Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

[Gongzeichen]

Ich gehe davon aus, dass sich jetzt alle Fragestellerinnen und Fragesteller eingedrückt haben, die davon Gebrauch machen wollten, und ich beende die Anmeldung.

[Gongzeichen]

Ich verlese die ersten zehn der eingedrückten Fragestellerinnen und Fragesteller – in Anbetracht der Zeit, denke ich, dürfte das auch erst mal reichen –: Herr Freymark, Herr Friederici, Herr Kerker, Herr Ubbelohde, Herr Vallendar, Herr Kohlmeier, Herr Isenberg, Frau Demirbüken-Wegner, Herr Buchholz – ich gucke gleich, welcher das ist – und Frau Pieroth-Manelli. – Wir beginnen mit Herrn Freymark. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Ich frage den Senat, wie er den Sachverhalt bewertet, dass auf der Strecke der S 75 nicht nur eine Kürzung stattgefunden hat, sondern nunmehr auch Bauarbeiten die komplette Lahmlegung organisiert haben und am Montag auch noch der Schienenersatzverkehr ausgefallen ist. Ist das die ÖPNV-Wende, die sich der Senat wünscht?

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Für den Senat bitte ich Frau Senatorin Günther um Beantwortung.

Sehr geehrter Herr Freymark! Natürlich, das wissen Sie, arbeiten wir mit höchster Intensität daran, dass der öffentliche Personennahverkehr einwandfrei und für alle zufriedenstellend verläuft.

[Lachen von Holger Krestel (FDP)]

Dazu gehört aber auch, dass wir bauen. Das ist dann für die Nutzerinnen und Nutzer oft eine Erschwernis, aber

wenn wir nicht bauen würden, wären die Strecken in absehbarer Zeit gar nicht mehr zu nutzen. Richtig ist aber auch, wenn wir bauen, müssen wir natürlich für Ersatz sorgen. Wenn wir für Ersatz sorgen, muss der funktionieren. Auch das funktioniert nicht immer reibungslos, weil – und das ist nicht nur in diesem Fall so – zu wenige Wagen und Busse zur Verfügung stehen. Wenn es woanders ein Ereignis gibt, kann es sein, dass Busse abgezogen werden. Ich kann noch mal gucken, ob das in diesem Fall so war.

Es ist nicht das erste und einzige Mal, was wir zutiefst bedauern, aber der Grund ist, dass wir einen riesigen Engpass haben: U-Bahn, S-Bahn, Busse. Das ist stadtweit bekannt, dass es zu solchen Ereignissen kommen kann. Wir bzw. die Verkehrsunternehmen versuchen nach allen Kräften, so etwas auszuschließen. Wenn so etwas stattfindet, halten wir das auf Fachebene nach. Es kann manchmal auch größere Verwerfungen geben, insbesondere wenn die S-Bahn, aus welchen Gründen auch immer, auf einer ganzen Linie ausfällt. Das ist natürlich für die Nutzerinnen und Nutzer höchst ärgerlich und schwierig. Wir entschuldigen uns dann, aber vollständig ausschließen können wir das nie.

Herr Freymark! Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Frau Senatorin! Jetzt haben Sie sich zwei, drei Minuten gerechtfertigt. Das kann ich verstehen. Vielen Dank! Aber zugleich bei den Menschen den Eindruck zu erwecken, eine Verkehrswende wäre möglich, und egal, wo es Probleme geben kann, es gibt sie auch – –

Stellen Sie bitte Ihre Frage!

Meine Frage ist: Wie können Sie gegenüber den Menschen dort weiterhin den Eindruck erwecken, dass die Verkehrswende möglich ist, wenn die einfachsten Sachen nicht funktionieren?

[Beifall von Stephan Standfuß (CDU) und Sven Kohlmeier (SPD)]

Frau Senatorin, bitte!

(Senatorin Dilek Kalayci)

Na ja, wir kämpfen mit den Altlasten einer Regierungszeit, an der Sie auch beteiligt waren. Das muss ich einfach auch so sagen.

