Protokoll der Sitzung vom 30.01.2020

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Es wird noch einmal spannend: die Öffentlichkeit zu informieren. – Wir haben mit Herrn Schmidt vor zwei Wochen hier darüber diskutiert, wie wir ein Klimamonitoring auf den Weg bringen können. Sie haben sich nicht einmal dazu durchringen können, in Ihrem Papier eins zu eins Klimamonitoring zu betreiben oder zu beschreiben, sondern Sie sagen: Man müsste vielleicht ein paar Klimadaten mehr einsammeln. – Das finde ich ganz schön weich. Da sind die Oppositionsfraktionen schon weiter.

Ich will gar nicht bis ins letzte Detail über „saubere und gesunde Stadt“ reden, über technologischen Fortschritt, über den ÖPNV, über die Ticketpreise, die Sie mit erhöht haben, die Trennung zwischen Außen- und Innenbezirken, die Sanierung der öffentlichen Gebäude, die Bäume, die Situation des Waldes, das Regenwassermanagement, die haushaltsnahe Altglassammlung – alles Themen, die die Notstandssituation hier nicht betreffen, die Sie aber offensichtlich auch nicht im Griff haben, weswegen wir uns als Oppositionsfraktionen ständig einbringen dürfen und auch werden. Da können Sie sich sicher sein.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

In der Begrifflichkeit „Notstand“ sehen wir aber natürlich etwas, dem die CDU-Fraktion nicht zustimmen kann. Bei vier von fünf Punkten sagen wir also, wir sind dabei, aber zu sagen, man hätte einen „Notstand“? Dann haben wir jede Woche einen Notstand: einen Bildungsnotstand, einen Sanierungsnotstand, einen Polizeinotstand,

[Carsten Ubbelohde (AfD): Demokratienotstand!]

mittlerweile für den einen oder anderen einen Demokratienotstand. – Das ist nicht die Begrifflichkeit und die Art und Weise, auf die wir arbeiten wollen. Wir können gern über die Themen diskutieren, wir können sachlich fundiert über die Anträge diskutieren, und wir können versuchen, fair miteinander umzugehen. – Liebe Koalition!

Das ist Ihnen nicht gelungen. Vor drei Wochen, am 9. Januar, wurde protokolliert, gesagt, Sie wollen uns am jetzigen Entschlussantrag beteiligen.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Das sagt die SPD!]

Das wollten wir gern. Wir haben ihn gestern Abend erst bekommen. Man wollte uns vor drei Wochen beteiligen. Vor einer Woche hat man im Ausschuss gesagt: Ganz schwierig! Die SPD muss erst auf Klausur gehen. – Da sage ich: Okay, kann man machen. – Die Klausur war nach meiner Kenntnis Sonntag beendet. Montag nichts gehört, Dienstag nichts gehört, Mittwoch nichts gehört. Heute Morgen stelle ich fest: Jetzt wird erwartet, entweder wir schließen uns an, oder wir lehnen es ab. – Liebe Koalition! Sie wollen uns doch gar nicht mitnehmen. Sie wollen auch die Leute da draußen nicht mitnehmen. Sie wollen offensichtlich gar niemanden mitnehmen, sondern verkünden hier zwei, drei Sachen. Das ist nicht genug.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Die Linke hat sich dafür ein bisschen entschuldigt, die Grünen haben sich mehr als entschuldigt, und die SPD sagt wie immer nichts dazu. Ich bedauere das sehr. Die CDU-Fraktion verweist deswegen noch einmal in aller Klarheit auf ihr Papier „Berlin 2040 – Auf dem Weg zur nachhaltigen Metropole“. Das haben wir schon letztes Jahr auf den Weg gebracht. Ein bisschen haben Sie abgekupfert, ein bisschen haben Sie gelesen – immerhin. Wir werden Sie also weiter antreiben. So einfach, wie die Klimanotlageleute offensichtlich bereit waren, zu akzeptieren, dass sie mit ihrer Initiative fertig sind, werden sie uns nicht los. Wir werden weitere Anträge stellen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Benedikt Lux (GRÜNE): Wo ist denn euer Antrag?]

