Protokoll der Sitzung vom 04.04.2019

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Liebe Gäste! Seit 2013 liegt ein Gutachten der IHK und zweier Fachfirmen über die Folgen hoher Grundwasserstände in Berlin vor. Was ist seitdem passiert? – Nahezu nichts! Oder doch? Die damaligen Koalitionsparteien haben sich gegenseitig blockiert und der Senat hat einen hohen Aufwand betrieben, die Verantwortung von sich zu schieben. Gleiches tut der jetzige Senat.

Der Senat sagt: Die Bürger sollen gefälligst ihre Häuser sanieren und wasserdicht machen, das sei auch viel billiger. Die Wirtschaftssenatorin sagt im Ausschuss, die Bauherren seien alleine für eine angepasste und fachliche Bauweise verantwortlich. Ferner behauptete sie, dieser Antrag wolle Kosten auf die Allgemeinheit übertragen. Auch der Grünen Abgeordnete Kössler hielt es für „unfair“, die Bewohner von Mietwohnungen über Pauschallösungen an den Kosten zu beteiligen. Alles falsch, wie so oft, wenn die Grünen sich zu Fachthemen äußern!

[Beifall bei der AfD]

Betroffen sind viele Gebäude, die zwischen 1860 und 1970 errichtet wurden. Die Bauherren konnten also gar nicht wissen, ob und wann Wasserwerke geschlossen würden, der Wasserverbrauch der Stadt sinken und dass dadurch der Grundwasserstand steigen würde. Auch ist die Allgemeinheit schon lange mit im Boot, es sind nämlich bereits in einer Kategorie von den vier Kategorien des Gutachtens Gebäude mit öffentlicher Nutzung betroffen, und die werden so oder so von der Allgemeinheit bezahlt.

Auch der Kollege Kössler irrt, die Mieter sind ebenfalls bereits mit im Boot. In einer weiteren Kategorie des Gutachtens sind vier- bis fünfstöckige Gebäude betroffen, also klassische Miethäuser. Die Mieter werden sich bedanken, wenn zu den vom Senat verursachten hohen Mieten und zu den von den Grünen verursachten irrsinnigen Energiekosten auch noch punktuell extrem hohe Kellersanierungskosten kommen.

[Beifall bei der AfD – Georg Kössler (GRÜNE): Sie haben einen Fetisch mit uns! Immer die Grünen!]

Die von der IHK beauftragten Gutachter haben die betroffenen Gebiete in insgesamt vier ähnlich große Kategorien eingeteilt. Kategorie 1: Wohnnutzung Einfamilienhäuser; Kategorie 2: Wohnnutzung Blockbebauung – das sind die eben zitierten Miethäuser –; Kategorie 3: Industrie und Gewerbe; Kategorie 4: Gebäude der öffentlichen Nutzung. Berlin braucht dringend Industrie- und Gewerbeflächen. Dann sollte der Senat kein einziges Industriegebiet versumpfen lassen. Bei der vierten Ka

(Jörg Stroedter)

tegorie – Einfamilienhäuser – wird übersehen, dass viele Betroffene technisch gar nicht in der Lage sind, die Probleme alleine zu beheben. So sind einige Gebiete wie die Mäckeritzwiesen oder in Rudow geradezu abgesoffen, sodass es dort mit einer Pumpe definitiv nicht getan ist. Von daher geht der vorliegende Antrag in die richtige Richtung. Allerdings könnte das die Berliner Wasserbetriebe auf der Kostenseite überlasten. Daher wäre es besser, das Grundwassermanagement beim Land zu lassen, aber dieses zu veranlassen, die Berliner Wasserbetriebe als Dienstleister, wofür sie sich auch angeboten haben, zu beauftragen.

Im Abschlussbericht Runder Tisch Grundwasser heißt es, das Grundwassermanagement koste jährlich zwischen 32 und 95 Millionen Euro. Daher sind nämlich die Zahlen. Herr Stroedter hat sich für die Obergrenze des Gutachtens entschieden, Herr Gräff oder Herr Schmidt hatte sich für die Untergrenze des Gutachtens entschieden. Aufgrund der großen Schwankungen des angegebenen Preises für das Grundwassermanagement sei hier noch mal genaues Nachrechnen empfohlen. Also die richtigen Kosten ermitteln, den Antrag richtig adressieren und die Grünen mit ihren Falschinformationen ignorieren, dann wird der Antrag irgendwann zustimmungsfähig. Bis dahin wird sich die AfD enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Gindra das Wort.

[Danny Freymark (CDU): An den Kollegen glaube ich!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will wieder zu dem Antrag zurückkommen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

weil Herr Schmidt ja am Ende selbst eingeräumt hat, warum dieser Antrag mindestens zurzeit noch nicht abstimmungsreif ist: Weil die ganzen Fragen, die damit verbunden sind, eine allgemeine zusätzliche Aufgabenzuweisung der Berliner Wasserbetriebe zuzugeben, noch nicht geklärt sind. Das hat doch die ganze Diskussion eben ergeben. Dass Sie dann am Ende eingestehen, natürlich kann das nicht aus den Wasserpreisen finanziert werden. Das war das doch. Aber dann müssen Sie doch ein gemeinsames Konzept entwickeln, um diese Sachfrage zu klären. Ich habe jetzt hier nur dazu zu klären, ob wir das in das Betriebe-Gesetz als Aufgabe der Berliner Wasserbetriebe einspeisen wollen.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Freymark von der CDU?

