Ich überlasse diesen Raum der parlamentarischen Debatte nicht Menschen, die gar kein Interesse an unserer Demokratie und unserem Parlamentarismus haben, sondern die lediglich daran arbeiten, dieses System auszuhöhlen. Deswegen reicht das jetzt, was wir zu Ihrem Anliegen diskutiert haben.
Jetzt komme ich zu dem Thema, das wir eigentlich angemeldet haben. Wir haben gesagt: Wir wollen tatsächlich, dass sich bei der Unterbringung der Geflüchteten etwas ändert, denn die Frage ist doch: Wie beginnt Integration? Sie beginnt nicht – wie Sie versucht haben, es darzustellen –, indem man die Menschen wegschickt, sondern sie beginnt damit, dass wir unsere Verfassung zum Maßstab dessen machen, wie wir mit Geflüchteten umgehen.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]
Und die Integration oder – wie wir lieber sagen – die Inklusion beginnt damit, dass wir erkennen, dass Menschen, die zu uns kommen, Teil unserer Gesellschaft werden sollen, dass es dafür wichtig ist, dass wir sie nicht diskriminieren – ganz zu schweigen von dem Rassismus, der hier verbreitet wurde –, sondern dass wir sie teilhaben lassen und ihre individuellen Möglichkeiten unterstützen, damit sie das werden, was ich mir wünsche: in einer multikulturellen Gesellschaft Teil einer Gesellschaft, die ein neues Wir definiert.
Dass es da vielleicht nicht Raum für jeden gibt, der heute noch Fantasien aus Thüringen nachhängt, das liegt in der Natur der Sache. Aber genau dafür kämpfe ich.
Integration ist die zentrale Aufgabe, die wir sowohl innerhalb Deutschlands als auch Europas in den nächsten Jahren vornehmen müssen. In unserer Koalitionsvereinbarung stehen sehr viele Punkte. Das Wesentliche – und das hat sich in all den Phasen, in denen es Zuzug aus anderen Ländern nach Deutschland gab, nicht geändert –, einer der wesentlichen Punkte ist Bildung. Und zu Bildung gehört auch Mehrsprachigkeit. Und Mehrsprachigkeit erfordert eben, dass wir wertschätzen, dass Menschen
andere Sprachen können, auch wenn wir natürlich die schöne deutsche Sprache zur Verständigung untereinander als Ziel haben. Aber zu einer multikulturellen Gesellschaft gehört auch Mehrsprachigkeit. Und gerade aktuell in Europa und in Berlin, also auch bei den ganzen Europäern in Berlin, kann man doch auf der Straße erleben, welche Sprachen hier gesprochen werden. Und das macht ein Stück weit unsere Vielfalt aus.
Da schließe ich mich Ihnen an, Frau Kollegin Seibeld – mehr geht immer! Sie können sich bestimmt auch noch an meine Reden erinnern, in denen ich gesagt habe, ich wünsche mir mehr. Bei dem Anspruch bleibe ich auch. Bei aller Kritik an Ihrer, sagen wir mal, Verteidigungsrede von Super-Mario, der heute, aus welchen Gründen auch immer, leider nicht da sein kann – ich hoffe, es geht ihm trotzdem gut –, ist es natürlich schon so, dass man Ihnen zum Beispiel zugestehen muss, dass Sie sich in Steglitz-Zehlendorf, teilweise auch gegen Kollegen der AfD, in Willkommensinitiativen engagiert haben und vor Ort Ihren Einsatz bringen. Dafür bedanke ich mich ganz herzlich bei Ihnen wie auch bei allen anderen, die sich in Flüchtlingsinitiativen einsetzen.
