Natürlich ist die Frage im Kern keine finanzielle Frage und ließen sich die finanziellen Auswirkungen in den Griff bekommen. Aber wahr ist auch, dass immer alle gern öffentliches Geld ausgeben, aber niemand gern Geld zurücklegt. Insofern ist die absolute Abwesenheit einer Debatte über die Frage, wie wir mit der großen Ungleichzeitigkeit des Anfalls der Kosten umzugehen hätten, verräterisch. Schon damals haben Sie uns verloren, denn wir sind die Partei der Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit.
[Beifall bei den GRÜNEN – Lachen bei und Zurufe von der AfD – Dirk Stettner (CDU): Sagen Sie das mal den Lehrer! – Zuruf von Stefan Förster (FDP)]
Unsere Aufgabe ist es, gerade in Zeiten von Fachkräftemangel einen kühlen Kopf zu bewahren und immer wieder klarzumachen, dass wir ein Gesamtsystem zu steuern haben und den Blick nicht nur auf einzelne, wenn auch zentrale Gruppen richten dürfen. Gerechtigkeitsfragen stellen sich für den gesamten öffentlichen Dienst bzw. zumindest für ein Teilsystem wie das Bildungssystem als Ganzes, denn nicht einmal eine Befriedung in den Lehrerzimmern würden wir erreichen, vielmehr sehe ich vor meinem inneren Auge einen permanenten Unfrieden.
15 Jahre lang hat das Land Berlin seine Lehrkräfte als Angestellte eingestellt. Sie stellen mittlerweile zwei Drittel der Beschäftigten. Jetzt wollen Sie das Ruder wieder in die andere Richtung reißen. Sie scheinen sich dabei offensichtlich nicht klarzumachen, dass wir nicht alle verbeamten könnten. Wir schätzen, dass rund ein Drittel dieser Beschäftigten aus Gründen wie Alter oder gesundheitlichen Faktoren überhaupt nicht verbeamtet werden könnte, zum Beispiel, weil sie schon einmal eine psychische Erkrankung hatten. Auch wenn ich das absurd finde: All diesen Menschen müssten Sie dann erklären, warum wir auf das Beamtenrecht so herzlich wenig Einfluss haben, dass wir leider, leider überhaupt nichts für sie tun können usw. usf. Sie agieren kurzsichtig.
Offensichtlich denken zu viele von Ihnen immer noch, Schulen seien der Ort, wo nur Lehrkräfte arbeiten. Damit missachten Sie nicht nur die Hausmeister und Sekretärinnen, Sie scheinen gar nicht zur Kenntnis zu nehmen, dass heute fast alle Schulen – leider teilweise mit Ausnahme der Gymnasien – multiprofessionell aufgestellt sind, insbesondere an den Grundschulen. An allen Berliner Grundschulen erteilen inzwischen Lehrkräfte und Erzieher/-innen den Unterricht gemeinsam. Hier stellt sich die Gerechtigkeitsfrage der ungleichen Bezahlung enorm drastisch. Es erschwert erheblich die Aufgabe, für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu sorgen. Diese respektvolle Zusammenarbeit ist aber eine Gelingensbedingung für die Bildungs- und Erziehungsaufgaben unserer heutigen Schulen. Schon jetzt haben wir zwischen diesen beiden Professionen einen Gehaltsunterschied zwischen vier bis sechs Gehaltsstufen.
Entschuldigen Sie, ich bin krank. Ich habe Fieber. Ich möchte gern hier ausführen und dann nach Hause gehen. Danke schön, Herr Stettner, ich diskutiere sonst jederzeit gern mit Ihnen.
Bei Ihnen ist es offensichtlich anders, aber wir wollen die beiden Berufsgruppen näher zusammenbringen, nicht noch weiter spalten.
Ich sage das, obwohl für mich gleichzeitig völlig unbestritten ist, was das Kerngeschäft von Schule und wie wichtig guter Unterricht und damit auch die Verantwortung der Lehrkräfte ist. Dennoch: Neben den Erzieherinnen und Erziehern sind an Berliner Schulen demnächst flächendeckend unter anderem Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, IT-Administratorinnen und IT-Administratoren und Verwaltungsleitungen tätig. Auch wenn wir also den Ganztag und die zusätzlichen Akteure und Professionen, die an Schulen sind, außen vor lassen, wird doch deutlich, dass das Thema in einem multiprofessionellen Kontext betrachtet werden muss.
Ich halte diese Multiprofessionalität für wichtig, und wir würden sie gerne weiter ausbauen, sodass die verschiedenen Anforderungen, die heute an Schule gestellt werden, auf verschiedene einzelne Aufgaben aufgeteilt werden, für die diese Professionen jeweils ausgebildet sind. So
Gleichzeitig gilt: Lehrkräfte, ob verbeamtet oder angestellt, sind in diesem multiprofessionellen Kontext bereits die mit Abstand am besten bezahlte Berufsgruppe, und ich bin sicher, dass wir den Unfrieden an den Schulen dauerhaft noch mehr schüren, wenn die Lehrkräfte nun zusätzlich noch verbeamtet werden – alle anderen ja offensichtlich nicht.
Diese Fragen müssen Teil der Erwägungen zu diesem Themenkomplex sein. Hinzunehmen müssen wir auch, dass wirklich keine seriöse Expertin oder kein seriöser Experte auch nur versucht zu behaupten, dass wir über die Verbeamtung die Fachkräfteprobleme lösen würden. Seriöserweise sagt niemand, dass es mehr als eine kleine Linderung sein könnte. Auch deshalb komme ich und kommen wir in der Gesamtabwägung der Vor- und Nachteile zu dem Ergebnis, dass die Nachteile eindeutig überwiegen.
