In zwei Wochen findet die Nacht der Solidarität in Berlin statt, und ich möchte hier die Gelegenheit nutzen und den über 3 000 Ehrenamtlichen, die sich zu dieser Nacht angemeldet haben, danken. – Danke, dass Sie bereit sind, uns in dieser Nacht zu unterstützen!
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Henner Schmidt (FDP)]
Ich möchte mich bei allen hauptamtlichen Mitarbeitern der Senatsverwaltung und der Freiwilligenagentur bedan
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute befassen wir uns nach entsprechender Ausschussberatung abschließend mit dem Thema: Für wen gibt es in Berlin eigentlich die niedrigschwelligen Beratungs- und Hilfsangebote der Wohnungslosenhilfe? – Klare Antwort: Für jede und jeden, und zwar für jede und jeden das passende Angebot. Es gibt Angebote der Kältehilfe, die ASOG-Unterbringung, präventive Beratungsangebote und anderes mehr. Nun stellt sich eben die Frage – gilt auch jedes Angebot für jede und jeden? Ist jedes Angebot auch für jeden sinnvoll? – Das Aufenthaltsrecht und EU-Freizügigkeitsgesetz enthalten ausreichende Regelungen: Nach dem ASOG sind Wohnungslose entsprechend unterzubringen – für drei Monate –, nach § 1 a Freizügigkeitsgesetz/EU darf sich jeder EU-Bürger sechs Monate in Berlin, in Deutschland aufhalten, danach nur im Fall von Erfolgsaussicht auf Arbeit. Insoweit ist sichergestellt: Hier gibt es den nötigen gesetzlichen Rahmen. Asylsuchende werden entsprechend untergebracht, aber Personen ohne Aufenthaltstitel oder mit illegalem Aufenthalt können und sollen keine Leistungen der Wohnungslosenhilfe in Anspruch nehmen.
Natürlich müssen niedrigschwellige Nothilfeangebote für jeden kurzzeitig zur Verfügung stehen. Tun sie das etwa in Berlin nicht? – Ich finde, da muss sich Berlin nicht verstecken. – In diesem Zusammenhang auch Danke an alle Haupt- und Ehrenamtlichen in der Obdachlosen- und Wohnungslosenhilfe.
Der Antrag der Koalitionsfraktionen, den wir heute zu beraten haben, datiert auf den 12. Februar 2019. Dem vorausgegangen ist in der Stadt eine teils heftige Debatte über den Umgang mit Obdachlosen. Ich zitiere in diesem Zusammenhang den Bezirksbürgermeister von Mitte, Herrn von Dassel, der im „Tagesspiegel“ am 25. Januar des vergangenen Jahres ausführte – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
Das Sozialamt organisiert eine zeitlich befristete Unterkunft, aber zeitgleich überprüft das Ausländeramt, ob überhaupt ein Anspruch auf langfristige Hilfe besteht, oder zumindest sollte es diesen Punkt prüfen, und wenn kein Anspruch besteht, dann bitte Rückkehr in die Heimat, nach Polen
Herr von Dassel, Mitglied der Grünen, machte deutlich: Leider ist dies alles nur Theorie, aber so sollte es laufen. – Recht hat er!
Meine sehr geehrten Damen und Herren von SPD, Linken und Grünen! Bauen Sie die niedrigschwelligen Angebote nicht weiter aus! Schaffen Sie entsprechenden Wohnraum für Anspruchsberechtigte, ja, auch für Menschen mit Bleibeperspektive! Kurzum: Bekämpfen Sie Ursachen und nicht nur Symptome! – Wenn Sie Regelungsbedarfe bei der EU-Freizügigkeit sehen, frage ich Sie: Wo bleibt Ihre Bundesratsinitiative? – Ich erinnere mich an meine erste Rede hier vor drei Jahren, da war das genau die Forderung. Wo sind Ihre Ideen, Frau Senatorin Breitenbach und die Damen und Herren der Koalition, in Sachen EU-Freizügigkeit? – Die CDU lehnt Hilfen nicht grundsätzlich ab, steht aber für Schaufensteranträge nicht zur Verfügung. Daher werden wir uns enthalten. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen und Kolleginnen! Meine Damen, meine Herren! Der vorliegende Antrag sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Er sagt ja lediglich, dass es keinen Ausschluss bei Hilfen für Menschen in Not geben darf. Doch trotzdem bedarf es einer Klarstellung, denn selbstverständlich ist für uns so lange nichts, solange eine rechtsextreme Partei unserem Haus angehört. Wir werden niemals Hilfe nach Herkunft gewährleisten. Dass bestimmte Bevölkerungsgruppen vom Hilfesystem ausgeschlossen werden, hat es in dieser Stadt schon einmal gegeben, und das darf nie wieder sein. Berlin ist eine weltoffene und solidarische Stadt, und das soll auch immer so bleiben.
Von Berlin aus ist man genauso schnell in Warschau wie in Köln, oder anders gesagt: Berlin ist die größte Metro
pole zwischen Moskau und Paris. Berlin ist Scharnier für die Vielfalt Europas, und das bedeutet auch, dass wir keine Trennung vornehmen, aus welchem Land eine Hilfesuchende oder ein Hilfesuchender kommt. Wir sind alle Europäerinnen und Europäer.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Ich sage nur: 12,5 Prozent!]
Für uns als Koalition ist der Satz nicht nur ein bloßes Bekenntnis, für uns ist dieser Satz ein Auftrag, und zwar ein Auftrag dafür, unsere Hilfssysteme noch besser zu gestalten, das heißt konkret, sie auch dort internationaler zu machen, wo es nötig ist.
