Protokoll der Sitzung vom 24.01.2019

[Karsten Woldeit (AfD): Sehen Sie das so? – Thorsten Weiß (AfD): Auf einmal!]

Diese Freiheit gilt im Rahmen dessen, was unser Grundgesetzt definiert. Sie gilt, auch wenn es manchmal wehtut, zum Beispiel dann, wenn wir uns mit solchen Anträgen wie Ihrem befassen müssen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Thorsten Weiß (AfD)]

Manches muss man wohl auch aushalten, wie zum Beispiel Ihre Hassportale, die Sie als AfD initiiert haben, wo Kinder zu Gesinnungsschnüffelei und Denunziantentum an den Schulen aufgefordert werden.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Ist doch Quatsch!]

Was geben Sie diesen Kindern mit auf den Weg ins Leben? Ihr Antrag offenbart ein zutiefst gestörtes Verhältnis zur Demokratie und zu einer weltoffenen und friedlichfreiheitlichen Gesellschaft. Es ist weder unser Ziel, noch liegt es in der Macht des Senats oder dieses Hauses, pädagogischen Fachkräften in den Kitas zu verbieten, zu lesen, was sie wollen und sich weiterzubilden, zumal wenn es im Sinne der geeinten Bildungsziele ist.

[Beifall von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Was Sie wollen, wenn Sie von Untersagen reden, müssen Sie mir mal erklären. Was kommt als Nächstes? Sanktionen? Das Zerfleddern unseres Bildungsprogramms?

Zum Schluss noch ein persönliches Wort. Ich bin Erzieherin und Sozialarbeiterin und auch heute noch oft in den Kitas und in der Praxis unterwegs. Es ist mir immer wieder eine Freude zu sehen, wie Kinder vorurteilsfrei miteinander spielen, wie sie schnell eine gemeinsame Sprache finden und ganz selbstverständlich zusammen die Welt entdecken. Es ist unsere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sie alle wohlbehütet und mit gleichen Chancen für ein gutes Leben aufwachsen, miteinander und in einer friedlichen Welt. Das ist unser Job, und den werden wir hier machen und uns dabei nicht von Ihnen hineinpfuschen lassen. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Georg Pazderski (AfD)]

Die AfD-Fraktion hat eine Kurzintervention angemeldet. – Herr Abgeordneter Weiß! Bitte, Sie haben das Wort!

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Wie schön!]

Ach, Frau Seidel!

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Ach, Herr Weiß!]

Ich mache es kurz, denn dafür ist mir meine Zeit wirklich zu kostbar. Auf eine Sache möchte ich hinweisen: Sie haben wirklich nichts verstanden.

(Katrin Seidel)

[Lachen bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Es geht Ihnen weder in der Schule noch im Kindergarten um den Schutz von Kindern und Schülern. Wir setzen uns für den Schutz von Kindern und Schülern ein.

[Lachen bei der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Das ist in der Schule – das ist dementsprechend der von Ihnen so genannte Pranger – einerseits der Schutz vor politischer Indoktrination, der genau aus Ihrer Ecke kommt.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Lachen bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Und im Kindergarten ist es der Schutz vor Gesinnungsschnüffelei. Wenn Sie sich schon auf die Fahne schreiben, Kinder und Schüler zu schützen, dann können Sie sich von uns noch eine ganze Ecke abschneiden. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Frau Abgeordnete Seidel! Sie haben die Möglichkeit der Erwiderung. – Bitte!

Ich finde es wirklich unglaublich heuchlerisch, wie Sie vorgeben, sich um Kita- und Schulkinder kümmern zu wollen.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Ja! – Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Sie haben noch keinen einzigen Vorschlag vorgelegt, wenn es darum geht, die wirklichen Probleme in der Kitalandschaft – Fachkräftemangel, Leitungsausstattung, Platzausbau – anzugehen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Frank Scheermesser (AfD)]

Nicht ein einziger Vorschlag ist von Ihnen gekommen. Im Gegenteil! Sie sind die Partei, die sagt: Betreuung bis zum dritten Lebensjahr muss überhaupt nicht sein. – Der Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr interessiert Sie nicht.

[Zurufe von Georg Pazderski (AfD) und Thorsten Weiß (AfD)]

Sie sind auch diejenigen, die die Kitabetreuung „Fremdbetreuung“ nennen. Sie haben überhaupt keinen Respekt vor dem Berufsstand und heucheln hier Interesse. Das ist wirklich nervig.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Bla, bla, bla! – Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt Herr Abgeordneter Fresdorf das Wort. – Bitte schön!

