Protokoll der Sitzung vom 29.08.2019

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Efler zulassen.

Ja, gerne!

Dann halten wir die Redezeit an. – Bitte schön, Herr Dr. Efler!

Danke schön! – Herr Kollege! Darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, dass Sie unsere Bemühungen um ein Wärmegesetz unterstützen?

Wir sind bereit, konstruktiv an diesen Bemühungen mitzuwirken, wie wir es auch beim letzten Versuch getan haben. Wir haben natürlich Grenzen. Ich habe die Sozialverträglichkeit und Finanzierbarkeit erwähnt. In diesem Rahmen muss gehandelt werden. Sie können darauf rechnen, dass wir bereit sind, daran konstruktiv mitzuarbeiten.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN – Daniel Buchholz (SPD): Machen Sie doch selbst einmal einen Gesetzentwurf!]

Es ist ein bisschen schwierig, wenn man als Opposition Gesetzentwürfe macht. Sie haben ja Hunderte von Leuten in der Verwaltung an Ihrer Seite, Sie haben natürlich mehr Ressourcen.

Ich komme zum Handlungsfeld Verkehr: Der Verkehr nimmt zu. Die Emissionen sinken nicht. Aber was passiert unter diesem Senat? Wie reagieren Sie? – Sie kommen an mit Einfahrverboten, Durchfahrverboten, Parkplatzrationierung für die Autos, beim ÖPNV mit S-Bahnstörungsbingo, mit Verzögerungen bei der U-Bahnbeschaffung, der Abschaltung ganzer Gebiete derzeit vom schienengebundenen ÖPNV. Besser wäre es doch, gute Angebote für eine selbstbestimmte, individuelle, komfortable und klimafreundliche Mobilität zu machen.

[Beifall bei der FDP]

Wir diskutieren das Thema ja heute noch einmal unter der Priorität der CDU. Da werde ich noch mehr dazu sagen. Kurz gesagt: Es braucht bessere Angebote für Pendler, die durchaus bereit wären, ihr Auto stehenzulassen. Es braucht ein Konzept für den Lieferverkehr, das Fahrten und Emissionen reduziert. Es braucht neue Verkehrskonzepte für die Neubaugebiete und die Gebiete, die jetzt stark verdichtet werden. Aber auch hier stellt sich wieder die Frage, was im Detail bei Rot-Rot-Grün passiert. Die öffentliche Fahrzeugflotte – gerade die schönen Dienstwagen des Senats – sind noch lange nicht emissionsarm, und der Sonderfahrdienst für behinderte Menschen fährt mit Euro-5-Dieselfahrzeugen durch die Stadt. Das ist die Realität, und da helfen auch ein paar geförderte Lastenfahrräder nichts.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Neben dem Klimaschutz haben wir heute bewusst noch einmal das Thema Klimaanpassung auf die Tagesordnung gesetzt, denn auch die Anpassung an den Klimawandel gehört zu einer Klimahauptstadt. Der Klimawandel ist da, macht sich bemerkbar, und deshalb müssen auf vielen verschiedenen Feldern viele Dinge angepackt werden, um darauf zu reagieren. Es gibt in Berlin erste Ansätze auch im BEK, es gibt aber auch viele Lücken, und deshalb legen wir Ihnen als FDP-Fraktion heute einen Antrag zur verstärkten Klimaanpassung vor: Extremwettervorsorge, klimaangepasste Stadtentwicklung, angepasste Wasserwirtschaft, Anpassung der Gesundheitsvorsorge an neue Gesundheitsgefahren, Reaktion auf invasive Arten, Reaktion auf die Veränderung von Biotopen – das gehört alles dazu. Vor allem wollen wir eine zentrale Stelle, an der diese vielen eng miteinander verflochtenen Handlungsfelder auch zusammengeführt werden. Im BEK sind erste Ansätze angegeben, im Umsetzungsbericht zum BEK zeigt sich aber, dass das Wenigste davon in Angriff genommen wurde. Wir brauchen mehr Schub an dieser Stelle, damit trotz Klimawandel die Stadt lebenswert bleibt, und dazu dient unser Antrag.

