Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Zu dem Antrag auf Drucksache 18/1820 empfehlen die Ausschüsse einstimmig – bei Enthaltung der AfD-Fraktion – die Annahme mit geändertem Berichtsdatum „31. März 2020“. Wer dem Antrag mit geändertem Berichtsdatum zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Wer enthält sich zu diesem Antrag? – Das sind die AfDFraktion und zwei fraktionslose Abgeordnete. Damit ist der Antrag so angenommen.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sport vom 15. November 2019 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 27. November 2019 Drucksache 18/2340
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2145
In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Es hat das Wort Herr Abgeordneter Bertram – bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Barrierefrei ist gut – inklusiv ist besser“ – auch hier sind sich eigentlich alle im Haus einig, dass dem so ist. Dennoch diskutieren wir mehr als zehn Jahre nach Inkrafttreten der Behindertenrechtskonvention in immer noch zu vielen Bereichen über grundlegende Maßnahmen, um Teilhabe für alle Menschen gleichermaßen zu gewährleisten. Im Sport können wir zum Glück feststellen, dass die Sportvereine inzwischen ganz selbstverständlich ein breites Angebot des Parasports und des Inklusionssports entwickelt haben, und dieser Anspruch zieht sich zum Glück auch bis in den Spitzensport durch. Wir freuen uns darauf, 2023 die Special Olympic Games hier in Berlin ausrichten zu dürfen.
Selbstverständlich ist das nicht, denn der Parasport hat längst nicht die gesellschaftliche Bedeutung, die ihm eigentlich zustehen sollte. Immer wieder wird der Parasport in der öffentlichen Wahrnehmung vergessen oder nachrangig behandelt.
Hier tragen aber auch wir im politischen Raum Verantwortung, und zwar gehört zu dem ganzen Thema auch die Bereitstellung einer entsprechenden Infrastruktur. Hier haben wir deutlichen Nachholbedarf. Typensporthallen bieten bisher nur eine grundlegende Barrierefreiheit nach gesetzlichen Vorschriften. Dazu kann man sagen: immerhin –, aber das reicht eben nicht aus. In der Regel beziehen sich die geltenden Vorschriften der Barrierefreiheit auf Zuschauerplätze und Besucherwege, nicht aber auf die Sportler/-innen selbst. Sportler/-innen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen, die spielen keine Rolle, denn man geht in der Regel bei der Planung nicht davon aus, dass zum Beispiel zu einem Rollstuhlbasketballspiel nicht nur ein, sondern womöglich in kürzester Zeit mehr als 20 oder 30 Rollis per Lift transportiert werden müssen. Ich glaube, das Grundproblem der Barrierefreiheit und der inklusiven Nutzung wird an diesem Beispiel deutlich.
Im Rahmen der Schulbauoffensive entstehen alleine 60 neue Schulen plus Sportanlagen und insgesamt über 400 neue Hallenteile. Wir müssen hier die Chance nutzen, gleich richtig zu bauen, um Inklusion auch grundlegend zu ermöglichen. Hierfür fordern wir den Senat auf, das Planungshandbuch Sport entsprechend anzupassen, damit es eine neue und festgeschriebene Planungsgrundlage für den inklusiven Bau von Sportanlagen gibt. Eine Hilfestellung sollte hierfür ein Dialogprozess mit den entsprechenden Akteuren des organisierten Sports sein. Das ist neben dem Behindertensportverband eben auch das Netzwerk Inklusion im Sport. Dieses Netzwerk hat bereits einen Entwurf für einen Kriterienkatalog für inklusive Sportanlagen vorgelegt, der umfassend alle Bedarfe in den Blick genommen hat. Dafür können wir uns an dieser Stelle eigentlich nur bedanken, denn davon können wir alle sehr viel lernen.
Natürlich kostet inklusives Bauen etwas. Doch es geht nicht immer nur um zusätzliche Einbauten, es ist viel trivialer. Es beginnt damit, zum Beispiel bei der Ausstattung, Waschbecken tiefer anzubringen, und geht bis hin zur Wandgestaltung, denn zum Beispiel eine weiße Wand ist für Menschen mit Sehbeeinträchtigung eine schlechte Orientierungshilfe. Dagegen helfen Muster, Strukturen oder einfach kräftige Farben. Wir sollten hier diejenigen fragen, die darauf angewiesen sind, sollten deren Hinweise beachten und eben auch umsetzen. Wir müssen endlich über unseren eigenen Tellerrand blicken und uns den Bedürfnissen aller Nutzer/-innen stellen und damit den Menschen in unserer Stadt in Gänze gerecht werden. Wir alle verlieren dabei nichts, sondern gewinnen. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – „Barrierefreiheit ist gut – inklusiv ist besser“, auch im Sport. Wir wollen, dass alle Menschen von den umfangreichen Sportangeboten in unserer Stadt profitieren können, deshalb ist es unerlässlich, inklusive Sportanlagen zu bauen, und selbstverständlich stimmen wir an der Stelle diesem Antrag auch zu.