Das können Sie in den neuen Leitlinien zur Wohnungslosenpolitik gut nachlesen. Darin steht sehr deutlich, wohin die Reise gehen wird. Die niedrigschwelligen Angebote der Wohnungslosenhilfe richten sich stärker auf EUBürgerinnen und Bürger aus und nicht weniger. Alle können die niedrigschwelligen Angebote nutzen, nicht nur bestimmte Gruppen. Es werden mehr zielgruppenspezifische Angebote geschaffen bzw. erweitert, nicht weniger. Und was ich sehr wichtig finde: Den Opfern von Arbeitsausbeutung werden Möglichkeiten zur Unterbringung gegeben, damit sie sich als Zeuginnen und Zeugen in gerichtlichen Verfahren zur Verfügung stellen.
Denn eins müssen wir auch ganz klar sagen: Die Menschen sind oft in Not getrieben worden. Sie sind vielfach geprellt, betrogen, ausgebeutet oder gar verkauft worden von skrupellosen Arbeitgebern und Kriminellen oder beidem. Das ist das Problem, mit dem wir auch zu kämpfen haben.
Darüber hinaus werden wir den Zugang zur Krankenversicherung erleichtern, und ich finde es gut, dass im Entwurf des Landesantidiskriminierungsgesetzes die Merkmale „Sprache“ und „sozialer Status“ neu aufgenommen worden sind, und man kann ja auch darüber diskutieren, ob wir vielleicht das Merkmal „Wohnungslosigkeit“ aufnehmen. Wie Sie sehen können, setzen wir mit den Leitlinien zur Wohnungslosenpolitik humanitäre Maßstäbe. Es kommt hinzu, dass wir uns durch die „Nacht der Solidarität“ ein Bild machen werden. Meine Kollegin Frau Fuchs hat ja auch darauf hingewiesen. An der Stelle danke ich allen, die diese Zählung ermöglichen – allen
aus der Mitarbeiterschaft der Verwaltung, allen, die freiwillig an dieser Zählung mitmachen, aber natürlich auch ein Dank allen Ehrenamtlichen in der Kältehilfe und in der Wohnungslosenhilfe!
Es sei auch noch angemerkt: Wir wissen, dass das Bild möglicherweise nicht ganz vollständig sein wird, denn wir werden vielleicht den Gesundheitszustand der obdachlosen Menschen nicht ganz erfassen, wir werden nicht nachvollziehen können, woher ihre Flucht rührt. Aber durch die Nacht der Solidarität werden wir einen guten und ersten Grundstein für ein noch zielgerichteteres Hilfesystem legen. Ich werde an der Zählung teilnehmen so wie rund 3 000 andere Menschen auch. Die Zählung ist auch ein Zeichen an alle Menschen, die auf der Straße sind, dass Berlin sie sieht, sich ihrer annimmt und zusammenhält. Das ist für mich ein ganz besonderes Zeichen mitten im kältesten Monat des Jahres. Die Koalition weiß auch, dass wir nur durch eine aktive Wohnungspolitik die Obdachlosigkeit besiegen werden. Interessant ist, dass zum Beispiel Finnland das schon geschafft hat. Es geht also.
Zum Schluss möchte ich noch anmerken: Mit dem Mietendeckel schützen wir Menschen vor dem Verlust ihrer Wohnung. Auch hier sind wir das erste Bundesland, das solch einen Versuch unternimmt, die neue soziale Frage „Wohnen“ zu beantworten. Aber wir müssen auch viel mehr neue Wohnungen bauen. Das wissen wir. Wir können so den vielen Menschen in den Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe, den vielen geflüchteten Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften und den vielen Menschen auf der Straße zu einem selbstbestimmten Leben in Würde verhelfen, denn in einem reichen Land wie Deutschland soll keiner ohne eigene Wohnung leben. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Koalition, Leistungen der Wohnungslosenhilfe unabhängig vom Aufenthaltsstatus zu gewähren, fügt sich nahtlos ein in die unablässigen Bestrebungen von Rot-Rot-Grün, unter Missachtung geltenden Rechts ein De-facto-Bleiberecht für alle zu etablieren.
Dabei möchte ich allerdings eines festhalten: Es ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, obdachlosen Menschen, und zwar auch solchen ohne Aufenthaltsstatus, kurzfristig zu einer Notunterkunft zu verhelfen. Deswegen haben wir uns im Ausschuss auch enthalten. Aber diese Notlage nutzen Sie ja nur als Vorwand, denn Ihre Intentionen sind weitergehend.
Sie wenden sich ja ganz grundsätzlich gegen die Anwendung des Aufenthaltsrechts. Bezeichnend ist die Passage in Ihrer Begründung, wo es heißt, Forderungen nach sofortiger Rückführung in die Herkunftsländer entsprächen nicht dem Koalitionsvertrag und seien daher zurückzuweisen. In einem Rechtsstaat hat sich die Verwaltung eben nun mal vorrangig an den Gesetzen zu orientieren und nicht an Ihrem abstrusen Koalitionsvertrag.
Weiterhin schreiben Sie, EU-Bürger nähmen ihr Recht auf Freizügigkeit war, indem sie auf der Suche nach einem besseren Leben nach Berlin kommen. Das mag die Motivlage korrekt beschreiben, ist aber rechtlich natürlich unzutreffend. Die Freizügigkeit ist an eine Arbeitsaufnahme bzw. eine Ausbildung oder an die Fähigkeit, den Lebensunterhalt selbst zu finanzieren, geknüpft.