unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken.
Das ist organisierte Kriminalität, insbesondere die Einflussnahme auf Justiz, Politik, Medien, Wirtschaft.
Da müssen wir uns anschauen, welche dieser Kriterien erfüllt werden von dem, was Sie, lieber Senator Geisel, offensichtlich allein als organisierte Kriminalität verstehen, nämlich die sogenannte Clankriminalität. Wir können feststellen – Ihre Zahl war nicht ganz richtig, Herr Schrader; ich glaube, dass wir sie etwas weiter fassen müssen: Es sind 11 der 59 OK-Verfahren, die wir der sogenannten Clankriminalität zurechnen können; 11 von 59 im vergangenen Jahr. Es bleiben 48 von 59, mehr als 80 Prozent übrig. – Die erwähnen Sie nicht; gegen die unternehmen Sie vor allem auch nichts, und die weiten sich immer weiter aus.
Wir haben eine Situation, dass wir nun gerade in einer Aktuellen Stunde über die Bekämpfung der organisierten Kriminalität in Berlin als aktuelles Thema sprechen. Ich habe mich sehr gewundert, dass ausgerechnet Sie das zum Thema einer Aktuellen Stunde machen und im Übrigen nicht jemanden darüber sprechen lassen, der etwas davon versteht, den Kollegen Schreiber z. B. – wo ist er eigentlich?
Aber zumindest ist dieses Thema eines nicht: Es ist nicht aktuell im Sinne von neu. – Ich möchte an eine interessante Debatte zu der Frage erinnern, was denn eigentlich im Kampf gegen die organisierte Kriminalität unternommen werden muss. Ich zitiere aus einem Protokoll dieses Hauses:
Ich sehe bei Straffälligen, die sich nur besuchsweise in Deutschland aufhalten, bei denen eine Aufenthaltsberechtigung aufgrund Asyls rechtskräftig nicht besteht, die Notwendigkeit der Ausweisung. Das darf auch nicht durch Spielereien wie das Wegwerfen eines Passes unterbunden werden. Dagegen müssen wir vorgehen. Diese Quellen der organisierten Kriminalität müssen wir
Diese Erkenntnis ist aber nicht neu, sondern diese Erkenntnis stammt aus dem Plenarprotokoll des Jahres 1998, aus einer Debatte zwischen dem Abgeordneten Michael Müller und dem damaligen Innensenator Erhart Körting. Herr Körting hat angekündigt, diese Ausweisungen vornehmen zu wollen. Was ist in den 20 Jahren passiert? – Nichts!
Im Jahre 2005 – neue Debatte, diesmal der Kollege Felgentreu mit dem Kollegen Körting: Die damalige OKGröße Mahmoud Al-Zein könne nicht ausgewiesen werden, weil ihm die türkische Staatsangehörigkeit entzogen worden sei. Da könne man jetzt leider erst mal nichts machen, aber die SPD arbeite daran. – Ganz großartig! Eine tolle Ankündigung! Mittlerweile haben wir das Jahr 2019, und es hat sich an den Strukturen der organisierten Kriminalität in dieser Stadt nichts zum Positiven geändert. Ihre Partei stellt, glaube ich, jemanden, der sich für den Bundesaußenminister hält,
Was den berechtigten Punkt angeht, dass wir in der Tat ein Lagebild brauchen: Das hatten wir bis vor einigen Jahren in Berlin; das haben wir mittlerweile nicht mehr. Durch eine Vielzahl von parlamentarischen Anfragen, die letzte dazu übrigens unter dem schönen Titel „Bekämpfung der organisierten Kriminalität in Berlin“ – siehe Titel dieser Aktuellen Stunde –, hat es der Senat nun zumindest geschafft, die Zahlen zusammenzustellen, die seit Jahren an das Bundeskriminalamt aufgeliefert werden.
Da stellen wir im Wesentlichen eines fest: Wir haben relativ wenig Erkenntnisse über die relevanten Strukturen der organisierten Kriminalität. Nehmen wir als Beispiel den Klassiker, die italienische Mafia in ihren unterschiedlichen Schattierungen. Die gibt es nach diesem Lagebild in Berlin gar nicht; die gibt es nicht. Ach so, gut!
Dann schauen wir uns doch an, was der Bund dazu sagt: Die italienische Mafia ist nicht nur im gesamten Bereich der Geldwäsche in Gesamtdeutschland hochaktiv, sie hat auch lukrative und hoch organisierte Modelle entwickelt, beispielsweise – gerade frisch nachzulesen – den Ankauf und die Umetikettierung billigster Lebensmittel, die dann wiederum den Gastronomiebetrieben zu überhöhten Preisen zum Kauf aufgezwungen werden. Das findet auch in Berlin tagtäglich statt – aber nicht nach Ihrer Erkenntnis; es findet da einfach nicht statt. Die sind in der Lage, diese
Lebensmittel einzukaufen, zu importieren, sie wiederum unter Zwang zu verkaufen und dabei auch noch jeder gewerberechtlichen Kontrolle zu entgehen. Das, muss ich sagen, nenne ich organisiert! Das ist organisierte Kriminalität, Herr Senator!