Das sind die Voraussetzungen für die Teilhabe von Menschen mit körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen am Sport. Der Bau inklusiver Sportstätten ist für die CDU-Fraktion eigentlich selbstverständlich; bisher sind wir übrigens davon ausgegangen, dass es auch für den Senat selbstverständlich ist, Barrierefreiheit bei der Sportentwicklungsplanung umfassend zu berücksichtigen. Der Antrag der Koalition hat uns deshalb an dieser Stelle doch ein klein bisschen überrascht, denn wie sagen Sie doch im Ausschuss oft und gerne zu mir? – Das macht der Senat doch bereits, dafür bedarf es keines weiteren Antrages. – Ehrlich gesagt hätte ich mir an dieser Stelle erhofft, dass man das hier auch so sehen kann, dann hätte man auf diesen Antrag verzichten können. Aber sei es darum – wir unterstützen das Anliegen natürlich, wir werden dem Antrag zustimmen, das habe ich ja eben schon gesagt. Inklusive Sportstätten sind eine sportpolitische Verpflichtung für uns alle.
Für die CDU-Fraktion ist dabei sehr wichtig, dass neben den Sportstätten auch die anliegenden Zuwegungen, die Besucherbereiche sowie die Sanitär- und Umkleideanlagen barrierefrei gestaltet werden. Auch gilt es, Parkmöglichkeiten für mobilitätseingeschränkte Sportlerinnen und Sportler sowie Zuschauer vorzuhalten. Priorität bei der Errichtung inklusiver Sportanlagen muss in Berlin übrigens weiterhin der Umbau des Friedrich-Ludwig-JahnSportparks sein – hier warten wir leider noch immer auf den offiziellen Startschuss beziehungsweise auf belastbare Termine. Eindeutige Kommunikation ist ein ganz wichtiges Thema dabei; Inklusion bedeutet neben der Teilhabe ohne bauliche Barrieren auch die Teilhabe ohne kommunikative Barrieren. Wir bitten daher, bei der Entwicklung der Standards für die inklusiven Sportstätten auch die einfache Zugänglichkeit und verständliche Formulierung von Informationen zu berücksichtigen.
Grundsätzlich gibt es im Bereich Inklusion im Sport neben dem Sportstättenbau zahlreiche weitere Felder zu
berücksichtigen, denen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Als Erstes fällt mir da die Aus- und Fortbildung von Sportfunktionären ein, diese müssen dringend um das Aktionsfeld Inklusion erweitert werden. Darüber hinaus halten wir es für sehr wichtig und zielführend, behinderte Menschen nicht nur als aktive Sportler, sondern auch verstärkt für die Ehrenämter in den Sportvereinen zu gewinnen. Auch die Vereine müssen stärker sensibilisiert werden, Kooperationen mit Kitas, Schulen und sozialen Einrichtungen wie zum Beispiel Behindertenwerkstätten wären sicher ein guter Anfang dafür. Kurzum – wir unterstützen den Antrag, sind dabei. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Wenn man eigentlich schon gar nicht mehr weiß, was man sagen soll, weil schon alles gesagt ist, kommt zum Glück noch mal Stephan Standfuß nach vorne und liefert noch einen Ansatzpunkt. – Sie haben gerade, Herr Kollege, noch mal deutlich gemacht, dass es einer Erklärung bedarf, was der Unterschied zwischen barrierefreiem und inklusivem Bauen ist. Denn natürlich, barrierefrei neu zu bauen, auch barrierefrei zu sanieren – das ist an relativ vielen Stellen gesetzlich vorgegeben, zum Beispiel in Landesbauordnungen, und das ist genau das, was das Land Berlin auch schon macht, bei Schulen, bei Sporthallen und in vielen anderen Bereichen. Als wir uns vor etwa einem Jahr mit dem Netzwerk Sport & Inklusion zusammengesetzt haben, ist es deshalb auch für uns interessant gewesen, uns politisch erklären zu lassen, dass es einen Unterschied gibt zum inklusiven Bauen. Der Kollege Bertram hat es gerade noch mal dargestellt: Wenn ich eine bestimmte Beeinträchtigung habe, kann ich Probleme haben, mit einer weißen Wand zurechtzukommen. Das ist im Baugesetzbuch und in den Barrierefreiheitsnormen nicht geregelt, sondern das ist etwas, was es im Sport besonders zu berücksichtigen gilt, wenn es darum geht, inklusive Sportstätten herzustellen.
