Protokoll der Sitzung vom 09.05.2019

Wettrüsten droht: Die Amerikaner haben bereits neue nukleare Raketen in Auftrag gegeben; die Russen werden es sicher auch tun. Andere Staaten rüsten ebenso weiter nuklear auf.

Ich finde, auch wir hier in Berlin haben uns mit dem Thema auseinanderzusetzen. Berlin war nämlich zu Zeiten des Kalten Krieges ein Ziel von Atomwaffen, und Berlin ist der Ort, an dem zwei Weltkriege geplant und ausgelöst wurden. Das beschreibt, wie ich finde, unsere Verantwortung, uns zu positionieren, wie es übrigens 18 andere deutsche Städte bereits getan haben, und dem Appell der ICAN an die Städte hinsichtlich des Beitritts zum Atomwaffenverbotsvertrag zu folgen. Im Übrigen hat auch unsere Partnerstadt Los Angeles diesen Appell unterschrieben. Ich meine, wir sind da in guter Gesellschaft.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Georg Kössler (GRÜNE)]

Ich finde, wir müssen den Atomwaffenverbotsvertrag von Berlin aus unterstützen, um das Teufelszeug endlich von der Erde zu verbannen. Ich kenne die Argumente gegen den Atomwaffenverbotsvertrag, die hier und auch vom Auswärtigen Amt vorgetragen wurden, halte sie aber für falsch. Denn – an dieser Stelle möchte ich mit Erlaubnis der Präsidentin gern ein anderes Zitat von Albert Einstein bringen –:

Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.

Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass die Fraktion hier rechtsaußen zur Erhellung der dunklen Finanzierungsquellen ihrer Partei beitragen sollte. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Förster das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist das ein Thema, das eigentlich in den Bundestag gehört. Deswegen will ich mich auch eng an der Argumentation der Freien Demokraten im Bundestag orientieren, die sich in den bisherigen Plenardebatten selbstverständlich auch zu Themen der Abrüstung und Rüstungskontrolle und gegen ein Verbot von Atomwaffen ausgesprochen haben. Die FDP bekennt sich dabei auch zum Ziel einer kernwaffenfreien Welt – Vision Global Zero. Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, insbesondere von Nuklearwaffen, sind immer ein zentrales Anliegen liberaler Außenpolitik gewesen und stehen

(Georg Pazderski)

in der Tradition von Hans-Dietrich Genscher oder Guido Westerwelle.

[Beifall bei der FDP]

Wir Liberalen treten deshalb dafür ein, die internationalen Bemühungen um Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung voranzutreiben. Wir wollen, dass Deutschland gemeinsam mit seinen europäischen und internationalen Partnern dabei eine Führungsrolle übernimmt. Dazu gehören aus unserer Sicht allerdings insbesondere auch der Erhalt und die Stärkung des bestehenden Atomwaffensperrvertrags, denn das ist der tragende Pfeiler der internationalen Bemühungen um nukleare Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle. Dieser sogenannte Atomwaffensperrvertrag – NPT – trat bereits 1970 in Kraft, und wurde bisher insgesamt von 191 Staaten der internationalen Staatengemeinschaft – einschließlich aller fünf im UN-Sicherheitsrat vertretenen Atomwaffenstaaten – unterschrieben, also von einer beachtlichen Anzahl von Ländern, um nicht zu sagen: Fast alle sind dabei. Er verpflichtet die fünf Atomwaffenstaaten zur Abrüstung und Nichtverbreitung, während sich die Nicht

Kernwaffenstaaten – Deutschland eben auch – dazu verpflichten, keine Kernwaffen anzustreben, und das Recht auf zivile Nutzung der Kernenergie erhalten. Das ist diese Vereinbarung.

Der Vertrag für ein Verbot von Atomwaffen und die ihn tragende ICAN-Kampagne vertreten mit dem Ziel weltweiter nuklearer Abrüstung grundsätzlich ein unterstützenswertes Anliegen – dies zeigt auch der Friedensnobelpreis 2017 für ICAN –, aber wir Liberale halten für die Erreichung dieses Zieles sowohl diplomatisch als auch völkerrechtlich einen anderen Weg für notwendig, denn der Vertrag für ein Verbot von Atomwaffen etabliert ein zweites Vertragswerk neben dem erwähnten NPT, und der Vertrag für ein Verbot von Atomwaffen wird dabei, anders als der NPT, der Atomwaffensperrvertrag, von keinem der fünf Atomwaffenstaaten im UN-Sicherheitsrat unterstützt. Er etabliert somit de facto ein neues, paralleles Abrüstungsregime zum NPT, ohne die gleiche internationale Unterstützung der Staatengemeinschaft zu genießen.

