Den Ländern ist der Vollzug dieser Vorschriften zugewiesen, und darum haben die Länder erste Erfahrungen auf der Basis bundesgesetzlicher Regelungen gesammelt. Dass dann, wenn man zum Vollzug von Bundesrecht kommt, Erfahrungswerte entstehen, die es womöglich mit sich bringen, dass man Bundesrecht an der einen oder anderen Stelle nachbessern kann, ist ganz selbstverständlich. Darum haben auch wir als CDU-Fraktion hier im Abgeordnetenhaus einen entsprechenden Antrag eingebracht. Dem konnte die Koalition nicht zustimmen. Warum nicht? – Nicht, weil sie den Antrag an sich falsch fand, sondern wahrscheinlich weil CDU darauf stand. Wir sind nicht so kleinlich, darum werden wir Ihrem Antrag heute zustimmen, denn jeder Schritt zur Vermögensabschöpfung ist ein guter. Wir sind aber konsequent und in uns schlüssig: Wir stimmen im Land Berlin zu, und wir stimmen in Deutschen Bundestag zu.
Ich nutze die Gelegenheit hier noch, um zwei Dinge anzumerken: Aus dem Antrag der Koalition spricht ein, wie ich finde, unverschämtes Misstrauen gegen unsere Notarinnen und Notare heraus. Das weise ich ausdrücklich für die CDU-Fraktion zurück. Ich gehe davon aus, dass die Notarinnen oder Notare ihren Amtsauftrag redlich erfüllen und sich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften bewegen. Ich lese da einen Duktus heraus, der unterstellt, dass da weggeguckt wird. Das gefällt mir überhaupt nicht.
Und der zweite Punkt ist – da sind sie eigentlich zuständig, Herr Schlüsselburg –: Der Vollzug dieser Vorschriften, die Sie jetzt auch auf Bundesebene ändern wollen, liegt bei uns im Land. Darauf kam ich bereits zu sprechen. Und der Vollzug liegt bei Herrn Behrendt. Das ist derjenige, von dem der Deutsche Richterbund gestern geschrieben hat, es wäre schön, wenn sich der Justizsenator um Justiz kümmern würde. Das sind nicht meine Worte, sondern die des Deutschen Richterbunds – Landesverband Berlin. Wir werden mal schauen, ob der Justizsenator, der sich bislang nicht um Justiz kümmert, sich vielleicht in dem Fall darum kümmert, dass die Vermögensabschöpfung, da, wo sie vollzogen werden muss, nämlich im Land Berlin, auch wirklich funktioniert. – Vielen Dank!
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Werte Abgeordnete! Ja, ein spannendes Thema. Und ja, heute schließt sich ein Stück weit ein wichtiger Kreis – ein wichtiger Kreis insofern, dass das Instrument, das hier bei der Vermögensabschöpfung eingesetzt werden darf und kann, gerade mit dem Blick auf die organisierte Kriminalität nicht nur Fuß fasst, sondern tatsächlich auch rechtlich umgesetzt wird.
Wir kennen das von dem Beispiel der sogenannten 77 Immobilien. Man muss sich das Jahr 2018 noch einmal vor Augen führen. Es ging darum, dass 77 Immobilien einer bekannteren Familie aus Neukölln festgestellt, konfisziert und eingefroren wurden. Ursprung war übrigens – das muss man auch wissen – ein Bankeinbruch am Mariendorfer Damm. Man konnte später bei einer Person, die Sozialleistungen bezog, feststellen, dass sie Eigentumswohnungen hatte. Die Dinge wurden dann wie Puzzlestücke vom LKA und der Staatsanwaltschaft zusammengesetzt, und am Ende gerieten 77 Immobilien in den Blick der Strafverfolgungsbehörden. Damit konnten wir – nicht nur, aber auch – das Gesetz anwenden. Es ist wichtig, hier auch danke zu sagen, nicht nur dafür, dass der Senat, ob Inneres oder Justiz, das mit Verve umsetzt, sondern auch dafür, dass sich Mafianeindanke, eine NGO, seit Jahrzehnten um dieses Thema kümmert und bemüht. In den Jahren 2016 und 2017 gab es wichtige Arbeitskonferenzen zu dem Thema, die wichtige Punkte aufgegriffen haben. Peter Trapp und andere wissen das noch. Der Innenausschuss war 2015 in Rom, wo wir uns darstellen ließen, wie Italien und insbesondere Rom gegen die italienische Mafia vorgehen. Damals gab es auch die Idee, Immobilien einzuziehen und für das Allgemeinwohl zu nutzen. Das ist ein wichtiger Punkt.
