Ich habe doch noch eine Nachfrage. Ihre Ausführungen klingen sehr gut, und ich verstehe jetzt auch, dass nicht nur durch mehr Personal, sondern auch durch Umstrukturierung und Unterstützung durch die Software – also ganzheitlich sozusagen – das Problem gelöst werden kann. Dass man das nicht von jetzt auf Mittwoch nächster Woche hinkriegt, das ist wohl auch selbstverständlich. Kann nun davon ausgegangen werden, dass sich jetzt in nächster Zeit in allen Bürgerämtern die Lage entspannt und dass Terminstau und Wartezeiten zukünftig der Vergangenheit angehören werden?
Ja, das ist der Fall, dass die Terminvergabe im Moment deutlich entspannter ist, als es in der Vergangenheit der Fall war. Ich habe schon gesagt: Man findet noch am selben Tag Termine. Ich könnte mir vorstellen, dass das noch weiter verstetigt wird, und will deshalb nicht zu früh anfangen zu jubeln, aber die Situation ist deutlich verbessert. Das heißt aber nicht, dass wir nicht noch besser werden können. Und daran arbeiten wir.
Stellungnahme des Senats zum Bericht der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für das Jahr 2015
Zunächst darf ich die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit begrüßen und erteile ihr auch gleich das Wort. – Bitte schön, Frau Smoltczyk!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass ich heute hier einige Aspekte meines Jahresberichts 2015 vorstellen kann, mit dem Sie sich heute beschäftigen wollen.
Vielleicht aus aktuellem Anlass kurz vorweg: Auch 2015 gab es bereits eine Diskussion über eine Ausweitung der Videoüberwachung aus Gründen der inneren Sicherheit. Diese Diskussion hat in diesen Tagen durch den Anschlag hier in Berlin neue Aktualität erhalten. Natürlich stellt sich nach diesem schlimmen Ereignis die Frage nach einer neuen Abwägung zwischen den Aspekten der Sicherheit und den Freiheitsgrundrechten, aus denen sich das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und letztlich auch der Datenschutz herleiten. Ich begrüße es dabei sehr, dass die Koalition nicht in einer Kurzschlussreaktion eine massive Ausweitung der Videoüberwachung beschlossen hat, sondern einen am Einzelfall orientierten Kameraeinsatz als Baustein eines größeren Sicherheitskonzeptes.
Denn eine Videoüberwachung ist kein Allheilmittel – das müssen wir uns immer wieder bewusst machen. Auf den ersten Blick scheint mir das Ergebnis der Senatsklausur daher tatsächlich ein Ergebnis mit Augenmaß zu sein. Wir alle werden uns in der kommenden Zeit noch vertiefter mit diesem Thema beschäftigen müssen, und ich gehe davon aus, dass ich noch Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Konzept bekommen werde.
Schwerpunkte des Jahresberichts 2015 waren neben dem neuen Rechtsrahmen für Europa aktuelle Entwicklungen rund um Big Data und vernetzte Fahrzeuge. Insgesamt zeigt der Bericht, dass die Digitalisierung inzwischen in die verschiedensten Lebensbereiche vorgedrungen ist und der Datenschutz damit in allen gesellschaftlichen Bereichen immer wichtiger wird. Man mag diese technische Entwicklung begrüßen oder auch nicht, jedenfalls muss man sie zur Kenntnis nehmen. Und als Datenschutzbeauftragte muss ich in jedem Fall auch vor den Risiken warnen, die damit verbunden sind, denn viele dieser vernetzten Gegenstände des so genannten Internets der Dinge erheben eine große Menge personenbezogener Daten und übermitteln diese unter Umständen auch an Dritte.
Mittlerweile umgeben uns in unserem Alltag eine Vielzahl vernetzter Gegenstände – vom smarten Fernseher, der Sehgewohnheiten aufzeichnet, über das vernetzte Auto bis hin zu Kühlschränken und ganzen smarten Wohngebäuden, die das Wohnverhalten der Bewohner aufzeichnen. Es geht hier nicht darum, diese Techniken pauschal zu verteufeln. Das Internet der Dinge kann vielen Menschen den Alltag erleichtern und uns helfen, zu einer modernen Metropole zu werden. Smarte Gebäude zum Beispiel können dazu beitragen, im hohen Alter ein selbstbestimmtes Leben zu Hause zu ermöglichen.
Doch gerade deshalb ist es unbedingt erforderlich, dass die so erhobenen Daten angemessen vor Missbrauch und kriminellen Angriffen von außen geschützt werden. Und es ist unerlässlich, dass wir alle uns immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass bei dieser technischen Entwicklung zunehmend persönliche Daten von uns aufgezeichnet werden. Nur so können wir souverän damit umgehen und Sicherungsmaßnahmen ergreifen.
Personenbezogene Daten gelten als das Öl des 21. Jahrhunderts und wecken dementsprechende Begehrlichkeiten. Umso wichtiger ist die Kontrolle dieser Datenflüsse geworden, insbesondere auch im internationalen Kontext. Das betrifft nicht nur große Konzerne, sondern auch viele mittelständische Unternehmen, die zum Beispiel CloudComputing-Lösungen ausländischer Anbieter nutzen.