Der Vertrag für ein Verbot von Atomwaffen birgt deshalb die Gefahr, das bestehende und weitgehend funktionierende nukleare Nichtverbreitungsregime und den Atomwaffensperrvertrag zu schwächen – und damit auch die internationalen Bemühungen um nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung.

[Beifall bei der FDP]

Kurzum: Die FDP setzt sich deshalb dafür ein, die internationalen Bemühungen um nukleare Nichtverbreitung darauf zu konzentrieren, den NPT zu stärken und weiterzuentwickeln, anstelle ein zweites Vertragswerk zu etablieren. Diese Haltung vertritt im Übrigen bis zum heutigen Tag auch das Auswärtige Amt und die Bundesregierung. Deswegen wundert es mich gerade, dass die SPD

Fraktion hier im Haus einen anderen Weg einschlägt – das hat nichts mit dem zu tun, was sie im Bund vertritt. Deshalb sollten Sie vielleicht ihre Bemühungen etwas besser koordinieren. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort – bitte!

Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich bemerken: Ich wundere mich darüber, dass dieser Antrag im Mai eingebracht wurde, wo er sich doch von seiner politischen Substanz her hervorragend für den 1. April geeignet hätte.

[Zuruf von links: Ha, ha, ha!]

Nach dem Studium des vorliegenden Traktats stelle ich mir die Frage, welche beiden Parteien Ende der Neunzigerjahre in der Regierungsverantwortung standen, als mit deutscher Beteiligung auf dem Balkan ein Krieg geführt wurde. Ein Angriffskrieg! – Herr Saleh! Herr Zimmermann! Das waren Ihre Parteifreunde Gerhard Schröder und Rudolf Scharping, die an diesem Krieg mitwirkten.

[Zuruf von der AfD: Und Herr Joschka Fischer!]

Frau Kapek! Frau Gebel! Herr Kössler! Täusche ich mich sehr, oder hieß der Außenminister in jenen Tagen Joseph Fischer, der sich lieber, anders als in der Geburtsurkunde vorgegeben, „Joschka“ nennt? Die Genossen von der Linken hingegen waren an diesem Krieg nicht beteiligt, und ich gestehe Ihnen hier das moralische Recht zu, diesen Antrag hier und heute einzubringen.

Da kommen jetzt die SPD und die Grünen daher und wollen sich als Friedensparteien profilieren! Ich aber sage Ihnen: Die Bundespolitik bestimmt immer noch der Bundeskanzler – ob Ihnen das gefällt oder nicht. So schwindet die politische Bedeutung des hier in Rede stehenden Antrags auf Millimetergröße; sie erinnert mich an die Relevanz des Beschlusses der BVV Kreuzberg aus den Siebzigerjahren, wo diese den Bezirk zur atomwaffenfreien Zone erklärte.

Ich hoffe nur, dass die Öffentlichkeit möglichst plakativ von Ihren hier gezeigten Bemühungen Kenntnis nimmt, denn sie zeigen, dass sich diese Regierung für die wirklichen Sorgen, Nöte und Anliegen der Bürgerschaft überhaupt nicht interessiert, womit ich die Hoffnung verbinde, dass dieser R2G-Nebelspuk im Oktober 2021 ein verdientes Ende finden wird. – Danke schön!

(Stefan Förster)

[Zuruf von der LINKEN: Dito! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Keiner klatscht!]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 18/1512 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Annahme in geänderter Fassung. Wer dem Antrag in geänderter Fassung gemäß Beschlussempfehlung Drucksache

18/1773 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Oppositionsfraktionen und die fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist der Antrag in geänderter Fassung gemäß Beschlussempfehlung angenommen.

Bevor ich zu den weiteren Tagesordnungspunkten komme, komme ich noch einmal zurück zu

lfd. Nr. 9:

Gesetz zum Schutz der freien Persönlichkeitsentwicklung von Kindern vor Erreichen der Religionsmündigkeit

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1852

Erste Lesung

Hier gab es von dem Abgeordneten Weiß den Zwischenruf „Doch, bei der Präsidentin geht es!“ – Ich verweise hier auf die Geschäftsordnung, dass eine Kritik an der Sitzungsleitung nicht gestattet ist, und rufe damit den Abgeordneten Weiß zur Ordnung.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Burkard Dregger (CDU)]

Die Tagesordnungspunkte 14 bis 18 stehen auf der Konsensliste.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 19:

Risikomanagement für die Pflege

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung vom 8. April 2019 Drucksache 18/1826

zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/1703

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1703-1

Eine Beratung ist nach Verständigung der Fraktionen nicht vorgesehen. Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1703-1

abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CDU, der FDP. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die AfD-Fraktion und die fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Zu dem Antrag Drucksache 18/1703 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen die FDP-Fraktion und bei Enthaltung der CDU- und AfD-Fraktion – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die FDPFraktion. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die CDU-Fraktion, die AfD-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf