Diese Unfähigkeit, treuen Dienstkräften der Polizei in ihrer Lage mit Empathie zu begegnen, Unterstützung entgegenzubringen, befremdet mich. Sie beschädigt die Loyalität aller Polizisten gegenüber dem Dienstherrn. Wissen Sie denn nicht um die großen Herausforderungen, die tagtäglich an unsere Polizisten gestellt werden: ihren übergroßen Einsatz, die große Anzahl an Überstunden,
die wachsende Zahl von Übergriffen gegen unsere Polizeibeamten? Und haben sie denn nicht auch deswegen in besonderer Weise Ihre Fürsorge verdient? Es ist beschämend für den derzeitigen Senat, dass dies für Sie nicht selbstverständlich ist.
Bis heute haben die Betroffenen und die Hinterbliebenen der bereits verstorbenen Betroffenen mit wenigen Ausnahmen nur wenige belastbare Informationen über den Stand des beabsichtigten Fürsorgefonds erhalten. Das wollen wir mit unserem heutigen Antrag ändern. Anträge auf Anerkennung als Dienstunfall werden nicht bearbeitet. Das wollen wir mit unserem Antrag heute ändern. Die Betroffenen und die Hinterbliebenen befürchten die Verjährung ihrer Ansprüche mit Ablauf des 31. Dezembers 2018. Daher fordern wir einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung. In dem laufenden Ermittlungsverfahren erhalten die Betroffenen und ihre Hinterbliebenen keine Akteneinsicht.
[Benedikt Lux (GRÜNE): Spricht da der Rechtsanwalt Dregger? Vielleicht eine Rechtsberatung für Sie!]
Den Hinterbliebenen eines Todesopfers wurde sogar die Einsicht in das Obduktionsergebnis des Angehörigen verweigert. Dies alles führt zu Beschädigungen des Vertrauens der Betroffenen und ihrer Hinterbliebenen, aber auch der gesamten Polizei, in die Verlässlichkeit und Fürsorge des Dienstherrn. – Und deswegen, sehr geehrter Herr Innensenator, frage ich Sie: Meinen Sie nicht, dass es angesichts dieser Umstände geboten ist, den Ihnen anvertrauten Geschädigten mit Empathie entgegenzutreten,
bereit zu sein, sie anzuhören und ihnen zu versichern, dass Sie sich jedenfalls um ihre Anliegen bemühen?
Sehr geehrter Herr Innensenator! Ich lade Sie ein, jetzt und hiermit, sich im Anschluss an diese Debatte mit den zahlreichen heute anwesenden Betroffenen der desolaten Schießstände im Raum 311 zu treffen. Ich werde Sie begleiten, sodass Sie keine Sorgen haben müssen. Sie haben sie ausgeladen, wir haben sie eingeladen, und es ist, glaube ich, wichtig, dass wir dieses Zeichen setzen. – Herzlichen Dank!
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst einmal würde ich mir wünschen, dass wir das Thema ohne politische Skandalisierungsversuche und politische Effekthascherei miteinander diskutieren.
Und die Verantwortung, muss man ganz klar sagen, liegt auf ganz vielen Seiten. Dass die CDU-Fraktion sich hier selbst zum Aufklärer erhebt und sich als Impulsgeber definiert, spricht für sich und zeigt Ihre politische Scheinheiligkeit – auf Kosten Dritter.
Für uns als SPD-Fraktion ist es wichtig, ohne mediale Öffentlichkeit ein Gesprächsforum mit den betroffenen Polizeibeamten und der Innenverwaltung gefunden zu haben –
Sie kennen sich anscheinend nicht aus, mein lieber Kollege Freymark –, in dem wir miteinander vertrauensvoll nicht nur sprechen, diskutieren, sondern auch versuchen, im Vorfeld Dinge auszuräumen. Und deswegen möchte ich auch an dieser Stelle meiner Kollegin Clara West für die Begleitung und auch Unterstützung herzlich danken.
