Protokoll der Sitzung vom 05.03.2020

[Kristian Ronneburg (LINKE): Meine Reden schreibe ich noch immer selbst! Ich weiß ja nicht, wer Ihre schreibt!]

oder Sie sich selbst aufgeschrieben haben. So fing auch Ihre lustige Rede an. Wenn Sie erst einmal anfangen, Ihre verkehrspolitischen Grundsätze der Verkehrswende allen erläutern zu wollen, ist das allerdings erst etwas, was Sie wahrscheinlich für die Konsensfindung Ihrer Koalition voranschicken müssen,

[Kristian Ronneburg (LINKE): Das muss man Ihnen erläutern!]

bevor Sie eigentlich zum Inhalt ihres Antrags kommen. Dazu haben Sie jetzt nicht so viel geredet. Es war natürlich auch wieder autofeindlicher Klassenkampf dabei, aber das lasse ich mal weg.

[Harald Moritz (GRÜNE): Das ist ja ganz neu!]

(Kristian Ronneburg)

Die Idee, die Sie hier vorhaben, nämlich an einem Tag im Jahr, am 22. September, beispielsweise schon 2020, einen Tag autofrei zu machen und den Tag gratis im öffentlichen Nahverkehr zu gestalten, ist im Grundsatz in Ordnung.

[Regina Kittler (LINKE): Guck an!]

Das sage ich Ihnen. Es fehlt mir nur immer ein bisschen der überparteiliche Duktus bei Ihnen. Sie müssen das immer gleich mit klassenkämpferischen Parolen flankieren, wie eben auch, gegen das Auto. Ich hätte mich auch einmal gefreut, ein paar Worte des Bedauerns über Ihr Scheitern zu hören, dass die IAA nicht hierher kommt, wo wir hätten Arbeitsplätze schaffen können und auch ein neues Mobilitätskonzept.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Das stand aber leider nicht in den Textbausteinen des Linken Abgeordneten. Das ist bedauerlich.

[Regina Kittler (LINKE): Sie brauchen keine Textbau- steine! Ihre Reden sind immer gleich!]

Ich sehe eine Zwischenfrage und freue mich darauf.

Genau. Dann gibt es eine Zwischenfrage des Kollegen Buchholz. – Bitte sehr!

Bitte sehr, Herr Buchholz! Mit Freude!

Vielen Dank, Herr Kollege, für die Möglichkeit. Da Sie gerade die IAA-Vergabe angesprochen haben: Jetzt einmal unabhängig davon, wie die Diskussion in Berlin verlaufen ist, frage ich Sie, ob Ihnen bekannt ist, dass ein Unions-Ministerpräsident, nämlich der Kollege aus Bayern, offensichtlich 15 Millionen Euro auf den Tisch legen musste, damit die IAA nach München geht.

[Zurufe]

Da sind Sie wahrscheinlich sehr gut informiert. Mir liegen diese Erkenntnisse nicht vor. Da sehen Sie aber einmal, wie Standortpolitik läuft für eine Stadt, für ein Bundesland. Davon sind Sie weit entfernt in Berlin. Das ist Ihr Problem.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Große Infrastrukturmaßnahmen und -vorhaben dieser Stadt begleiten Sie entweder mit Distanz oder Ablehnung, beispielsweise den Flughafen BER. Da ist viel

leicht noch die Sozialdemokratie mehrheitlich für diesen Flughafen, aber die beiden anderen Parteien, deren Mitglieder übrigens auch gern in den Urlaub von diesem Flughafen fliegen, finden diesen Flughafen gar nicht gut. Sie würden am liebsten Ganztagsfliegen verbieten. Sie wollen das Autofahren verbieten und Ähnliches. Wenn Sie immer alles verbieten wollen, alles hassen, was international tradierte Fortbewegungsmittel sind oder auch Möglichkeiten, Gesellschaften weiterzuentwickeln, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass ein Automobilverband, der durchaus in der Lage wäre, sich neuen Dingen zu öffnen, sagt: Es ist besser, wir gehen nach München. Ich kann es verstehen. Sie haben es einfach verbockt bei Rot-Rot-Grün mit der IAA. Das muss man Ihnen immer wieder sagen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) – Zuruf von der LINKEN]

Das stand auch nicht in den Textbausteinen des Abgeordneten eben. Es wird wahrscheinlich gleich auch nicht bei den Rednern der Regierung stehen.

