Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Diese unglaubliche Stadt, in die, mit großer Begeisterung, viele Menschen in den letzten Jahren zugezogen sind, was immer schön ist und was auch dazu geführt hat, dass wir steigende Steuereinnahmen hatten. 100 Millionen bis 200 Millionen, kann man sagen, sind Folge des Zuzugs der letzten Jahre pro Jahr gewesen. Mittlerweile haben wir aber das Problem, dass die Menschen, die nach Berlin kommen, nach Brandenburg weiterziehen – damit sind die Steuereinnahmen in Brandenburg –, weil sie hier keine Wohnungen finden. Vielleicht versuchen wir es ja auch hier doch noch mal, mit einem Dreiklang – das Wort des Tages – aus Privaten, Genossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften zu bauen

[Beifall bei der FDP Paul Fresdorf (FDP): Gute Idee!]

und nicht nur 6 000 sanierungsbedürftige Wohnungen zu kaufen oder sich das Kosmosviertel um den Hals hängen zu lassen. Das ist schon eine besondere Leistung. Das muss man wirklich sagen. Eine Koalition, die gegen Spekulationen antritt, lässt sich ein Kosmosviertel, das jahrelang kein Mensch haben wollte, für das doppelte Geld andrehen. Da gehört schon wirklich was dazu.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Roman Simon (CDU)]

So viel Geld kann man gar nicht haben, um damit so verantwortungslos umzugehen. Und bitte, nehmen Sie die Genossenschaften mit, aber achten Sie auf den Titel: Wenn sie DIESE eG heißen, seien Sie vorsichtig, denn das Geld ist am Ende des Tages weg. Nur ein kleiner Hinweis am Rande: Wer etwas kauft und zum Notar geht, muss danach auch bezahlen; das ist so eine alte Erfahrung.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wer nicht baut, braucht auch keine Wohnraumversorgung AöR, wo wir noch mal 1 Million ausgeben, einzig und allein dafür, dass man das, was der BBU macht, umlabelt. Nur, weil der BBU bei Ihnen nicht beliebt ist, weil er eine andere Meinung vertritt, soll er hier ersetzt werden – das kann nicht richtig sein.

[Beifall bei der FDP]

Insofern komme ich zu unserem Ansatz: Wir möchten, dass der Bürger und die Bürgerin über ihr Geld selber entscheiden. Deswegen haben wir Ihnen vorgeschlagen: Senken Sie den Hebesatz der Grundsteuer auf die Hälfte, damit haben Sie die Bürger und Bürgerinnen sofort entlastet, unabhängig von allem anderen. Nicht nur Landesbedienstete, nicht nur Beamte, sondern alle haben Sie damit entlastet, es ist rechtssicher, und die Menschen können das Geld sofort ausgeben.

Insofern bedanke auch ich mich sehr herzlich für die anregenden, interessanten und letztendlich doch immer fairen Beratungen. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Nun gibt es noch eine Wortmeldung, die Bezirke betreffend, von der AfD-Fraktion, und der Abgeordnete Ubbelohde hat das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Mitbürger! Ein Haushalt ist mehr als nur das Verteilen von Steuergeldern, mehr als nur Haushaltstitel mit Zahlen – es ist das Setzen finanzieller Impulse und Schwerpunkte, die entweder eine wirklich nachhaltige, prosperierende Stadt – wie in den Goldenen Zwanzigerjahren – bewirkt, oder eine sogenannte wachsende Stadt, wie Sie sie verstehen: wachsende Abhängigkeit vieler Bürger vom Staat, Armutszuwanderung, galoppierende Sozialausgaben, eine Schulbaudefensive, rechtsfreie Räume, schleppende Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, Verkehrsinfarkte und Wohnungsnot, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

[Beifall bei der AfD]

Gerade auch die Bezirke, die den Bürgern vor Ort notwendige Dienstleistungen schulden und die Politik der Stadt maßgeblich umsetzen müssen, brauchen dazu geeignete Konzepte, realitätsnahe Ideen und den politischen Willen, das Wesentliche von Firlefanz zu unterscheiden.

