Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Kollege Woldeit! Ich habe das jetzt gerade so verstanden, dass Sie sich zum Neuberliner erklärt haben. Ist Ihnen bewusst, dass Sie dann Ihr Abgeordnetenmandat verlören von Gesetzes wegen? Wollen Sie also Ihre Aussage vielleicht noch einmal korrigieren?
Herr Schneider! Es ist mitunter sogar witzig, wenn Sie versuchen, witzig zu sein! – Hätten Sie mir zugehört, dann hätten Sie mitgekommen, dass ich gesagt habe: Ich habe mich heute einmal fiktiv in die Situation eines Neuberliners versetzt
und habe versucht, einen Termin online beim Bürgeramt zu beantragen, wie es jeder Neuberliner machen muss. Herr Schneider! Tun Sie mir bitte einen Gefallen, ver
suchen Sie, vernünftige politische Arbeit zu machen, versuchen Sie nicht, witzig zu sein! Das gelingt Ihnen definitiv noch schlechter als das Erstgenannte. – Ich danke Ihnen!
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Ziller. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Viel wurde geredet, wenig zum Antrag. Deswegen von mir auch ganz kurz zum Antrag: Der Weg ist richtig. Wir sollten das in Berlin machen, sobald der Bund uns das ermöglicht. Berlin ist vorbereitet. Das finde ich gut. Ich will aber das Beispiel, das eben aufkam, zum Anlass nehmen, darüber zu reden, dass Onlinedienste eben nicht die Lösung aller Probleme sind, denn es zeigt nämlich, dass nicht jeder mit diesen Onlinediensten klarkommt und sie richtig bedienen kann. Deswegen ist zu diesen Onlinediensten mindestens so wichtig, beispielsweise unsere Stadtteilzentren und andere Einrichtungen vor Ort zu unterstützen, damit sie Menschen helfen können, auch bei der wohnortnahen Inanspruchnahme von digitalen Dienstleistungen. Das darf bei dem Motto „Digital, digital, digital“ nicht vergessen werden. Wir haben viele Menschen, für die das nicht „native“ ist, die damit nicht ganz natürlich umgehen. Auch die muss man in den Blick nehmen. Deswegen wird es auch noch eine Weile Bürgerämter geben, wo Menschen vor Ort Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Mit den digitalen Angeboten wird das dann auch in Stadtteilzentren und anderen Einrichtungen möglich sein. Da geht diese Koalition weiter. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wünsche noch einen schönen Abend!
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich hoffe, es war kein Vorgriff, ein bisschen arbeiten müssen wir noch. – Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Zu dem Antrag Drucksache 18/0188 „Kein Schlangestehen mehr! Onlinean- und -abmeldungen von Wohnungen ab 01.01.2018“ empfiehlt der Fachausschuss einstimmig – bei Enthaltung der AfD-Fraktion – die Annahme mit Änderungen. Wer dem Antrag mit den Änderungen gemäß Beschlussempfehlung Drucksache 18/1768 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU und FDP. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Wer enthält sich? – Das
sind die AfD-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist der Antrag so angenommen.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung vom 20. März 2019 Drucksache 18/1770
In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Es hat das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Berg. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Geschäftsordnungsfragen gehören mit Sicherheit nicht zu den politischen Leidenschaftsthemen der Bürger und zum politischen Pflichtwissen über das Parlament. Ich wage allerdings zu behaupten, dass dies auch für den einen oder anderen Kollegen hier im Hause gelten mag. Zu diesem Befund scheint es mir aber eine deutliche Ausnahme zu geben. Nahezu jeder Bürger auf der Straße kann etwas mit dem Begriff Hammelsprung anfangen. Deshalb begrüßen wir es sehr, dass wir heute über dieses Instrument sichtbarer parlamentarischer Demokratie sprechen.
Es ist völlig unstreitig und selbst zwischen parlamentsrechtlichen Feinschmeckern einhellige Auffassung, dass der Hammelsprung einem einzigen Zweck dient: Durch ihn sollen Unsicherheiten über Mehrheitsverhältnisse im Plenum beseitigt werden. Das können Abstimmungen oder Beschlussfähigkeiten sein. Der Hammelsprung stellt nichts anderes dar, als bestehende Mehrheitsverhältnisse in anderer Form sichtbar zu machen.
Dieser Anforderung wird aber die bisher geübte Praxis nicht gerecht. Der gegenwärtige Hammelsprung wird praktisch wie eine völlig neue und zweite Abstimmung durchgeführt. Dies geschieht fälschlicherweise deshalb so, weil das jetzige Verfahren nicht sicherstellt und wohl auch gerade nicht sicherstellen soll, dass tatsächlich dieselben Abgeordneten durch die jeweiligen Abstimmungstüren gehen, die zuvor im Plenum abgestimmt haben. Ganz im Gegenteil! Von allen Fraktionen wird versucht, den Zeitraum von der Ankündigung des Präsidenten zur Durchführung des Hammelsprungs bis zum Wiedereintritt dazu zu nutzen, dass nun Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen, die gerade nicht an der Ursprungsabstimmung teilgenommen haben.