Jetzt komme ich noch einmal zu diesem Antrag, weil mir das eigentlich viel wichtiger ist. Wenn Herr Ronneburg in seinem Text allenfalls zu 15 Prozent über den Antrag geredet hat, ansonsten aber nur die Koalitionsvereinbarung von SPD, Linken und Grünen in ihrer grundsätzlichen Verve noch einmal rekapituliert hat, möchte ich dennoch noch einmal kurz auf diesen Antrag kommen. Der Antrag ist nicht schlecht. Das muss ich Ihnen sagen. Aber Sie haben schon wieder einmal etwas vergessen. In Ihrer linken Denke sehen Sie bloß Berlin, und in Berlin sehen Sie eigentlich nur den S-Bahnring und alles, was darin wohnt, denn da wohnen Ihre Wähler. Die Stadtaußenlage, der Stadtrand, der P+R-Verkehr, das Land Brandenburg sind Ihnen egal. Warum wollen Sie eigentlich nicht den Senat beauftragen, das auch mit dem Land Brandenburg zu besprechen. Warum wollen Sie das eigentlich nur in Berlin? Stellen Sie doch anheim, dass vielleicht auch Brandenburg – –

[Kristian Ronneburg (LINKE): Haben Sie den Text des Antrags gelesen?]

Ich habe das gelesen. Sie schreiben „VBB“. Herr Ronneburg, bleiben Sie ruhig! Bekommen Sie keinen roten Kopf!

[Kristian Ronneburg (LINKE): Ich bin doch der rote Klassenkämpfer!]

Sie haben in der Tat geschrieben „VBB“. Sie haben aber nicht hineingeschrieben – Herr Ronneburg, bleiben Sie ganz entspannt und locker –, dass auch anheimzustellen wäre, dass man es im Land Brandenburg versucht. Dass Sie Gespräche anheimstellen, dass die Landesregierung Berlins mit der Brandenburger Landesregierung redet, das steht explizit nicht im Antrag. Das wollte ich Ihnen nur sagen. Sie haben natürlich den VBB erwähnt. Nur,

der VBB, so, wie es in Ihrer Lesart ist, wird sich hier nur um das Tarifgebiet Berlin kümmern. Etwas anderes steht da nicht drin. Sie haben Brandenburg entweder vergessen oder wollen es nicht.

Der zweite Punkt, den ich Ihnen sagen möchte, ist, dass Sie natürlich auch sagen müssen, wie Sie das finanzieren wollen. Das ist glücklicherweise auch gleich noch im Hauptausschuss. Wir nehmen gleich eine Überweisung an den Hauptausschuss vor. Ich würde gern einmal wissen, was das kostet. Ich sage noch einmal, dass ich das sympathisch finde, diesen Antrag hier abzustimmen.

[Zuruf von Kristian Ronneburg (LINKE)]

Bleiben Sie doch einmal ruhig, Herr Ronneburg! Rufen Sie nicht immer dazwischen! Sie sind hier nicht auf einem Parteitag der Linken, wo Sie sich behaupten müssen. Bleiben Sie doch ganz entspannt!

[Regina Kittler (LINKE): Oh, mein Gott! Bleiben Sie doch mal entspannt! Es sind auch immer die gleichen Sprüche! – Lars Düsterhöft (SPD): Seien Sie entspannt!]

Jetzt fangen Sie auch noch an, Frau Kittler! Klar, es sind immer die gleichen, die dazwischenbrüllen. Hören Sie einfach zu. In einer Demokratie gehört es dazu. Bei Ihnen in der Linken haben Sie andere Methoden mit politischen Gegnern umzugehen. Das haben Sie am gestrigen Tag deutlich gezeigt, wo sie den Einsatz der Schusswaffe ja für einiges leider propagiert haben.

