Protokoll der Sitzung vom 31.10.2019

Mit dieser Situation will sich meine Fraktion 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Diktatur in Deutschland nicht länger abfinden.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos), Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Unser Antrag zielt deshalb darauf ab, von Berliner Seite her die Vorbereitungen für die Errichtung eines Denkmals für die Opfer des Kommunismus proaktiv zu unterstützen.

Natürlich muss der Errichtungsbeschluss letzten Endes durch den Deutschen Bundestag getroffen werden – gar keine Frage –, aber bei der Umsetzung der Schritte auf dem Weg dahin kann Berlin und sollte Berlin nach unserer Auffassung enger mit dem Bund kooperieren, als das bislang der Fall ist. Dabei, um das deutlich zu sagen, steht unser Antrag in keiner Weise im Gegensatz zu den Beschlüssen des Bundestages, sondern baut auf die bereits erfolgten Schritte auf und ermöglicht so dem Senat, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das Projekt von Landesseite voranzutreiben.

Die Frage, die sich stellt, ist, ob Sie das überhaupt wollen, liebe Kollegen, vor allem liebe Kollegen von der Koalition. Wenn Sie das nämlich nicht wollen, wenn Sie kein Denkmal zur Erinnerung an die Opfer des Kommunismus wollen, besteht jetzt für Sie die Möglichkeit, das hier offen auszusprechen.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Aber die Zeit, das Denkmal durch Attentismus und Nichtstun auszusetzen, ist abgelaufen, denn wir können es den Opfern nicht noch einmal fünf oder zehn Jahre zumuten, auf dieses Denkmal zu warten. Deutschland braucht ein Denkmal für die Opfer des Kommunismus so dringend wie je zuvor, gerade vor dem Hintergrund der Tatsache, dass neosozialistische Ideen und DDRVerklärung wieder fröhliche Urstände feiern.

[Beifall bei der AfD – Bravo! von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Wir brauchen endlich einen opferübergreifenden, würdevollen Ort der Trauer, der Erinnerung und des Gedenkens für all jene Menschen, die in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR politisch verfolgt wurden, die durch Haft und Repressionen geschädigt wurden und die Schaden an Leib und Seele genommen haben oder die

sogar ihr Leben lassen mussten. Und wir brauchen endlich auch einen Ort, an dem die Leistungen der politisch Verfolgten und Oppositionellen, die durch ihren beharrlichen Einsatz und unter Risiko für ihr persönliches Wohlergehen für die Überwindung der DDR-Diktatur gekämpft haben, angemessen gewürdigt werden kann.

[Beifall bei der AfD]

Andere europäische Hauptstädte wie Vilnius, Prag, Budapest, Sofia und Tallinn sind da schon weiter. Dort gibt es bereits Mahnmale für die Opfer des Kommunismus, vor allem das Denkmal in Prag könnte uns als Vorbild dienen. Ein zentraler Ort im Herzen Berlins würde auch einen dringend notwendigen Beitrag dazu leisten, die Auseinandersetzung mit der kommunistischen Gewaltherrschaft als gesamtdeutsche und nicht mehr nur als ostdeutsche Aufgabe zu verstehen. Denn die Erinnerung daran, dass sich Menschen um den Preis ihres persönlichen Wohlergehens für Menschenwürde, Demokratie und Freiheit eingesetzt haben, gehört zur DNA unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung in ganz Deutschland.

Wer den Opfern des Kommunismus keinen angemessenen Raum für ein ehrendes Gedenken schafft, der setzt sich dem Verdacht aus, mit dem antitotalitären Grundkonsens der Bundesrepublik Deutschland auf Kriegsfuß zu stehen.