Momentan beschränkt sich meine Kontrollkompetenz als Landesdatenschutzbeauftragte noch auf in Berlin ansässige Unternehmen und öffentliche Landeseinrichtungen, nicht auf international agierende Konzerne. Das wird sich
aber mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung ab Mai 2018 grundlegend ändern. Damit wird sich meine Zuständigkeit auch auf ausländische Unternehmen erstrecken, wenn Daten von Berlinerinnen und Berlinern verarbeitet werden, wie es zum Beispiel bei Facebook oder Google der Fall ist. Hier kommen riesige und äußerst zeit- und personalintensive Herausforderungen auf meine Behörde zu, weil die Grundverordnung die Datenschutzbehörden der EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, gemeinsam und innerhalb sehr enger Zeitfenster in abgestimmten Verfahren zu handeln. Aber ich freue mich auf diese neue Aufgabe, dass sich meine Handlungsmöglichkeiten zum Schutz der Daten der Menschen in Berlin ganz wesentlich erweitern werden.
Im Bereich der Informationsfreiheit möchte ich an dieser Stelle nur auf einen übergeordneten Punkt eingehen. Das Land Berlin war mit dem Informationsfreiheitsgesetz von 1999 Vorreiter für andere Gesetze in der Bundesrepublik. Mittlerweile hat sich allerdings die Gesellschaft nicht zuletzt aufgrund der umfassenden Digitalisierung des Lebens deutlich verändert. Die Erwartungen der Menschen an eine transparente Verwaltung gehen inzwischen dahin, Informationen vom Staat zu erhalten, ohne Anträge stellen zu müssen. Das Abgeordnetenhaus hat diese Entwicklung im vergangenen Jahr bei der Verabschiedung des E-Government-Gesetzes aufgegriffen, ebenso wie die neue Koalition in ihrem Koalitionsvertrag, der eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes zu einem Transparenzgesetz vorsieht. Das begrüße ich sehr.
Aus meiner Sicht kann es dabei jedoch nicht darum gehen, unbesehen sämtliche Rohdaten, die es gibt, zu veröffentlichen, da das kaum zu einer verbesserten Transparenz und Kontrolle öffentlichen Handelns führen würde. Es bestünde eher die Gefahr, dass die tatsächlich relevanten Informationen in dieser Informationsflut untergingen.
Vielmehr sollte die Verwaltung verpflichtet werden, zusammenhängende und aus sich heraus nachvollziehbare Unterlagen bereitzustellen. Ich werde dieses Vorhaben sehr gern beratend begleiten und möchte damit schließen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Smoltczyk! – Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf
2015 war ein Jahr der extremen Gegensätze für den Datenschutz wie für die Informationsfreiheit. Nach den Terroranschlägen im Januar in Paris entbrannte auch in Deutschland eine Diskussion darüber, ob die bestehenden Gesetze zur Bekämpfung des Terrorismus ausreichen. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sahen sich genötigt, wie schon nach dem 11. September 2001 erneut darauf hinzuweisen, dass es in unserem Land zu keiner Verschiebung zugunsten staatlicher Überwachung und zulasten freier und unbeobachteter Aktionen, Bewegungen und Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger kommen darf. Die Datenschutzbeauftragten haben unterstrichen, dass die Terroristen eines ihrer Ziele erreicht hätten, wenn jeder Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung zugelassen würde.
Sie haben möglicherweise, liebe Kolleginnen und Kollegen festgestellt, dass es ein Zitat war, und zwar das Zitat des ersten Absatzes aus dem Datenschutzbericht 2015, der heute zur Beratung vorliegt. Wahrscheinlich, liebe Frau Smoltczyk, lässt sich genau dieser Absatz und dieses Zitat auch in dem neuen Datenschutzbericht 2016, den Sie erstellen werden, so wiederholen.
Daher möchte ich meinen Dank an die Berliner Datenschutzbeauftragte und die Datenschutzbehörde aussprechen. Der Regierende Bürgermeister hat vorhin in seiner Regierungserklärung gesagt, manche meinten, die Welt geriete aus den Fugen. Frau Smoltczyk! Sie sind in diesen Zeiten eine wichtige Mahnerin für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sie sind Mahnerin vor flächendeckender staatlicher Überwachung. Sie sind die Verteidigerin von Bürgerrechten und des Glaubens an eine freie Welt in Zeiten, in denen in 140 Zeichen einfache Antworten gegeben werden und Politik gemacht wird. Sie beschäftigen sich mit den Themen intensiver, prüfen rechtlich und legen dem Hohen Haus hier diesen Bericht mit 192 Seiten vor, der der Politik auch einen Spiegel vorhält. Dafür möchte ich Ihnen meine Hochachtung aussprechen.
