Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Das heißt aber nicht, dass wir uns in Berlin zurücklehnen, weil auch in Berlin in Fragen der Gleichstellung noch eine ganze Menge zu tun ist. Mit diesem Haushalt greift Berlin alle Bereiche, alle gesellschaftlichen Bereiche auf, um Gleichstellung zu verwirklichen.

An Frau Auricht – das gilt auch für die AfD-Fraktion insgesamt –: Ich empfehle Ihnen einen Blick in unser Grundgesetz.

[Herbert Mohr (AfD): Aha!]

Artikel 3 Abs. 2 GG regelt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Das, glaube ich, ist Ihnen bekannt.

[Jeannette Auricht (AfD): Gleichberechtigt!]

Aber ich empfehle Ihnen den Satz danach zu lesen:

[Jeannette Auricht (AfD): Ich kenne den!]

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Das ist ein Auftrag an den Staat zu handeln und bedeutet nicht, so, wie Sie hier ausgeführt haben, die Ungleichheiten einfach hinzunehmen. Genau diesem Auftrag folgt dieser Haushalt.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Solange Frauen in schlechter bezahlten Jobs arbeiten und auch die Lohndifferenz vorhanden ist, handelt das Land Berlin aktiv.

Wo wir außerdem einen Handlungsbedarf sehen, ist beim Thema Gewalt an Frauen. Es ist ein universelles Thema, dass Frauen Gewalt erfahren und leider auch im häuslichen Bereich. Ein universelles Problem und in Berlin sehen wir, dass alle sozialen Schichten hiervon betroffen sind. Die Zahlen zeigen, dass dramatisch viele Frauen – und auch ihre Kinder – in unserer Stadt von Gewalt betroffen sind.

Wir haben ein Hilfesystem, das sich sehen lassen kann, nicht nur bundesweit, sondern auch international. Zwei Punkte machen unser Hilfesystem in Berlin aus: Erstens: In unserem Hilfesystem können alle Frauen gleichermaßen Hilfe bekommen: die Frau aus der Villa in Dahlem, die von ihrem Mann geschlagen wird, aber auch die Migrantin, die kein Wort Deutsch spricht. Alle Frauen bekommen gleichermaßen Unterstützung in unserem Hilfesystem. Dafür bewundern uns andere Bundesländer, weil die Frauen nicht ihr Geld mitbringen müssen, sondern dieser Haushalt dieses Hilfesystem für alle Frauen finanziert.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir haben ein differenziertes System, wir haben Frauenhausplätze, wir haben Zufluchtswohnungen, wir haben

Zweite-Stufe-Wohnungen. Wir beraten Frauen, damit sie in eigenen Wohnungen unterkommen, damit sie nach so einer Gewaltsituation auf eigenen Füßen stehen und wieder ein selbstbestimmtes Leben führen können. Die Zahlen können sich wirklich sehen lassen. 2,7 Millionen Euro mehr im Antigewaltbereich, insgesamt über 17,5 Millionen Euro, die das Land Berlin hierfür investiert. Die gute Nachricht ist, wir werden noch im 2. Quartal 2020 das siebte Frauenhaus in Berlin eröffnen, und im Laufe des nächsten Jahres wird ein Frauenhaus unter ganz neuen Bedingungen in barrierefreie Räumlichkeiten ziehen. Das sind gute Nachrichten für unsere Hilfesystem.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Marcel Luthe (FDP)]

Diese Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, Pflegepolitik nicht so ein bisschen bei Soziales und Gesundheit unterzubringen, sondern als eigenständiges Politikfeld zu definieren. Dieser Haushalt sichert das. Der Etat für Pflege beträgt knapp 47 Millionen Euro. Wir haben 75 Stellen aufgebaut. Das heißt, wir meinen es ernst mit der Pflege. Auch unsere Initiativen in Berlin erhalten bundesweit Aufmerksamkeit. Ich nenne hier unseren „Dialog 2030“, um auch in die Stadtgesellschaft mit dieser Debatte zu gehen, aber auch Digitalisierung in der Pflege mit ganz konkreten Vorschlägen, die wir jetzt mittels dieses Haushalts umsetzen. Zentraler Baustein in der Pflegepolitik ist unser Berliner Pakt für die Pflege. Wir brauchen mehr Pflegekräfte, die gut und besser bezahlt werden, und das sichert genau unser Berliner Pakt für die Pflege.

