[Torsten Schneider (SPD): Das will ich auch wissen! – Heiterkeit bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]
Zum Zweiten würde mich Folgendes interessieren: Ich habe ja deutlich gemacht, wie wichtig uns parlamentarische Rechte, auch Minderheitenrechte sind. Verstehe ich Sie jetzt richtig, dass Sie das Recht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bestreiten, eine Ausschussvorsitzende für diesen Untersuchungsausschuss vorzuschlagen?
Niemand bestreitet das Recht Ihrer Fraktion, einen Ausschussvorsitz zu stellen. Herr Wesener! Es ist doch klar, dass Frau Bangert ein – und natürlich meine ich das politisch – enges Verhältnis zum Kultursenator hat. Das ist doch auch jedes Mal im Kulturausschuss zu beobachten, wie eng dieses Verhältnis ist.
Und ich habe einfach die Sorge, dass sie, wenn sie Entscheidungen als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses treffen muss, die unangenehm für den Kultursenator sein könnten, dann in die Bredouille kommt oder in die Gefahr kommt und überlegt: Na ja, will ich das wirklich, oder will ich das nicht?
[Torsten Schneider (SPD): Unerhört! – Frank Zimmermann (SPD): Sie diskreditieren den Ausschuss jetzt schon!]
[Torsten Schneider (SPD): So etwas hat es in diesem Parlament noch nicht gegeben, und wir hatten schon die Piraten!]
Wissen Sie, es gibt die Besorgnis der Befangenheit. Ich weiß nicht, ob Sie das kennen, Herr Schneider. – Und es wäre eigentlich Ihre Aufgabe gewesen, Herr Wesener – Ihrer Fraktion –, diesem Interessenkonflikt vorzubeugen und vielleicht einen anderen Vertreter aus Ihrer Fraktion zum Ausschussvorsitzenden zu bestimmen. Das muss doch nicht ausgerechnet die Vorsitzende des Kulturausschusses sein, die ohnehin sehr eng mit dem Kultursenator zusammenarbeitet, einen engen Draht zu dem Kultursenator hat und auch auf einen engen Draht zu dem Kultursenator angewiesen ist.
Hätten Sie doch jemand genommen, der nicht im Kulturbereich tätig ist, dann hätten Sie diesen Verdacht und diese Besorgnis ausräumen können, Herr Wesener. Aber so ist Ihnen das nicht gelungen.
[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zurufe von der AfD: Bravo!]
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Verschleppung des Einsetzungsbeschlusses und zum Streit um die Rolle von Frau Grütters bei der Untersuchung sagen. Die FDPFraktion hat ja bereits im Januar 2019 einen aus unserer Sicht tragfähigen und beschlussfähigen Antrag zur Einsetzung vorgelegt, und dann hat es ein Dreivierteljahr gedauert, bis es der CDU-Fraktion dann schließlich gelungen war, die Untersuchung der Rolle von Staatsministerin Grütters im Stiftungsrat wieder herauszuverhandeln – kann man so sagen. Herr Evers! Es war also zunächst die CDU-Fraktion, die durch diese Verschleppung den Untersuchungsauftrag erst mal in durchschaubarer Art und Weise verzögert hat. Meine Fraktion hat dann im Rechtsausschuss sofort einen Änderungsantrag eingebracht, der darauf abzielte, wie ursprünglich von der FDP geplant, auch die Rolle der Bundesbeauftragten im Stiftungsrat näher zu durchleuchten. Nach einer weiteren Verzögerung sind dann schließlich auch die Koalitionsfraktionen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Rolle der Kulturstaatsministerin betrachtet werden muss, und so sieht jetzt letztlich der Untersuchungsauftrag vor, dass sowohl die Rolle des Kultursenators als auch die Rolle der Bundesbeauftragten durchleuchtet werden sollen. Das ist alles statthaft, wie die beiden Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes eindeutig gezeigt hatten. Aber das hätten wir alles schon vor einem Jahr haben können, ganz einfach, wenn die CDU bereit gewesen wäre, dem ursprünglichen FDP-Antrag zuzustimmen. Dazu kann man
nur sagen: Besser spät als nie. Wichtig ist, dass die Aufklärung jetzt endlich losgeht. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In aller Kürze: Erstens, wir halten diesen Untersuchungssauschuss für überflüssig, falsch bis hin zu gefährlich.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Franz Kerker (AfD): Mit Sicherheit! – Uh! von der FDP und von der CDU – Marc Vallendar (AfD): Der Ausschuss ist für den Senator gefährlich!]
