Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Da kennen Sie die Haushaltspolitik aber nicht!]

Dieser Antrag ist eine Frechheit, wenn Sie wirklich behaupten, damit einen Dienst bei der Bekämpfung der OK zu erzielen, indem Sie die Einnahmen aus dem Justizhaushalt entfernen.

Komme ich nun zum Antrag der CDU: Dieser hat wesentlich mehr Substanz und liegt auf der rechtspolitischen Linie der AfD.

[Lachen bei der CDU – Holger Krestel (FDP): Herzlichen Glückwunsch!]

Sie wollen im Kern drei Dinge, erstens Abschöpfen der Früchte, sprich, Miet- und Pachteinnahmen bei beschlagnahmten Immobilien – eine wichtige Gesetzeslücke, die auch geschlossen werden sollte –,

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Sie haben vom Haushaltsrecht überhaupt keine Ahnung!]

den Tatbestandskatalog des § 76a Abs. 4 Satz 3 StGB erweitern, um seinen Anwendungsbereich zu erweitern – auch eine richtige Initiative –, und drittens die Digitalisierung von Grundbüchern sowie die Einrichtung eines Immobilienregisters – klar, nur wenn ein Überblick über die Immobilienbestände besteht, können Sie überhaupt effektiv beschlagnahmt werden.

(Tom Schreiber)

Insofern ist dieser Antrag in allen Punkten zu unterstützen, und der Koalition sei nur mitgeteilt: Sie haben mal wieder gezeigt, dass Sie von der Fachmaterie nichts verstehen.

[Lachen von Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Sie wissen überhaupt nicht, wie Haushaltsrecht funktioniert]

Gerade wenn man diese beiden Anträge nebeneinander legt, kann das kundige Auge sofort erkennen, dass die Regierungskoalition im Bereich Sicherheit und Justiz restlos überfordert ist.

[Beifall bei der AfD –

Intellektuelle

Flachzange! –

Er hat das zweite Staatsexamen!

Wann machen Sie denn Ihr zweites Staatsexamen?

Weitere Zurufe von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)

Vor dem Bundesverfassungsge

richt hat er gewonnen! Können Sie das eigentlich? –

Nein! Sie sind ja kein Volljurist!]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Lux das Wort

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Frau Präsidentin! 70 Jahre Grundgesetz – das bedeutet auch die Garantie der körperlichen Unversehrtheit, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, sexuelle Selbstbestimmung, die Freiheit der Person. Das steht alles übrigens in Artikel 2 unseres Grundgesetzes. Die spannende Frage ist: Wie gewährleistet der Staat die Verwirklichung dieser Grundrechte?

Das Bundesverfassungsgericht, ohne das ein lebendiges Grundgesetz gar nicht denkbar wäre, das heute mindestens genauso zu würdigen ist wie das Grundgesetz selbst, klärt – und das für uns als Politik in einer relativ spannenden Weise – die Frage: Welchen Anspruch haben Bürgerinnen und Bürger auf effektive Strafverfolgung, insbesondere dann, wenn die Einzelnen nicht in der Lage sind, ihre Rechte selbst geltend zu machen? – Der Regierende Bürgermeister hat heute in einer beachtenswerten Rede gesagt, wir müssen das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken. Er hat das deutlich gemacht an der Frage: Was ist, wenn die Reichen immer reicher werden, sich die einfachen Bürgerinnen und Bürger immer an Recht und Gesetz halten? –, und ich möchte hinzufügen: wenn viele den Eindruck bekommen, dass organisierte Kriminalität nicht mehr ordentlich verfolgt wird? – Dann laufen wir Gefahr, so wie es das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht hat, dass der Verzicht auf Strafverfolgung die Erschütterung des Vertrauens in das Gewaltmonopol des Staates sein kann, und das dürfen wir nicht zulassen.

Deswegen stärken wir als rot-rot-grüne Koalition die Vermögensabschöpfung von kriminellem Vermögen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Kriminalität darf sich nicht lohnen, wir haben es deutlichgemacht. Dieses kriminelle Vermögen wird erworben aus Zwangsprostitution, aus Schutzgeld, Waffenhandel, Geldwäsche, aus Drogenverkauf usw. Und es ist gut und richtig, dass der rot-rot-grüne Senat seit zwei Jahren hier neue Wege geht, 77 Immobilien einer sogenannten Großfamilie im Wert von 9 Millionen Euro beschlagnahmt, aktuell Mieteinnahmen beschlagnahmt, und es war schon spürbar, wie der Neid aus der Rede des Kollegen Rissmann triefte, dass er nicht selbst mitmachen durfte, weil er fünf Jahre gepennt hat,