[Zurufe von der CDU, der AfD und der FDP]

Nein, wir haben eine Zeit der Sparpolitik gehabt! Das kann man kritisieren oder nicht kritisieren. Ich habe das nie nachhaltig kritisiert, weil es zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einem bestimmten Maß nicht falsch war, allerdings kam die Wende zu spät, und damit kämpfen wir jetzt. Wir haben eine Durststrecke. Ich habe die benannt. Ich habe gesagt: Wir müssen warten, bis die SBahnwagen da sind. Die erste große Erleichterung wird eintreten, wenn die U-Bahnwagen kommen. Wenn wir die bestellen können, wird es hoffentlich schneller gehen. Aber auch da sehen Sie, durch welche gerichtlichen Prozesse wir hindurchmüssen, sonst wären viele Prozesse schon abgeschlossen und die U-Bahnwagen bestellt.

Die Verkehrswende fußt darauf, dass wir den ÖPNV anders aufstellen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Das ist erkennbar auch mit Hürden verbunden, aber wir werden diese Hürden nehmen und meistern. Insofern ist jetzt in Fatalismus zu verfallen, wie ich das bei Ihnen heraushöre, glaube ich, der falsche Weg, sondern wir müssen jetzt den Menschen einen Weg aufzeigen, obwohl es eine Durststrecke gibt, die niemand bestreitet, damit wir am Ende eine bessere und serviceorientierte Mobilität haben, mit der man schneller und besser von A nach B kommt und die die Stadt insgesamt sauberer und leiser macht. Das ist das Ziel.

Nur, Infrastruktur – ich werde nicht müde, das auch in jedem Interview zu sagen – hat man nicht neu auf Knopfdruck. Ich weiß, dass die Menschen heute gewohnt sind, dass mit einem Wisch alles da ist, spätestens morgen steht der Lieferwagen vor der Tür. So wird es nicht sein. Wir werden die Planungsprozesse durchschreiten müssen, da gibt es Bürgerbeteiligung, da wird es auch Hürden gerichtlicher Art geben, wie wir jetzt sehen. Aber es ist sehr klar, wo das Ziel ist, und das verfolgen wir intensiv.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Die zweite Nachfrage geht an Herrn Friederici. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage noch mal zu Frage und Antwort Nr. 1 meines verehrten Kollegen Danny Freymark hinsichtlich des Ersatzverkehrs. Frau Senatorin! Wieso ist es in Ihrem Hause nicht möglich, eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe einzurichten, gemeinsam mit

dem VBB, der Berliner S-Bahn, der BVG, der Deutschen Bahn und den nahe bei Berlin liegenden Verkehrsunternehmen, die ad hoc tagen muss, Ersatzverkehre organisiert, so wie andere Städte, London und Paris, das machen, wo innerhalb einer halben Stunde oder Stunde Ersatzverkehre realisiert werden können – beispielsweise von Busunternehmen aus dem Umland Berlins, die ja nicht immer konjunkturell gut aufgestellt sind?

Ich glaube, Ihre Frage ist verstanden. Wir brauchen keine weiteren Ausführungen dazu. Vielen Dank! – Frau Senatorin, Sie haben die Möglichkeit zu antworten.

Herr Friederici! Die Abläufe sind sehr klar beschrieben und organisiert. Es gibt eine Arbeitsgruppe, wo genau sehr langfristig geprüft wird, wo gibt es Baustellen, wo gibt es Schwierigkeiten, wie kann man das alles so organisieren, dass es gut aufeinander abgestimmt ist. Das ist aber so, dass, wenn diese Baustellen da sind, vielleicht auch kurzfristig noch weitere Einschränkungen dazukommen – dazu brauchen wir keine neue Arbeitsgruppe, dazu sind dann die Verkehrsunternehmen verpflichtet, das nachzuhalten. Meines Erachtens geht es schneller und ist auch zielführender, wenn es in einer Hand liegt, als wenn wir jetzt anfangen, neue Arbeitsgruppen aufzubauen, die dann gegebenenfalls noch viel Zeit brauchen, um auch mal zusammenzufinden. Es gibt ein klares Verfahren, das funktioniert in 95 Prozent der Fälle sehr gut. Für die restlichen 5 Prozent muss man nachschärfen, was da das Unternehmen noch verbessern kann. Nur, neue Arbeitsgruppen sind jetzt hier nicht der Weg nach vorne.

