Protokoll der Sitzung vom 24.01.2019

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) – Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Vielen Dank! – Dann hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Trefzer das Wort.

[Unruhe]

Meine Damen und Herren! Vielleicht können wir den Lärmpegel ein bisschen herunterfahren, bevor der Redner das Wort ergreift. – Bitte sehr!

Vielen Dank Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! In der vorigen Rederunde über den Bericht zur Aufarbeitung der SED-Diktatur habe ich auf zunehmende Tendenzen der Romantisierung und Verklärung kommunistischer Politik hingewiesen.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Echt! Habe ich gar nicht gehört!]

Ich kann offensichtlich nahtlos daran anknüpfen. Ich danke Ihnen, Frau Schmidt, dass Sie für diese Aussage ein Beispiel geliefert haben. Ich muss mich auch, ehrlich gesagt, über Ihre Aussage wundern, Frau Çağlar, Silvester werde ja auch in Nordkorea gefeiert. Ich weiß nicht, auf welcher Basis Sie eigentlich einen Systemvergleich machen wollen zwischen Deutschland und Nordkorea oder jedem anderen System, wenn Sie einfach so darüber hinweggehen und sagen, Silvester werde ja auch in Nordkorea gefeiert. Das machen Sie sich sehr leicht an dieser Stelle.

[Zurufe von der SPD und der LINKEN – Lachen bei der SPD]

Nicht nur Sie, Frau Çağlar und Frau Schmidt, sondern die gesamte Koalition lässt hier die notwendige Sensibilität vermissen mit Ihrem Geraune von einem brückenschlagenden Element und Ihrer Weigerung, den Kontext der Entstehung des 8. März in der Phase des leninschen roten Terrors oder auch nur die Praxis des Frauentags in der DDR kritisch zu hinterfragen. Stattdessen schwelgen Sie in Fantasien von einem Kampftag der Frauen und verklären dadurch die bittere Realität der DDR-Diktatur, wo der Frauentag vor allem eine Alibiveranstaltung für eine von Männern geführte Nomenklatura war.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo – Zuruf von Sebastian Walter (GRÜNE)]

Übrigens war der 8. März auch kein Feiertag in der DDR. Herr Schneider, ich muss da Ihre Erinnerung als DDRBürger korrigieren. Das war kein arbeitsfreier, offizieller Feiertag.

[Georg Pazderski (AfD): Der weiß es doch gar nicht! Da war er noch klein!]

Berlin befindet sich mit dem Internationalen Frauentag in guter Gesellschaft mit sozialistischen oder ehemals sozialistischen Ländern wie Angola, Kambodscha, Kuba, Madagaskar, der Mongolei oder eben Nordkorea. Endlich scheint Berlin da angekommen zu sein, wo der rot-rotgrüne Senat hinwill, kann man da nur sagen.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Dass Sie bei diesem Unterfangen nicht mit dem Rückhalt der Berlinerinnen und Berliner rechnen können, scheint Sie nicht zu stören. Spätestens seit der FORSA-Umfrage Anfang Dezember dürfte auch bei Ihnen angekommen sein, dass die Berliner den Frauentag nicht wollen. Im Gegenteil: Die Bürger favorisieren mehrheitlich andere Feiertage, an erster Stelle den Reformationstag. Darüber gehen Sie in Ihrem missionarischen Eifer nonchalant hinweg, entgegnen all Ihren Lippenbekenntnissen im Koalitionsvertrag zu mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung. Wenn es darauf ankommt, haben die Bürger bei Ihnen nämlich nichts zu melden. So sieht es aus.

[Beifall bei der AfD]

Und auch hier in diesem Haus scheuen Sie die Debatte um die Einbeziehung der Bürger bei dieser wichtigen Frage wie der Teufel das Weihwasser.

[Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Der Gipfel ist wirklich Ihre absolut unsouveräne und unparlamentarische Weigerung, unseren Gesetzentwurf für eine Volksbefragung zum Thema Feiertag in einem gemeinsamen Tagesordnungspunkt zusammenzufassen.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Kein Trick ist Ihnen zu schade, um die Chance auf Einbeziehung der Bürger möglichst weit von Ihrem vergifteten Feiertagsgeschenk fernzuhalten.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Dieses Vorgehen hat auch nichts mit verfassungsrechtlichen Bedenken, die Sie hier vorschützen, zu tun, aber es hat sehr viel mit Ihrer Angst zu tun, es könnte sich herumsprechen, dass Sie den Berlinern die Mitsprache verweigern. Denn mit allem Respekt, wenn ich Sie gerade sehe, Herr Zimmermann: Es war eine Nebelkerze, die Sie am Montag im Innenausschuss geworfen haben, denn das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes von 2015 zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer konsultativen Volksbefragung, das sog. Olympiagutachten, kommt klipp und klar zu dem Ergebnis, dass eine Volksbefragung in Berlin auch ohne eine Änderung oder Ergänzung

(Stefan Evers)

der Berliner Verfassung möglich ist. Das sollte Ihnen eigentlich bekannt sein.

