Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 22. November 2018 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 5. Dezember 2018 Drucksache 18/1541

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1437

Zweite Lesung

in Verbindung mit

lfd. Nr. 4:

Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Berlin (SchulG): Kein Auseinanderreißen von Geschwisterkindern durch Neuzuschnitt von Einschulungsbereichen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 22. November 2018 Drucksache 18/1491

zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1157

Zweite Lesung

in Verbindung mit

lfd. Nr. 6:

Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 22. November 2018 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 5. Dezember 2018 Drucksache 18/1539

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1398

Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1398-3

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt.

Ich eröffne die zweite Lesung zu den zwei Gesetzesanträgen und der Gesetzesvorlage.

Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung und die Artikel 1 und 2 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin Drucksache 18/1437 und schlage vor, die Einzelberatung der beiden Artikel miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch.

Weiter rufe ich auf die Überschrift, die Einleitung und die Artikel I und II des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Berlin Drucksache 18/1157 und schlage wiederum vor, die Einzelberatung der beiden Artikel miteinander zu verbinden. – Auch hierzu höre ich keinen Widerspruch.

Schließlich rufe ich auf die Überschrift, die Einleitung und die Artikel 1 bis 12 des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften Drucksache 18/1398. Auch hierzu schlage ich vor, die Einzelberatung der zwölf Artikel miteinander zu verbinden. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

In der gemeinsamen Beratung beginnt die Fraktion der SPD und die Kollegin Dr. Lasić. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Schulgesetz wird nicht alle Tage angepackt, meist nur einmal in der Legislaturperiode. Es dient daher gut als Lackmustest für den Stand der Entwicklung der Berliner Schule als Gesamtwerk. Manchmal gibt die Schulgesetzänderung vor, wohin die Entwicklung gehen soll, manchmal besiegelt es im letzten Schritt eine Entwicklung, die über einen längeren Zeitraum vollzogen wurde. So ist es auch heute.

Ich fange einmal mit der Gemeinschaftsschule an. Dass wir heute die Gemeinschaftsschule in die Regelform überführen, ist ein Teil der Schulstrukturreform. Es ist kein Geheimnis, dass R2G an die sogenannte zweite Säule glaubt. ISS und Gemeinschaftsschule sind am Ende als zwei Schwestern zu verstehen mit Unterschieden in der Umsetzung bei einer klaren gemeinsamen Botschaft. Wir wollen die Durchlässigkeit der Bildungswege. Wir wollen nicht, dass dem Kind früh vorgeschrieben wird, wie es sich entwickeln wird. Wir glauben an die zweite und dritte Chance. Dies funktioniert nur in einem durchlässigen System, das unsere zweite Säule bietet. Darauf sind wir stolz.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Die Schulstrukturreform ist nicht zu Ende mit der Verstetigung der Gemeinschaftsschule. Deutlich weniger beachtet, aber genauso wichtig ist die Stärkung der gymnasialen Oberstufe an ISS und Gemeinschaftsschulen. Erst wenn wir die gymnasiale Oberstufe noch stärker ausgebaut haben, erfüllt unsere zweite Säule das gegebene Versprechen der Heterogenität und Durchlässigkeit.

Gerade in innerstädtischen Kiezen, in denen die Bevölkerung durchmischt ist, unsere Schulen jedoch nicht, wird die Gründung einer eigenen gymnasialen Oberstufe die entscheidende Chance für unsere Schulen sein für mehr Durchmischung im Einklang mit unserem Versprechen der Chancengerechtigkeit.

Inklusion ist ebenfalls einer der Bereiche, in denen die Fortentwicklung des Schulgesetzes auch den Wandel der Gesellschaft beschreibt. Unser Ziel ist klar, wir schreiten stetig voran, ohne die Stadt zu überfordern. Wir schaffen die Förderschulen nicht ab, entwickeln aber bewusst Schwerpunktschulen, die einen spezifisch inklusiven Ansatz verfolgen und stärken SIBUZ als regionale Ansprechpartner.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das Schulgesetz geht hier auch Hand in Hand mit unserer Schwerpunktsetzung im Haushalt, ist doch die Inklusion eines der Schwerpunktthemen im Einzelplan 10 in dieser Periode. Als Parlament waren wir in der Beratung besonders mutig und wagen auch, gesetzlich festzuschreiben, was für die Inklusion unser Ziel ist. Wir glauben an das Elternwahlrecht. Wenn sich die Eltern eine Beschulung im Regelsystem wünschen, ermöglichen wir diese zwar nicht zwingend an jeder einzelnen Einzugsgrundschule, aber innerhalb des stadtweiten Regelsystems. Es wird zukünftig keine Beschulung an Förderzentren geben, ohne dass dies der Wunsch der Familie ist.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ja, der Weg ist noch lang. Wir müssen im nächsten Haushalt Schwerpunkte bei der Entlastung der Lehrkräfte

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

und der Multiprofessionalität setzen. Es bleibt aber dennoch festzuhalten, dass dies ein riesiger Schritt für die Inklusion dieser Stadt und im Sinne unserer Kinder ist.

