Protokoll der Sitzung vom 31.10.2019

Sie wollen den Gesetzentwurf außerdem nur im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung sowie im Hauptausschuss beraten. Ich denke, dass man sich nicht nur diejenigen anhören sollte, die das Gesetz begrüßen, sondern vor allen Dingen auch jene, die Sorgen haben. Das sind die Wissenschaftler im Bereich der Tierversuche, die Veterinärämter selbst und die Wirtschaft. Für eine Selbstbeweihräucherung sind wir schließlich nicht Volksvertreter geworden.

Ich hoffe auch, dass Sie die Verbandsklage jetzt nicht als ein Standardinstrument in allen Rechtsbereichen anfangen einzuführen. Bei Rot-Rot-Grün hat man das Gefühl,

dass das Ihr Lieblingsthema ist. Die Verbandsklage ist äußerst restriktiv anzuwenden, wenn man die Justiz nicht belasten will. Das muss man wirklich im Blick behalten.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Wir werden das Gesetz in den Ausschüssen konstruktiv begleiten und hoffen, dass es auch die angestrebte Verbesserung für das Wohl der Tiere erreicht. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Abgeordnete Dr. Efler das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anscheinend herrscht bei diesem Thema große Einigkeit. Auch meine Fraktion begrüßt außerordentlich, dass wir jetzt den Gesetzentwurf zum Tierschutzverbandsklagerecht vorliegen haben. Ich persönlich habe mich bei den Koalitionsverhandlungen sehr stark dafür eingesetzt und hätte mir gewünscht, dass der Entwurf etwas schneller ins Parlament kommt. Aber immerhin ist er jetzt hier. Ich möchte darauf hinweisen, dass es der dritte institutionelle Fortschritt im Bereich des Tierschutzes ist, den wir in dieser Wahlperiode auf den Weg bringen. Wir haben eine hauptamtliche Tierschutzbeauftragte eingesetzt, einen Tierschutzbeirat einberufen und nun das Verbandsklagerecht initiiert. Das ist ein sehr, sehr guter Schritt, den wir hiermit tun. Wir heben den Tierschutz auf ein neues Level. Ich glaube, es gab kaum eine Zeit, in der so viele tierschutzpolitische Verbesserungen beschlossen wurden wie in diesen drei Jahren in Berlin. Darauf bin ich stolz; das ist gut.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Sabine Bangert (GRÜNE) und Dr. Stefan Taschner (GRÜNE)]

Ich bedanke mich auch außerordentlich bei Senator Dirk Behrendt dafür, dass er das – eher weniger vergnügungssteuerpflichtig – durchgebracht hat durch den Senat.

Warum das Gesetz sinnvoll ist, wurde schon von einigen erwähnt; das kann ich relativ kurz fassen: Das juristische Ungleichgewicht beim Tierschutz wird beseitigt. Hinzu kommt der subjektive Rechtsschutz – Tiere können sich nicht selbst vor Gericht vertreten. Übrigens ist das Strafrecht keine Alternative, weil viele Verstöße gegen das Tierschutzrecht nun einmal nicht strafbewehrt sind. Das Strafrecht sollte wirklich der Ahndung ganz gravierender Verstöße vorbehalten sein, und nicht für – in Anführungsstrichen – normale Verstöße gegen den Tierschutz gelten.

(Marc Vallendar)

Ich will noch auf eines hinweisen: Verbandsklagerechte haben wir beispielsweise auch im Naturschutz- und Umweltrecht. Dort ist die Erfolgsquote erheblich höher als bei normalen Verwaltungsgerichtsprozessen. Bei Verbandsklagen im Bereich des Naturschutzrechts haben wir eine Erfolgsquote von 40 Prozent, bei normalen Verwaltungsgerichtsprozessen hingegen von 15 Prozent. Das zeigt schon, dass diese Instrumente effektiv sind, und das führt dazu, dass sich natürlich auch Behörden sehr viel sorgfältiger vorbereiten und ihre Entscheidungen begründen. Das trägt also wirklich zu einer verbesserten Rechtsanwendung bei und ist ein gutes Argument für das Tierschutzverbandsklagegesetz.

Wichtig ist mir auch: Wir sollten nicht nur über die Klagerechte reden. Wir haben im Gesetz ja auch die Mitwirkungsmöglichkeiten für die Tierschutzorganisationen. Auch das ist sehr, sehr wichtig. Wir werden hier sehr viel mehr Sachverstand in tierschutzrechtliche Rechtsakte oder in die Vorbereitung von Rechtsakten und mehr Beteiligung bekommen, und auch das passt sehr, sehr gut.