[Beifall bei der FDP]

Damit bin ich auch gleich beim BEK, das Herr Buchholz so gelobt hat, als die große Maßnahme, die Sie in die Welt gesetzt haben. Das zeigt schon exemplarisch auf, warum Berlin eben noch lange keine Klimahauptstadt ist. Das BEK hat kein durchorganisiertes Management, obwohl es so komplex ist, dass es viele Maßnahmen und Felder abdeckt. Es gibt keine straffe Steuerung. Es gibt keine besonders dafür geschaffene Lenkungsstruktur. Das Monitoring ist nicht ausreichend. Auch das wurde in allen Anhörungen vorgebracht, und das BEK kommt kaum voran.

Herr Buchholz hat gesagt, dass Sie 100 Millionen Euro eingestellt haben. Das ist wahr. Sie haben im ersten Jahr etwas mehr als ein Promille davon ausgegeben. Das liegt daran, dass Sie sich in Bürokratie verstricken. Soweit ich weiß, gibt es bisher erst zwei Förderrichtlinien, und das BEK wird derzeit behandelt wie ein großer Geldtopf, in den jeder für alles Mögliche mal kurz reinlangen kann. Das ist kein Programm mit einem konkreten Maßnahmenportfolio, und das ist typisch dafür, wie Rot-RotGrün auch in anderen Bereichen agiert: Da wird Geld in den Haushalt eingestellt, da werden Konzepte auf dem Papier entwickelt, aber es wird eben nichts umgesetzt. Es braucht Führung, um umzusetzen, um Theorien und Absichten zur praktischen Durchführung zu bringen. Und wenn Konzepte trotz Finanzierung nicht umgesetzt werden, dann ist das Führungsversagen, und zwar hier das Führungsversagen der zuständigen Umweltsenatorin Frau Günther.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Der hohe Anspruch der Klimahauptstadt scheitert eben auch an dem dafür zuständigen Personal von Rot-RotGrün. Die beste Klimaschützerin ist nicht die, die die schwärzesten Visionen malt und die radikalsten Forderungen aufstellt. Die beste Klimaschützerin ist die, die die wirksamsten Maßnahmen umsetzt.

[Beifall bei der FDP – Antje Kapek (GRÜNE): Deshalb ist sie auch die richtige Senatorin!]

Man kann doch das Fazit ziehen: Klimaschutz à la RotRot-Grün ist ein bunter Strauß sich immer weiter überbietender Verbote. Klimaschutz à la Rot-Rot-Grün ist oft nicht sozialverträglich. Klimaschutz à la Rot-Rot-Grün ist viel zu oft Ankündigungspolitik mit Luftnummern.

[Antje Kapek (GRÜNE): Ein bisschen weniger Populismus! – Zurufe von der FDP]

Und heute haben wir gesehen, dass Klimaschutz à la RotRot-Grün auch Planetenrettungsrhetorik ist, für die keine konkreten Maßnahmen zur Umsetzung anstehen. Berlin ist weit entfernt von einer Klimahauptstadt, und das ist eine Fehlleistung genau dieses Senats. Gut, dass wir das heute herausarbeiten können, weil Sie diese Aktuelle Stunde beantragt haben. Danke, dass Sie uns diese Debatte ermöglicht haben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition! Wir werden uns dafür einsetzen, dass mehr konkrete Maßnahmen umgesetzt und weniger wolkige Konzepte in den Raum gestellt werden. Dazu ist auch der Senat verpflichtet. Das erwartet die Stadtgesellschaft im Klimaschutz von Ihnen.

[Beifall bei der FDP]

Wo es konstruktiv wird, sind wir bereit, Sie dabei zu unterstützen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt Herr Abgeordneter Kössler das Wort.