Ich glaube, erstens ist die Entstehung dieses Antrags – da will ich ausdrücklich noch mal dem Netzwerk
Sport & Inklusion danken, das auf uns zugekommen ist, uns in dem Bereich schlauer gemacht und dann gemeinsam mit uns diesen Antrag erarbeitet hat – ein gutes Zeichen, wie Politik in der Stadt auch funktionieren kann. Ich bin sehr dankbar, dass das auf große Zustimmung über die Fraktionen hinweg gestoßen ist. Und es ist eine gute Sache, dass wir konkrete Ideen in diesem Antrag formuliert haben, die niemanden in dieser Stadt überfordern werden, auch nicht finanziell, sondern dass wir uns
jetzt in den Bezirken einfach ansehen: Wo kann man das jetzt mit relativ einfachen Mitteln, ohne übermäßig viel Geld auszugeben – in vielen Bereichen wurde uns erklärt, dass es überhaupt keine Mehrkosten verursachen würde, inklusive Ansätze zu berücksichtigen – konkret anwenden? Und ich freue mich darauf, dass die beteiligten Senatsverwaltungen, die Sportverwaltung und andere Verwaltungen, uns einen konkreten Vorschlag machen werden.
Ich bin wahrscheinlich in der Situation, zwei Anträge hintereinander verabschieden zu dürfen, die im Wesentlichen auch mit meiner Mitwirkung zustande gekommen sind. Sie sind auf große Zustimmung gestoßen, und ich finde, es ist ein gutes Zeichen, dass wir in den Fachausschüssen – im Sportausschuss und in den anderen Ausschüssen – auch so zusammenarbeiten können, dass wir für die Bevölkerungsgruppen, die das brauchen in dieser Stadt und die besondere Aufmerksamkeit verdient haben, dann auch etwas Gutes erreichen können. Und ich freue mich, das gemeinsam weiterzuverfolgen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Der Antrag der Koalition hat selbstverständlich ein unterstützungsfähiges Anliegen, und ich sehe, dass alle Parteien hier im Parlament sich für eine bessere Inklusion aussprechen. Das meiste ist heute jedoch bereits internationaler Standard und gesetzlich geregelt. Für Neubauten entstehen dabei, wie schon angesprochen, relativ geringe und leicht kalkulierbare Mehrkosten. Bei Umbau oder Sanierung sieht es ganz anders aus.
Sehen wir uns doch mal die Berliner Praxis an: Abgesehen davon, dass der überwiegende Teil der Sportstätten in der Verantwortung der Bezirke liegt, gibt es laut einer Anfrage an den Senat bis zum heutigen Zeitpunkt keinerlei Erfassung von notwendigen Umbaumaßnahmen aller öffentlichen Sportstätten. Die Bezirke haben schon jetzt einen Sanierungsbedarf von circa 240 Millionen Euro angemeldet. Zentral verwaltete Sportstätten liegen bei 360 Millionen Euro und die Berliner Bäder-Betriebe bei 230 Millionen Euro. Nun kommt auch noch das begrüßenswerte Leuchtturmprojekt für Inklusion, der Umbau des Jahn-Sportparks, dazu, der jetzt auch schon mit fast 200 Millionen Euro zu Buche schlägt. Wir sprechen also von mehr als 1 Milliarde Euro Investitionsbedarf. Und da sind Ihre Spaßbäder noch nicht einmal mit drin. Wenn
man bedenkt, dass der Senat nicht einmal 20 Millionen Euro pro Jahr an Mitteln für die Sanierung freigibt, sei hier die Frage erlaubt: Wer bezahlt das alles? – Die Forderungen in Ihrem Antrag an die Bezirke sind im Grunde genommen absurd, da diese derzeit nicht einmal in der Lage sind, ihre zugebilligten 1,5 Millionen Euro pro Jahr vollständig abzurufen. Darüber sollten Sie sich mehr Gedanken machen.