Das macht für mich deutlich, dass es keine parteipolitische Debatte ist, wie wir miteinander umgehen und wie wir unsere Gesellschaft gemeinsam weiterentwickeln wollen und können. Ich will nicht die Stichworte aus der Rede von Raed in der letzten Plenarsitzung herausgreifen, aber es ist tatsächlich eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, und jeder von uns muss sich entscheiden, wie er diese wahrnehmen will. Ich für meinen Teil will jedenfalls eine Vision – gerne auch gemeinsam mit Ihnen – entwickeln, wie wir es erreichen, gerade auch als Hauptstadt Deutschlands zu zeigen, wie es geht, wie Integration gelingt, wie wir auch den künftigen Generationen beibringen können, was gemeinsames friedliches Zusammenleben bedeutet. Dass diesbezüglich alle nach Berlin schauen, haben wir erlebt, als wir das Chaos am LAGeSo hatten.
Bei aller Hoffnung, die ich jetzt auch habe, und bei aller Wertschätzung für das, was dem Senat schon gelungen ist, würde ich aber schon sagen: Die Aufgabe ist eine große, und auch uns als Koalition steht es gut zu Gesicht zu sagen, wir sind die Koalition der Willigen. Wir haben viel Gutes vor. Ob uns das immer gut gelingt, müssen wir erst noch beweisen. Es wird uns nur gelingen, wenn wir gemeinsam mit den Bezirken, gemeinsam mit allen zivilgesellschaftlichen Akteuren, bei denen ich mich im Namen meiner Fraktion heute bedanken will, insbesondere aber gemeinsam mit den Geflüchteten vorgehen, die über ein Jahr Geduld bewiesen haben, die es hingenommen haben, dass sie in den Turnhallen einen sehr schlechten Start in ihr neues Leben in Deutschland bekommen ha
Die Themen Integration und Geflüchtete werden uns in den kommenden Jahren in den Ausschüssen weiterhin begleiten. Die Vielschichtigkeit der Diskussionen dieser Themen haben wir in den letzten Jahren bereits erfahren. Ich spreche da insbesondere den Fraktionssprecher der AfD an, der sich gerne zurückhält, wenn man ihn darauf anspricht, was für Reden in seiner Partei und seiner Fraktion eigentlich geschwungen werden, der sich nicht äußert, wenn hier Dinge in den Raum gestellt werden, von denen ich mich tatsächlich frage: Unterstützen Sie das?
Sind Sie glücklich mit der Rede, die Ihr Kollege gerade gehalten hat? Verstehen Sie das unter Ihrem parlamentarischen Auftrag und Ihrer Verantwortung für diese Stadt?
Und wenn ja: Wünschen Sie sich dann auch irgendwann den vollständigen Sieg? Und wie soll der eigentlich aussehen?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir leben in einem Land, das als Land der Dichter und Denker bekannt wurde, in einem Land, dessen Einwohner in der Welt dafür bekannt sind, fleißig, pünktlich und akkurat zu sein, in einem Land, welches nicht umsonst den Ruf hat, es sei hervorragend im Organisieren und Planen,
Wir in diesem Hohen Hause haben das Privileg, für die Hauptstadt dieses Landes Verantwortung zu tragen, in einer Stadt, in der man meinen mag, dass auch hier gut organisiert wird, wenn es darum geht, in leichte Untätigkeit zu verfallen, Chancen zu verschlafen oder sein Wort gegenüber den Einwohnern dieser Stadt nicht zu halten.
Ein vortreffliches Beispiel hierfür ist sicherlich das Vorgehen des werten Vorgängersenats und dieses Senats bei
dem Thema Flüchtlingsunterbringung. Lassen wir an dieser Stelle das Thema LAGeSo und das gesamte Desaster um das Landesamt für Flüchtlinge, wo Mitarbeiter in ihrer Verzweiflung Brandbriefe gegen Ende des letzten Jahres schrieben, außen vor.
Es ist wohl grundsätzlich keine gute Idee, Familien über längere Zeiträume gemeinsam mit vielen anderen in einer Turnhalle unterzubringen. Zum einen ist eine solche Unterkunft kaum das, was man unter einer menschenwürdigen Unterkunft verstehen kann, zum anderen stellt die zweckfremde Verwendung dieser Turnhallen einen großen Einschnitt für die Zivilgesellschaft dieser Stadt dar.
