Aber es ist eine individuelle Entscheidung, das Recht der Eltern, die Fürsorge des Kindes wahrzunehmen. Ich verstehe, wie gesagt, dass Eltern da zögerlich sind. Deswegen bin ich froh, dass auch das Robert-Koch-Institut, dass die Professoren, die hier weltweit wegweisend bei dieser Diskussion sind, sagen: Wir können Gesundheitsverhalten nicht durch Zwänge beeinflussen, sondern durch Überzeugung, Aufklärung u. a.
Ihnen, lieber Herr Kluckert, und der FDP geht es hier nicht darum, mit diesem Antrag ein Kind zu retten oder die Eltern zu sensibilisieren. Das haben Sie gezeigt. Ihnen geht es mit diesem Schaufensterantrag ausschließlich darum zu zeigen, wie nicht freiheitlich Ihre Partei ist.
Sie sind mit diesem Antrag diejenigen, die hier durchreglementieren wollen, die Pflichten einführen wollen, die staatlich bevormunden
Deswegen sagen Sie, sie wollen mit Ordnungsstrafen dort handeln, wenn Eltern dieser Pflicht nicht nachkommen, die Sie einführen. Jetzt denken wir das doch mal weiter! Ihr Antrag ist sogar zu kurz gesprungen. Würden Sie sich selber ernst nehmen, dann müssten Sie nämlich sagen: Wer das Ordnungsgeld nicht zahlt, der kommt in Beugehaft, oder das Kind darf nicht zur Schule gehen, oder Sie machen eine Zwangsimpfung, damit das Kind die Impfung bekommen hat. Das sagen Sie zum Glück nicht. Das zeigt aber auch, dass es ein Schaufensterantrag ist.
Die staatlichen Instrumente der Gefahrenabwehr bis hin zur Zwangsimpfung haben wir im konkreten Seuchenfall, und da können diese greifen. Sie operieren hingegen bei einem Thema, das abstrakte Gefahren ins Verhältnis zu den bürgerlichen Freiheiten setzt, die Sie mit Füßen treten.
Deswegen bin ich froh, dass die Koalition diesen Antrag, so wie andere Anträge der CDU zu diesem Themenfeld, nach den Ausschussberatungen, die wir hatten, ablehnen wird. Es ist eigentlich überflüssig, darüber noch einmal zu debattieren.
Die Senatsgesundheitsverwaltung ist zudem tätig geworden. Das wissen Sie. Wir haben das Masern- und Röteln
eliminationsprogramm vorgelegt und diskutiert. Wir haben den Gedanken schon längst aufgegriffen, im verbindlichen Einladungswesen ebenfalls das Thema Impfen zu besprechen.
Und Sie wissen auch, dass es inzwischen nötig ist, eine Impfberatung vorzunehmen, dass man an einer neuen Impfberatung teilgenommen hat, bevor man sein Kind zur Kita anmeldet. Mit all diesen Maßnahmen, mit dem besseren Datenaustausch, mit mehr Aufklärung u. a. kommen wir dahin, den Impfstatus zu erhöhen.
Im Übrigen darf ich noch einen letzten Satz sagen: Würden Sie Ihren Antrag und Ihren Gedanken fachlich ernst nehmen, dann müssten Sie sich auch darüber unterhalten: Was ist denn mit den anderen Personengruppen, die in der Impfkommission genannt werden, mit den Busfahrern, mit dem Kitapersonal? Wollen Sie denen, denen eine freiwillige Impfung – auch gegen Grippe – empfohlen wird, dann auch sagen, du darfst nicht mehr Bus fahren, wenn du keinen Grippeschutz hast? Sie sehen, der Antrag ist nicht haltbar. – Vielen Dank an die Koalition, dass sie ihn ablehnen wird! – Danke!
Herr Isenberg! Ein Kind, das an Masern stirbt, mit einem Busfahrer, der an Grippe erkrankt, zu vergleichen, das geht nicht.
Das zum einen, aber was mich persönlich wirklich trifft, ist, dass Sie uns hier vorwerfen, wir würden Schaufensteranträge stellen.
Da kann ich Ihnen für meine gesamte Fraktion sagen, die eigentlich die einzige Fraktion ist, die hier Gesundheitsanträge stellt, von Ihnen kommt doch gar nichts außer Toiletten- und Medikamentenanträgen.
