jungen Menschen lautet: Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen, gegen Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder Türken, gegen Alternative oder Konservative, gegen Schwarz oder Weiß. Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander. Lassen Sie uns auch als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder beherzigen und ein Beispiel geben.
Ehren wir die Freiheit. Arbeiten wir für den Frieden. Halten wir uns an das Recht. Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit! Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge!
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD)]
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Schubert! Zunächst eine kleine Bemerkung vorab. Auch wenn Sie es nicht glauben mögen: Gesetzliche Feiertage sind kein Selbstzweck, und sie haben vor allen Dingen auch keinen politischen Erziehungsauftrag. Davon mal ganz zu schweigen habe ich den Eindruck, dass die Berlinerinnen und Berliner alles in allem größere Sorgen haben als ihr Freizeitproblem. Sie haben viele große und kleine Probleme, aber Feiertagsgerechtigkeit gehört nach meiner Beobachtung bisher nicht dazu.
Und immer wieder zu hören, dass die Bayern vier Feiertage mehr haben als wir und es deswegen doch Zeit ist, hier in Berlin etwas zu ändern, ist ein Argument, das mich auch nicht so recht überzeugen mag.
Wenn Sie ehrlich wären, würden Sie uns gleich vier Feiertage vorschlagen. Ansonsten erlaube ich mir den zarten Hinweis, dass die Bayern am Ende des Tages immer noch die Rechnungen bezahlen, die wir hier in Berlin auslösen.
In den vergangenen Monaten hat Ihre Koalition auf so vielen Bühnen absurdes Theater geboten: Da ist das bizarre und auch vollkommen unwürdige Gezerre,
[Torsten Schneider (SPD): Ihr Antrag ist bizarr! Das ist ja unglaublich! – Anja Kofbinger (GRÜNE): Es wird immer verrückter!]
das Sie um einen zusätzlichen Feiertag in Berlin hier geboten haben, ein wenig in den Hintergrund getreten. Deswegen bietet die Debatte heute vielleicht einen ganz guten Anlass, das doch noch mal zu beleuchten und es sich noch einmal vor Augen zu führen.
Ob Linke, ob Grüne, ob SPD: Sie haben hektisch mal mehr und mal weniger gute und würdige Anlässe des Feierns und Gedenkens in ein politisches Rennen geschickt, das am Ende des Tages von vornherein nur Verlierer kennen konnte.
Und eine breite gesellschaftliche Bewegung, wie sie zum Beispiel damals zur Festlegung des 500. Reformationsjubiläums als gesetzlichen Feiertag in Berlin geführt hat, eine solche breite gesellschaftliche Bewegung war von Anfang an nicht zu erkennen.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Stimmt! – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Es gibt mehr Frauen als Protestanten in Berlin!]
Sie führen bis heute eine absurde und künstliche und absolut lebensferne Debatte, und nur weil das so ist, konnten Sie auch zu diesem Ergebnis kommen.
Den Gipfel der Absurdität fand ich übrigens den Vorschlag der Grünen und der AfD, eine Volksbefragung über die Feiertagsfrage durchzuführen. Während wirklich bedeutende Volksentscheide von Ihrem Senat, von Ihrer Koalition missachtet oder ausgebremst werden, wollen Sie ernsthaft über die Feiertagsfrage am liebsten eine Volksbefragung durchgeführt haben. Mehr Schaufensterpolitik, mehr Ablenkung von den wirklichen Problemen unserer Stadt geht wirklich nicht!
Nun haben Sie sich von allen denkbaren Feiertagen am Ende für den 8. März entschieden, den Internationalen Frauentag,
ein Tag, bei dem aktuelle Umfragen zeigen, dass die breite Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner null Verständnis dafür hat. Ich befürchte, daran werden alle Ihre Erziehungsbemühungen auch in Zukunft nichts ändern.
Ich finde es übrigens bemerkenswert – und das stimmt mich bei der Gelegenheit auch hoffnungsfroh –, dass die
Berliner von allen denkbaren Feiertagen einen christlichen bevorzugen würden, nämlich den Reformationstag.
