungen gemacht, aber Hubertus Knabe hat man am langen Arm verhungern lassen.

[Stefanie Fuchs (LINKE): Stimmt doch überhaupt nicht!]

Man hat ihm über drei Monate hinweg die Möglichkeiten geraubt, zu reagieren

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wie denn? – Karsten Woldeit (AfD): Zuhören!]

Und sobald Hubertus Knabe die konkreten Informationen hatte, Mitte September, hat er sofort und umfassend reagiert.

(Regina Kittler)

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Was verstehen Sie denn unter „sofort“?]

Na, er hat sofort Frau Sabine Bergmann-Pohl als Vertrauensperson eingesetzt. Er hat sofort seinen Stellvertreter entlassen.

[Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und Stefanie Fuchs (LINKE)]

Er hat all das gemacht, was notwendig ist. Diese Maßnahmen, Herr Albers, hätten natürlich ohne Weiteres früher ergriffen werden können,