Ja, gerne!

Bitte schön, Herr Freymark!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Gindra! Ich nehme wahr, dass Sie durchaus bereit sind, bei dem Thema selbst mehr Initiative zu ergreifen. Was wollen wir denn jetzt gemeinsam auf den Weg bringen, damit z. B. die Menschen im Blumenviertel vor Grundwasser geschützt werden?

Herr Freymark! Sie haben hier einen Antrag zur Abstimmung vorgelegt. Zu dem werde ich jetzt drei Minuten reden. Insofern werde ich nicht Ihre Aufgaben, die Sie in der Fachdiskussion offenbar nicht gelöst haben, bevor Sie diesen Antrag hier eingebracht haben, im Einzelnen begründen können. Ich bin nicht an Ihrer Fachdiskussion beteiligt. Ich bin nur der festen Überzeugung, dass wir das Betriebe-Gesetz zumindest im Moment nicht ändern können, weil wir nicht absehen können, welche Folgen es hat, und dass Ihre Diskussion, wie sie geführt wurde und in der Begründung aufgeführt wird, Illusionen erzeugt und deswegen populistisch ist.

[Stefan Evers (CDU): Entlarvend!]

Sie sollten erst mal klären, wie ein größerer zweistelliger Millionenbetrag finanziert werden soll. Es ist eine unheilvolle Geschichte der CDU mit den Berliner Wasserbetrieben: 1999 Teilprivatisierung mit jahrelangen Schäden und teuren Kosten zur Rekommunalisierung, und jetzt machen Sie wieder eine neue Blase auf. Das geht doch nicht! Und deswegen weisen wir diesen Antrag zurück. Wir sind interessiert, dass diese Fachdiskussion fortgesetzt wird, wenn klar ist, was die Beiträge der Eigentümer sind. Es ist zugesichert, dass die Berliner Wasserbetriebe technisch das unterstützen wollen und können. Und dann kann man sozusagen das Problem lösen, aber nicht über diesen Antrag.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Für eine Zwischenbemerkung hat der Kollege Schmidt von der CDU-Fraktion das Wort.

(Christian Buchholz)

Herr Kollege Gindra! Wenn es populistisch ist, dass man fordert, dass eine Zuständigkeit zur Lösung eines Problems in Berlin an einer Stelle gebündelt wird, dann können wir damit wirklich sehr gut leben.

[Beifall bei der CDU]

Niemand von uns hat gesagt – ich auch nicht –, dass das über Wassertarife und über Wasserumlagen finanziert werden soll. Ich erkläre es hier noch mal – und wenn Sie mir zugehört hätten, die ganze Rede, dann hätten Sie es auch mitbekommen –, das soll aus dem Landeshaushalt dieser Stadt und dieses Landes bezahlt werden.

[Beifall bei der CDU]

Dann werden wir auch sehen, was das kostet. Und dann werden wir uns darüber verständigen, darüber reden und gucken und schauen, und dann wird das auch entsprechend funktionieren. Geld ist da. Sie stecken das lieber in Stadtwerke und geben das für ganz viele semihilfreiche Projekte dieser Stadt aus. Aber was wirklich wichtig ist, dafür haben Sie kein Geld, weil Sie nicht wollen. Deswegen halten wir den Finger auch weiterhin in die Wunde.

[Beifall bei der CDU]

Herr Gindra, bitte schön, Sie haben die Möglichkeit zu erwidern.

Herr Schmidt! Sie haben doch hier vorgeführt, was Sie ansonsten immer gern der Koalition vorwerfen: Klientelpolitik. Bevor überhaupt die Beiträge und was Eigentümer selbst dazu beitragen können, wo ein Teil der Eigentümer offenbar durchaus diskussionsbereit ist, soweit ich das der Sachlage entnehmen kann, bevor das alles geklärt ist, wollen Sie sagen, die Berliner Wasserbetriebe sollen die zusätzliche Aufgabe kriegen. Und in das Volk hinein rufen Sie: Das wird dann alles vom Landeshaushalt abgedeckt. – Und so geht Politik leider nicht.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Jetzt kommen wir zur FDP-Fraktion. – Herr Henner Schmidt, bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Grundwasserproblem ist wirklich ein sehr ernsthaftes. Das hat weder das Rumgeholze und den Populismus verdient, den wir eben gehört haben, und auch nicht so billige Scheinlösungen, wie die CDU sie hier gerade

vorlegt. Das Wasser steigt an verschiedenen Stellen, übrigens, Herr Schmidt, nicht nur in den Außenbezirken, auch in Friedrichshain, auch in Mitte gibt es solche Fälle, und dabei entstehen erhebliche Schäden. Es werden Keller vernässt, es werden Gebäude beschädigt, und für viele Hausbesitzer ist das existenzgefährdend.