Danke, Herr Präsident! – Sehr geehrter Herr Schmidt! Ich schätze Sie sehr. Zum Vorwurf, hier nur Versprechungen zu machen – die Reden sind hier lang, zehn Minuten, da muss man vielleicht auch mal hinausgehen, auf Toilette, alles menschlich –, will ich Ihnen noch mal in Erinnerung rufen, dass ich sehr wohl aufgezählt habe, was in dieser Stadt schon läuft: das BEK – und das haben Sie ja am Ende auch festgestellt –, dass wir die Stadtnatur stärken, Stadtwerk. Ich lasse mir nicht vorwerfen, dass wir nichts machen. Was ich mir vorwerfen lasse, ist, dass es nicht schnell genug geht. Dann will ich aber auch Vorschläge hören, wie wir dort mehr Tempo machen. Mehr Tempo

(Henner Schmidt)

kriegen wir nicht, indem wir nur noch ein Konzept und noch ein Konzept schreiben, unabhängig davon, ob es Sinn macht.

Mehr Tempo kriegen wir, indem wir die Maßnahmen anschärfen und vielleicht auch neue erlassen. Dazu aber kein Vorschlag von Ihnen! Wir haben gesagt: Lassen Sie uns über eine Solarpflicht sprechen! Lassen Sie uns über ein EWärmeG sprechen! – Ich bin froh, dass Sie da mitmachen wollen. Wir haben gesagt: Ein Aus für Verbrennungsmotoren im Jahr 2030 jetzt schon debattieren, damit es sozialgerecht ist! – Auch dazu kein Wort von Ihnen! Liebe Opposition, Sie wollen regierungsfähig sein, dann kommen Sie aus dem Klein-Klein heraus! Das schätze ich ja an Ihnen, Sie denken daran, was der Bürger vor Ort mit seinem Parkplatz macht, das haben Sie im Blick, das können Sie. Aber versuchen Sie bitte auch mal groß zu denken! Das habe ich in all Ihren Reden vermisst. Immer nur das Wort „Verbot“ herauszuhören! Würden Sie, wenn wir die Verbote aus all unseren Texten herausstreichen würden, dann zustimmen?

[Heiko Melzer (CDU): Dann würde nichts übrig bleiben!]

Gegenfrage! – Ich glaube nicht.

Ich wollte aber noch etwas zum Antrag der FDP – „Maßnahmen zur Klimaanpassung ausweiten und verstärken!“ – sagen, weil ich froh bin, dass doch wenigstens ein Teil der Opposition hier etwas Konkretes vorgelegt hat. Leider machen Sie genau das, was Sie uns vorwerfen. Sie wollen hier weiteres Papier beschreiben. Die Maßnahmen sind im BEK. Sagen Sie, wie wir sie umsetzen sollen! Beantragen Sie, dass im Haushalt mehr Geld eingestellt wird – für mehr Bäume und so weiter und so fort. Aber sagen Sie uns bitte nicht: Beschreibt jetzt noch ein Papier!

Ganz zum Ende: Sie verlangen mehr Steuerung beim Klimaschutz. Genau das – vielleicht haben Sie es nicht gehört – haben wir als Grüne vorgeschlagen. Lassen Sie uns jetzt hier debattieren, wie wir das besser hinbekommen! Wir haben gesagt, dass wir einen Klimavorbehalt diskutieren wollen, sodass man bei großen Maßnahmen sagt: Okay, gibt es Auswirkungen auf den Klimaschutz? Lassen Sie uns debattieren, ob es dann noch harte Gegenmaßnahmen gibt oder ob das nur transparent gemacht wird! Wir wollen ein CO2-Budget. Wir wollen jährliche Werte für alle Ressorts, die man überprüfen kann. Das sind relativ harte Vorschläge, und dazu habe ich nichts von Ihnen gehört. Ich hoffe, dass Sie sich das im Anschluss an die Debatte noch mal angucken und wir das dann inhaltlich debattieren können.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Herr Schmidt, Sie haben jetzt die Gelegenheit zu erwidern. – Bitte!

