Protokoll der Sitzung vom 29.08.2019

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Das zweite große Handlungsfeld ist natürlich der Gebäudesektor. Aber hier müssen wir auch ehrlich sein. Viele Impulse müssen vom Bund kommen. Da brauchen wir umfassende Rahmendaten. Aber auch wir als Land können etwas machen. Deshalb ist es auch uns ein Anliegen, dass der Mietendeckel so gestaltet wird, dass natürlich mehr modernisiert wird. Aber auch danach müssen sich die Mieterinnen und Mieter die Wohnung noch leisten können, ansonsten haben wir nicht viel gewonnen.

Eines unserer größten klimapolitischen Projekte ist der Ausstieg aus der Kohleverstromung. Bis Ende des Jahres wird das Konzept, das wir mit Vattenfall erarbeitet haben, vorliegen. Dann werden wir Berlin energiepolitisch auf ganz andere Füße stellen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD) und Udo Wolf (LINKE)]

Lassen Sie mich zu dem letzten Punkt kommen: Klimaanpassung. Es ist etwas, was immer, wenn wir über Klimaschutz reden, in den Hintergrund gedrängt ist. Sie werden aber verstehen, dass wir uns in den nächsten Jahren damit mit einer Intensität beschäftigen, die nicht gekannt ist, denn, wie alle Städte weltweit, stehen wir erst am Anfang. Das sage ich ganz offen. Wir stehen am Anfang, weil es Projekte unterschiedlichster Natur sind. Es geht einerseits darum, was wir mit dem Regenwasser machen, das sturzartig über uns kommt. Was machen wir mit der Hitze? Was machen wir mit den Bäumen?

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Wir haben ein Pilotprojekt laufen, welche Stadtnatur wir brauchen. Die Bäume, die wir in der Stadt haben, sind doch gar nicht so hitzeresistent. Wir müssen sehr wahr

scheinlich die ganze Stadtnatur umgestalten. Was glauben Sie, was das für die Zukunft für ein Projekt ist? – Wir müssen uns alle damit beschäftigen. Das ist etwas, was die ganze Stadtgesellschaft zukünftig in einer Intensität beschäftigen wird, die sie sich heute nicht vorstellen kann.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Der Handlungsdruck ist immens, auch, weil in den vergangenen Dekaden, nicht nur in Berlin, viel zu wenig passiert ist. Berlin soll Klimahauptstadt werden, das heißt Modellstadt für den Klimaschutz sowie für die Klimaanpassung. Bis spätesten 2050 soll Berlin klimaneutral sein. Das heißt, wir haben eine fundamental andere Basis für unser Wirtschaften und sehr wahrscheinlich auch für viele Lebensweisen. Es wird eine andere Stadt sein. Berlins Beitrag zum Klimaschutz misst sich deshalb daran, wie schnell wir die Emissionen vermindern und ob wir unseren Wohlstand dabei sichern können, ob wir einen sozialen Ausgleich möglich machen und wie dann das Leben in einer Millionenmetropole lebenswert ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden, und wir kommen zur weiteren Behandlung des Antrags. Empfohlen wird die Überweisung des Antrags der Fraktion der FDP Drucksache 18/1949 federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung sowie an den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

[Zuschauer entrollen auf der Tribüne ein Transparent und werfen Zettel in den Plenarsaal.]

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass solche Kundgebungen hier nicht erlaubt sind. Ich bitte die Ordnungskräfte, das zu unterbinden. Ich ordne an, dass die Beteiligten die Besuchertribüne verlassen.

[Oliver Friederici (CDU): Wer macht den Dreck hier weg? – Macht das weg! – Kurt Wansner (CDU): Wer hat die denn bestellt? – Frank-Christian Hansel (AfD): Die Gruppe da drüben, wer denn sonst?]

Dann komme ich zu

lfd. Nr. 2:

Fragestunde

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

(Senatorin Regine Günther)

Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Die Fragen müssen ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen; sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein. Ansonsten werden die Fragen zurückgewiesen. Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu; eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden. Für die erste Frage rufe ich ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte, an das Redepult zu treten; Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Herr Kollege Zimmermann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie hat sich der Personalbestand im Bereich der inneren Sicherheit in den letzten Jahren entwickelt und welchen Stellenaufwuchs plant der Senat mit dem Haushalt 2020/21?

Herr Senator Geisel, bitte schön!

Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Abgeordneter Herr Zimmermann! Berlin ist in den letzten Jahren um mehrere 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner gewachsen. Es ist klar, dass auch der Bereich Polizei und Feuerwehr mitwachsen muss, um die Aufgaben in der Stadt erfüllen zu können. Sie wissen, Sie sind Abgeordneter im Innenausschuss und innenpolitischer Sprecher, in welcher Belastungssituation die Polizistinnen und Polizisten, die Feuerwehrleute in unserer Stadt arbeiten. Aus dieser Belastungssituation resultieren eine hohe Anzahl von Überstunden und zum Teil fehlende Präsenz im öffentlichen Raum.

Genau deshalb haben wir uns in dieser Legislaturperiode entschlossen, die Personalstärke bei Polizei und Feuerwehr deutlich anzuheben. Um einmal die Größenordnung zu beschreiben: Wir hatten im Jahr 2016, am Ende der vergangenen Legislaturperiode, im Vollzug auf der Straße etwa 16 300 Polizistinnen und Polizisten. Dazu muss man wissen, dass in der vergangenen Legislaturperiode die Stellenanzahl bei der Polizei schon um 500 gewachsen ist. Um einmal eine Vergleichszahl zu nennen: Im Jahr 2000 hatten wir 18 000 Polizistinnen und Polizisten im Vollzug auf der Straße. Damit möchte ich die Diskrepanz zeigen. Berlin ist gewachsen, die Zahl der Polizisten ist aber gesunken.

Gerade deshalb ist es wichtig, mit größter Priorität am Personalaufwuchs zu arbeiten. Gegenwärtig ist die Situa

tion so, dass wir 17 300 Polizistinnen und Polizisten im Vollzug auf der Straße haben. Wenn wir diese Linie fortsetzen und im Haushalt 2020/21 die vom Senat vorgeschlagenen Beschlüsse dann vom Abgeordnetenhaus auch getroffen werden, werden wir am Ende dieser Legislaturperiode etwa 18 100 Polizistinnen und Polizisten im Vollzug auf der Straße haben. Wir gehen also von 16 300 auf 18 100. Das reicht aber nicht aus, weil die wachsenden Aufgaben unserer Stadt auch weiterhin einen Personalaufwuchs bei der Polizei– und ich komme später noch zur Feuerwehr – erfordern. Das heißt, wir haben uns in den Haushaltsberatungen mit der Senatsverwaltung für Finanzen auf einen weiteren Pfad, auch für die nächste Legislaturperiode, verständigt, der so aussieht, dass wir im Jahr 2024 etwa 18 900 Polizistinnen und Polizisten im Vollzug auf der Straße haben werden.

Wie kommen wir auf diese Zahlen? – Zunächst muss man sagen, dass die Demografie bei der Polizei und auch bei der Feuerwehr in großem Umfang zuschlägt, das heißt, wir haben in den nächsten Jahren viele Kolleginnen und Kollegen, viele Hunderte Kolleginnen und Kollegen, die aus Altersgründen in den Ruhestand gehen werden. Und dann besteht die Herausforderung darin, diese frei gewordenen Stellen zu besetzen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Polizei weiter aufwachsen kann.

Um das zu erreichen, fahren wir die Polizeiakademie in Ruhleben und die Hochschule für Wirtschaft und Recht, die Sektion, die dort die Polizei ausbildet, auf der obersten Kapazitätsgrenze. Das sind etwa 1 200 Anwärterinnen und Anwärter, die da jetzt pro Jahr ausgebildet werden. Wir haben die Ausbildungszahlen mehr als verdoppelt, fast verdreifacht. Und wenn wir diese höchste Kapazität weiter fahren, dann erreichen wir die Ziele, die ich gerade genannt habe.

Das heißt im Umkehrschluss: Keiner könnte mehr, denn wenn man mehr Polizistinnen und Polizisten als diese 18 100 am Ende der Legislaturperiode haben wollte, müsste man die Kapazitäten der Polizeiakademie und der HWR erweitern. Dazu sind Baumaßnahmen und die entsprechenden Lehrerinnen und Lehrer notwendig. Beides steht kurzfristig nicht zur Verfügung. Ob in den nächsten Legislaturperioden auch ansteht – je nachdem, wie die Stadt Berlin weiter wächst –, diese Kapazitäten zu erweitern, mag möglich sein, aber wir brauchen die Erweiterung jetzt, weil wir aufgrund der Demografie jetzt schon enorm unter Druck sind.