Uns zu unterstellen, wir würden Schaufensteranträge machen und uns nicht für die Leute einsetzen wollen, das weise ich für meine gesamte Fraktion ganz stark zurück.
Lieber Herr Kollege Kluckert! Ich bleibe dabei: Das ist ein Schaufensterantrag. Sie haben Instrumente benannt, die Sie einfordern, Sie fordern ein Ordnungsgeld. Sie haben in Ihrem Antrag nicht benannt, was wäre, wenn jemand das nicht zahlen würde.
Wenn Sie sagen, es gibt Eltern, denen es in ihrer individuellen Güterabwägung, ihrem Recht, ihren Erziehungsauftrag wahrzunehmen, jetzt schon wichtig ist zu sagen, sie wollen ihr Kind nicht impfen lassen, wozu ich schon sage: Macht es besser! Wenn Sie aber unterstellen, dass es zu viele dieser Eltern gibt, die das tun, mutwillig, dann gehen Sie mal davon aus, dass ein substanzieller Anteil von ihnen auch nicht Ihre 20 Euro Ordnungsgeld zahlen würde, weil sie eben individuell noch nicht davon überzeugt sind, ihr Kind staatlicherseits quasi zwangsimpfen zu lassen.
Und wenn dem so ist, dass Sie davon ausgehen, dass Sie dann Sanktionsinstrumente anderer Art bedürften, dann bitte ich Sie, deklinieren Sie das durch! Deklinieren Sie die Kontroll- und Eskalationskaskade durch, wenn Sie denn dort tatsächlich Gesundheitspräventionspolitik par ordre du mufti machen wollen, was, wie gesagt, kein seriöser Experte, der im Impfbereich am Robert-Koch- Institut tätig ist, auch nur ansatzweise empfiehlt, sondern explizit ablehnt.
[Holger Krestel (FDP): Davon wissen Sie doch gar nichts! – Zuruf von Heiko Melzer (CDU) – Lachen bei der FDP – Lachen von Georg Pazderski (AfD)]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich unterbreche eigentlich ungern diesen schönen Dialog, den Sie da führen, aber ein paar Punkte finde ich dabei schon ganz spannend. Erst mal: Sie sagten eben gerade, die FDP sei die einzige Fraktion, die zum Thema Gesundheit Anträge einbringen würde. Diesen Antrag
haben wir vor einem Jahr eingebracht, also mittlerweile sogar schon vor zwei Jahren – Sie vor einem Jahr, wie Sie wissen. Sie haben den für gut befunden,
haben copy and paste gemacht, haben ein bisschen was geändert und ihn wieder eingebracht, und jetzt diskutieren wir ihn hier. Das ist mal die Antwort auf Ihre Aussage, dass Sie die einzige Fraktion seien, die hier Anträge stellt.
Das, was Herr Isenberg gesagt hat, das finde ich schon wirklich spannend. Wenn jemand hier dabei ist, Volkserziehung zu betreiben und die individuellen Freiheiten von Berlinern in Ihrem ideologischen Sinne einzuschränken, dann ist es doch R2G.
Sie sind in allen Bereichen dabei, das zu tun. Das finde ich zwar in den allermeisten Bereichen ganz grauslich, aber dass gerade Sie jetzt sagen, dass dieser Antrag einen erzieherischen, einen Zwangseffekt negativer Art habe, das ist schon erstaunlich, wenn ich mir alle anderen Politikbereiche anschaue, in denen gerade Sie das tun.
Wir reden hier doch nicht von Grippe, sondern wir reden hier von Masern, und wir reden hier nicht nur über die Entscheidung des Erziehungsberechtigten, ob er sein Kind – ich habe drei Kinder – impfen möchte oder nicht. Solange ich die Freiheit eines anderen nicht irgendwie angreife, soll ich die alleine ausüben können so, wie ich es will – da bin ich ganz bei Ihnen. Aber wenn ich mein Kind in die Kita schicke und meine, es nicht impfen zu müssen, dann bedrohe ich andere Kinder, andere Menschen, und spätestens dann endet meine Freiheit.
Und das ist doch Aufgabe von Politik – abzuwägen, wo ich die Freiheiten des Einzelnen einschränken muss, wo ich darauf hinwirken muss, dass er richtig agiert, weil er ansonsten andere bedroht. In diesem Sinne sind wir fachlich sehr für eine Impfpflicht. Trotzdem können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen – leider.