[Zuruf von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Daran mangelt es Ihnen mit Ihrer in weiten Teilen sinnentleerten Politik, Kollegen der mehr oder weniger roten Fraktionen! Ein Symptom dieses Mangels sind die wieder steigenden Wartezeiten in den Bürgerämtern. Es reicht eben nicht aus, den Bezirken nur Stellen zu finanzieren und unverhohlen mit Bestrafung zu drohen, wenn die Bezirke diese nicht besetzen können und damit die Erwartungen der Bürger häufig nicht befriedigen können. Eine Angleichung der Besoldung innerhalb der Berliner Dienststellen, aber auch zwischen dem Land Brandenburg und dem Bund ist hier eine unmissverständliche Forderung der AfD-Fraktion an die politisch Verantwortlichen in dieser Stadt.

(Sibylle Meister)

[Beifall bei der AfD]

Ihr vorgelegter Haushalt wird die Abwanderung von dringend benötigten Fachleuten, insbesondere in den Bereichen Schule, Bauen und IT nicht stoppen – von der benötigten Verstärkung in nennenswerter Zahl ganz zu schweigen. Es ist den Teams in den bezirklichen Verwaltungen hoch anzurechnen, dass sie bei den politischen Vorgaben überhaupt noch so viel zu leisten imstande sind.

Aber noch ein Wort zu den Hilfen zur Erziehung: Missmanagement und fehlender politischer Wille, bildungs- und familien- und integrationspolitisch gegenzusteuern, sind die Ursachen für Kostenexplosion und nicht gedeckte Mehrausgaben in diesem Bereich. Diesem Missstand mit einer angedachten 100-prozentigen Basiskorrektur eine finanzpolitische Absolution zu erteilen – wie angedacht und wie geplant –, erteilen wir an dieser Stelle bereits eine eindeutige Absage.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Die fehlende Erziehungskompetenz vieler Eltern sollte uns allen an dieser Stelle gesellschaftspolitisch zu denken geben. Hier braucht es die Besinnung auf konservative Grundwerte, die diese Nation einst groß gemacht haben. – Schöne Bescherung!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos)]

Für den Senat spricht Herr Senator Dr. Kollatz. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Manchmal fragt man sich, zumindest wenn man Rednerinnen und Rednern der Opposition lauscht, ob sie in derselben Stadt leben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

In diesem Jahr schließen wir das achte Jahr in Folge ohne Neuverschuldung ab. Mit diesem Doppelhaushalt 2020 und 2021, den Sie wahlweise als ein Geldrausschmeißen oder als übertrieben sparsam kritisieren, werden wir das für das neunte und zehnte Jahr schaffen. Das heißt, ein Jahrzehnt ohne neue Schulden. Die Leitlinie aus Konsolidieren und Investieren funktioniert, gewinnt Stetigkeit und auch eine historische Dimension. Und Sie tun so, als sei das alles nicht vorhanden!

[Zuruf von den GRÜNEN: Unerhört!]

Viele, gerade aus der CDU, haben sich, als es der Bundesfinanzminister Schäuble nicht einmal halb so lange geschafft hat, den Haushalt auf der Bundesebene so zu

führen, wie wir das hier mit sozialdemokratischen Finanzsenatorinnen und -senatoren in Berlin tun, an Ehrbekundungen förmlich überschlagen. Also es ist klar: Es darf nicht sein, was nicht sein soll, und deswegen muss etwas schlecht sein. Man sieht das auch an einem Teil der Medien, die an manchen Tagen schreiben, es ist kaputtgespart worden, und dann schreiben sie über Finanzakrobatik. Und es geht dabei immer um dieselben Haushalte. Insofern ist es so: Es kann nicht sein.

Wir verstetigen durch Rücklagenbildung und dann Erhöhung der Investitionen, und das tun wir übrigens relativ gleichgültig, ob wir das über den Mechanismus SIWA oder den Mechanismus Rücklagenbildung machen, auch wenn die Rednerin der AfD das nicht wahrhaben will. Das sind Konzepte, die Konsolidieren und Investieren zusammenbringen, und um diese wird auch auf Bundesebene gerade gerungen. Wenn man mal schaut, was demnächst auf Bundesebene herauskommen wird, kann man nur sagen: Wir haben hier die Nase vorne, das ist die Situation.

