Protokoll der Sitzung vom 05.03.2020

immer Einzelfallentscheidungen der Amtsärztinnen und Amtsärzte. Da habe ich ein großes Vertrauen, dass sie mit viel Expertise und auf Grundlage der Richtlinien des Robert-Koch-Instituts eigenverantwortlich handeln.

Abschließend zur Frage, was Berlin tut: Das gesamte Gesundheitssystem reagiert auf die neue Situation. Natürlich wird jetzt klar, wo vielleicht noch etwas fehlt. Was fehlt, sind Schutzbekleidungen; diese sind Mangelware. Sie haben sicher mitbekommen, dass auf Bundesebene eine zentrale Beschaffung stattfinden wird. Auch in Berlin sind wir gerade in der Vorbereitung einer zentralen Beschaffung, um hier Abhilfe zu schaffen. Mit den Beständen, die wir haben, versuchen wir, die Situation etwas zu mildern.

Zu zwei konkreten Maßnahmen, die wir in Reaktion auf den Weg gebracht haben: Zum einen haben die Berliner Feuerwehr und die Kassenärztliche Vereinigung einen gemeinsamen Fahrdienst eingerichtet. Das heißt, die Abklärung des Zustands von Menschen, die nicht mobil sind, wird zu Hause sichergestellt. Zum anderen werden wir Zentren – Untersuchungsstellen nennen wir diese – bilden. Sechs solcher Stellen werden zurzeit in Berlin geplant. Diese werden in wenigen Tagen öffnen. Dort werden wir die Abklärung gemeinschaftlich, also sowohl die Krankenhäuser als auch die Kassenärztliche Vereinigung, mittels Untersuchungen vornehmen. Die Charité hat einen Anfang gemacht. Dort sind lange Warteschlangen entstanden. Das ist aber ein Einzelfall. Ich denke, auch hier hat die Charité vorbildlich gehandelt. Die Ärztinnen und Ärzte haben bis 21 Uhr gearbeitet. An der Stelle muss man auch diese Arbeit würdigen. Das gesamte Gesundheitssystem setzt alles daran, die Situation zu bewältigen und eine adäquate Versorgung sicherzustellen. –Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für eine Zusatzfrage bekommen Sie das Wort, Herr Isenberg – bitte schön!

Ich frage den Senat: Was empfehlen Sie den einzelnen Berlinerinnen und Berlinern konkret?

Frau Senatorin – die drei wichtigsten Regeln!

[Beifall und Lachen bei der CDU und der FDP – Zuruf von der CDU: Dezenter Hinweis!]

(Senatorin Dilek Kalayci)

Die drei wichtigsten Regeln, genau! – Ich sage immer, dass das neuartige Coronavirus nicht das einzige Virus ist, das unterwegs ist; noch sind wir mitten in der Grippewelle. Es gibt ganz einfache Regeln, wie man sich schützen kann. Und das ist die Phase, in der wir uns befinden: Das Eindämmen ist die eine Sache, aber sich schützen, die andere. Jeder, der hier ist, kann zu jeder Zeit Regeln einhalten, um die eigene Infektion und vor allem die Infektion anderer zu vermeiden.

Meine erste Empfehlung ist: Wenn Sie krank und stark erkältet sind oder eine Grippe haben, vermeiden Sie, andere Menschen anzustecken! Bleiben Sie entweder krank zu Hause oder halten Sie die Hygieneregeln ein! Das heißt: Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen!

[Christian Gräff (CDU): Das waren schon drei!]

Denn die Hände übertragen die Erreger nun einmal am meisten. Darüber hinaus gilt es, Abstand zu halten zu den Menschen, die Symptome haben – oder wenn Sie selbst Symptome haben. – Das sind die Regeln.

Zur letzten Empfehlung: Den vulnerablen Gruppen in unserer Gesellschaft – ältere Menschen, chronisch kranke Menschen – empfehle ich zweierlei: zum einen, in dieser Zeit größere Menschenmengen generell zu meiden, und zum anderen, sich impfen zu lassen gegen Pneumokokken und Keuchhusten, denn das stabilisiert die Lunge und kann etwas dazu beitragen, dass das Coronavirus nicht so eine große Chance hat – und wenn es trotzdem kommt, der Krankheitsverlauf milder ist. – Das bedeutet: Schutz von schutzbedürftigen Menschen – das sind die vulnerablen Gruppen; da kann die Impfung helfen –, aber auch Schutz von schutzbedürftigen Einrichtungen; das sind Pflegeheime und andere Unterkünfte. – Das empfehle ich.