Danke, Herr Präsident! – Herr Kollege Kössler! Ich fange bei Ihrem letzten Punkt an. Das, was Sie da genannt haben – zusätzliche Vorbehalte, zusätzliche Budgets –, verzögert ja Maßnahmen. Da werden weitere Prüfungen gemacht, da wird weitere Bürokratie draufgesetzt. Der Punkt, den ich angesprochen habe, ist: Sie müssen irgendwo mal ein System haben, bei dem Sie dann auch nachhalten können, was tatsächlich erreicht wird, und das BEK ist eben so ein Beispiel, wo es massenweise Maßnahmen gibt, aber Sie lehnen es ab, dort einen Monitoringmechanismus einzurichten, wo man fragt: Wie viel von dem Ziel ist insgesamt durch die jeweils erfolgten Maßnahmen tatsächlich erreicht? – Das ist eine sehr konkrete Sache.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Ich finde es auch lustig, dass Sie uns vorwerfen, dass wir sehr konkret sind. Darauf sind wir stolz. Wir reden eben nicht nur über die Rettung des Planeten, sondern wir reden darüber, was in Berlin getan werden kann. Und da sind wir eben mit sehr vielen konkreten Maßnahmen dabei.

[Beifall bei der FDP]

Zu dem, was Sie in Bezug auf das BEK genannt haben, habe ich Ihnen etwas gesagt. Ich glaube, dass das BEK – der Vorwurf wird ja auch von anderen erhoben – wenig umsetzbar ist und auch komische Sachen damit gemacht werden. Ich habe auch gesagt, wie schlecht Sie darin sind, dabei tatsächlich Geld auszugeben. Ein Promille!

Zum Stadtwerk: Das Stadtwerk hat keinen Klimaschutzeffekt. Das Stadtwerk hat ein paar Tausend Kunden. Das Stadtwerk macht Dinge, die Hunderte von anderen im Markt machen. Das ist wirklich nicht die große Leistung. Es gibt einen Bereich, wo tatsächlich etwas passiert ist, und das ist das Regenwassermanagement. Das finde ich auch gut, was da passiert. Das muss man schon sagen.

Zum Wärmegesetz habe ich gesagt, dass wir dabei sind, darüber zu diskutieren. Aber, wie gesagt, es ist schon kritisch, das sozialverträglich zu machen. Sie, Herr Kössler, haben in Ihrer Rede so in einem Nebensatz gesagt: Für die Rettung des Planeten muss man sich nicht so sehr um die Sozialverträglichkeit kümmern.

[Georg Kössler (GRÜNE): Falsch! – Zurufe von den GRÜNEN: Nein, nein! – Frank-Christian Hansel (AfD): Man kann Felder betreten, zertrampeln!]

So kam es zumindest rüber. – Und das ist eben genau das, was viele Grüne immer so sagen. Es wird immer

(Georg Kössler)

wieder gesagt: Angesichts der Rettung des Planeten sind ja alle anderen Dinge nicht mehr so wichtig.

[Zuruf von den GRÜNEN: Ausgerechnet die FDP! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN]

Aus dieser Diskussion sollten wir wirklich herausgehen, denn es gibt natürlich Grenzen. Es gibt Menschen, die sozial belastet werden und sich das nicht leisten können. Es gibt Dinge, die man sich wirtschaftlich leisten können muss, und es gibt auch nur die Dinge, die das Land gesetzlich umsetzen kann. In diesem Konflikt muss man sich eben dann auch bewegen.

[Beifall bei der FDP]

Wie gesagt, wir sind weiter bereit, Ihnen konkrete Maßnahmen vorzuschlagen. Wir sind bereit, bei einem Landeswärmegesetz mitzuwirken, aber bitte nicht noch zusätzliche Mechanismen aufgrund zusätzlicher Auflagen, wo wieder zusätzlich etwas bewertet wird, draufsetzen! Das bringt nichts für den Klimaschutz.

[Beifall bei der FDP]