Ich komme dazu. Wir halten ihn für falsch, weil wir keine Anhaltspunkte dafür haben, was den Umgang mit den Vorgängen in Hohenschönhausen und was den Umgang mit den Vorwürfen sexueller Belästigung betrifft, dass es hier Fragen gibt, die eines Untersuchungsausschusses bedürfen. Im Gegenteil! Wir halten das Handeln der Kulturverwaltung jedenfalls in dieser Wahlperiode für nicht tadelnswert, sondern für vollkommen richtig.
Zweitens: Wir respektieren selbstverständlich das Recht der Oppositionsfraktionen, Untersuchungssauschüsse einzurichten, vollkommen unabhängig von der politischen Bewertung der Mehrheit in diesem Haus und auch vollkommen unabhängig von einer Betrachtung der Frage, inwieweit in dieser oder in anderen Fragen ein Untersuchungssauschuss ein geeignetes Mittel ist. Insofern werden wir uns enthalten. Eine Bemerkung sei erlaubt. Der sehr bereitwillig Griff dazu, Verfahrensweisen zu skandalisieren, legt zumindest einen Verdacht nahe, dass der politische Effekt vor allen Dingen im Tamtam um die Einsetzung bestehen soll und weniger in einem tatsächlichen Aufklärungsinteresse.
Drittens: Wir haben einen Änderungsantrag, übrigens gar nicht überraschend, gestellt. Wir haben von Anfang an angekündigt, dass wir natürlich auch das Agieren der Beauftragten des Bundes im Stiftungsrat mitbeleuchten wollen, wenn ein solcher Untersuchungsausschuss eingerichtet wird, sonst wäre der Blick darauf nicht vollständig. Insofern wird das jetzt auch genau so stattfinden.
Viertens: Wir sehen eine große Gefahr in diesem Ausschuss, und jetzt komme ich dazu, weshalb wir ihn für gefährlich halten, weil wir die Gefahr sehen, dass in einer solchen Dynamik tatsächlich die Vorwürfe sexueller
Belästigung, die Situation der Frauen, die Gespräche, die sie geführt haben, die in der Vertraulichkeit geführten Gespräche mit Frauenbeauftragten und Ähnlichen, an das Licht zumindest der Öffentlichkeit eines Untersuchungsausschusses gezerrt werden. Das hielten wir für ganz falsch und für hochgefährlich und auch für nachhaltig, solche Instanzen wie Frauenbeauftragte beschädigend. Das werden wir versuchen zu verhindern.
Wir werden deswegen in den Verfahrensregeln dafür sorgen, gerne gemeinsam mit den Antragstellenden, dass wir Vorkehrungen dafür treffen, etwa durch die Einsetzung eines Unterausschusses zur Beweisaufnahme, dass ein erhöhtes Maß von Vertraulichkeit und auch die Gewähr von Vertraulichkeit hier gewährleistet wird.
[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei der LINKEN]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, das ist am Anfang auch deutlich geworden, ist es ein Minderheitenrecht, in der Regel der Opposition, dass man Parlamentarische Untersuchungsausschüsse einsetzen kann. Insofern, liebe Koalition, bedarf es auch keiner Großzügigkeit, dass Sie sich nun enthalten. Bei einem Quorum von mehr als einem Viertel der Abgeordneten ist der Ausschuss eingesetzt. Insofern mögen wir auch darauf bestehen, dass wir dieses Recht haben und es in Anspruch nehmen. Dafür müssen wir uns auch nicht entschuldigen, um das an der Stelle ganz klar zu sagen.