Vielen Dank! – Die zweite Nachfrage geht an den Kollegen Zeelen von der CDU-Fraktion. – Bitte schön!

[Tim-Christopher Zeelen (CDU): Ich habe keinen Saft!]

Herr Kollege! Einen kleinen Moment mal! Müssen wir da nachsteuern? – Versuchen Sie es jetzt noch einmal! – Tun Sie mir einen Gefallen und setzen sich auf den Sitzplatz nebenan!

[Joschka Langenbrinck (SPD): Kommen Sie zu uns!]

Ich hoffe, ich habe Sie jetzt befördert.

[Torsten Schneider (SPD): CDU abgeschaltet!]

Kleinen Moment, das bekommen wir hin!

Das ist wahrscheinlich auch eine Premiere, mit einem Saalmikrofon zu sprechen.

Frau Senatorin! Sie haben zu Beginn der Krise über Ihren Twitteraccount der Senatsverwaltung die Menschen aufgefordert, in die Notaufnahmen dieser Stadt zu gehen, wenn ein Verdachtsfall besteht. Jetzt haben wir mittlerweile endlich ein Abklärungszentrum zentral im

Virchow. Ich frage mich allerdings, warum die weiteren Standorte von Ihnen nicht bereits im Vorfeld klar definiert und klar geplant worden sind. Warum suchen Sie erst jetzt in diesen Tagen nach neuen Standorten in dezentraler Lage in unserer Stadt?

Frau Senatorin, Sie haben das Wort.

Vielleicht habe ich das nicht deutlich ausgedrückt. Wir suchen nicht danach. Sie sind schon da. Ich kann Ihnen die Standorte nennen, die sind ganz klar. Die KV macht mit. Es gibt keinen Grund, dass wir nicht an den Start gehen können. In einer solchen Situation muss man phasenbezogen handeln. Krisenmanagement heißt nicht, dass ich alles, was ich vorbereite, offenlege und Panik verbreite. Wir arbeiten sehr im Hintergrund für die nächsten Stufen.

[Lachen bei der CDU]

Die Zentren Monate vorher schon zu öffnen und zu sagen, kommen Sie alle und testen sich, ist die falsche Botschaft. Ich will nicht, dass sich jeder Berliner und jede Berlinerin testet, um das einmal klar zu sagen. Das ist nicht zielführend.

[Burkard Dregger (CDU): Das war auch nicht die Frage!]

Das wäre die Konsequenz. Deswegen müssen wir phasenbezogen zielgerichtet handeln. Diese Zentren sollen tatsächlich für die Abklärungsfälle da sein, zur Entlastung des niedergelassenen Bereichs und der Krankenhäuser. Ich muss sagen, ich sehe momentan kein Problem, weil alle aktiv mitmachen, dass diese Zentren auch zeitnah umgesetzt werden.

[Stefan Evers (CDU): Frage nicht beantwortet!]

Vielen Dank!

Dann kommen wir jetzt zur Frage der CDU-Fraktion. – Herr Kollege Evers, bitte schön!

Das klappt ja mit den kurzen Antworten. – Ich frage den Senat: Wann und wie gedenkt der Senat, den durch das veröffentlichte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin im Fall Giffey entstandenen Eindruck auszuräumen, dass es trotz schwerwiegender Dienstvergehen aufgrund eines familiären Promistatus zu einer eklatanten Sonderbehandlung gekommen ist durch den ausdrücklichen Verzicht auf die laut ersten Ergebnissen des Disziplinarverfahrens gebotene Entlassung aus dem Beamtenverhältnis?

[Kurt Wansner (CDU): Eine ganz klare Frage!]

Zur Beantwortung hat Frau Senatorin Breitenbach das Wort.

Ja, und ich bedanke mich für diese ganz klare Frage, weil ich vielleicht einmal mit einigen Sachen aufräumen kann. Erstens gibt es für solche Fälle einen festen Weg des Verfahrens. Es gibt einen Ermittlungsführer in einer Verwaltung, der diese Sache aufarbeitet und in einem Ermittlungsbericht zusammenfasst. Ich füge hier einmal ein, dass dieser Ermittlungsführer, der hier den Ermittlungsbericht geschrieben hat, ein befristetes Arbeitsverhältnis in der Verwaltung hatte und sich wegbeworben hat; er ist in eine andere Verwaltung gegangen. Ich habe hier also keinen Ermittlungsführer ausgetauscht, sondern er hat den Arbeitsplatz gewechselt.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Aha!]