Dann hat für die Linksfraktion der Abgeordnete Dr. Efler das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Freymark! Ich weiß nicht, auf welchen Vorgang Sie anspielen und auf welches Papier. Uns liegt nichts von der CDU-Fraktion vor. Das ist ein bisschen komisch, hier auf irgendetwas zu verweisen, das wir gar nicht vorliegen haben.

Ich will mich am Anfang ganz aufrichtig und herzlich bei den Initiatoren der Volksinitiative „Klimanotstand“ und bei den über 40 000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern bedanken. Ihr habt die Koalition in die richtige Richtung bewegt. Ihr habt uns angetrieben, bei der Frage der Klimagerechtigkeit noch besser zu werden. Deshalb ist der weitgehende Beschluss, den wir gleich hoffentlich

treffen werden, auch euer Erfolg. Vielen Dank dafür – von uns allen, hoffe ich!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Als jemand, der in seinem politischen Leben überwiegend außerparlamentarisch gearbeitet hat, sage ich ganz klar: Hört nicht auf, uns zu nerven! Macht weiter so, und nehmt uns in die Pflicht!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Neulich sagte mir ein politischer Mitstreiter aus der Klimabewegung, es ist total krass für ihn, dass wir in unserem kurzen Leben noch selbst den Klimawandel miterleben können und müssen – und er hat recht: Was früher noch weit in der Zukunft liegende Bedrohungsszenarien waren, ist jetzt Realität geworden. Die Klimakrise ist da, auch wenn einzelne – und heute leider auch jemand aus der FDP – das anscheinend nicht wahrhaben wollen. Es ist Realität geworden. Wir müssen nicht unbedingt nach Australien schauen, wo es brennt, sondern auch hier nach Berlin,

[Marcel Luthe (FDP): Wo brennt es denn hier?]

wo nur noch 9 Prozent aller Bäume gesund sind. Das besagt der Waldzustandsbericht von Dezember 2019. Das ist keine Klimapropaganda, das ist keine Panikmache, das ist keine Hysterie, sondern eine ganz nüchterne Beschreibung dessen, was auf die Welt zukommt.

Herr Krestel! Liebe FDP-Fraktion! Wenn das jetzt der neue Klimaweg der FDP ist, auf dem Ihnen die AfD Beifall klatscht, muss ich sagen, ist das eine Schande für das Parlament. Ich hoffe, dass Sie diesen Weg wirklich nicht gehen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Paul Fresdorf (FDP): Herr Efler! Wirklich? – Holger Krestel (FDP): Ach! Ist das alles, was Sie draufhaben?]

Bevor ich zu einigen der Maßnahmen komme: Für uns funktioniert Klimaschutz nicht top-down und nicht mit der Brechstange.

[Holger Krestel (FDP): Schämen Sie sich für diesen Beitrag! – Weitere Zurufe von der FDP]

Wenn Sie sich vielleicht beruhigen könnten! Danke schön! – Deshalb haben wir in dem Text auch formuliert, dass wir unser Klimaschutzprogramm unter breiter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger weiterentwickeln wollen.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Frage –

(Danny Freymark)

Später!

des Abgeordneten Woldeit?

[Holger Krestel (FDP): Nein, er hat Angst! Er ist feige! – Marcel Luthe (FDP): Feigling!]

Wir wollen etwas Neues ausprobieren – und warum nicht einmal ins Ausland schauen? In Spanien, in Schottland, in Irland, in Frankreich, in Großbritannien gibt es Klimabürgerräte,

[Frank-Christian Hansel (AfD): In Frankreich gibt es Atomkraft!]

zufällig aus der Bürgerschaft geloste Bürgerinnen und Bürger, die sozial repräsentativ zusammengesetzt eine Beratungsinstitution für Klimaschutz darstellen. Warum nicht so etwas auch mal in Berlin, zum Beispiel bei der Weiterentwicklung des BEK ausprobieren? Wir sind offen dafür, lassen Sie uns das diskutieren.