Über die Jahre hinweg wurden Mittel- und Vielschießer Gesundheitsgefahren ausgesetzt, und das unter Missachtung des Arbeitsschutzes und der Sorgfaltspflicht. Das muss man ganz klar und deutlich sagen, und hierzu laufen auch staatsanwaltliche Ermittlungen. Wir haben nicht nur erkrankte Vielschießer oder auch Mittelschießer, sondern wir haben leider auch Polizeibeamte, die mittlerweile verstorben sind. Wir haben Polizeibeamte, die seit Jahren dafür kämpfen, dass es zu einer finanziellen Entschädigung kommt, einer Anerkennung des Dienstunfalls und vor allen Dingen einer Rehabilitierung innerhalb der Berliner Polizei. Ja – und das will ich auch sehr deutlich sagen –, es wurde über viele Jahre hinweg viel Vertrauen gegenüber den Betroffenen verspielt und auch viel Porzellan im wahrsten Sinne des Wortes zerschlagen, und deshalb ist es wichtig, dass wir Stück für Stück das Vertrauen zurückgewinnen, dass wir versuchen, in einer wirklichen Sachlichkeit und Fairness hier miteinander im Parlament umzugehen, einen guten Weg zu gehen und vernünftige Entscheidungen zu treffen, weil wir die Betroffenen im Blick haben müssen.
Nach vielen Worten sollen eben auch konkrete Taten folgen, und ich will Ihnen deutlich machen, dass es nicht so ist, wie Herr Kollege Dregger hier vorgetragen und skizziert hat, dass hier im Land Berlin nichts passiert ist in dieser Wahlperiode.
Das will ich Ihnen auch gleichzeitig entgegenhalten. Es war diese Koalition – Rot-Rot-Grün, um das sehr deutlich zu sagen –, die den Schießstandentschädigungsfonds eingerichtet hat, und zwar verankert im Doppelhaushalt. Es ist auch klar, dass man bestimmte Verfahrensschritte dort einhalten muss. Das heißt, es muss einen Erlass geben, dann muss es im Amtsblatt stehen. Das ist alles gelaufen. Gleichzeitig hat unser Innensenator Andreas Geisel Ende Mai eine Bewertungskommission ins Leben gerufen, das heißt, drei ehrenamtliche Wissenschaftler, Mediziner, die sich darum kümmern.
Ich möchte auch gleichzeitig die Gelegenheit nutzen, mich bei Frau Paulat, Frau Dr. Griebel und Herrn Prof. Hallier für ihre Arbeit zu bedanken, denn sie werden uns sicherlich im nächsten Jahr im Innenausschuss Rede und Antwort stehen können. Das betrifft zum einen, was die Ergebnisse der Bewertungskommission sind, und zum anderen werden wir dann letzten Endes auch zu der Frage der Auszahlung für die betroffenen Polizeibeamten kommen, die sich dort gemeldet haben und sich registrieren haben lassen. Deswegen ist es auch ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass gerade die Bewertungskommission frei agiert, unabhängig agiert und natürlich auch darüber zu entscheiden hat, wer wie oft an welchen Schießständen sozusagen gearbeitet und möglichweise gesundheitliche Beeinträchtigung hat.
Des Weiteren hat der Innensenator bei der Berliner Polizei eine Geschäftsstelle eingerichtet – eine Anlauf- und Koordinierungsstelle, wo sich mit Stand Juli 2018 über 760 Personen gemeldet haben, Anträge gestellt haben –, um die ganzen Vorgänge auch zu bearbeiten. Das heißt, da ist ganz viel passiert, da ist auch ganz viel Rücklauf gewesen. Herr Kollege Dregger! Es ist also nicht ganz so, wie Sie das hier skizziert haben.
Und das möchte ich auch sehr deutlich sagen, darauf warten wir, und das wird auch ein Ergebnis der Ausschusssitzung im Januar sein: Wir werden natürlich über das Ergebnis der Charité-Studie sprechen. Und zur Genesung und zur Ehrlichkeit gehört auch dazu: Diese Charité-Studie, wo es auch unterschiedliche Haltungen gibt und viele sagen, dass sie eigentlich gar keine wirklich echte Substanz hat, weil sie ein bisschen am Thema vorbeigeht, wurde ja durch den damaligen Innensenator Frank Henkel und Polizeipräsident Kandt mit initiiert und ins Leben gerufen. Es war immer der Punkt, dass wir, wenn diese Studie fertig ist und ausgewertet wird, dann
die Ergebnisse nicht nur im Parlament besprechen, sondern wir sie letzten Endes auch einfließen lassen bei der Frage: Wie geht es weiter mit der Entschädigung bzw. auch mit den Dienstunfällen?