„Kein Kind zurücklassen!“ gilt nicht nur in der Allgemeinbildung. Der integrierte berufsvorbereitende Lehrgang – kurz IBA – hat sich bei der Vermittlung unserer Jugendlichen in die duale und schulische Ausbildung als besonders erfolgreich erwiesen. Wir verstetigen IBA und sorgen damit dafür, dass mehr Jugendliche eine sichere Perspektive bekommen.

Mit dem Thema IBA komme ich auch zu dem letzten Abschnitt, über den ich sprechen möchte. Wenn ich beantworten müsste, was aus meiner Sicht die drängendste Frage der Berliner Schulpolitik ist, dann wäre das für mich ganz eindeutig die Frage: Wie bekämpfe ich Segregation an Berliner Schulen? – Ich habe schon über gymnasiale Oberstufen an ISS und IBA-Verstetigung gesprochen, aber am Ende führt der Weg für mehr Durchmischung unweigerlich über das Mantra: Beste Schulen in schwierigsten Kiezen!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ich habe mir diesen Spruch nicht ausgedacht. Er kommt von meinen SPD-Vorgängern aus Neukölln und Wedding, die genau wussten, dass nur scharfe Profile die Schulen in sozial schwieriger Lage wettbewerbsfähig machen können. Was haben wir in der Vergangenheit dafür gemacht? – Ich sage: Eine Menge! Wir haben die Personalzumessung so angepasst, dass in den Schulen, die besonders viel Unterstützung brauchen, teilweise 160 Prozent der Personalausstattung da ist im Vergleich zu Schulen in sogenannten bürgerlichen Kiezen. Wir haben das Bonusprogramm eingeführt, sodass Schulen sich unterstützende Maßnahmen einkaufen können, die gut zu ihrem Schulprogramm passen, und wir führen jetzt die Zulage ein. Mit dieser Zulage erkennen wir die Tatsache öffentlich an, dass eine Lehrkraft in einer Schule mit über 80 Prozent lernmittelbezuschussten Kindern einfach mehr Arbeit leistet als ihre Kollegen an anderen Schulen. Wer wie ich schon mal an so einer Schule gearbeitet hat, der weiß das. Wir werden zukünftig diese Mehrarbeit wertschätzen, und selbstverständlich leisten nicht nur Lehrkräfte diese Mehrarbeit, sondern alle pädagogischen Kräfte an Schulen in schwieriger Lage. Deshalb hat der Senat parallel zu der von uns erbrachten Zulage für Lehrkräfte auch die Höherstufung der Erzieher und Erzieherinnen in E9 auf den Weg gebracht.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Marion Platta (LINKE)]

Auch das Thema der koordinierenden Erzieherinnen und Facherzieherinnen sowie der Schulsozialarbeiter wird auf unserer Agenda bleiben. Da wir heute einen weiteren Meilenstein erreicht haben, ist es ein guter Zeitpunkt, innezuhalten und sich zu fragen, wo wir im Kampf gegen Segregation stehen. Wir haben in Brennpunkten mehr

Lehrkräfte, mehr Geld für zusätzliche Angebote und jetzt auch mehr Gehalt für Personal, und was fehlt, sind drei Sachen: Wir brauchen eine andere Verteilung der Quereinsteigenden in der Stadt.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Hildegard Bentele (CDU)]

Es kann nicht sein, dass sich die Ernst-Reuter-Schule in meinem Wahlkreis zur Ausbildungsstätte für Quereinsteigende entwickelt. Wir brauchen einen großen Schwung Entlastung für Lehrkräfte durch weiteres Personal gerade an diesen Schulen. Der nächste Haushalt muss dies liefern.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Und es fehlt uns an Stringenz bei der Verfolgung der Schulentwicklungsziele. Die Schulen müssen in die Lage versetzt werden, ihre Ergebnisse z. B. bei VERA 3 in konkrete Ziele für fachübergreifende Sprachförderung zu übersetzen. Und da keine Schule dies einfach und von alleine kann, ist die entscheidende Frage, wie wir sie dabei stärken werden.

Sie sehen, es bleibt immer noch viel zu tun, und wir packen es an.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Paul Fresdorf (FDP): Was denn?]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat Kollegin Bentele das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Lasić hat es erwähnt: Das Schulgesetz ist die wichtigste rechtliche Grundlage dafür, wie das Berliner Schulsystem aufgestellt ist. – Gute Schulpolitik zeichnet sich üblicherweise durch Kontinuität aus. Insofern muss man sich jegliche Änderungsvorschläge genau anschauen und gut abwägen. Genau anschauen und gut abwägen, das geschieht hier im Haus in den Beratungen im Fachausschuss, und hierzu muss ich eine Bemerkung vorausschicken: Was Sie sich bei den Beratungen zum Schulgesetz geleistet haben, das habe ich in sieben Jahren noch nicht erlebt.

[Regina Kittler (LINKE): Aha!]