Richtig ist, Sie haben das beschrieben: Das liegt daran, dass weniger Wasser gefördert wird, weil der Wasserverbrauch zurückgegangen ist und das Grundwasser jetzt auf seinen natürlichen Stand vor der Industrialisierung steigt. Zumindest die Appelle zum Wassersparen in dieser Stadt sollte man sich sparen, weil die Sache sonst noch schlimmer wird, als sie sowieso schon ist.

[Beifall bei der FDP]

Wir haben in diesem Hause immer wieder ernsthaft darüber diskutiert, wie man das Problem lösen könnte.

Und Herr Schmidt, da haben Sie sich wirklich eben als CDU einen sehr schlanken Fuß gemacht. Ich erinnere mich, dass wir 2009, 2010 schon dieses Thema diskutiert haben. Dann waren Sie fünf Jahre im Senat. Sie haben gewusst, dass die Pumpanlagen in Rudow im Blumenviertel auseinanderfallen. Sie haben gewusst, dass die wasserrechtliche Genehmigung ausläuft, und Sie haben in dieser Zeit keinen einzigen Schritt unternommen, obwohl Sie die für die Wasserbetriebe zuständige Senatorin gestellt haben, und haben das weiter vor sich hin laufen lassen und beschimpfen jetzt den aktuellen Senat, dass er das Problem nicht löst.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Ich bin ja Umweltpolitiker, und da muss ich erst mal sagen, dass grundsätzlich diese Vorstellung, dass man das Grundwasser einfach millionenkubikmeterweise irgendwie abpumpen könnte, völlig absurd ist. Die Grundlage des Wasserrechts, sowohl der EU-Wasserrahmen

richtlinie als auch des deutschen Wasserrechts, ist, dass Grundwasser eine zu schützende Ressource ist. Es ist unglaublich schwer, da überhaupt einzugreifen. Und deshalb, wenn Sie hier von Grundwassermanagement reden: Die Wasserbetriebe könnten höchstens das machen, was sie jetzt auch machen, sie können bei der Entnahme ihres Wassers für die Trinkwasseraufbereitung schauen, dass es eben vernünftig über die Stadt verteilt wird und nicht irgendwo große Senken entstehen. Die können aber nicht im Rahmen ihres Auftrags irgendwie anfangen, Millionen von Kubikmetern abzupumpen, nur um den Grundwasserspiegel zu halten. Und weil sie das nicht dürfen, können Sie so eine Aufgabe auch nicht einfach in ein Gesetz reinschreiben. Das wird dadurch nicht besser.

[Beifall bei der FDP]

Herr Schmidt! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gräff zulassen.

Sehr gerne!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Herr Schmidt! Ich frage Sie: Kennen Sie beispielsweise das Grundwassermanagementkonzept, das vor drei Jahren im Bezirk Marzahn-Hellersdorf entwickelt wurde, das aber baulich, investiv und fachlich nur durchgeführt werden kann, wenn es die Berliner Wasserbetriebe machen? Es gibt einige andere Bezirke, die für ihre problematischen Bereiche auch so ein Grundwassermanagementsystem entwickelt haben.

Es gibt ja an verschiedenen Stellen der Stadt mögliche Lösungen. Ich glaube nicht, dass das nur mit den Wasserbetrieben geht. Wichtig ist, dass man daran sieht, dass all diese Lösungen lokale Lösungen sind, dass man eben keine zentrale Lösung hat, wo die Wasserbetriebe für ganz Berlin arbeiten, sondern wie Sie richtig sagen, bezirksorientiert, gebietsorientiert Lösungen gefunden werden. Das ist auch das richtige Vorgehen. So ist es ja zum Beispiel auch im Blumenviertel. Im Blumenviertel gibt es ja den Versuch einer Lösung. Der ist aus meiner Sicht technisch zumindest schon mal richtig, nämlich dass man die Möglichkeit findet, lokal abzupumpen. Ich finde es auch durchaus nicht falsch, teilweise auch den Hausbesitzern eine gewisse Beteiligung zu geben. Jemand, der dort ein Haus hat, bezahlt seine 150, 200 Euro im Jahr dafür, dass das trocken bleibt. Das sind ja die Dinge, die der Senat als Kalkulation veröffentlicht hat. Das halte ich für absolut zumutbar. Ich halte es nicht für zumutbar, das auf die ganze Stadt zu verteilen.

Was im Blumenviertel schwierig ist, ist, dass man die Bürger dort allein lässt mit Investitionsrisiken, mit wasserrechtlichen Risiken, die bei den Bürgern abgeladen werden. Deshalb ist diese Lösung noch nicht da, wo sie sein sollte. Aber grundsätzlich eine lokale Lösung zu finden, wo lokal abgepumpt wird, sich die Betroffenen daran beteiligen – – Übrigens, auch da ist es so, nicht alle, die dort sind, sind betroffen. Es hat nämlich ein erheblicher Anteil der Leute die Keller so gebaut, dass das Wasser nicht reinläuft. Auch da muss man natürlich aus Fairnessgründen sagen: Warum sollen nun eigentlich diejenigen, die vorgesorgt haben, für die bezahlen, die es nicht getan haben?