[Heiterkeit von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

wie sich die AfD gar nicht zum Thema eingelassen hat, und auch das ist Wertschätzung für diesen rot-rot-grünen Senat, dass alle sehen, wer etwas gegen die organisierte Kriminalität in Berlin tut.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Was Sie völlig außer Acht gelassen haben – einer von der Opposition redet noch –, und da sollten Sie sich mal fragen, wie bürgernah Sie eigentlich noch sind: Wir wollen den Opfern von organisierter Kriminalität etwas zurückgeben. So schreibt es auch das Opfer- und das Nebenklagestrafrecht vor, so schreibt es die StPO vor, und unser Ansatz ist, das beschlagnahmte Vermögen der organisierten Kriminalität dem Gemeinwohl zuzuführen und natürlich für die Opfergruppen etwas daraus zu machen. Wenn sich kein konkretes Opfer meldet, das Anspruch aus dem Erlös der Straftaten hätte, dann schauen wir, dass wir mit den Immobilien, mit dem Vermögen etwas für die spezielle Opfergruppe machen können, um auch dort zu zeigen, dass sich Verbrechen nicht lohnt, dass der Staat etwas für die Opfer von Kriminalität tut.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN – Holger Krestel (FDP): Dürfen die da einziehen?]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Trapp?

Ja, Frau Präsidentin! Ich gestatte sehr gern eine Zwischenfrage des Abgeordneten Trapp.

Bitte schön!

(Marc Vallendar)

Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Lieber Kollege Lux! Es ist doch bekannt, dass im Jahr 2000 die Gemeinsame Ermittlungsgruppe „Ident“ schon organisierte Kriminalität bekämpft und im Jahr 2008 der rot-rote Senat diese Ermittlungsgruppe eingestellt hat. Was sagen Sie denn dazu?

[Karsten Woldeit (AfD): Habe ich übrigens im Januar gefordert!]

Ich sage dazu, dass die meisten Angehörigen der organisierten Kriminalität deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die zweitmeisten Angehörigen der organisierten Kriminalität litauischer Staatsangehörige sind; alles Bundeslagebild des Bundeskriminalamtes, nicht meine Erfindung.

[Zuruf von der AfD]

Ich sage, dass knapp 10 Prozent der Tatverdächtigen in der organisierten Kriminalität türkische Staatsangehörige sind, und ich sage Ihnen, Herr Kollege Trapp, dass nicht mal ganz 2 Prozent der Tatverdächtigen im Bereich der organisierten Kriminalität eine ungeklärte Staatsbürgerschaft haben.

[Zuruf von Harald Laatsch (AfD)]

Deswegen finde ich es richtig, dass dieser Senat effektiv mit den begrenzten Ressourcen in der Kriminalitätsbekämpfung umgeht, dass er sich organisiert mit den Ordnungsämtern, mit der Gewerbeaufsicht, mit den Fachleuten aus dem LKA, bei der Staatsanwaltschaft, bei den Finanzämtern, um gezielt gegen die OK-Strukturen vorzugehen, die hier in Berlin am Werk sind, und das hat die EG „Ident“ in dem Fall nicht so ganz getan. Deswegen wurde sie zu Recht abgeschafft, mal davon abgesehen, dass sie türkischen Staatsangehörigen irgendwelche anderen Geburtspässe besorgt und dadurch Skandale produziert hat, die meines Erachtens mit einer weltoffenen Stadt wie Berlin nichts zu tun haben, mit anderen Worten, ganz schön über das Ziel hinausgeschossen sind. Auch das wissen Sie, Herr Kollege Trapp, und deswegen war die Auflösung dieser Ermittlungsgruppe nur richtig.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Karsten Woldeit (AfD)]

Er hat keine Ahnung von organisierte Kriminalität, der Kollege Trapp. Er muss mal das Lagebild des BKA lesen. Dann würden Sie sich mal die Frage stellen, was wir eigentlich gegen deutsche Tatverdächtige tun.

[Holger Krestel (FDP): Das war jetzt aber dünn!]

Ich sage Ihnen, was wir gemeinsam tun sollten: Wir sollten konsequent deren Basis abarbeiten, nämlich das Geld, das die über Strohpuppen hier und da und über vernetzte Systeme dort und dort erwirtschaften, konsequent ermit

teln. Deswegen muss doch der Schwerpunkt klar sein, nicht nach irgendwelchen Staatsbürgerschaften, sondern nach den Finanzflüssen zu ermitteln: Wo kommt das Geld her? Wo geht das Geld hin? Wie wird es verschachtelt usw.? – Das muss doch der Schwerpunkt sein.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

So ziehen wir denen doch die Geschäftsbasis weg, und hierfür erwarte ich Ihre Unterstützung.

Ich komme zum Schluss.