und das natürlich unter der Bedingung steht, dass parallel die Asylkrise gelöst wird. Für den Senat hingegen ist Zuwanderung inzwischen offensichtlich ein Selbstzweck. Er versieht seine planlose Politik der ungesteuerten Zuwanderung mit dem Etikett der wachsenden Stadt, welches Dynamik und Attraktivität suggerieren soll. Tatsächlich stoßen unsere Ressourcen in der Stadt aber überall an Grenzen, zuallererst natürlich auf dem Wohnungsmarkt, aber auch im Bildungssystem und beim Transport. Immer mehr Berliner empfinden angesichts dessen Dichtestress. Nach einer Umfrage des Civey-Instituts sehen 30 Prozent den Zuzug aus dem Ausland inzwischen negativ und nur noch 27 Prozent positiv.
Wenn Sie wirklich etwas gegen den Fachkräftemangel unternehmen wollen, dann sollten Sie bei Ihrer eigenen Politik ansetzen und endlich die Misere des Berliner Schulsystems beheben, das zuletzt wieder über 8 Prozent der Schüler ohne Abschluss verlassen haben.
Ich komme zum Schluss: Der gravierendste Fachkräftemangel, den wir in Berlin zu beklagen haben, ist eindeutig der auf der Regierungsbank. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal geht Berlin voran. Als erstes Bundesland wird Berlin ein Landesamt für Einwanderung einrichten. Die Linksfraktion begrüßt, dass ihre langjährige Forderung nun von der Koalition umgesetzt wird und eine moderne und bürgernahe Verwaltung entstehen soll. Die Berliner Ausländerbehörde ist schon jetzt mit ca. 400 000 vorsprechenden Menschen pro Jahr die mit Abstand größte Ausländerbehörde der Bundesrepublik.
Durch die Einrichtung von Sprechstunden durch zivilgesellschaftliche Organisationen wie zum Beispiel den Wohlfahrtsverbänden oder dem Türkischen Bund in Berlin-Brandenburg haben die Antragsteller und Antragstellerinnen vor Ort die Möglichkeit, sich beraten und unterstützen zu lassen. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zustände in der Berliner Ausländerbehörde nach wie vor verbesserungswürdig sind. Insbesondere muss der ewige und spürbare Abschiebedruck endlich verschwinden. Wir verkennen nicht, dass die jetzige Ausländerbehörde bzw. die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor einer schwierigen Aufgabe stehen, haben sie doch ein Gesetz umzusetzen, das wie auch Bundesinnenminister Horst Seehofer in das vergangene Jahrhundert gehört. Schon in § 1 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes heißt es, ich darf zitieren mit Ihrer Erlaubnis:
Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland.
Jede Fachkraft, die wir händeringend suchen, wird es sich zweimal überlegen, ob sie sich die Behördenlogik der Bundesrepublik unter den gegebenen Umständen wirklich antun möchte – abgesehen von der AfD.
Deshalb ist eine wahre Willkommensbehörde auch mehr als notwendig. Einerseits muss damit ein Modell geschaffen werden, welches den wilden Abschiebewahn des Bundesinnenministers dämpft,
und andererseits muss eine Behörde entstehen, die eine wahre Willkommenskultur selbstverständlich auch vorlebt.
Keine Zwischenfragen, auch von Herrn Wansner nicht. – Dabei darf der Fokus auch nicht alleine bei den Fachkräften für den Arbeitsmarkt liegen. Wir erwarten, dass das neue Landesamt für Einwanderung eine Willkommensbehörde für alle sein wird. Alle Menschen, die hier für eine Aufenthaltsgenehmigung, deren Verlängerung oder Verfestigung vorsprechen, haben das Recht, respektvoll und zuvorkommend behandelt zu werden. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bisher haben alle Kollegen sehr engagiert über diesen Gesetzentwurf gesprochen. Ich möchte noch an einer Stelle vorher ansetzen, nämlich bei dem Vorblatt zum Gesetzentwurf, das uns hier mitgeliefert wurde. Dort wird das Problem beschrieben, das Sie als Koalition lösen wollen. Das Problem wird wie folgt beschrieben: Wir wollen eine solche Behörde errichten. Wir wollen ein Landesamt für Einwanderung errichten. – Das beschreibt diese Vorlage als das Problem, und die Lösung für dieses Problem ist das Gesetz. Das ist ein sehr schöner Ansatz, aber das ist nicht das Problem mit der Einwanderungspolitik in Deutschland und auch nicht in Berlin.
Wir haben die Situation, dass Sie genau eines geschafft haben – der Kollege Dregger hat es bereits angesprochen –: Sie ändern ein Namensschild, schaffen eine neue Kulisse, nehmen sage und schreibe sieben Beförderungen vor,
machen einen Abteilungsleiter zum Direktor, machen Referatsleiter zu Abteilungsleitern, und damit endet dieses Gesetz. Das ist Ihr großer Wurf, über den sie allen Ernstes eine halbe Stunde diskutieren wollen. Was soll das?