Ich möchte, weil noch ein bisschen Zeit ist, den Moment nutzen, um Sie auf ein anderes Themenfeld hinzuweisen. Wir haben nämlich ein weiteres Problem, und zwar bei den Zwangsversteigerungen. Interessant ist, dass unter den 77 Immobilien 17 Eigentumswohnungen im Wert von 348 000 Euro und drei Häuser im Wert von 1,45 Millionen Euro waren. Round about sind das über 2,23 Millionen Euro, die durch Zwangsversteigerungen erzielt wurden und letzten Endes auch in die 77 Immobilien geflossen sind. Hier ist es total wichtig, dass der Rechtsstaat wachsam ist und dass wir uns das sehr genau angucken und das nicht nur abtun, sondern wir als Land Berlin und seine Strafverfolgungsbehörden – das ist nicht nur in Berlin Thema, sondern auch bundesweit – müssen daran denken, dass auch die Legalisierung von illegalem Vermögen ein wichtiger Punkt ist. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der im Ausschuss beratene Antrag der Koalition enthält mehrere Punkte, die wir zwar grundsätzlich gleich betrachten. Das Thema Abschöpfung von illegal erworbenen Clanimmobilien liegt schließlich in der DNA meiner Partei.
Der Antrag enthält allerdings nicht viel Neues. Er verweist auf das Inkrafttreten des reformierten Vermögensabschöpfungsrechts und auf die Koordinierungsstelle der OK. Inhaltlich enthält der Antrag eigentlich nur einen neuen validen Punkt, nämlich die Übertragung von Immobilien an die Liegenschaften des Landes. Aber ist das überhaupt sinnvoll? Nach § 60 der Strafvollstreckungsordnung geht mit der Rechtskraft der Entscheidung das Eigentum an verfallenen oder eingezogenen Sachen auf das Land über, dessen Gericht im ersten Rechtszug entschieden hat, im Anschluss erfolgt die Veräußerung nach § 64, und nach Abs. 7 ist der erzielte Erlös an die zuständige Kasse, also die Justizkasse, abzuführen. Nun soll also die BIM oder auf jeden Fall das Land Berlin diese Immobilien bekommen, anstatt sie zu versteigern.
Dies bringt gleich mehrere praktische und rechtliche Probleme mit sich. Was ist mit dem Opferausgleich, der normalerweise aus dem versteigerten Erlös gewonnen wird? Was soll die BIM mit den Immobilien machen, und wie soll sie die Immobilien dem Gemeinwohl zuführen? Bei den meisten Immobilien handelt es sich ja um einzelne Wohnungen, Restaurants, Gewerbeflächen und Ähnliches. Das Land Berlin müsste die Verwaltung dieser weit über die Stadt verteilten Flächen übernehmen, was mit einem enormen Aufwand verbunden sein kann. Ich kann mir auch noch nicht so richtig vorstellen, dass das Land Berlin auf einmal Shisha-Bars, Barbershops und Spätis verwaltet. Ich sehe darin keinen Nutzen. Außerdem lassen sich diese Immobilien wohl kaum in Schulen, Sportstätten, Krankenhäuser, Polizeiwachen oder andere Einrichtungen umwandeln, welche einen Zweck für das Gemeinwohl erfüllen würden.
Das eigentliche Ziel des Antrags dürfte, wie bereits in der letzten Plenardebatte von mir ausgeführt, sein, Immobilien in ihr gescheitertes Wohnungsbau- und Liegenschaftsprogramm zu überführen. Staatliche Immobilienwirtschaft endet jedoch zumeist in totaler Misswirtschaft zulasten der Allgemeinheit. Aber das verstehen Sie nicht, da Sie den Staat wie einen Mammon anbeten und Privateigentum sowieso ablehnen und deswegen am besten gleich alles unter staatliche Verwaltung stellen wollen.
Nicht umsonst freut sich Herr Schlüsselburg diebisch darüber, dass Private nicht mehr günstig Immobilien bei einer Versteigerung erwerben können. Das kommt deutlich zum Ausdruck. Das ist das eigentliche Ziel des Antrags. Wie schon selbst vorgetragen, erfordert der Antrag eine Änderung der Strafvollstreckungsordnung auf Bundesebene. Das dürfte nach meinem Dafürhalten eher weniger erfolgversprechend sein. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die anderen Bundesländer es auch gut finden, sich alle möglichen Kleinstimmobilien zusammenzusammeln und dann verwalten zu müssen. Deswegen lehnen wir den Antrag dem Grunde nach ab und sind der Auffassung, dass es andere Wege gibt, der Clankriminalität Herr zu werden, oder dass es andere Punkte gibt, an denen man ansetzen kann. Diese einfache Änderung der Strafvollstreckungsordnung ist kein großer Gewinn. Alles, was notwendigerweise getan wurde, wurde auf Bundesebene beschlossen, insbesondere die Verbesserung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Das heißt, Sie haben hier nichts Neues eingebracht. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Berlin ist erfreulicherweise bundesweit Vorreiter bei der Anwendung der Vermögensabschöpfung; das finden wir gut. Das belegen die bisherigen Ermittlungserfolge, insbesondere die Beschlagnahme der bekannten 77 Immobilien – ein echter Ermittlungserfolg für Berlin
und ein Beispiel dafür, wie sich unsere Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung um die Justiz kümmert.