Schülerinnen und Schüler, Freizeit- und Spitzensportler mussten auf ihre Sportmöglichkeiten verzichten. Es dauert einfach viel zu lange, bis die Turnhallen freigezogen werden. Durch diesen irregulären Zustand entstehen Spannungsverhältnisse. Berlinerinnen und Berliner, die Flüchtlingen anfänglich positiv gegenüberstanden, änderten ihre Meinung. Aus positiv wurde schnell neutral, aus neutral wurde bei manchen Ablehnung. Was tat der Senat? – Es wurde versprochen, dass mit Hochdruck daran gearbeitet wird, die Sporthallen leer zu bekommen. Es geschah nichts bis wenig. Nun ist etwas mehr Dynamik in dieses Thema gekommen, und das ist gut.
Jetzt gilt es darauf zu achten, Wort zu halten, denn Vertrauen hat der Senat in den letzten Jahren genug verspielt. Es muss klar kommuniziert werden, dass die Sporthallen nach so langer zweckfremder Nutzung saniert werden. Wenn wir als Politiker nicht zu unserem Wort stehen, dann treiben wir die Wählerinnen und Wähler den Parteien am Rand zu und öffnen Populisten Tür und Tor. Es ist auch unser Job, dafür Sorge zu tragen, dass Turnhallen wieder für ihren bestimmungsgemäßen Zweck geöffnet werden.
Nun kommen bei der Sanierung neue Hürden ins Spiel: War die Kachel da an der Wand nicht vorher schon kaputt? Der Schwingboden war doch ohnehin schon ausgeleiert! Nein, neue Netze für das Fußballtor wird es nicht geben! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt ist nicht die Zeit, im Klein-Klein der vergangenen Jahre weiterzumachen. Es ist Zeit, dass an den Sporthallen der Respekt auch gegenüber diesen Nutzern dieser Hallen zu erkennen ist. Die Schülerinnen und Schüler, Sportlerinnen und Sportler Berlins haben es verdient, dass hier nicht kleinkrämerisch gehandelt wird und die ohnehin schon gebeutelten Träger der Hallen auf Sanierungskosten sitzengelassen werden.
Wir fordern den Senat auf, ein deutliches Zeichen zu setzen und schnell und unbürokratisch bei den Sanierungen der Turnhallen zu handeln, damit das hier keine Showmaßnahme bleibt.
Lassen Sie uns beweisen, dass Berlin gut organisieren kann und nicht nur den gut organisierten Dilettantismus der letzten Jahre beherrscht! Machen Sie eine vernünftige Politik für die Schülerinnen und Schüler, Sportlerinnen und Sportler, aber auch für die Menschen, die zu uns gekommen sind, um Schutz für Leib und Leben zu finden, für die Menschen, die vor Krieg und Terror ihre Heimat verlassen haben! Diese Menschen haben das organisierte Chaos und die unwürdigen Zustände in dieser Stadt in manchen Turnhallen ebenso wenig verdient.
Seriöse Politik braucht auch einen Plan dafür, wie eine so große Herausforderung zu bewältigen ist. Wir als Freie Demokraten stehen nicht nur für eine wachsende Stadt, wie der Senat es immer betont, sondern auch für eine funktionierende Stadt. Dazu gehört für uns eine Verwaltung, die verbindliche Aussagen tätigt und diese auch erfüllt. Sie verschieben schließlich nicht nur Flughafeneröffnungstermine wie andere Zahnarzttermine,
sondern Sie haben es bisher auch geschafft, verlässliche Termine für den kompletten Freizug der Turnhallen nicht zu nennen, geschweige denn, diesen umzusetzen.
Wie also mit dem Thema Flüchtlinge weiter umgehen? Gerne geben wir Ihnen dazu ein paar Tipps; die sind kostenfrei und leicht umzusetzen. Sie brauchen dazu nur ein wenig Mut, Herr Müller. Wir Freien Demokraten wollen die Flüchtlingskrise durch die Rückkehr zu rechtsstaatlichen Mitteln und klaren Regeln bewältigen. Wer vor Krieg flüchtet, soll unbürokratisch humanitären Schutz erhalten, nach Wegfall der Fluchtgründe aber wieder in die Heimat zurückkehren.