Zweiter Punkt: Wir hatten hier in diesem Haus schon eine Aktuelle Stunde, mehrere Debatten und Rederunden an prominenter Stelle, wo wir genau die Untersuchungsgegenstände und Vorwürfe, die im Raume stehen, thematisiert haben.
Insofern wollte sich auch seitens der Antragsteller keiner wegducken, sondern wir wollten einfach eine zusätzliche Rederunde einsparen, was man in den Protokollen nachlesen kann, und wir haben uns auch ausführlich dazu geäußert und das begründet. Also auch der Vorwurf, wir würden uns wegducken, ist eindeutig von der Hand zu weisen. Auch das stimmt nicht.
Inhaltlich lege ich auch Wert darauf, dass wir nicht am Anfang eines Prozesses das Ergebnis vom Ende kennen. Wenn Sie Kollege Hochgrebe und Sie Kollege Wesener vorher schon ganz genau wissen, ohne dass Sie einen einzigen Zeugen gehört und eine einzige Akte gelesen haben
und kein einziges Gespräch entsprechend auch geführt haben, wenn Sie vorher schon wissen, was am Ende dabei herauskommt, haben Sie entweder prophetische Fähigkeiten oder sind unredlich, wahrscheinlich Letzteres, und das muss man auch ganz klar kritisieren an dieser Stelle.
[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) – Torsten Schneider (SPD): Lesen Sie einmal Ihr eigenes Protokoll!]
Es wird am Ende doch darauf hinauslaufen, dass man verschiedene Aussagen gegenüberstellen darf, Zeugen hören darf. Wenn sich zwei widersprechen, wir haben in dieser gesamten Sache nur am Rande mit den beteiligten Frauen zu tun – es gibt viele andere Beteiligte –, es von jedem Sachverhalt zwei sich nahezu widersprechende Aussage gibt – der eine sagt so, der andere sagt so zum selben Sachverhalt, sogar bei Sitzungen, die stattgefunden haben, bei Gesprächen sagen zwei Leute, die im Raum bei derselben Sitzung waren, genau das Gegenteilige –, da wird es doch wohl angemessen sein zu versuchen, die Wahrheit herauszufinden und herauszufinden, wer die Unwahrheit sagt. Das muss doch an der Stelle gestattet sein, sonst gäbe es nicht zwei Versionen von derselben Geschichte.
Insofern, auch da werbe ich für Ergebnisoffenheit und die Bereitschaft, sich auch entsprechend zu korrigieren. Das gilt für alle Beteiligten an dem Prozess.
Wenn man eine Aussage widerlegen kann, und wir werden im Laufe des Verfahrens auch Dokumente kennenlernen, wo jedenfalls Aussagen frisiert, verknappt und anders dargestellt worden sind, dann muss es auch dafür Verantwortliche geben, egal, wer es getan hat. In Ord
nung ist es jedenfalls nicht, dass Zeugenaussagen im Laufe von drei Jahren in drei verschiedenen Protokollen drei verschiedene Varianten haben, die verknappt wurden und zugespitzt haben. Das kann man belegen. Das kann man nachweisen. Wenn Sie sagen, dass es in Ordnung, dann sagen wir, dass es das nicht ist. Vielleicht ist das Ihr Verständnis von Aufklärung, unseres ist es nicht. Insofern wird es Zeit, dass die Wahrheit ans Licht kommt und zwar für alle. – Herzlichen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Nach Artikel 48 der Verfassung von Berlin und § 1 Satz 1 des Untersuchungsausschussgesetzes hat das Abgeordnetenhaus von Berlin auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Ich stelle fest, dass dieses Quorum erreicht ist.
Der Hauptausschuss empfiehlt auf Drucksache 18/2438 einstimmig – mit allen Fraktionen – betreffend die Höhe der Erstattung für die personelle Ausstattung eine Änderung des Antrags und hat im Übrigen von einer Beschlussempfehlung abgesehen.
Der Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung empfiehlt auf Drucksache 18/2505 einstimmig – mit den Oppositionsfraktionen und bei Enthaltung der Koalitionsfraktionen – ebenfalls diese Änderung sowie weitere Änderungen.