Ich will nun noch versuchen, mit einigen Mythen aufzuräumen, die es immer wieder bei Debatten um Tierschutzverbandsklagegesetze in der Vergangenheit und auch hier bei den Berliner Beratungen parallel zur Senatsbefassung gab: Klagewelle – ist schon angesprochen worden. Politiker sollten vielleicht nicht so viel versprechen, aber ich verspreche hoch und heilig: Es wird keine Klagewelle geben aufgrund dieses Gesetzes. – Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass nur anerkannte, gemeinnützige Verbände überhaupt klagen können. Es ist mit Kosten verbunden. Wenn man sich die Erfahrungen in anderen Bundesländern ansieht, ist das Ganze sehr, sehr maßvoll eingesetzt worden. – Das wird also nicht passieren, sondern man wird sich sehr genau überlegen, in welchen Fällen man das machen will.

Der Forschungsstandort Berlin wird auch nicht zusammenbrechen. Das ist ja von Einzelnen zumindest bei einer bestimmten Ausgestaltung des Verbandsklagegesetzes tatsächlich ernsthaft befürchtet worden. Das wird nicht passieren – allein schon deshalb, weil es keine Klagewelle gibt, aber auch deshalb, weil ich den Forschungsinstitutionen nicht unterstelle, dass sie gegen geltendes Recht verstoßen. Insofern müssen wir auch hier gar nichts zu befürchten haben.

Dann wird gelegentlich eingewandt, Verbandsklagerechte wären ein Fremdkörper im Recht – ein bisschen klang das auch bei Herrn Vallendar an: Ich will nur darauf hinweisen, dass es Verbandsklagerechte jetzt schon in vielen, vielen Rechtsgebieten gibt – im Umweltrecht, im Gleichstellungsrecht, im Verbraucherschutzrecht, im Wettbewerbsrecht, und auch in anderen Rechtsgebieten kann man darüber nachdenken. Wir wollen es natürlich nicht in allen Gebieten einführen, sondern da, wo es wirklich Sinn

macht. Aber es ist sicherlich kein Fremdkörper, sondern ein Bestandteil in mehreren Rechtsgebieten.

Ich will aber schon noch bei den Beratungen über dieses Gesetz an der einen oder anderen Stelle schauen, auch Verbesserungen zu beschließen. Ich glaube nicht, dass wir schon ein zu 100 Prozent perfektes Gesetz vorgelegt haben. Ich will nur einen einzigen Punkt benennen, und zwar sollen Tierschutzorganisationen, soweit sie mitwirken, erst nach der Erteilung von Genehmigungen im Tierversuchsbereich Stellung nehmen können. – Das finde ich, ehrlich gesagt, ziemlich sinnlos. Also wenn man schon ein Mitwirkungsrecht bekommt, muss man das vor Erteilung einer Genehmigung tun können und nicht hinterher. Das ist nicht das Gleiche wie die Anfechtungsklage, sondern es geht hier um das Mitwirkungsrecht. Das gibt es so auch in keinem anderen Bundesland, dass man das quasi nachgelagert macht. – Ich denke, diesen Punkt und einige weitere sollten wir machen.

Zum Schluss möchte ich noch die Tierschutzbeauftragte in Hessen zitieren, weil sie eigentlich alles in einem Satz gesagt hat, warum man so ein Instrument braucht: Es gibt keinen wirksameren Weg, Tierschutz mit Leben zu füllen, als sich dafür übliche, rechtsstaatliche Methoden dienstbar zu machen. – Das sollte allen, die sich für den Rechtsstaat interessieren – und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es noch einige hier in diesem Haus sind –, zu denken geben, und ich hoffe auf eine breite Mehrheit bei der Verabschiedung des Gesetzes. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schmidt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben bei diesem Thema offensichtlich einen ganz großen Konsens im Raum, und ich bin auch nicht derjenige, der jetzt aus diesem Konsens herausfallen wird – soweit erst mal, dass es keine Überraschungen geben wird.

Für mich ist ein ganz wesentliches Argument, dass der Tierschutz Staatsziel ist – Daniel Buchholz hat das erwähnt – und auch in der Verfassung des Landes Berlin verankert ist und es somit eine Verpflichtung ist, dieses Ziel auch umzusetzen. In der Praxis haben wir immer wieder ganz offensichtliche Lücken, und der Gesetzentwurf versucht, solche Lücken zu verringern, indem er mehr Transparenz schafft, indem er die Möglichkeit gibt, auf Missstände und offensichtliche Lücken hinzuweisen, indem er Mitwirkungsmöglichkeiten und auch die Möglichkeit einzugreifen eröffnet, wenn Verwaltungshandeln

(Dr. Michael Efler)

schiefläuft. – Deshalb ist das erst einmal eine gute Sache. Das dient dem Tierschutz; ich halte das für richtig.