Ich sage es Ihnen noch einmal ganz deutlich. Im Grundsatz ist der Antrag in Ordnung.

[Zuruf von der Linken: Ach so!]

Sie dürfen BVG, S-Bahn, Deutsche Bahn aber nicht alleinlassen. Der Antrag sollte umfassender sein. Jetzt komme ich gleich wieder, weil Herr Schneider auch schon gleich wieder kollabiert, auf Sie zurück. Ich habe diesen Antrag mit dem quasi gleichen Inhalt Anfang der Zweitausenderjahre schon einmal gestellt. Da gab es eine rot-rote Koalition. Wir wollten damals wissen, wie die Verkehrsströme wirklich in Berlin sind. Deswegen haben wir gesagt, dass wir einmal an einem Tag einen Nulltarif haben wollen, damit wir wissen, wohin die Leute wollen, jeden Tag von A nach B, C und D.

[Zuruf]

Das haben Sie, SPD und Linke damals abgelehnt. Es freut mich, dass Sie schlauer geworden sind und diesen Antrag jetzt noch ergänzt haben. Wie gesagt, es fehlen einige Punkte, aber die CDU-Fraktion, das sage ich Ihnen gleich, wird trotz der Kritik, die ich natürlich habe, weil Sie einfach nicht perfekt sind, das müssen Sie sich eingestehen, zunächst im Ausschuss und dann wahrscheinlich auch im Parlament zustimmen.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Buchholz jetzt das Wort.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Liebe Berlinerinnen, liebe Berliner! Freibier für alle! – Das ist eigentlich der Satz, den sich jeder wünscht, dass er ihn hier mal sagen darf.

[Beifall von Joschka Langenbrinck (SPD)]

Ich muss es leider sagen: Ich kann und darf ihn nicht sagen, Kollege Langenbrinck – er hat geklatscht; Kollege Efler, glaube ich, auch –, obwohl ich das Bedürfnis verstehen kann. Wir sagen als Koalition nicht „Freibier für alle!“ – das geht zu weit –, sondern: Freifahrt für alle an einem Tag im Jahr mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln im Land Berlin! – Denn wir wollen ein deutliches Zeichen setzen im Rahmen der europäischen Woche der Mobilität, wo auch viele andere europäische Städte uns vormachen, wie man es machen kann.

Wir wollen an einem Tag zeigen: Wir haben nicht nur ein exzellentes öffentliches Personennahverkehrssystem mit vielen Bussen und Bahnen bis an den Stadtrand alle 20 Minuten.

[Zuruf von Henner Schmidt (FDP)]

Ich vertrete einen Außenbezirk, Herr Kollege! Glauben Sie mir, ich weiß es! Ich habe kein Auto, mache alle meine Fahrten mit diesen Bussen und Bahnen und erlebe das jeden Tag. – Ich kann nur sagen: Wir müssen uns nicht verstecken, sondern wir wollen an diesem Tag allen Berlinerinnen und Berlinern und den Gästen der Stadt zeigen: Busse und Bahnen in Berlin sind bestens aufgestellt – benutzt die am 22. September und bitte möglichst auch an allen anderen Tagen dieses Jahres!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich freue mich, dass auch mein parlamentarischer Geschäftsführer enthusiastisch klatscht! – Es ist ein Tag, der mit hoher Symbolik versehen ist, der zeigen soll, dass es auch ohne das Auto geht. Darum wollen wir diesen Tag in allen Bezirken zusammen mit Mobilitätsinitiativen, zusammen mit den Bezirksämtern nutzen, um zu sagen: Welche Bereiche von Berlin können an diesem Tag autofrei funktionieren?

Das kann ein großes Straßenfest sein. Das kann ein großes Kinderfest sein, dass z. B. wirklich mal auf der Straße stattfinden kann und darf. Das kann eine Sportveranstaltung sein. Das können viele andere Ideen sein, die wir mit den Menschen vor Ort in den Kiezen umsetzen wollen. Da bietet sich so ein Tag an, der 22. September jedes Jahr, wo man sagen kann: An diesem Tag könnt ihr