Es ist praktisch unmöglich, den 25 000 organisierten Sportlern im Berliner Behindertenverband, der ein Bestandteil des Landessportbundes mit über 670 000 Sportlern ist, eine gerechte und zufriedenstellende mittelfristige Lösung zu bieten.
So gut gewollt dieser Antrag, den wir selbstverständlich auch unterstützen, Herr Schneider, ist, wäre es auch sinnvoll, Zentren wie den Jahn-Sportpark oder diese neu zu planenden Multifunktionsbäder zu schaffen, die diese Standards bieten und worauf sich die Leute dann konzentrieren können. Aber das haben wir ja schon alles im Sportausschuss besprochen und eingebracht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Ich dachte auch, ich könnte es jetzt kurz machen, weil einige meiner Vorredner schon alles sehr gut ausgeführt haben, aber nach dem Beitrag der AfD-Fraktion denke ich, es ist sinnvoll, doch noch mal komplett einzusteigen, denn ich habe das Gefühl, so ganz genau ist der Unterschied zwischen Inklusion und Barrierefreiheit trotz der ausführlichen Ausschussberatungen bei Ihnen noch nicht angekommen.
Wir haben erst im vergangenen Herbst in diesem Haus das Berliner Teilhabegesetz verabschiedet – das war schon ein wichtiger erster Schritt zu einer umfassenden Teilhabe für Menschen mit Handikaps insgesamt. Mit dem heutigen Antrag „Barrierefrei ist gut – inklusiv ist besser“ beschreibt die Koalition eine Zielsetzung, mit der Teilhabe an einem sehr wichtigen, sehr präsenten gesellschaftlichen Bereich ganz konkret ermöglicht werden kann – nämlich im Sport. Unser Ziel ist dabei, dass deutlich mehr Sportarten – Sportstätten, nicht Sportarten! Sportarten vielleicht auch, aber vor allem Sportstätten –, also deutlich mehr Sportstätten als bisher für alle Berlinerinnen und Berliner nutzbar gemacht werden. Ich freue mich auch sehr, dass es ansonsten bis auf einiges Un
verständnis dort auf der einen Seite bei der Ausschussberatung letztlich nur sehr wenige Differenzen gab und hier Einigkeit herrscht, dass wir für mehr Inklusion im Sport sorgen müssen.
Wer sich mit der Thematik beschäftigt hat, der weiß, dass die bestehenden gesetzlichen Vorgaben für Umbau und Errichtung von Sportanlagen bei Weitem nicht ausreichen – Herr Buchner hat dazu einiges gesagt, Herr Bertram auch schon –, um die Teilhabe von allen zu ermöglichen. Gesetzliche Verpflichtung ist nur die Barrierefreiheit. Inklusive Teilhabe bedeutet noch deutlich mehr. Für Betroffene mit motorischen, visuellen oder auch akustischen Einschränkungen ist der Standard für Barrierefreiheit absolut unzureichend. So ist es eben leider auch noch heute so, dass vielerorts aktive Sportler ebenso wie auch Passivsportler, auch Zuschauer, von den vielen Sportveranstaltungen, die wir in der Stadt haben, ausgeschlossen sind. Ich freue mich sehr, dass wir heute daran etwas ändern werden.
Zuerst gilt es dabei aber, allgemeinverbindliche Standards für inklusive Sportanlagen zu entwickeln und diese dann möglichst schnell und möglichst umfassend umzusetzen, gerade auch bei den Bauvorhaben, die jetzt anstehen, zum Beispiel bei den Sportflächen, die im Rahmen der Schulbauoffensive neu entstehen. Das wurde auch schon angesprochen.
Letztlich ist das Ziel, dass in jedem Berliner Bezirk mindestens zwei Sportanlagen so entwickelt werden, dass sie vollkommen inklusiv sind, sodass wir überall in Berlin langfristig deutliche Verbesserungen für Menschen mit Einschränkungen im Sport erreichen, nicht nur im schon angesprochenen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, der als zentrale Inklusionssportanlage ja ebenfalls entwickelt wird.
Inklusion ist oft nicht mal teurer, als konventionell zu bauen. Viele Maßnahmen sind kostenneutral. Dazu hat Herr Bertram auch schon etwas ausgeführt. Daher freue ich mich, dass wir heute diesen Antrag entsprechend der Ausschussberatung wahrscheinlich einstimmig beschließen und damit Inklusion im Sport ein Stück weit mehr Normalität geben können. – Danke schön!