Im Übrigen wurde, wie Sie wissen, durch die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung gerade eine Notar-Taskforce eingerichtet.
Im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskrimi
nierung wurde darüber berichtet. Die Notar-Taskforce begrüßen wir sehr und warten deren Erfahrungen ab.
Sehr positiv ist, dass hier im Hause ein parteiübergreifender Konsens existiert, die organisierte Kriminalität effektiv und mit Schärfe zu bekämpfen.
Im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung haben auch alle Fraktionen – leider mit Ausnahme der AfD – für den Antrag der Koalition gestimmt, also für das verstärkte Engagement des Senats bei der Vermögensabschöpfung, dafür, abgeschöpfte Immobilien nicht mehr zu versteigern, sondern in Landeseigentum zu überführen, und für die Bundesratsinitiative zum Immobilienregister.
Nun zum CDU-Antrag: Die CDU wollte Mietforderungen in die Beschlagnahme einbeziehen, und zwar durch eine gesetzliche Regelung im Strafgesetzbuch. Das finden wir derzeit juristisch nicht sinnvoll; eine solche Bundesratsinitiative brauchen wir derzeit nicht, da dies schon nach jetziger Rechtslage gehen dürfte. Im Moment wird die höchstrichterliche Rechtsprechung dazu noch abgewartet. In § 76a StGB wollte die CDU ferner den Tatbestandskatalog erweitern. Auch das ist nach unserer Auffassung derzeit kein hilfreicher Schritt. Die Vorschrift enthält ohnehin schon eine sehr weitgehende Regelung, praktisch eine Beweiserleichterung, die schon fast an eine Beweislastumkehr grenzt. Danach reicht es aus, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass der Vermögensgegenstand aus einer rechtswidrigen Straftat stammen kann. Damit stellen wir die Beweislast schon ziemlich auf den Kopf. Der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit bedeutet bekanntlich, dass der Staat die Schuld beweisen muss. Meines Erachtens ist es juristisch nicht sauber, dieses Prinzip nun völlig aus den Angeln zu heben, was die Beschlagnahme angeht.
Zum Fazit: Der organisierten Kriminalität ist effektiv und mit der gebotenen Schärfe, aber im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit zu begegnen. Auch wenn die Instrumente verschieden sein mögen, und es irgendwie immer die Pflicht der Opposition ist, die Regierung zu kritisieren – darüber, dass die organisierte Kriminalität mit aller Schärfe zu bekämpfen ist, sind wir uns in diesem Hause alle einig. Ich freue mich daher, wenn wir der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung folgen und im Plenum unseren Antrag beschließen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bereits am 23. Mai 2019, in der 42. Sitzung, haben wir hier über den zur Beratung anstehenden und mit der Drucksachennummer 18/1876 versehenen Antrag der Koalition gesprochen. Damals habe ich die Bedenken der FDP-Fraktion hier ausführlich vorgetragen und möchte nun insbesondere auf den folgenden Umstand verweisen: Im Prinzip handelte es sich bei der Beschlagnahme der 77 Immobilien, die heute zuerst der Kollege Schlüsselburg erwähnt hat, um eine vorläufige Regelung, die noch nicht wirklich rechtssicher ist, wo aber – wie wir meinen, leichthin – gewissermaßen schon vollstreckt wird. Dies könnte für das Land Berlin noch zu einem finanziellen Bumerang werden.
Wenn wir dem Antrag in letzter Konsequenz trotzdem zustimmen, dann deswegen, weil man uns nie nachsagen können wird, dass wir nicht mit dabei sind, wenn es in Berlin zumindest versuchsweise gegen die organisierte Kriminalität geht. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Zu dem Antrag auf Drucksache 18/1876 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen die AfD-Fraktion die Annahme in geänderter Fassung. Wer dem Antrag in geänderter Fassung gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/2441 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU- und die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind die AfD-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete. Damit ist der Antrag so angenommen.
Die Tagesordnungspunkte 18 bis 29 stehen auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 30 war Priorität der Fraktion Die Linke unter Nummer 3.2.
zur Vorlage – zur Beschlussfassung – gemäß § 38 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin
Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss empfiehlt einstimmig mit allen Fraktionen die Zustimmung zu dem Vermögensgeschäft. Wer dem Vermögensgeschäft Nummer 17/2019 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU, die FDP, die AfD und der fraktionslose Abgeordnete. Somit sind es alle Fraktionen; es kann weder Gegenstimmen noch Enthaltungen geben. Damit ist dem Vermögensgeschäft zugestimmt.