Das entspricht zwar einer uralten Tradition und Praxis, widerspricht aber sehr wohl dem Sinn und Zweck des Hammelsprungs als Überprüfung bereits feststehender Mehrheitsverhältnisse zu einem abgeschlossenen Abstimmungsvorgang. Es ist nicht übertrieben festzustellen, dass dieses Verfahren schlicht geschäftsordnungswidrig ist. Es widerspricht zudem dem Grundsatz der Unverrückbarkeit von Parlamentsbeschlüssen.
Diese Feststellung legt natürlich die Frage nahe, warum ein so falsches Verfahren seit einer Ewigkeit angewendet wird. Darauf gibt es eine sehr plausible und, wie ich meine, auch belastbare Antwort: Bei der Einführung des Hammelsprungs waren die Parlamente schlicht noch voll besetzt. Es gab noch jene Personenidentität zwischen Abstimmenden und Ausgezählten, die im Laufe der parlamentarischen Entwicklung abhandengekommen ist und die wir mit unserem Antrag wiederherstellen wollen.
In den früheren Parlamenten war das heute allseits und zu Recht beklagte Abwesenheitsunwesen noch nicht bekannt. Das muss gar nicht an einer größeren parlamentarischen Leidenschaft der damaligen Kollegen gelegen haben, sondern wird auch sehr praktische Gründe gehabt haben. Unsere damaligen Kollegen verfügten nämlich noch nicht über eigene Büros, in denen sie arbeiten konnten. Wir alle kennen die Bilder von Abgeordneten, die ihre Schreibarbeiten sogar auf den Fensterbänken der Parlamentsgebäude erledigt hatten. Und der Plenarsaal war zum damaligen Zeitpunkt noch das wirkliche Zentrum parlamentarischer Arbeit.
Mit unserem Antrag wollen wir den Hammelsprung endlich wieder zu dem machen, wofür er steht. Er steht im Wesentlichen für die Beseitigung von Unklarheiten über ein bereits feststehendes Mehrheitsverhältnis. Wir schlagen deshalb die denkbar einfachste Lösung vor: Die Stimmauszählung erfolgt nicht erst bei Wiedereintritt in den Plenarsaal, sondern bereits beim Verlassen durch die entsprechenden Abstimmungstüren. Nur damit ist Personenidentität sichergestellt und gewährleistet, dass der Hammelsprung nicht geschäftsordnungswidrig den Charakter einer zweiten Abstimmung erhält.
Egal was Sie heute noch zu unserem Antrag sagen werden, um Sachargumente kann es Ihnen leider nicht mehr gehen.
Denn als wir im Geschäftsordnungsausschuss die Gelegenheit zur sachlichen Auseinandersetzung hatten, haben Sie sich der Diskussion beschämend verweigert.
Hier wäre Sacharbeit Ihre Pflicht gewesen. Ich wiederhole das hier ganz bewusst auch für die Öffentlichkeit und
für das Protokoll: Der Geschäftsordnungsausschuss hat sich der Diskussion zu unserem Geschäftsordnungsantrag schlicht verweigert.
Neben ein paar trockenen Halbsätzen unseres sonst geschätzten Ausschussvorsitzenden hatten die Kollegen kein Wort zur Diskussion beizutragen. Ihr betretenes Schweigen machte mehr als deutlich, dass Sie sich Ihrer argumentativen Dürftigkeit sehr wohl bewusst waren.
[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]
Legen Sie Ihre parteipolitischen Scheuklappen ab! Schalten Sie Ihr parlamentsrechtliches Hirn ein! Werfen Sie Ihr Parlamentarierherz über die Hürde und stimmen Sie unserem Antrag zu! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mann, Mann, Mann! Sie sind echt eine Truppe. Das letzte Mal im Plenum musste ich hier vorne stehen, und Sie wollten über die Abschaffung des Gendersterns reden. Nun wollen Sie hier den Hammelsprung ändern, und ich will, geschätzter Kollege, Ihnen die Aufmerksamkeit geben, die dieser Antrag verdient hat. Dieser Antrag ist abzulehnen, denn er verändert und verbessert die Lebensrealität und die Lebenswirklichkeit der Berlinerinnen und Berliner nun in überhaupt keiner Weise. – Herzlichen Dank! Auf Wiedersehen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit meinem Vorredner mithalten kann.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob sich die antragstellende Fraktion, die AfD, obwohl hier ja gerade so eine Art parlamentsrechtliches Seminar gehalten wurde, in ausreichender Weise mit der Geschichte des Hammelsprungs in der deutschen Parlamentsgeschichte beschäftigt hat. Ich habe Ihren Antrag zum Anlass genommen, etwas zu recherchieren und dabei festgestellt, dass der Hammelsprung 1874 in die Geschäftsordnung des Deutschen Reichstages und am Ende desselben Jahres in die Geschäftsordnung des Preußischen Landtages implementiert wurde. Das wird Ihnen wahrscheinlich abhandengekommen sein,