Die nächste Frage geht an Herrn Abgeordneten Friederici. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat und nehme den Gesprächsfaden vom letzten Mal noch mal auf: Hinsichtlich der Presseberichterstattung des heutigen Tages in den Medien Berlins, wonach der Eröffnungstermin des Flughafens BER kolportiert entweder am 4. Oktober 2020 oder direkt nach den Herbstferien 2020 sein soll – wie sieht die Stellung des Senats aus, was haben Sie uns denn nun dazu mitzuteilen?

Für den Senat wird Herr Senator Kollatz antworten. – Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Das scheint tatsächlich ein Dauerbrenner der Anfragen zu sein.

[Zuruf von der CDU: Seit vier Jahren!]

Sie haben sich doch selbst die Antwort ja schon gegeben. Gegenwärtig laufen die sogenannten Wirkprinzipprüfungen am Flughafen und stehen kurz vor dem Abschluss. Wenn sie erfolgreich abgeschlossen werden können, ist klar, dass dann die nächste Phase beginnt. Also wenn die Wirkprinzipprüfungen abgeschlossen sind, ist der Flughafen im Kern fertig. Dann beginnt die Phase, die man ORAT nennt, das ist die Vorbereitung des operativen Betriebs. Da ist die im Fernsehen zu sehende Phase auch drin, wo mit vielen Komparsen ein Flugbetrieb am Boden nachgestellt wird. Insofern ist es so, wenn die Wirkprinzipprüfung positiv abgeschlossen ist, dann wird dieses Datum, ein oder zwei Wochenenden werden das sein, bekanntgegeben. Und nachdem der Umzug stattgefunden hat – nur, damit das dann auch klar ist –, soll kein kommerzieller Flugbetrieb mehr in Tegel stattfinden. Also Sie sollten sich das bitte nicht so vorstellen, dass am BER und in Schönefeld geflogen wird, und es wird auch noch eine Teilmenge in Tegel geflogen. Nein, es wird so sein, dass nach diesem Umzug, der an einem oder zwei Wochenenden stattfinden wird, kein kommerzieller Betrieb mehr in Tegel stattfindet. Dass wir jetzt darüber diskutieren, wann das genau ist, Leute, das ist ein echter Fortschritt.

[Lachen bei der CDU]

Herr Friederici! Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage.

Unbestritten, Herr Senator! Da haben Sie völlig recht. – Ich frage nach: Wenn Sie davon ausgehen, dass innerhalb von 14 Tagen der Flughafen Tegel komplett umgezogen sein soll zum Flughafen BER und die Kapazität dort entsprechend, wie sie ist, ja nun sein soll, reicht das, oder gehen Sie davon aus, dass der Terminal 2 nicht pünktlich fertig wird zu diesem Eröffnungstermin, der ja dann genannt werden soll?

Herr Senator, bitte, Sie haben das Wort!

Das war jetzt eine Reihe von Fragen in einer verschachtelt. Ich will trotzdem versuchen, das, was vielleicht der

Sinn dahinter ist, zu beantworten. – Erstens: Selbst wenn es so wäre, dass das Terminal T2, also das frühere Terminal T1 E, nicht fertig ist, reicht die Kapazität im BER und in Schönefeld aus. – Zweitens: Wenn es so ist – was auch angestrebt wird –, dass dieses Terminal fertig ist, dann haben wir dort eine deutlich größere Kapazität. Bitte vergessen Sie nicht, dass allein in dem Terminal 1 mehr geflogen werden kann als in ganz Tegel zusammen. Insofern ist es so: Wenn dann eine zusätzliche Kapazität von etwa 5 Millionen Passagieren da ist, ist für die nächste Entwicklungsphase auf jeden Fall schon ein wichtiger Baustein da. Die Flughafengeschäftsführung hat das ausführlich in einem Unterausschuss dieses Hauses dargestellt. Sie hat dort auch detaillierte Kapazitätsberechnungen vorgestellt. Aber dem Grunde nach müssen Sie sich das so vorstellen, dass die Kapazität auch ohne das Terminal T2 ausreicht, dass damit auf jeden Fall der Winterflugplan bedient werden kann, dass der danach folgenden Sommerflugplan auf jeden Fall auch bedient werden kann. Das kann sicherlich noch besser und mit zusätzlichen Erweiterungsmöglichkeiten bedient werden, wenn das Terminal T2, alt T1 E, fertig ist.