Sie äußern sich in dem Bericht zu bundesweit beachteten Datenschutzfragen wie beispielsweise der Vorratsdatenspeicherung oder dem Anti-Doping-Gesetz. Daneben gibt es in dem Bericht viele Beispiele, die auch jeden Berliner betreffen können, wie die unzureichende Anonymisierung bei Veröffentlichungen von Gerichtsentscheidungen,
die Beantragung von Anwohnerparkausweisen und der Umgang mit Personendaten, die E-Mailpraxis des Landeskriminalamts, die mit unverschlüsselter E-Mail kommuniziert oder der Einsatz von Drohnen. Auch die Datenschutzpraxis von Parteien findet sich in dem Bericht wieder. So nutzte ein CDU-Kreisverband für eine Veranstaltungswerbung mit dem Justizsenator oder mit dem ehemaligen Justizsenator Rechtsanwaltsdaten, die für diesen Zweck nicht ordnungsgemäß gespeichert wurden.
AfD-Mitglieder beschwerten sich bei Ihnen über die Nutzung von E-Mailadressen bei einem innerparteilichen Streit. Ein Bezirksverordneter der Grünen beschwerte sich bei der Datenschutzbehörde über die Veröffentlichung von Parteibeiträgen von Mandatsträgern. Die Datenschutzbehörde hielt diese Veröffentlichung für rechtswidrig.
Die Datenschutzbeauftragte kritisiert aber nicht nur, sondern unterstützt den Senat auch. So entwarf die Datenschutzbehörde Handlungsanleitungen zum Einsatz von Videokameras in Kitas, die derzeit in Abstimmung mit der Jugendverwaltung sind. Dieser Bericht für den Datenschutz und die Informationsfreiheit 2015 ist im Übrigen ein besonderer Bericht, nicht nur vom Inhalt her, sondern der Bericht wurde von zwei Datenschutzbeauftragten erstellt, von dem Vorgänger von Frau Smoltczyk, Herrn Dr. Dix, und Ihnen zusammen. Dieser Bericht ist insofern besonders, als ein rot-schwarzer Senat dazu Stellung genommen hat und die politische Bewertung von der rotrot-grünen Koalition und einer bunten Opposition vorgenommen wird.
Die Koalitionsfraktionen haben sich im Koalitionsvertrag verständigt, die Arbeit der Datenschutzbehörde zu stärken und damit auch Anerkennung und Wertschätzung für die Wichtigkeit Ihrer Aufgabe und auch der kommenden Aufgaben auszudrücken. Ich freue mich auf die Beratung dieses Berichts im zuständigen Ausschuss. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Smoltczyk! Wir beraten heute den Datenschutzbericht 2015. Es ist Ihr erster Datenschutzbericht, den Sie vorlegen. Ich freue mich sehr über unsere gute Zusammenarbeit in der letzten Legislaturperiode und freue mich auch auf die zukünftige Zusammenarbeit.
Sie haben mit der notwendigen Akribie und Kritik Missstände identifiziert, aufgelistet und Verbesserungs
vorschläge unterbreitet. Der Senat hat hierzu Stellung genommen. Es wird unsere Aufgabe sein, im zuständigen Ausschuss insbesondere die Streitpunkte zwischen Datenschutzbeauftragter und Senat zu identifizieren und zu prüfen.
Auch der Datenschutzbericht 2015 spiegelt die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung aller Lebensbereiche wider, eine Entwicklung, der wir uns nicht entziehen können und bei der wir die Aufgabe haben, sie verantwortungsvoll zu gestalten, indem wir die Vorteile der Digitalisierung nutzen wollen, nicht nur in der Kommunikation zwischen Bürger und Staat, sondern auch darüber hinaus. Dann müssen wir auch versuchen, die Risiken beherrschbar zu machen.
Diese Aufgabe stellt sich insbesondere im Hinblick auf die öffentliche Verwaltung, die Digitalisierung. Dazu haben wir der rot-rot-grünen Koalition das vielbeachtete Berliner E-Government-Gesetz hinterlassen, das nach Aussage aller Experten das stringenteste und modernste aller deutschen Bundesländer ist. Es schafft die Voraussetzungen, die öffentliche Verwaltung vollständig zu modernisieren und auf die digitale Verwaltung umzustellen, wirtschaftlich, medienbruchfrei, barrierefrei, benutzerfreundlich und sicher. Im Interesse der IT-Sicherheit, die auch für die Datenschutzbeauftragte von Bedeutung ist, haben wir einige Eckpfeiler, einige Pflöcke, eingeschlagen.
Die IT-Sicherheit wird zukünftig durch die IKT-Staatssekretärin zentral gesteuert. Ein Informationssicherheitsmanagementsystem entsprechend dem BSI Grundschutz ist in der Berliner Verwaltung zu implementieren. Das im Aufbau befindliche Berlin-CERT erhält eine gesetzliche Grundlage. Flächendeckend werden sichere IT-Zugänge durch die E-Mailverschlüsselungen im PGP-Standard geschaffen. Sie, Frau IKT-Staatssekretärin, sehr geehrte Frau Smentek, haben die verantwortungsvolle Aufgabe, diese IKT-Sicherheitsvorgaben durchzusetzen. Dazu wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Wir werden das kritisch begleiten und unterstützen.