[Beifall bei der FDP]

Wir haben auch das Glück, dass wir wesentliche Konflikte aus anderen Bundesländern nicht haben. Da war nämlich immer der Konflikt mit der Landwirtschaft. Wir in Berlin als nicht besonders landwirtschaftlich geprägtes Bundesland sind nicht von Stallgenehmigungen und Ähnlichem betroffen. Auch finde ich, dass im Laufe des Prozesses das Gleichgewicht mit den Interessen der Wissenschaft gut gelungen ist. Ich glaube, das ist jetzt in vernünftiger Weise geregelt worden und entspricht sowohl den Interessen der Wissenschaftler als auch der Tierschützer.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Wesentlicher Punkt ist für mich, dass es eben nicht nur darum geht, umstrittene Entscheidungen zu beklagen, sondern auch darum, auf Nichthandeln und Unterlassen von Ämtern mit Klagen zu reagieren. Da gibt es ganz konkrete Themen in der letzten Diskussion von der Qualzucht über die sehr umstrittenen Tierbörsen bis hin zur Haltung von Zirkustieren. Es ist durchaus richtig, dass dort, wo die VetLeb-Ämter nicht reagieren, jetzt die Möglichkeit geschaffen wird, einzugreifen.

[Beifall bei der FDP]

Das meine ich jetzt ganz bewusst nicht als Kritik an den VetLeb-Ämtern. Im Rat der Bürgermeister gab es da Emotionen, auch im Tierschutzforum. Es geht überhaupt nicht darum, dass ich daran zweifeln würde, dass die bezirklichen VetLeb-Mitarbeiter Pflichtbewusstsein,

Motivation und Einsatzbereitschaft haben. Viele haben diesen Entwurf als Kritik an ihrer Arbeit empfunden – darum geht es überhaupt nicht. Wir haben aber das Problem, dass gerade die Veterinär- und Lebensmittelämter in den letzten Jahren sehr stark heruntergespart worden sind und deshalb in vielen Bereichen ihre eigentlichen Aufgaben gar nicht mehr erfüllen können. Ich erinnere an Bezirke, die das gern gemacht haben, weil sie gewusst haben, dass das am Anfang gar nicht so auffällt, wenn im Tierschutz und bei der Lebensmittelsicherheit keiner mehr vorbeikommt.

Das Verfassungsgebot des Tierschutzes konnte deshalb an vielen Stellen nicht mehr sicher umgesetzt werden, und dieses Verbandsklagerecht ist natürlich überhaupt keine Lösung für diesen mangelhaften Tierschutz, der aus Mangel an Ressourcen entsteht, sondern das kann nur durch eine ausreichende Ausstattung der VetLeb-Ämter mit Personal und Sachmitteln behoben werden. Die ausreichende Ausstattung muss auch durch das vorliegende Gesetz erhöht werden, denn da wird es einen Zusatzaufwand geben – Herr Vallendar hat darauf hingewiesen –, und der ist in dem Entwurf künstlich kleingerechnet worden. Wir müssen uns da ehrlich machen und die entsprechenden Mittel im Haushalt einstellen, damit dieses Gesetz dann auch von den Ämtern erfüllt werden kann.

[Beifall bei der FDP]

Ich sehe auch noch Diskussionsbedarf bei den Kriterien für die Zulassung klageberechtigter Tierschutzorganisationen. Mir geht die Forderung des Rats der Bürgermeister viel zu weit, und ich halte sie für übertrieben, der tiermedizinisches Fachpersonal und eine Rechtsabteilung der Tierschutzverbände fordert. Ich halte das für eine Sache, die viele von unseren sehr engagierten Tierschützern ausgrenzen würde. Aber in den meisten anderen Landesgesetzen steht z. B., dass eine allgemeine Leistungsfähigkeit der Organisation gegeben sein soll. Das steht in diesem Entwurf nicht drin. Ich denke, etwas, was in sieben anderen Landesgesetzen zum Verbandsklagerecht steht, könnte Berlin auch übernehmen, denn das hat sich bewährt.

[Beifall bei der FDP]

Für uns Freie Demokraten geht das Gesetz im Großen und Ganzen in die richtige Richtung. Wir sehen in einzelnen Details Verbesserungsbedarf. Wir glauben, dass es Sinn macht, an dem Gesetz noch weiter zu arbeiten. Ich halte es für sinnvoll, auch noch eine Anhörung mit den ganz unterschiedlichen Beteiligten aus Tierschutz, Praxis, Veterinär- und Lebensmittelämtern, aus Wirtschaft und Wissenschaft zu machen, um dieses Gesetz wirklich völlig rund zu machen. Darum werden wir uns im weiteren Verfahren auch bemühen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.3:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 33

Ein Denkmal zur Mahnung und Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/2242

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Trefzer. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit etlichen Jahren setzen sich Opferverbände und ehemalige DDRBürgerrechtler für die Errichtung eines Mahnmals zur Erinnerung an die Opfer kommunistischer Gewalt

(Henner Schmidt)

herrschaft ein. Bereits vor fünf Jahren, aus Anlass des 25. Jahrestags des Mauerfalls, übergaben die Vertreter der Opferverbände einen Aufruf an den damaligen Bundestagspräsidenten Lammert, aus dem unser Antrag zitiert. Trotz zweier Beschlüsse des Deutschen Bundestags gibt es bis heute kein Konzept für ein entsprechendes Denkmal und schon gar keinen Errichtungsbeschluss.

Mit dieser Situation will sich meine Fraktion 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Diktatur in Deutschland nicht länger abfinden.