Wir gehen nicht hin und reden und fordern nur, sondern das Land Berlin sichert mit diesem Haushalt eine Ausbildungsoffensive. Das heißt, wir jammern und reden nicht, dass die Pflegekräfte fehlen, sondern wir investieren in Ausbildung, und zwar in gute Ausbildung. Deswegen bin ich stolz, dass wir das höchste Ausbildungsbudget in Berlin ausverhandelt haben. Das bedeutet, am Geld kann es nicht mehr liegen, da in Ausbildung investiert wird und auch in gute Qualität. Wenn man die anderen Bausteine unserer Ausbildungsoffensive hinzunimmt, dann kommen wir auf eine Investitionssumme von über 15 Millionen Euro in der Pflege. Das stellt wirklich Weichen, um den Herausforderungen der Zukunft, aber auch denen von heute zu begegnen.

Berlin ist eine wachsende Stadt. Wir sind, was die medizinische Versorgung angeht, sehr gut aufgestellt. Wir haben Krankenhäuser, wir haben den ambulanten Bereich, wir haben den Bereich ÖGD, wir haben aber eben auch die Säule Präventionspolitik aufgebaut. Die Menschen sollen mithilfe von Prävention erst gar nicht krank werden. Aber auch solche Themen wie die Bekämpfung von Aids haben in diesem Haushalt einen Stellenwert, ebenso wie die Suchthilfe. Das heißt, wir haben ein sehr umfassendes Verständnis von Gesundheitspolitik.

(Senatorin Dilek Kalayci)

Ja, auch ich bin stolz darauf, dass unsere Krankenhäuser einen Mix haben. Wir haben öffentliche Krankenhäuser, wir haben private und gemeinnützige Krankenhäuser, und dieser Mix ist tatsächlich ein Erfolgsmodell in Berlin. Ich will aber sagen, dass die öffentlichen Krankenhäuser natürlich eine andere Verantwortung haben. Sehr geehrter Herr Zeelen, auch an Ihre Adresse: Wenn dieses Hohe Haus, wenn dieses Parlament sagt, dass in öffentlichen Unternehmen für gleiche Arbeit gleich bezahlt wird, dann ist das kein Eingriff in das operative Geschäft, sondern das ist genau ein Selbstverständnis dieser Koalition zu sagen: Gute Arbeit in den öffentlichen Krankenhäusern!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Tim-Christopher Zeelen (CDU): Es gibt genug andere Beispiele!]

Das macht auch ökonomisch Sinn: Gerade in der Fachkräftemangelsituation ist gute Bezahlung ein Plus, und ich glaube, das verstehen auch unsere öffentlichen Krankenhäuser genau so.

Die Trendwende im Krankenhausinvestitionsbereich hat sich diese Koalition vorgenommen. Die Zahlen sind sehr, sehr interessant: Von 79 Millionen Euro sind wir gestartet; 235 Millionen Euro – das ist allein keine Trendwende mehr, das ist ein Riesensprung, und zwar ein Sprung an die Spitze, wenn man Berlin mit anderen Bundesländern vergleicht.

[Tim-Christopher Zeelen (CDU): Es wurde Jahrzehnte gespart!]

Das ist spitze, was sich Berlin hier für die Krankenhausinvestition leistet. Es kommen noch 100 Millionen SIWA-Mittel hinzu, aber auch Strukturfondsmittel, die Berlin kofinanziert. Wir haben in WLAN, in Notaufnahmen, in Geburtshilfe investiert – am Ende ist es eine bessere Situation für die Patientinnen und Patienten, weil investiert wird –, in OP-Säle, in Medizintechnik, aber eben auch für die Beschäftigten. Das zeigt: Jedes Mal, wenn Sie vor Ort sind und sich eine Investition anschauen, ist das auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Ärztinnen und Ärzte und auch für die Pflegekräfte.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ich kann Ihnen einfach nur empfehlen: Besuchen Sie Ihre Krankenhäuser, schauen Sie sich diese Investitionen an! – Das sind erst mal Zahlen. Aber wenn diese Investitionen vor Ort sichtbar und spürbar sind, dann wissen Sie, was Berlin damit konkret an Verbesserungen in der medizinischen Versorgung für die Berlinerinnen und Berliner leistet.

Eine gute Versorgung heißt noch nicht, dass alle Menschen gleichermaßen Zugang haben zu der medizinischen Versorgung. Wir müssen feststellen, dass es in Berlin über 60 000 Menschen gibt, die keinen Zugang haben,

weil sie keinen Versicherungsschutz haben. Da schaut diese Koalition nicht zu, sondern wir haben die Clearingstelle eingerichtet, und diese Clearingstelle wird jetzt mit 1,1 Millionen Euro zusätzlich verstärkt. – Und Sie glauben wieder mal, das sind die Migranten, die wir hier berücksichtigen. – Ja, auch die brauchen Zugang zur medizinischen Versorgung. Aber auch die Beamtin, die eine kleine Pension hat, kann sich die private Krankenversicherung nicht mehr leisten, und auch sie bekommt Hilfe in unserer Clearingstelle.