Was steht ansonsten noch in unserem Beschluss? – Wir wollen die Klimaziele verschärfen. Ich weiß, dass das, was wir jetzt hier beschließen werden, der Initiative nicht weit genug geht. Ich bitte aber zur Kenntnis zu nehmen: Wir wollen weit vor 2050 klimaneutral sein. Wir wollen die Klimanotlage anerkennen. Wir haben die Klimawandelfolgenabschätzung drin, und vielen Dank an die SPDFraktion, sage ich ganz ehrlich, dass jede Senats- und Bezirksverwaltung und jedes öffentliche Unternehmen in die Pflicht genommen wird. Das ist ein Vorschlag der SPD-Fraktion, den wir übernommen haben. Das ist gut so.

Ich bin als Energiepolitiker sehr zufrieden und glücklich darüber, dass wir zwei Punkte mit aufnehmen konnten: zum einen eine Solarpflicht. Die gibt es bisher noch nirgends in Deutschland. Mit der Solarpflicht werden wir den Anteil der Solarenergie in der Energieversorgung Berlins deutlich erhöhen, und wir werden auch Impulse für das Handwerk setzen. Wir machen also ökologische, vernünftige Politik und auch eine wirtschaftspolitisch vernünftige Politik. Das bringen wir zusammen. Das ist eine Win-win-Situation, und dagegen sollte sich zumindest der vernünftige Teil der Opposition nicht sperren.

Auch was ein Wärmegesetz angeht: Das ist ein Meilenstein. Da haben wir künftig eine Ermächtigung im Gebäudeenergiegesetz, wo wir mehr erneuerbare Energie im Gebäudebestand nutzen können.

[Zuruf von Paul Fresdorf (FDP)]

Das ist eine sinnvolle Sache, die wir unbedingt machen sollten.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Frage des Kollegen Krestel?

Bitte schön!

Herr Kollege Dr. Efler! Sie haben eben den Begriff „der vernünftige Teil der Opposition“ gebraucht. Jetzt verraten Sie mir doch mal: Was befähigt Sie eigentlich dazu, die Opposition mit vernünftig und unvernünftig zu bewerten? Ist das eventuell die vermutete Nähe oder Entfernung zu Ihren persönlichen Positionen oder den Positionen Ihrer Partei, oder was wollen Sie eigentlich sagen? Eigentlich ist das in einem demokratisch gewählten Parlament so üblich, dass man die Opposition so hinnimmt, sich gegen sie wehrt – Sie sind ja Regierungsabgeordneter – und nicht solche abfälligen Bemerkungen zwischendurch einstreut.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Herr Krestel! Nach der Zwischenfrage vorhin und Ihrer Zwischenbemerkung und Begriffen wie „Klimapropaganda“, die ich sonst in diesem Hause definitiv nur von der AfD-Fraktion gehört habe, gehören Sie für mich definitiv nicht mehr zum vernünftigen Teil der Opposition – Sie ganz persönlich.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Melanie Kühnemann-Grunow (SPD): Er muss aber auch nicht belehrt werden! – Zuruf von Herbert Mohr (AfD)]

Ich will jetzt zum Verkehrsbereich kommen, auch wenn Sie sich noch so aufregen. Der Verkehrsbereich ist natürlich zentral. Für uns ist die oberste Priorität, den ÖPNV auszubauen. Wir wollen hier noch stärker investieren, insbesondere auch in die Außenbezirke. Wir wollen in den Regionalverkehr investieren, in die Straßenbahn. Dafür muss die Finanzierung sichergestellt werden.