Dieser von ihm erstellte Ermittlungsbericht geht, und das ist das übliche Vorgehen, an den Betroffenen bzw. an seinen Anwalt zur Stellungnahme. Auch das ist passiert. Auf Grundlage unserer Erkenntnisse, des Ermittlungsberichts, und auf Grundlage der Stellungnahme des Betroffenen bzw. des Anwaltes, wird ein Abschlussbericht angefertigt. Dieser Abschlussbericht wird mir dann vorgelegt. Bis dahin ist es ein völlig normales Vorgehen, bei dem nichts anders ist als üblich.

Jetzt geht es weiter. Auch das ist normal. Ich schaue mir diesen Abschlussbericht an. Dann habe ich Entscheidungen zu treffen. Meine Entscheidung war nach der Abwägung all der Dinge, die dargestellt wurden, Disziplinarklage zu erheben. Wichtig ist vielleicht noch für den Hintergrund, dass ich dem Gericht einen Vorschlag mache, wie damit umzugehen ist. Ich habe nach Abwägung aller Sachen, die mir vorgelegt wurden, die Entscheidung für den Vorschlag getroffen. Diese lautete: keine Entfernung aus dem öffentlichen Dienst, sondern es war sozusagen ein Minimalziel, eine Minimalmaßnahme, die man in dem Fall treffen muss, und das war die Herabstufung.

Herr Evers! Sie wünschen eine Nachfrage zu stellen. Dann haben Sie das Wort.

Vielen Dank! Zumindest die Frage nach persönlicher Verantwortlichkeit ist damit sehr klar beantwortet. Hinsichtlich des weiteren im Raum stehenden Verdachts der Strafvereitelung im Amt ist darüber hinaus die Frage geboten, wie der Senat die in Rede stehenden Dienstvergehen in strafrechtlicher Hinsicht bewertet. Ist es in vergleichbaren Fällen auch Teil des „ordentlichen Verfahrens“, dass im Ergebnis auf eine Strafanzeige verzichtet wird?

Frau Senatorin!

Ich will an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass es keine generelle Anzeigepflicht gibt und ich auch im Hinblick auf die Erkenntnisse, die mir vorlagen, darauf verzichtet habe. Auf Ihre Frage, ob es in ähnlichen Fällen ähnlich war, anders war, kann ich Ihnen keine Antwort geben. Bei den Vergleichen, den Erkenntnissen, die mir vorlagen, war das jetzt nicht nötig.

Dann haben wir eine zweite Nachfrage von Herrn Vallendar von der AfD-Fraktion. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Senatorin! Ist es aber nicht im Grundsatz Ihrer Ermessensentscheidung und Abwägung zwingend notwendig, auch vergleichbare Fälle heranzuziehen? Oder haben Sie hier eine fehlerhafte Ermessensentscheidung getroffen?

[Torsten Schneider (SPD): Was gegen eine Straftat spräche!]

Frau Senatorin!

Hier gab es die Frage nach einer Strafanzeige. Ich habe jetzt noch einmal gesagt, dass das Urteil öffentlich ist. Es kann jede Person nachlesen, dass ich entsprechend der Sachen, die mir vorgelegen haben, entschieden habe. Es gibt immer einen Entscheidungsspielraum. Diesen

Entscheidungsspielraum habe ich genutzt. Ich habe es mit nicht einfach gemacht, weil ich tatsächlich finde, dass ich eine Verantwortung habe, einerseits den Mitarbeitenden gegenüber, andererseits natürlich auch dem Staat gegenüber, wenn es da irgendwelche Verfehlungen gab. Ich habe in genau diesem Rahmen die Entscheidung getroffen. Das können Sie jetzt prüfen. Sie haben auch Akteneinsicht beantragt. Schauen Sie sich die Akten an. Möglicherweise würden Sie dann zu der gleichen Entscheidung kommen wie ich auch.

Dann kommen wir jetzt zur Fraktion Die Linke. – Frau Schubert!