Wenn über die Bezirke gesprochen wird, wird irgendwie vergessen – weil man in einer anderen Stadt lebt –, mal den Fakt mitzuteilen, dass alle Bezirke in Berlin jetzt entschuldet sind. Das haben wir in den letzten Jahren erreicht, und das war keineswegs schon immer so. Alle Bezirke sind entschuldet, und natürlich werden die Senatsfinanzverwaltung und auch der Senat und übrigens auch das Abgeordnetenhaus darauf achten, dass dort in Zukunft ordentlich gewirtschaftet wird und dieser Weg weitergegangen werden kann. Aber es ist eben nicht so, dass wir in einer Situation sind, in der haushälterischer Leichtsinn eine Rolle spielt.

[Beifall von Franziska Becker (SPD), von Daniel Buchholz (SPD), von Bettina Jarasch (GRÜNE) und von Carsten Schatz (LINKE)]

Bei der AfD finden sich bundesweit Geschichtsleugner in Sachen Nazis, Kriegsverbrechen und Judenverfolgung. Aber dass Sie jetzt hier anfangen, auch Geschichtsleugner in Sachen Hauptstadtentwicklung zu sein, ist schon irgendwie peinlich. Sie behaupten wahrheitswidrig, dass Berlin zurückfalle, und zwar insbesondere unter Rot-RotGrün zurückfalle. Das Gegenteil ist wahr!

Zur Zeit der großen Finanzkrise lag – und das zeigen alle Statistiken – das Bruttoinlandsprodukt in Berlin pro Kopf bei 93 oder 94 Prozent des Bundesdurchschnitts. 2018 – das sind die letzten Zahlen, die vorliegen, und das ist die Ihnen so unangenehme rot-rot-grüne Koalition – lag das Bruttoinlandsprodukt in Berlin pro Kopf bei 99,5 Prozent.

[Dr. Kristin Brinker (AfD): Hat keiner negiert!]

Das heißt also, es passt Ihnen nicht. Sie behaupten hier, dass wir die Stadt zum Lastengänger Deutschlands

(Carsten Ubbelohde)

machen, was sich eben am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf festmacht. Dass Ihnen das nicht passt, verstehe ich,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Es reicht nicht!]

dass Sie es aber abstreiten, ist wahrheitswidrig.

[Sven Heinemann (SPD): Fake-News! – Frank-Christian Hansel (AfD): Wir könnten besser sein!]

Wenn Sie jetzt sagen, es ist falsch, was Sie gesagt haben, wir könnten aber besser sein, dann heißt das aber zumindest, dass Sie zugeben, dass Sie etwas Falsches gesagt haben. Das ist ja dann schon ein kleiner Fortschritt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Der dritte Punkt ist: Über 5 Milliarden Euro Investitionsmittel werden in zwei Jahren in diesem Haushalt aufgesetzt. Das sind 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2020 und 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2021. Wir wollen das danach auf 2,5 Milliarden plafonieren, und im Übrigen heißt das auch, dass das eine mittelfristig solide Finanzierung ist.

Als ich hier am 11. Dezember 2014 – das ist jetzt ziemlich genau fünf Jahre her – Finanzsenator wurde, hatten wir 1,4 Milliarden Euro Investitionen im Haushalt. Wenn wir diese Planung für 2021 umsetzen, ist das doppelt so viel. Das heißt, wenn dann hier wahlweise so getan wird, als wenn Geld rausgeschmissen oder die Hauptstadt kaputtgespart würde, ist das eben falsch. Dieses Niveau aufzubauen, ist ein Kraftakt. Dieses Niveau zu halten, ist ein Kraftakt. Und es ist ein Kraftakt beim Thema Schulbau, bei dem Neubau von Wohnungen. Es ist ein Kraftakt bei den Investitionen in den öffentlichen Verkehr. Es ist ein Kraftakt bei den Investitionen in Hochschulen und Wissenschaft. Und es ist ein Kraftakt bei den Investitionen in Krankenhäuser und Gesundheit.

Ich habe mich auch gefragt, in welcher Stadt Herr Sebastian Czaja lebt. Er hat gesagt, in Berlin kann man nicht in ein Krankenhaus gehen.

[Zuruf von den GRÜNEN: So ein Quatsch!]

Die Charité ist dieses Jahr das achte Mal in Folge als bestes nationales Klinikum ausgezeichnet worden

[Franziska Becker (SPD): Hört! Hört!]