[Beifall bei der AfD]

Der Kommunismus ist aber nicht nur keine gute Idee, die an misslichen Umständen gescheitert ist, wie einige bis hinein in dieses Haus meinen, nein, der Versuch, die Idee des Kommunismus in die Realität umzusetzen, war von vornherein menschenverachtend und zum Scheitern verurteilt, und er hat unzähligen Menschen unendliches Leid zugefügt.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Ich komme zum Schluss: Die Lehren aus dem Scheitern des Kommunismus dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Dazu kann ein zentrales Denkmal zur Erinnerung an die Opfer des Kommunismus einen wesentlichen Beitrag leisten, auch und gerade als Mahnung für künftige Generationen. Unser Ziel, hier im Abgeordnetenhaus, muss dabei sein, der besonderen historischen Verantwortung Berlins als zentralem Ort der DDR-Diktatur gerecht zu werden. Der vorliegende Antrag der AfD-Fraktion trägt dieser Verantwortung Rechnung; dafür bitte ich um Ihre Unterstützung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Jahnke das Wort.

(Martin Trefzer)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht jetzt nicht darum, diese Opfergruppen von einer bestimmten Partei vereinnahmen zu lassen, wie es hier praktisch versucht wird, sondern es geht um das Problem insgesamt. Und da gibt es auf der Bundesebene – das wissen Sie genau – bereits Bewegung. Wir, hier in Berlin und auf Bundesebene, begehen in diesem Jahr den 30. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer und dürfen im kommenden Jahr den der deutschen Einheit feiern.

Diese beiden Ereignisse sind deshalb Grund zum Feiern, weil sie ein Zeichen der Demokratie sind. Sie bedeuten das Ende der SED-Diktatur, das letztlich durch eine friedliche Revolution herbeigeführt wurde. Mit dem Ende der SED-Diktatur begann deren Aufarbeitung, die auf vielfältige Weise geschieht. Die wissenschaftlich-historische Einordnung ist dabei natürlich ein zentraler Baustein, aber auch der öffentlich-mediale Diskurs, die pädagogische Aufarbeitung, die Beratung der Stasiopfer, der Zugang der ehemaligen DDR-Bürgerinnen und -Bürger zu den Stasiunterlagen und vieles mehr gehören dazu – und selbstverständlich das Gedenken an die Opfer. Gedenken, Aufarbeitung und Aufklärung gehen an Gedenkstätten wie Hohenschönhausen Hand in Hand und fließen ebenso ein in die Entwicklung des Bildungs- und Erinnerungsortes am Checkpoint Charlie, des Polizeigefängnisses Keibelstraße sowie des Campus für Demokratie.

Dieser Campus für Demokratie wird auf dem Areal der früheren Stasizentrale Berlin-Lichtenberg entstehen. Dazu haben wir uns im Abgeordnetenhaus von Berlin am 22. März letzten Jahres bekannt. Das Leitbild der Entwicklung der Stasizentrale zu einem Campus für Demokratie richtet dabei den Blick auf Repression, Revolution und Aufklärung im Kontext der Demokratiegeschichte. Demokratie wird hier bewusst als Kontrapunkt gesetzt zu Repression, Verfolgung an diesem Ort, der auch zum Schauplatz der Friedlichen Revolution geworden ist, als mutige Bürgerinnen und Bürger auf das Gelände vordrangen, um das Ende der Geheimpolizei zu besiegeln. Der Campus für Demokratie soll also zu einem Ort werden, der dazu einlädt, die gesellschaftliche Dynamik zwischen Diktatur und Demokratie zu reflektieren.

Sie sehen, es gibt bereits Institutionen und Orte des Gedenkens und der Aufarbeitung und mit dem Campus für Demokratie auch ein Leitbild, das das Ziel der Friedlichen Revolution in den Fokus rückt. Freiheit und Menschenrechte sind Ziele, vor allem da, wo sie unterdrückt werden; die Friedliche Revolution hat gezeigt, dass sie auch gewaltlos erkämpft werden können, gerade von jenen, die Gewalt erfahren mussten.