[Tommy Tabor (AfD): Dafür haben wir Verständnis!]

Das ist das, was unsere Clearingstelle in Berlin tatsächlich ausmacht.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Der letzte Punkt, der mich wirklich sehr stolz macht, wie diese Koalition Gesundheitspolitik versteht, ist die enge Zusammenarbeit mit meiner Kollegin Frau Breitenbach, und wir sagen, dass auch im Gesundheitshaushalt das Thema der medizinischen Versorgung von Obdachlosen ein Schwerpunkt ist. Ich bin stolz darauf, dass wir über 1,5 Millionen Euro zusätzlich in die medizinische Versorgung von Obdachlosen stecken. Das zeigt, dass Berlin solidarisch ist mit diesen Menschen. Ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen reichen nicht aus. Wir müssen uns mehr um die medizinische Versorgung und Pflege, aber auch andere Bereiche von Obdachlosenunterstützung kümmern.

Ich bin mit diesem Haushalt sehr zufrieden und freue mich über Ihre Unterstützung. Haben Sie herzlichen Dank für die Unterstützung!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zu

lfd. Nr. j):

Einzelplan: 10 Bildung, Jugend und Familie

Ich verknüpfe dies mit der Beratung über die Auflagenbeschlüsse des Hauptausschusses Nummern 57 bis 75 auf Drucksache 18/2400.

In der ersten Rederunde geht es um das Thema Bildung. Es beginnt für die SPD-Fraktion die Kollegin Dr. Lasić. – Bitte schön!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

(Senatorin Dilek Kalayci)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zahlen sagen nicht alles über die Bedeutung eines Themengebiets aus – manchmal aber schon: Der Einzelplan 10 ist mit Abstand der größte Einzelplan unseres Haushalts, und zudem verzeichnen wir mit dem aktuellen Entwurf eine Steigerung von fast einer Milliarde Euro im Vergleich zum letzten Haushalt. Dieser kontinuierliche Anstieg ist ein klares Bekenntnis zur Bedeutung der Bildung in unserem Land, und wir sind stolz darauf.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ja, ein Teil der Mehraufgaben ist auf die wachsende Stadt und die Bewältigung der Regelaufgaben zurückzuführen. Jedoch sind zahlreiche inhaltliche Schwerpunkte mindestens genauso relevant. Ich werde wegen der Kürze der Zeit nur einige nennen können – Schlagwort Digitalisierung: Der Digitalpakt kommt in der nächsten Legislaturperiode einen ganzen Schritt weiter. Grundvoraussetzung für digital gestütztes Lernen ist der Anschluss jeder Berliner Schule an das 1-Giga-Bit-Netz, und wir werden diese Breitbandanbindung der Schulen an knapp 1 000 Standorten ermöglichen.

Unterstützung der Schulen und Entlastung der Pädagoginnen und Pädagogen ist ein essenzieller Schwerpunkt: Ja, wir haben einen eklatanten Fachkräftemangel, und uns fehlen voll ausgebildete Lehrkräfte. Zahlreiche wichtige Aufgaben in Schulen müssen jedoch nicht von Lehrkräften ausgeübt werden, und deshalb bauen wir die multiprofessionellen Teams auf: Jede Berliner Schule soll eine Schulsozialarbeiterstelle erhalten, und wir bauen Verwaltungsleiterstellen und Sekretariate aus. Damit stellen wir sicher, dass unsere Lehrkräfte sich auf die Aufgaben konzentrieren können, die niemand außer ihnen erfüllen kann, nämlich Unterricht.

Wir bauen die Qualität der Schule aus. Durch eine Vielzahl an gezielten Angeboten stärken wir Gewaltprävention, Demokratisierung, Antidiskriminierung und vieles mehr.

Abschließen möchte ich mit einem Teil, der die Essenz der Schule bildet, nämlich eine gute Schul- und Unterrichtsentwicklung. Die Senatsverwaltung für Bildung hat in den letzten Jahren das Indikatorenmodell eingeführt. Auf dieser Grundlage setzen die Schulen Ziele, die sie messen und vertraglich mit der Schulaufsicht regeln können. Auf der Grundlage des Indikatorenmodells wollen wir Schulen in besonders herausforderndem Umfeld besondere Unterstützung geben.

Mit der sogenannten Berlin-Challenge rufen wir Schulen auf, sich zu trauen, in den nächsten Jahren ein besonderes Augenmerk auf die Schulentwicklung zu legen. Die Schulen sorgen dafür, dass zum Beispiel die Anzahl der Schulabbrecher sinkt. Wir geben der Schule die notwendige Unterstützung durch Prozessbegleitung, Entlastung