Was wir tatsächlich brauchen – und darüber ist auch von Ihnen, Frau Kollegin Jarasch gesprochen worden –, ist ein funktionierendes, modernes Einwanderungssystem in jeder Form. Wir brauchen ein echtes Einwanderungsgesetz mit einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild
und auch nicht Ihren Ansatz, lieber Kollege! Was Sie doch letztlich machen, ist Folgendes: Sie lösen – mal wieder im Übrigen – ein planwirtschaftlich geschaffenes Problem mit noch mehr Planwirtschaft, statt durch ein Punktesystem tatsächlich Flexibilität zu bekommen. Sie wollen vorgeben, wer jeweils wo einwandern kann. Das ist der völlig falsche Weg.
Migration und Integration gehören unmittelbar zusammen, und auch das ist eine Aufgabe, die tatsächlich eine Einwanderungsbehörde leisten muss. Auch darüber verlieren Sie in Ihrem Gesetzentwurf, der sich allein damit beschäftigt, die Kulisse zu verändern und eine kleine Beförderung vorzusehen, kein einziges Wort.
Ich wollte Sie gerade fragen und nur warten, bis Sie den Satz beendet haben. Frau Jarasch hat eine Zwischenfrage. Gestatten Sie?
Herr Luthe! Ich wollte fragen, ob Sie in der rechtlichen Einschätzung mit mir einig sind, dass man ein Einwanderungsgesetz für die Bundesrepublik Deutschland nicht auf Landesebene schaffen kann, auch wenn wir Grünen übrigens sehr für das Punktesystem nach kanadischem Vorbild wären – das ist etwas für die Bundesebene –,
dass aber eine Einwanderungsbehörde auf Landesebene – und das tatsächlich nur dann, wenn sie mehr ist als ein neues Türschild, sondern dafür Personal bekommt – die landesrechtlichen Spielräume bei der Umsetzung und Ausgestaltung von Gesetzen nutzen kann und durchaus auch nutzen kann für Ausbildungsduldungen, für die Abschaffung von Erwerbsverboten, also mit anderen Worten für eine moderne Einwanderungspolitik und für eine schnelle Bearbeitung von Fachkräftezuwanderung nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz? Das ist also die Handlungsebene auf Landesebene, für die wir hier einen Rahmen schaffen wollen.
Das war eine sehr übersichtliche Frage, vielen Dank dafür! – Ich bin in der Tat mit Ihnen einer Meinung, dass es notwendig ist, auf Landesebene die Dinge, die wir nur im Bund beschließen können, umzusetzen. Dafür ist es aber nicht notwendig, eine Behörde umzubenennen. Dafür wäre es notwendig gewesen, strukturell dafür zu sorgen, auch personell dafür zu sorgen, dass das stattfinden kann. Das können Sie genauso in einer eigenen Behörde machen wie auch in einer Abteilung des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten. Dafür ist das Ganze überflüssig. Das Einzige, was Sie mit Ihrem Entwurf machen, ist, genau sieben Beförderungen vorzunehmen. Das mögen auch alles verdiente Leute sein, aber das ist doch nicht der große Wurf in der Einwanderungspolitik, das ist schlichtweg leider gar nichts.
Was Sie tatsächlich wollen und richtigerweise angesprochen haben: ein echtes Einwanderungsgesetz. Dazu haben
wir die letzte große Debatte 1998 geführt. Da haben sich vor der Bundestagswahl die FDP, damals Edzard Schmidt-Jortzig, die Grünen und die SPD darauf verständigt, dass man genau das möchte. Dann gab es die Bundestagswahl 1998. Rot-Grün wurde gewählt, umgesetzt wurde davon gar nichts. Was Sie damals nach vielen Jahren des Krampfes in Ihrer Koalition geschaffen haben, war genau das Zuwanderungsrecht, das wir jetzt haben und das uns in all diese Probleme stürzt. Insofern habe ich sehr wenig Zuversicht, wenn Sie jetzt sagen, Sie wollen das, was wir schon seit 20 Jahren wollen, nämlich dieses System nach kanadischem Vorbild. Ich bin gespannt. Wir werden Sie daran messen. – Herzlichen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage – federführend – an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung sowie mitberatend an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Wahl eines stellvertretenden Mitglieds der G-10Kommission des Landes Berlin auf Vorschlag der Fraktion Die Linke
Die Mitglieder sowie die stellvertretenden Mitglieder der G-10-Kommission werden nach § 2 Absatz 4 des Gesetzes zur Ausführung des Artikel-10-Gesetzes vom Abgeordnetenhaus gewählt. Diese Wahl der G-10-Kommission erfolgte in der Plenarsitzung am 12. Januar 2017. Gewählt wurde unter anderem Herr Abgeordneter Taş zum stellvertretenden Mitglied. Herr Kollege Taş hat diese Mitgliedschaft niedergelegt. Das Vorschlagsrecht für die Nachwahl steht der Fraktion Die Linke zu. Für die Nachfolge schlägt die Fraktion Die Linke Frau Abgeordnete Anne Helm vor.
Die Fraktionen haben vereinbart, die Wahl durch einfache Abstimmung gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung durch Handaufheben durchzuführen. Wer also Frau Abgeordnete Anne Helm zum stellvertretenden Mitglied der G-10-Kommission zu wählen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion.
Wer stimmt dagegen? – Das sind die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die AfD-Fraktion. Damit ist Frau Abgeordnete Helm zum stellvertretenden Mitglied der G-10-Kommission gewählt. – Herzlichen Glückwunsch!