Der letzte Punkt – den will ich wenigstens noch anmerken, und das halte ich auch für ganz wesentlich –: Wir werden auch dafür Sorge tragen, dass die Ergebnisse der Kommission, aber auch dieser Studie nicht nur ins nächste Jahr getragen werden, sondern dass wir uns auch aufgeben, dieses Thema weiter zu begleiten. Denn eins ist klar: Mit der Einrichtung eines Fonds, mit dem Thema Dienstunfallanzeigen und Beihilfe sind Dinge im Raum, die teilweise noch nicht geklärt werden, die wir aber klären und die wir gemeinsam in einem sachlichen Ton und in einer sachlichen Art und Weise mit dem Betroffenen klären.
Danke! – Wie stehen Sie denn bei dem von Ihnen skizzierten Zeitstrahl zu der von Herrn Dregger befürchteten Einrede der Verjährung, die ja jetzt zum Jahreswechsel eintreten soll? – Ich habe das jetzt nicht geprüft, aber das wäre doch für die Betroffenen sehr wichtig, weil das ja so, wie Sie das hier eben beschrieben haben, noch länger zu dauern scheint.
Ich bedanke mich sehr für die Frage. Wir sind so verblieben, dass Kollege Lux diese beantworten wird. Wir haben sie auf dem Radar.
Ja, wir sind eine Koalition, und wir leben das auch solidarisch. Die Frage wird gleich beantwortet werden. So haben wir das verabredet.
Aber ich möchte mich noch bedanken, insbesondere bei B.I.S.S. e. V., beim BDK und vielen anderen Gewerkschaftern, die jahrelang gekämpft haben und nicht nur versucht haben, das Thema an die Öffentlichkeit zu brin
gen, sondern auch versucht haben, ganz vielen Menschen die Augen zu öffnen. Ich habe sehr die Hoffnung, dass wir nächstes Jahr einen Weg gefunden haben, womit man sagen kann: Hier haben alle Seiten ganz intensiv und erfolgreich – in Anführungsstrichen, muss man sagen – gearbeitet, dass es letzten Endes auch zu der Auszahlung und auch zu der Wertschätzung kommt. Ein wichtiger Punkt war – und das war für mich auch wichtig – die Frage der Rehabilitierung innerhalb der Behörde. – Deswegen herzlichen Dank für die vertrauensvolle Zusammenarbeit! Wir werden den Dialog definitiv fortsetzen. Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Liebe Gäste! Und vor allem: Liebe Angehörige der Berliner Interessengemeinschaft Solidarischer Staatsbediensteter! Ich bin sehr froh, dass Sie heute hier sind und dass Sie dieser Debatte folgen. Auch von mir herzlichen Dank für Ihr Engagement!
Ich mache jetzt etwas ganz Seltenes und bedanke mich auch bei meinen beiden Vorrednern, denn ich hatte befürchtet, dass wir in ein klassisches gegenseitiges Schuldzuschreiben geraten, was in dieser Debatte absolut fehl am Platze wäre. Hier geht es nämlich um Menschen, hier geht es um Verantwortung, und hier geht es um Vertrauen – um massiv verlorengegangenes Vertrauen. Und wenn ich von Verantwortung spreche: Die Berliner haben sich ja an klassisches Regierungsversagen gewöhnt. Sie haben sich daran gewöhnt, dass Flughäfen nicht geöffnet werden, dass Wohnungen nicht gebaut werden, dass Bildungspolitik den Namen nicht verdient. Woran sich die Berliner aber niemals gewöhnen werden, ist ein Umgang mit ihren Staatsdienern, der nichts, aber auch wirklich gar nichts im Rahmen der Fürsorgepflicht einhält, was normalerweise zu erwarten ist.
Ich will das deutlich machen: Die Schießstättenaffäre ist ja nicht eine Affäre, die es erst seit zwei, drei Jahren gibt. Wir reden davon, dass bereits Ende der Neunzigerjahre erste marode Bereiche auftraten. Wir reden davon, dass wir bereits Anfang der 2000er-Jahre davon sprachen, dass die Arbeitsschutzmaßnahmen definitiv nicht ausreichen. Und wir reden davon, dass Kollegen, die bereits erkrankt waren, sich massiv dafür eingesetzt haben, diese Missstände öffentlich zu machen. Hier nenne ich stellvert
retend für viele Herrn Kolling, der mit viel Gegenwind innerhalb der eigenen Behörde dafür gesorgt hat, dass wir diese Thematik 2011 überhaupt das erste Mal parlamentarisch behandelt haben. Das ist ein hoher Kraftakt gewesen. Das ist etwas, was sie bis heute weitermachen, und dafür kann man ihnen nicht genug danken.