Die zweite Nachfrage geht an den Abgeordneten Otto. – Bitte sehr!

Herr Senator! Wenn hier jetzt schon über die Wochentage gestritten wird, dann zeigt das ja, dass offensichtlich in allen Fraktionen die Wahrscheinlichkeit, dass der Flughafen eröffnen könnte, leicht gestiegen ist. – Ich habe nur folgende Frage: Gilt für das Land Berlin in Bezug auf den BER weiterhin der Grundsatz: Eröffnen hat erste Priorität gegenüber irgendwelchen Erweiterungen, T2 etc.?

[Torsten Schneider (SPD): Ihr wollt doch nur eure Urlaubsplanung synchronisieren!]

Herr Senator!

Ja, Herr Abgeordneter. Und das ist auch ganz wichtig, und das will ich auch noch mal erläutern. Eine Grundvoraussetzung dafür, dass wir jetzt so weit gekommen sind – und wir sind so weit gekommen, wie wir noch nie waren –, ist, dass es die feste Verabredung der Geschäftsleitung auch mit dem Senat und mit der Landesregierung Brandenburg und dem Bund gab: Es wird nichts mehr geändert. Der Flughafen hatte in früheren Jahren mitunter das Prinzip verfolgt, dass man gesagt hat: Okay, da kommen jetzt mehr Passagiere, dann kleben wir an das T1 noch ein paar Seiten an –, und das ist alles auch

fachlich sicherlich sinnvoll. Was dabei unterschätzt worden ist, ist, dass das dazu führt, dass neue Genehmigungsverfahren ausgelöst werden, die gehen nicht immer so schnell, wie man sich das vorstellt, und es werden auch tatsächlich ganze Prozesse noch mal zurückgesetzt. Deswegen ist es klar, an dem Terminal 1 wird nichts geändert. Da wird es keine neue Gepäckabfertigungsanlage geben, nichts, es wird nichts geändert, sondern es wird so fertiggestellt, wie wir es nun vorgefunden haben. Und das scheint auch zu gelingen.

Deswegen ist auch der Ansatz, dann etwas danebenzustellen wie das T2, richtig, ein Generalunternehmer hat dieses Bauvorhaben übernommen. Dieses Bauvorhaben kann auch sinnvoll verbunden werden mit dem Terminal 1, es hängt aber in den Genehmigungen und Inbetriebnahmen eben nicht an dem Terminal 1, umgekehrt auch nicht. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um den Flughafen endlich und nach einer für dieses Parlament sehr langen, quälenden Periode nun tatsächlich in Betrieb zu nehmen. Trotz allem ist es so, deswegen habe ich vorhin auch die Anmerkung gemacht, dass das ein Erfolg ist, weil auch hier im Haus darüber diskutiert worden ist, noch vor wenigen Wochen, dass es doch nun irgendwie angesagt wäre, dass man das jetzt endlich mal schließt und zum Ergebnis kommt, dass da nie was draus wird. Das ist nicht so. Daraus wird was. Und es ist wichtig, dass wir keine Veränderungen an den Gebäuden vornehmen, bis die Inbetriebnahme stattgefunden hat.

Die nächste Frage geht an Herrn Abgeordneten Kerker. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat den von der „Berliner Zeitung“ am 20. September 2019 publizierten Fall, wonach ein Schulkind von einer Lehrerin regelrecht genötigt wurde, sich dem Massenaufmarsch von Klimademonstranten anzuschließen?