Berlin muss – das hat Herr Fresdorf zu Recht gesagt – mit anderen Vorteilen glänzen, und ich freue mich auf die Zeit, wenn man wieder über Ideen dazu diskutieren kann und die Diskussion über diesen Scheinriesen Verbeamtung nicht alle anderen Diskussionen verstellt. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Wir kommen nun zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der AfD-Fraktion auf Drucksache
18/1323 Neu-2 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die AfD-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU und die FDP. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Zu dem Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 18/1323 Neu empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich, gegen die Fraktion der CDU und die AfD-Fraktion, die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die CDU-Fraktion, die AfD-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen und die FDPFraktion. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.
Können wir jetzt zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, oder gibt es noch Besprechungsbedarf zu dem vorhandenen?
Keine Unterscheidung nach Herkunft, Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsstatus bei den niedrigschwelligen Beratungs- und Hilfsangeboten der Wohnungslosenhilfe
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Integration, Arbeit und Soziales vom 5. Dezember 2019 Drucksache 18/2377
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1651
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Rot-Rot-Grün, und hier im Besonderen die Senatorin Elke Breitenbach, haben das Thema Obdachlosigkeit zu einem der wichtigsten sozialpolitischen Themen dieser Stadt gemacht – dafür möchte ich mich bedanken! Ich möchte hier auch die Gelegenheit nutzen, um mich bei den aktiven Menschen zu bedanken, die ehren- und hauptamtlich in der Obdachlosenhilfe tätig sind. Sie sind das soziale Gesicht dieser Stadt.
Ich möchte außerdem hier und heute einmal mehr nicht nur darum bitten, sondern ohne Wenn und Aber einfordern, dieses Thema mit Respekt und Anstand vor allem gegenüber den obdachlosen Menschen hier zu diskutieren.
Mit dem heutigen Antrag wollen wir den Blick auf eine Gruppe von wohnungslosen Menschen lenken, die per Gesetz von regelhaften Sozialleistungen ausgeschlossen sind, beziehungsweise nur einen sehr eingeschränkten Zugang zur sogenannten Regelversorgung haben, und zwar auf Menschen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, insbesondere EU-Bürgerinnen und EU-Bürger aus den südosteuropäischen Staaten, und Menschen ohne Aufenthaltsstatus. Wir reden hier vor allem über Menschen, die ihr Recht auf Freizügigkeit in der EU wahrnehmen, mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in unsere Stadt kommen und dann Opfer übelster Arbeitsausbeutung werden. Ich glaube, die Mall of Berlin – oder Mall of Shame, wie sie auch genannt wird – gleich hier in der
Nähe, am Leipziger Platz, sagt uns allen etwas und ist ein Beispiel, das auch mal durch die Presse aufgegriffen wurde – viele dieser Menschen landen allerding ohne jegliche Öffentlichkeit auf der Straße.
In den letzten Jahren kam eine verstärkte Diskussion darüber auf, diesen Menschen selbst den Zugang zu den niedrigschwelligsten Angeboten der Obdachlosenhilfe – wie Sozialarbeit, medizinische Unterstützung, Versorgung mit einem warmen Essen, zum Beispiel bei der Stadtmission – oder niedrigschwellige Beratung über mögliche Perspektiven und die Kältehilfe zu verwehren. So erreicht uns zum Beispiel aus Hamburg die Information, dass obdachlosen Menschen aus Osteuropa der Zugang zum sogenannten Winterprogramm – was in Berlin die Kältehilfe ist – verwehrt wurde. Stattdessen stellte man sie vor die Wahl: Rückfahrkarte nach Polen oder Übernachten auf der Straße.
Auch in Berlin wurden Forderungen laut, die gerade von mir genannten Menschen einfach „abzuräumen“ und auszuweisen. Diese Forderungen wurden nicht nur von mir, sondern auch von anderen Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition scharf zurückgewiesen. Um zum Beispiel den Vorsitzenden des Ausschusses für Integration, Arbeit und Soziales, Hakan Taş, mit seiner Erlaubnis, sowie derjenigen der Präsidentin, zu zitieren: Soziale Notlagen löst man nicht mit dem Ordnungs- und Aufenthaltsrecht.
Diese Koalition steht viel mehr für eine soziale Politik, die Beratung und Hilfe für wohnungslose Menschen in den Mittelpunkt stellt. Das wollen wir mit diesem Antrag noch mal deutlich ausdrücken. Eine soziale Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass Menschen in Not unterschieds- und bedingungslos geholfen wird, ohne Ansehen des Passes oder der Herkunft. Dass dies schon passiert, soweit es der uns vorgegebene und oftmals leider viel zu enge gesetzliche Rahmen zulässt, hat die Senatsverwaltung im Ausschuss, in dem der Antrag fachlich behandelt wurde, noch einmal klargestellt. Dennoch möchten wir mit diesem Antrag ein deutliches Zeichen in die Stadt senden, dass die soziale Stadt das Ziel unseres politischen Handelns ist und wir weiter mit aller Kraft an diesem Ziel arbeiten werden.
In zwei Wochen findet die Nacht der Solidarität in Berlin statt, und ich möchte hier die Gelegenheit nutzen und den über 3 000 Ehrenamtlichen, die sich zu dieser Nacht angemeldet haben, danken. – Danke, dass Sie bereit sind, uns in dieser Nacht zu unterstützen!