Natürlich haben wir dann auch innerhalb der Polizei Personalverstärkungen vorgenommen, beispielsweise im polizeilichen Staatsschutz. Da hatten wir vor dem Anschlag am Breitscheidplatz etwa 80 Kolleginnen und Kollegen im Einsatz. Ohne dass ich dessen Ergebnissen vorgreifen möchte, wird der Untersuchungsausschuss zum Breitscheidplatz sicherlich feststellen, dass dort eine Verstärkung vorgenommen werden muss. Die haben wir

(Präsident Ralf Wieland)

bereits vollzogen und die Kolleginnen und Kollegen im polizeilichen Staatsschutz zahlenmäßig verdoppelt. Wir haben jetzt etwa 160 Kolleginnen und Kollegen dort im Einsatz. Die Ausrüstung hat sich verbessert, Hardware, Software haben sich deutlich verbessert. Und wir bauen an dem neuen Antiterrorzentrum an der Ringbahnstraße, um auch die räumlichen Voraussetzungen für gute Arbeit zu schaffen.

Und insgesamt besteht das Ziel natürlich darin, die Präsenz der Polizei im öffentlichen Raum zu verstärken und damit das subjektive Sicherheitsgefühl zu verbessern, besteht darin, beispielsweise die Fahrradstreifen bis 2021 personell zu verstärken, um auf diese Art und Weise entsprechend Präsenz zu zeigen. Wir müssen uns bei der Terrorbekämpfung verstärken; auch das haben wir – ich sagte das schon – entsprechend getan. Und das Ziel besteht auch darin, die Ansprechbarkeit der Berliner Polizei zu erhöhen, das heißt also, im Jahr 2021 auch deutlich mehr Kontaktbereichsbeamte wieder auf der Straße zu haben, als dies gegenwärtig der Fall ist.

Bei der Feuerwehr haben wir die Situation, dass wir am Anfang der Legislaturperiode, 2016, 4 200 Kolleginnen und Kollegen im Einsatz hatten, gegenwärtig sind es 4 600, und am Ende der Legislaturperiode werden es 4 900 sein. Auch das ist dringend erforderlich, weil durch diesen personellen Aufwuchs die Leistungsfähigkeit der Berliner Feuerwehr erhalten und gestärkt wird. Wir wissen das alle; wir kennen die Diskussionen, die dazu geführt haben: Die personelle Verstärkung hat da eine Schlüsselfunktion.

[Mario Czaja (CDU): Herr Präsident! Was ist denn das? Das ist Zeitschinderei! – Weitere Zurufe von der CDU]

Gleichzeitig müssen wir aber so etwas auch bei der Ausrüstung und bei den Fahrzeugen der Berliner Feuerwehr tun.

[Zuruf von der CDU: Das ist doch Show, was Sie hier machen!]

Sie hören das nicht gerne! Sie hören das nicht gerne; das hat auch einen guten Grund.

[Heiko Melzer (CDU): Der Senator geht schon! – Weitere Zurufe]

Das heißt, wir sind in dieser Legislaturperiode sehr gut unterwegs, die Handlungsfähigkeit der Berliner Polizei und der Berliner Feuerwehr entsprechend zu verstärken,

[Weitere Zurufe von der CDU]

um auf diese Art und Weise effektiv Kriminalität bekämpfen zu können. Das ist uns sehr wichtig. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Erst einmal vielen Dank! – Ich erlaube mir trotzdem den Hinweis: Wenn es eine Frage gibt, die Sie nicht in Kürze beantworten können, wäre ich für ein Signal dankbar.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Es sollte schon kompakt sein! – Herr Kollege Zimmermann! Wünschen Sie, eine Nachfrage zu stellen? – Nein! Dann hat Herr Kollege Freymark das Wort – und Sie formulieren eine Frage, die ganz kurz und prägnant ist.

Natürlich, Herr Wieland! Sehr gerne! – Herr Innensenator! Wir haben mehr Polizisten auf der Straße, demnach brauchen wir auch gute, sichere Gebäude. Warum ist Ihnen die Sanierung der Gebäude nicht wichtig, demnach gibt es auch keine Einstellung von Mitteln im Haushalt?

[Oliver Friederici (CDU): Gute Frage!]

Herr Senator Geisel!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Freymark! Man muss Prioritäten setzen.