[Zuruf Steffen Zillich (LINKE)]

Wir haben mit unserem Gesetzentwurf einen gangbaren und rechtlich einwandfreien Weg zu einer solchen Volksbefragung aufgezeigt. Wenn Sie ehrlich wären, würden Sie zugeben, dass Sie im Senat auf Vorschlag der Grünen selbst über einen solchen gangbaren Weg zu einer Volksbefragung nachgedacht haben. Das ist doch die Wahrheit. Tun Sie doch nicht so, als wäre das für Sie völlig ausgeschlossen gewesen! Und auch die SPD-Fraktion bastelt an einem Gesetzentwurf zu fakultativen Referenden in Berlin, wie ich der Presse zu Ihrer Klausurtagung entnehmen konnte.

Sie wollen also im Grunde das Gleiche, was wir Ihnen mit unserem Gesetzentwurf vorschlagen. Sie wollen es nur nicht jetzt, und Sie wollen es nicht in diesem Fall,

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

weil Sie wissen, dass die Berliner Ihnen einen Strich durch die Rechnung machen würden. Das ist nicht aufrichtig. Das ist nicht redlich. Ich darf Sie daran erinnern, was Sie noch vor Kurzem in diesem Haus zur Feiertagsfrage gesagt haben. Da hieß es unisono von allen Fraktionen, auch von der CDU-Fraktion: Ohne eine breite gesellschaftliche Debatte könne es keinen neuen Feiertag geben. Wir brauchen diese Debatte, weil die notwendige Akzeptanz der Berlinerinnen und Berliner für einen solchen Feiertag nicht da ist. Genau das stimmt. Erinnern Sie sich bitte an Ihre eigenen Argumente!

[Torsten Schneider (SPD): Sagen Sie doch mal was zu Frauenrechten!]

Die Akzeptanz für einen neuen Feiertag fehlt, und er fehlt insbesondere für den 8. März. Das sollten Sie wissen.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Sie geben die Diskussion in Ihren Parteigremien und Parteitagen sozusagen als Simulakrum für diese breite gesellschaftliche Debatte aus. Das ist doch eigentlich ein Skandal. Sie schreiben in Ihren Koalitionsvertrag, dass Sie mehr Bürgerpartizipation wollen, und dann stoßen Sie die Bürger vor den Kopf, wenn es darauf ankommt und wenn es um eine strittige Frage geht. Das ist die Wahrheit.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Dr. West?

Ja, bitte!

Bitte schön!

Herr Trefzer! Mich würde mal interessieren, wie Sie die ganzen Ereignisse rund um die Stiftung Hohenschönhausen unter frauenpolitischen Gesichtspunkten sehen.

Vielen Dank, dass Sie mich das fragen, Frau Dr. West. Das erinnert mich an die Zwischenintervention von Frau Bangert bei der letzten Plenardebatte zu dem Thema.

[Lachen von Sabine Bangert (GRÜNE)]

Ich wiederhole mich an der Stelle. Wir lassen nicht zu, dass Sie das Thema Frauenrechte und Übergriffe gegen Frauen instrumentalisieren, um ein politisches Anliegen nach vorne zu rücken. Ihnen geht es doch gar nicht um die Frauen im Fall Hohenschönhausen. Vielen Dank, dass Sie mich daran noch einmal erinnert haben, Frau Dr. West.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Anne Helm (LINKE): Das ist zynisch!]

Die ganzen Manöver von Herrn Dr. Lederer und des Senats, die wir hier im Verlauf des vergangenen Jahres beobachten konnten,

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

haben überhaupt nichts mit diesen Frauen zu tun. Das ist alles vorgeschützt, weil Sie jemanden aus dem Weg schieben wollen, der Ihnen nicht passt. Ich wundere mich schon, Frau Dr. West, das muss ich ganz ehrlich sagen, dass Sie das nicht sehen wollen und die Augen verschließen. Schauen Sie doch mal genauer hin, was da alles im Vorfeld der entsprechenden Stiftungsratssitzung, was seit Januar 2018 passiert ist. Sie können sich doch nicht einfach hinstellen und so tun, als würden wir über die Rechte der Frauen hinweggehen.

[Stefanie Remlinger (GRÜNE): Wie viele Frauen gibt es bei Ihnen?]

Deswegen muss ich an der Stelle noch einmal sagen: Die AfD-Fraktion unterstützt ausdrücklich den Antrag der AfD-Fraktion – –

[Lachen bei der SPD]

Entschuldigung, ich habe mich versprochen. Die AfDFraktion unterstützt ausdrücklich den Antrag der FDPFraktion und des Kollegen Förster, zu dieser Frage einen Untersuchungsausschuss einzurichten, damit wir uns

genau über diesen Sachverhalt mal ein bisschen genauer unterhalten können, Frau Dr. West.