Da ist es nur blöd, dass der Regierende Bürgermeister zur Abwechslung klar Position bezogen hat: Ein christlicher Feiertag, der darf auf gar keinen Fall das Ergebnis sein,
wenn Rot, Rot und Grün über einen zusätzlichen Feiertag beraten! Rot-Rot-Grün und Berlin, das passt nicht mal dann zusammen, wenn Sie den Berlinerinnen und Berlinern mehr Freizeit verordnen wollen!
Der Internationale Frauentag soll es nun statt des von den Berlinern bevorzugten Reformationstags sein, und damit wollen Sie sich als progressiver Senat an die Spitze der Frauenbewegung setzen.
Dumm nur, wenn es aus der Frauenbewegung zurückschallt: Schafft ihn endlich ab, diesen gönnerhaften 8. März! Machen wir aus dem einen Frauentag 365 Tage für Menschen – Frauen wie Männer! – Meine Damen und Herren! Da spricht eine Alice Schwarzer vielen Frauen und vielleicht auch Männern aus dem Herzen!
Unter den Bundesländern wäre Berlin mit dem 8. März sicherlich das erste und wird mutmaßlich aus guten Gründen auch das letzte bleiben.
Avantgarde ist Rot-Rot-Grün damit allerdings nicht. Sie folgen Vorbildern: Nordkorea, Kuba, Weißrussland, Vietnam, China sind als gute Vorbilder schon lange vorangegangen, denn der 8. März als gesetzlicher Feiertag, als gesetzlicher arbeitsfreier Tag hat eine rein sozialistische Tradition.
Ob wir unter allen denkbaren internationalen Vorbildern für unsere Stadt ausgerechnet zu diesen genannten aufschließen wollen, da habe ich meine ganz erheblichen Zweifel, und ich glaube, die Berlinerinnen und Berliner scheinen da auch anderer Auffassung zu sein. Das allerdings hat Sie noch nie interessiert!
Zum Abschluss, wie gesagt, gerne! Aber ich habe den Verdacht, es wird auch zu Zwischenbemerkungen kommen.
Jenseits von Kritik zu Verfahren und Ergebnis Ihres Feiertagsbasars will ich aber auch noch eine grundsätzliche Anmerkung machen: Wenn es zusätzliche Feiertage geben soll, dann sollten sie von unten her wachsen, dann sollten sie sich unabweisbar aufdrängen, wie es beim 500. Reformationsjubiläum der Fall war.
Das haben wir aus guten Gründen gemeinsam beschlossen, weil wir in die Stadt hineingehorcht haben, weil wir hingehört und gemeinsam erkannt haben: Diese Stadt, wenn sie bewusst feiern und gedenken möchte, nämlich anlässlich dieses 500., dieses herausgehobenen, herausragenden Jubiläums, dann soll dieser Feiertag auch kommen. Und nach genau der gleichen Art und Weise, nach diesem Prinzip des Hinhorchens, hätten Sie auch besser die Feiertagsdebatte geführt.
Hinhorchen, hinhören, was die Berlinerinnen und Berliner bewegt, und auch einmal erforschen, welche Anlässe des Feierns und Gedenkens in bewusster Art und Weise und nicht um der Freizeit willen und nicht deshalb, weil es ein neuer zusätzlicher Urlaubstag sein soll, denn infrage kämen! Dieses bewusste Nachdenken hat eine Grundlage für die parlamentarischen Beratungen, nämlich die Initiative, die wir Ihnen vorgelegt haben. Es ist also noch nicht zu spät, darüber nachzudenken, ob wir nicht nach der bewährten Art und Weise, wie wir schon einmal zu einem zusätzlichen Berliner Feiertag gekommen sind, auch andere, herausragende Anlässe in den kommenden Jahren identifizieren können, die in ähnlicher Art und Weise gerechtfertigt sind, sich aufdrängen. Dazu verschließen wir uns keiner gemeinsamen Entscheidung, aber Sie werden verstehen, dass wir dem absurden Vorschlag, den Sie uns hier in Gesetzesform vorlegen, nicht folgen werden. – Vielen Dank!