Ich bedanke mich ganz herzlich, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! „Ene, mene, muh – und raus bist du“ geht ja noch weiter: Raus bist du noch lange nicht, sag mir erst, wie rechts du bist. – Das ist eigentlich die richtige Überschrift für diese Broschüre. Man kann ihr eins nicht absprechen: Sie ist sicherlich gut gemeint. Doch ist gut gemeint eigentlich das Gegenteil von gut. Sie ist wirklich schlecht gemacht.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Anstelle einer wirklich brauchbaren Handreichung, die man Erzieherinnen und Erziehern an die Hand geben kann, um die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern tatsächlich zu suchen, was ja das Ziel unserer Kindertagesstätten sein sollte und in vielen Fällen auch ist, wird erst einmal auf gut 20 Seiten Prosa eine Eingangsbeschreibung gemacht, die nur einen Zweck haben kann: politisch Stimmung zu machen. Das ist für eine Handreichung für Kindertagesstätten einfach ungeeignet, denn damit schaffen Sie genau das, was die Leute, die Sie im ersten Teil der Broschüre beschreiben, brauchen: Sie legen ein Konjunkturprogramm für Rechtspopulisten auf, indem solche Broschüren immer wieder herausgebracht werden.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Wenn wir eins nicht brauchen, dann ist es ein Konjunkturprogramm für Rechtspopulisten. Wir brauchen geeignete Werkzeuge, die wir den Erzieherinnen und Erziehern an die Hand geben können. Das ist diese Broschüre nun einmal nicht. Es wird mit ganz einfachen Stereotypen gearbeitet; das wurde schon beschrieben. Das ist wirklich teilweise peinlich.

In der Ausschussberatung werden wir einen Änderungsantrag zu diesem Antrag einbringen; dort werden wir uns noch einmal ausgiebiger mit dem Thema befassen, denn wir brauchen geeignete Werkzeuge gegen Rechtsextremismus, das ist ganz klar.

[Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Wir müssen die Kinder zu Demokratie und Vielfalt erziehen, zu Freiheit und der Liebe zur Freiheit. Ich denke, das

(Thorsten Weiß)

ist das, wofür auch diese Stadt steht, und das gehört auch in unsere Kindertagesstätten. Lassen Sie uns aber bitte geeignete Werkzeuge nutzen, nicht irgendwelche plumpen Versuche von linken Stiftungen, die Stimmung in unsere Stadt und unser Land bringen wollen. Das ist einfach ungeeignet

[Beifall bei der FDP und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

und führt nur dazu, dass Sie dem Beobachtungsfall des Verfassungsschutzes neue Leute zutreiben und der Flügel neue Videos hat, die er posten kann. Genau das bringt uns noch mehr rechtspopulistische Elternhäuser in dieser Stadt. Das brauchen wir nicht. Wir brauchen Aufklärung, Demokratie und Freiheit. Setzen Sie geeignete Sachen auf! Nutzen wir die Werkzeuge, die es gibt! Lassen Sie uns echte Erziehungspartnerschaften in unseren Kindertagesstätten führen! Es sind sicherlich nicht nur Hunderte, sondern Tausende Gespräche am Tag, die in unseren Kindertagesstätten mit Eltern geführt werden. Das ist auch gut so, das müssen wir vertiefen. Wir müssen viel mehr für Freiheit und Demokratie kämpfen, statt dass wir mit fadenscheinigen und linken Broschüren arbeiten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Tomiak. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir beschäftigen uns heute mit einem AfD-Antrag, der die Nutzung einer Broschüre verbieten möchte, die Erzieherinnen und Erziehern sowie Eltern wichtige Anleitungen zum Umgang mit diskriminierenden Handlungen im Kitaalltag und mit rechtsradikalen Eltern gibt. Es gibt in Deutschland viele Kinder, die mit den völkischen Ansichten ihrer Eltern groß werden. Das Deutsche Kinderhilfswerk hat 2018 in der Studie „Herausforderungen von Kindertageseinrichtungen in einer vielfältigen Gesellschaft“ herausgefunden, dass die Mehrheit der Kitaleitungen Erfahrungen mit Rechtspopulismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Kontext ihrer Arbeit gemacht haben, insbesondere in Zusammenarbeit mit den Eltern und den Familien der Kinder. Das macht sich auch im Kitaalltag bemerkbar, beispielsweise in diskriminierenden Äußerungen und Handlungen von Kitakindern gegenüber anderen.

[Georg Pazderski (AfD): Wie viele Kinder haben Sie denn? – Zuruf von der LINKEN: Zuhören!]

Wenn ein Kind im Morgenkreis einem anderen nicht die Hand geben will und auf Nachfrage sagt: Ich mag keine Juden –, wenn Kinder oder deren Eltern sich abfällig darüber äußern, wenn ein Kind von zwei Müttern oder Vätern großgezogen wird, wenn Kinder in der Kita anfangen, Hakenkreuze und Runen zu malen und auf Nachfrage sagen, dass es das zu Hause gebe und Mama sage, das sei etwas Gutes, wenn Kinder sich weigern, mit Kindern zu spielen, die eine dunklere Hautfarbe haben, wenn Kinder gerne Krieg spielen und sich aggressiv und gewalttätig gegenüber anderen verhalten, dann sind das alles besorgniserregende Zeichen dafür, dass sie Ideologie und Verhalten wiedergeben, welches sie von ihren Eltern und ihrem Umfeld erlernt haben.

[Steffen Zillich (LINKE): Stimmt, das ist eklig!]