Die AfD-Fraktion hat nun einen Antrag eingebracht, in dem sie ein – ich zitiere – „Denkmal zur Mahnung und Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft“ fordert. Dem Antrag ist zu entnehmen, dass

man sich allerdings weniger auf Demokratie, Freiheit und Menschenrechte besinnen, sondern vielmehr die Opferhaltung monumental mahnend einnehmen möchte, indem man an einem zentralen Ort im Herzen Berlins eine Auseinandersetzung mit der kommunistischen Gewaltherrschaft sucht.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Nun sind wir ja durch das häufige Klagen der AfD über irgendwelche Unbilden, die ihrer Fraktion von den sogenannten Altparteien und anderen dunklen Mächten vermeintlich beigebracht werden, hinlänglich an ihre Opferverliebtheit gewöhnt, dennoch glaube ich nicht, dass bei der Entwicklung einer Gedenkstätte die Selbstwahrnehmung als Leitbild zielführend ist.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Nein, ist es auch nicht! Hat damit auch nichts zu tun!]

Zielführend wäre eine Konzeption im Sinne der Stärkung von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten durch historisch-politische Bildung,

[Franz Kerker (AfD): Das ist ja die Stärke der Demokratie!]

die eines nicht sein darf, nämlich einseitig.

Das Konzept der historischen und politischen Bildung, wie sie der AfD-Fraktion vorschwebt, ist schlechterdings monokausal aufgestellt, denn letztlich soll es, wie im Antrag zu lesen ist, über den freiheitsfeindlichen Charakter des Sozialismus aufklären.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig! – Franz Kerker (AfD): Sie haben es ja verstanden!]

Sie verwenden hier Begriffe wie Kommunismus, Sozialismus – alles synonym, spielt ja keine Rolle, egal.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Mit der SED haben Sie es verloren! Damals konnten Sie es noch!]

Hier geht es also nicht um historisch-politische Bildung, die dazu beiträgt zu verstehen, wie diktatorische, repressive Systeme funktionieren, unabhängig davon, ob links oder rechts, es geht vielmehr darum, ein Feindbild zu pflegen und hierfür Opfergruppen zu instrumentalisieren.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Frank-Christian Hansel (AfD): Blödsinn!]

Mit anderen Worten: Die AfD-Fraktion greift mal wieder nach der Geschichte, um sie in Ihrem Sinne zu schreiben, um sie sich zurechtzubiegen.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Trefzer?

Nein! – Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Entwicklung des Campus für Demokratie und die Entwicklung dessen, was auf Bundesebene ohnehin in der Richtung läuft, halte ich diesen Antrag nicht für zielführend, aber wir werden ihn im Ausschuss beraten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Dr. Juhnke jetzt das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD beschreibt in ihrem Antrag die Notwendigkeit, ein solches Mahnmal zu errichten. Dem kann man überhaupt nicht widersprechen. Die CDU hat diesen Gedanken übrigens schon lange. Zum ersten Mal war es ein Bundesparteitagsbeschluss der Union von 2012, der sich dieses Anliegen zu Herzen genommen hat. Es steht auch im Wahlprogramm der Union. Daher ist es im Grundsatz aus unserer Sicht vollkommen unstrittig.

[Beifall bei der AfD]

Es ist aber, auch das wurde schon gesagt, Aufgabe des gesamten deutschen Volkes. Damit ist der Bundestag die richtige Adresse für solche Vorhaben. Nun gibt es bereits seit dem September 2015 einen Beschluss der Koalition auf Bundesebene. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, das Gedenkstättenkonzept des Bundes im Sinne des Koalitionsvertrages weiterzuentwickeln und dabei entsprechend ein Denkmal zur Mahnung und Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft an einem zentralen Ort in Berlin vorzubereiten und zu begleiten. Das stammt aus der 18. Legislaturperiode, die mithin 2017 zu Ende gegangen ist. Daher kann man sich fragen, warum das nicht realisiert wurde.

[Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD) und Franz Kerker (AfD)]

Da gibt es verschiedene Überlegungen. Auch ich nehme das mit gewisser Unfreude zur Kenntnis, dass sich das verzögert. Nun kann man darauf hinweisen, dass es eine Koalition ist, die nicht nur aus einer Union, sondern auch aus einer anderen Partei besteht, die dort mitspielt. Wir, das muss man sich vielleicht auch noch einmal bei der Gelegenheit auf der Zunge zergehen lassen, haben auch in dem Prozess über die Errichtung des Einheits- und Freiheitsdenkmal gewisse Lehren, die wir ziehen sollten. Wir sollten es bei einem solchen Denkmal, das sich mit dieser Sache beschäftigt, dem Gegenstand entsprechend würdig, einen Prozess aufsetzen, der in der Lage ist, auch zu einem vernünftigen Ziel zu führen.

Nun gibt es einen zweiten Anlauf des Deutschen Bundestages in dieser Legislaturperiode – davon ist immer die Rede – mit einem Positionspapier der Unionsfraktion, das überschrieben ist: „Die deutsche Einheit: Erinnern – Anerkennen – Brücken bauen“. Das ist von März dieses Jahres. Darin stehen verschiedene Punkte, die alle wichtig sind. Ich will nur mal ein paar Punkte nennen. Da ist zum Beispiel die Rede von der Entfristung des SEDUnrechtsbereinigungsgesetzes. Es geht um die weitere Sicherstellung, dass eine Überprüfung auf hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für das MfS dauerhaft ermöglicht werden kann. Es geht um die Rehabilitierung von Heimkindern. Das ist auch ein ganz wesentliches Thema. Es geht aber auch um die Frage Spezialkinderheim und Jugendwerkhöfe, etwas, was in der Vergangenheit bisher nicht ausreichend gewürdigt wurde. Ich war kürzlich in Torgau und konnte mir dort die Gedenkstätte anschauen, die im ehemaligen einzigen geschlossenen Jugendwerkhof der DDR eingerichtet wurde. Es ist wirklich erschütternd, wenn man sich dort die Schicksale anschaut, die diese jungen Menschen erlitten haben. Ich denke, daran ist auch zu erinnern. Es geht noch um vieles mehr, beispielsweise die Umwandlung des Amtes des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes in einen Bundesbeauftragten für die Opfer der SEDDiktatur. Das, was wir hier in Berlin schon im Kleinen getan haben, soll auch auf der Bundesebene geschehen bzw. geschieht, von der AfD als Abschaffung des SED- oder des Bundesbeauftragten verunglimpft, was Unfug ist. Das Gegenteil ist der Fall. Es geht darum, diese Stelle weiter für die Zukunft vernünftig auszurichten. Es geht um einen Härtefallfonds SED-Unrecht und um vieles mehr. Es sind insgesamt 21 Punkte. Es geht aber auch um ein Mahnmal für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft. Das Thema ist nach wie vor virulent und hat auch Niederschlag in dem Beschluss der Koalitionsparteien im Bundestag gefunden, 30 Jahre Friedliche Revolution, wo es dann heißt: Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel auf, bis zum Ende des Jahres 2019 dem Deutschen Bundestag ein Konzept für ein Denkmal zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland vorzulegen. Sie sehen also, der Zug ist in Bewegung und das Thema auch bei der Union in den richtigen Händen.

Daher müssen wir uns die Frage stellen, was nun dieser Antrag Neues bringt, den Sie vorgelegt haben. Zum einen ist der Bedarf erkannt und auch bekannt. Daher glaube ich, dass man das nicht unbedingt wiederholen muss. Ein Wettbewerb ist auch Aufgabe des Bundes. Das ist auch unstrittig. Das hat auch Ihr Redner nicht infrage gestellt. Entsprechend muss sich auch der Bund darüber Gedanken machen, wie das gegebenenfalls ausgestaltet werden muss. Ist ein Dokumentationszentrum hilfreich und sinnvoll? Das sind Fragen, die sich der Bund stellen muss. Ich gehe auch davon aus, dass im Prozess natürlich auch die Opferverbände eine Rolle spielen werden. Die UOKG hat

dazu bereits geliefert und ist zumindest in die Beschlusslage der CDU auch eingeflossen.