Ob das nun in Olivenölfässern versteckte Marihuanapakete sind – eine Tonne Marihuana bei einer Lieferung –, ob das eine Tonne Kokain ist, die gefunden wird: Alles die Spitze eines Eisberges! Wir haben tonnenweise im Großhandel organisierte Drogenimporte in diese Stadt, die dann über Bestellhotlines und Taxiauslieferung an die Endkunden gebracht werden. Wir haben fest verteilte, klar strukturierte Gebiete, in denen die eine oder andere Bande der organisierten Kriminalität dealen darf und dies je nachdem, mit welchem Produkt – überall in dieser Stadt. – Herr Senator! Das ist organisiert, und das ist Kriminalität!
Wir haben den großen Bereich der Schleuserkriminalität, auch hier noch mal einen kurzen historischen Ausflug ins Jahr 1999 – Eckart Werthebach und Hagen Saberschinsky in einem Austausch im Innenausschuss: Berlin ist die Hauptstadt der organisierten Kriminalität. 88 von rund 880 Verfahren werden in Berlin geführt – 1999. Bedeutendstes Feld sei die Schleuserkriminalität; dagegen müsse man vorgehen. – Nun sind wir auch hier 20 Jahre weiter. Berlin stellt nicht mehr 10 Prozent aller OKVerfahren bundesweit, sondern etwa 12 Prozent, und die Schleuserkriminalität ist immer noch das absolute Kernproblem der organisierten Kriminalität in dieser Stadt.
Wir haben den Punkt, dass auch diese hervorragend organisiert sind, gerade im Bereich der Zwangsprostitution. Es finden – auch das teils unter den Augen unserer Sicherheitsbehörden, und wo auch Akteure aus der Polizei mundtot gemacht werden – organisierte Vergewaltigungen von 15-jährigen Mädchen in Berlin statt. Das Verfahren, das dazu über die sogenannte Erlebniswohnung geführt wurde, endet bei der Staatsanwaltschaft mit einer Verständigung. Der Mann ist nicht in Haft. Er ist nicht in Haft; er kann weiter agieren! Auch das ist organisierte Kriminalität, und sie ist bestens organisiert – und das in Berlin, Herr Senator!
[Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Kurt Wansner (CDU) und Franz Kerker (AfD) – Paul Fresdorf (FDP): Unfassbar! – Holger Krestel (FDP): So etwas ist das Gegenteil von Rechtsstaat!]
Nehmen wir die andere Seite. Der Krankenstand bei der Polizei – ein Thema, das mich lange beschäftigt, nach
dem ich immer wieder frage: Angeblich gibt es keine präzisen Kennzahlen. Mittlerweile wissen wir, dass Sie natürlich einige Kennzahlen haben. Sie wollen sie nur nicht rausgeben. Warum sollte man auch die Verfassung von Berlin beachten? Aber: Wir haben in Teileinheiten der Polizei einen Krankenstand von bis zu 35 Prozent. Wir haben bei der Berliner Polizei 2017 Überstunden in Höhe von 1,4 Millionen. Wir haben die absehbare Entwicklung, dass deutlich mehr Beamte ausscheiden, als wir tatsächlich ausbilden können. Diese Entwicklung war über viele, viele Jahre absehbar. Auf all das haben dieser Senat und auch die Vorgängersenate nicht reagiert. Das wiederum ist unorganisiert, und das ist Ihr Wirken.
Herr Luthe! Ich möchte kurz auf diesen absolut erschreckenden Punkt zurückkommen, den Sie eben erwähnt haben, und zwar diese Gruppenvergewaltigung von einem 15-jährigen Mädchen, wo die rechtlichen Folgen nicht in dem Maße gekommen sind, wie sie zu erwarten gewesen wären. Davon scheinen Sie ja Kenntnis bekommen zu haben. Ist das aus Ihrer Sicht ein Einzelfall, oder gibt es mehrere Fälle? Der zweite Teil der Frage: Diese Methodik, dieses Kriminalitätsphänomen – –
Lieber Kollege! Erstens, die Erkenntnisse zu der Erlebniswohnung entnehmen Sie beispielsweise Berichten des Nachrichtenmagazins „Focus“, die sich dabei auf das geführte Ermittlungsverfahren bezogen haben. Ähnlich werden immer wieder Fälle an mich herangetragen, auch von bekannten Ketten aus dem im weitesten Sinne gastronomischen Bereich, die allerdings allesamt nicht in die
Maßnahmen fallen, die dieser Senat ganz entschlossen gegen Shisha-Bars vornimmt. Wir haben hier im Bereich des Glücksspiels plus des illegalen Glücksspiels, des Alkoholausschanks in Verbindung mit illegalen Prostitutionsbetrieben eine ganze Kette, die in dieser Stadt agiert. Das ist auch polizeilich bekannt. Es ist aber offensichtlich nur auf bestimmten Ebenen der Polizei bekannt und dringt entweder nicht hoch oder soll nicht hochdringen. Es finden solche Fälle nach mir bekannten Berichten auch mit 13- und 14-jährigen Mädchen immer wieder statt.
Wir haben aktuell etwa 12 800 vollziehbar Ausreispflichtige in dieser Stadt, darunter auch jene, über die wir bereits vor 20 Jahren in diesem Haus gesprochen haben, weil sie Berufsverbrecher sind. Die sind bis zum heutigen Tage nicht ausgewiesen; sie sind nicht abgeschoben worden. Die Zahlen steigen weiter; sie steigen insbesondere unter Rot-Rot-Grün täglich weiter. Auch das, Herr Geisel, ist unorganisiert, und das ist Ihr Senat!
Herr Luthe! Ist Ihnen bekannt, dass die Linkspartei sich weigert, Menschen aus dieser Stadt abzuschieben, auch wenn sie schwer kriminell sind, und ein Abgeordneter der Linkspartei vor Kurzem noch formuliert hat, jede Abschiebung aus dieser Stadt ist nicht zulässig?
Lieber Kollege Wansner! Das war mir bekannt. Ich bin allerdings nach wie vor erschüttert und kann mir in Anbetracht der Position der Sozialdemokraten, die ich Ihnen aus 20 Jahre alten Protokollen aufgezeigt habe, die wir auch in 10 Jahre alten Protokollen finden, die wir in der Position des jetzigen Regulierenden Bürgermeisters finden, nicht erklären, warum die SPD eine solche Position mitträgt.
Das Prostituiertenschutzgesetz soll in der Theorie genau das bekämpfen, wovon ich gerade gesprochen haben, Herr Kollege Buchholz! In der Praxis funktioniert das wie folgt: Wir haben aktuell etwa 1 500 von geschätzt 10 000 registrierten Prostituierten. Wir haben eine Vielzahl von Betrieben, die sich angemeldet haben und die alle Voraussetzungen erfüllen, legal zu arbeiten, die aber allesamt genau wie die illegalen überhaupt nicht überprüft werden, mit dem Ergebnis, dass derjenige, der in diesem Bereich legal arbeitet, dafür bestraft wird, weil er nämlich Mehraufwand hat, und derjenige, der illegal arbeitet, einfach ungehindert weiterwurschteln kann.
Wir haben aber gleichzeitig auch noch die Situation, dass die Polizei die Prostituiertenausweise, die vorliegen sollten und vorliegen müssten, gerade im Bereich der unerträglichen Straßenprostitution in der Kurfürstenstraße, der Armuts- und Elendsprostitution dort, die seit Jahren unter Ihren Augen stattfindet, schlichtweg noch nicht einmal kontrolliert. Und auch das ist unorganisiert, und auch das ist die Politik Ihres Senats. – Herzlichen Dank!
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als sich im November 2018 der Finanzsenator, der Justizsenator und ich gemeinsam mit dem Bezirksbürgermeister von Neukölln zusammengesetzt und darüber gesprochen haben, was wir tun können, um die Polizei, um die Strafverfolgungsbehörden unserer Stadt mit dem notwendigen politischen Rückhalt auszustatten, organisierte Kriminalität, Clankriminalität konsequent zu bekämpfen, war uns klar, dass wir erstens nicht bei Null anfangen. Die Polizei arbeitet intensiv seit Jahren an dem Thema. Woran es tatsächlich gefehlt hat, war politischer Rückhalt über verbale Bekundungen, die es immer wieder gegeben hat, hinaus. Zweitens haben organisierte Arbeitsstrukturen gefehlt, gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen der Sicherheits- und Ordnungsbehörden, der Finanzbehörden des Landes Berlin.
Das klingt vielleicht trivial, ist es aber nicht. Austauschen, vernetzen, konsequent vorgehen sind die Voraussetzungen, die unabdingbaren Voraussetzungen, für eine erfolgreiche Bekämpfung von Kriminalität, von organisierter Kriminalität. Diese Strukturen bauen wir auf, haben wir aufgebaut. Gerade in der vergangenen Woche bei dieser Konferenz in der Innenbehörde, an der internationale Experten, nationale Experten, der Präsident des Bundeskriminalamts beispielsweise, die Chefs von vier Landeskriminalämtern teilgenommen haben, hat es auch