Der Dringlichkeit haben Sie eingangs bereits zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP. Es hat das Wort Herr Abgeordneter Czaja. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir legen Ihnen heute einen Antrag vor, der als Grundlage dienen soll, das von vielen auch heute in der Fragestunde und auch in den Redebeiträgen in der Aktuellen Stunde angesprochene Thema Kurzarbeitergeld noch einmal in die politische Debatte, aber vielmehr in die politische Verantwortung zu bringen. Sicherlich kann
man bei diesem Antrag das eine oder andere im Rahmen einer gemeinsamen Beratung noch wesentlich stärker inhaltlich ausbauen und verbessern, aber ich darf die derzeit amtierende Präsidentin zitieren, die heute Morgen sagte, Kurzarbeitergeld sollte erhöht werden. Ja, das finden wir auch, dass das Kurzarbeitergeld erhöht werden soll. Wer sich die vorbildliche Arbeit der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg an dieser Stelle anschaut, der kann dieser Überlegung eigentlich nur beitreten, wozu wir Sie hier auch ermutigen wollen.
Es ist ein Thema, das viele in der Stadt betrifft. So darf ich insbesondere die Kollegen Fraktionsvorsitzenden und wirtschaftspolitischen Sprecher, die am gestrigen Tag noch einmal ein Schreiben der Berliner Familienunternehmer erhalten haben, daran erinnern, dass auch hier die klare Forderung aufgestellt wird – ich darf mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren:
Gruppen von schon vor der Krise deutlich Geringverdienern: Da viele Unternehmer in dieser Krise nicht die finanziellen Spielräume haben, das Kurzarbeitergeld aufzustocken, kann hier für exakt zu definierende Teile der unteren Einkommensgruppen gestaffelt und weitere Aufstockung bis zu 100 Prozent sogar ermöglicht werden.
Das ist die Forderung der Familienunternehmer, eine Forderung, mit der wir uns auseinandersetzen sollten. Unser Antrag soll dazu als Grundlage dienen. Ob man das an einer Pauschale ausrichtet, so wie wir Ihnen das vorschlagen, nämlich an einem monatlichen Einkommen und sich dann das Arbeitsnetto anschaut, ob man das orientiert an Sozialkriterien, wie es jetzt die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg gemacht hat, all das sind Optionen. Es darf aber in dieser Krise keinerlei Denkverbote und Tabus geben, darüber zu sprechen, darüber nachzudenken. Wir sollten dieses Thema mit dem gleichen Tempo angehen, wie diese Stadt das Thema angegangen ist, Soforthilfen für die Berliner Unternehmen am Ende des Tages auf den Weg zu bringen. Darum bitten wir Sie und fordern Sie regelrecht auf, mit uns ein Konzept zu arbeiten, das Kurzarbeitergeld an dieser Stelle um 20 Prozent aufzustocken. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich bzw. wir Ihnen gerade, Herr Czaja, so zugehört haben, könnte man fast meinen, dass es in der
FDP doch noch sozialliberale Ideen gibt. Wenn ich mich dann aber an die Hauptausschusssitzung in der vergangenen Woche erinnere, wo Sie gegen die Erhöhung des Mindestlohns in Berlin gestimmt und auch kräftig dagegen gewettert haben, ist dem eben nicht so. Es bleibt dabei, die FDP hat kein Herz für Geringverdiener.
Bei dem Antrag zum Kurzarbeitergeld geht es Ihnen wohl vor allem darum, Arbeitgeber aus ihrer Verantwortung zu entlassen, als Tarifpartner das Kurzarbeitergeld freiwillig aufzustocken. Das hat mit sozialliberaler Politik nicht viel zu tun.
Trotzdem ist die Idee, das Kurzarbeitergeld wie für Familien auch für Geringverdiener zu erhöhen, nicht falsch.
Das darf aber nicht dazu führen, dass unsere anderen sozialen Sicherungssysteme, wie vorgeschlagen, die gerade dafür gemacht sind, dass sie bei Krisen auch genutzt werden, abgeschaltet werden. Wozu gibt es das Wohngeld oder die Grundsicherung, wenn nicht für Krisenfälle?
Rechtlich geht der von der FDP vorgeschlagene Berliner Sonderweg auch nicht so einfach, denn Kurzarbeitergeld ist eine Bundesmaßnahme und wird auch vom Bund bezahlt. Das Bürokratieargument von Ihnen ist in meinen Augen auch eine schwache Position, denn Bürokratie wird durch Ihren Antrag nicht vermieden. Zwar könnte es weniger Beantragungen von Wohngeld geben, aber im Gegenzug wird eine neue Bürokratie bei der Bundesanstalt für Arbeit erzeugt, um die Anspruchsberechtigten zu finden, und beim Land Berlin, das alle Ansprüche prüfen und erstatten muss.
Finanziell ist der Vorschlag der FDP auch nicht konsequent, denn es ist klar zwischen Bund und Ländern geregelt, welche Kosten der Bund und welche Kosten die Länder zu tragen haben.
Ich frage Sie: Wie soll das Land Berlin dann einen Sonderweg à la FDP verfolgen und Kosten der Krise einseitig übernehmen und den Bund aus der Verantwortung entlassen? Zudem würde der Sonderweg der FDP dazu führen, dass Brandenburger Angestellte in einem Berliner Unternehmen weniger Kurzarbeitergeld als Berliner Angestellte bekommen, und das kann auch nicht ernst gemeint sein. Ein Kurzarbeitergeld für Geringverdiener muss bundesweit eingeführt werden. Ich bin mir auch sicher, dass die Frau Präsidentin, die Sie zitiert haben, das so gemeint hat und nicht einen solchen Vorschlag, wie Sie ihn hier vorgetragen haben.
Die Bundesregierung und der Senat haben bereits viel für die Bürgerinnen und Bürger in finanzieller Not getan. Das ist heute Morgen deutlich geworden. Die ersten Hilfen sind bereits ausgezahlt. Das hat mir auch noch einmal der Taxifahrer bestätigt, der mich heute Morgen hierher gefahren hat, der auch seine 14 000 Euro bekommen hat.
Das ist nicht vornehm, Herr Czaja, das dient der Gesundheit. Ich wollte so wenig Risiko wie möglich eingehen. Ich bin mir sonst nicht zu schade, mit der S-Bahn zu fahren. Solche Bemerkungen können Sie hier lassen.
Am Schluss meiner Rede möchte ich mich persönlich, aber auch im Namen der SPD-Fraktion, bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und der IBB bedanken, die dafür sorgen, dass die Hilfen auch rasch bei den Berlinerinnen und Berlinern ankommen. Vielen Dank, für Ihren Einsatz!
Da ich jetzt noch fast eine Minute Redezeit habe, die will ich jetzt nicht komplett nutzen, möchte ich noch einmal sagen, dass das, was Herr Schupelius von der „B.Z.“ gesagt hat, wo eigentlich die Opposition ist, schon zutrifft. Was geben Sie hier für ein Bild ab mit Milchmädchenrechnungen zu den Berliner Flughäfen und jetzt einem Sonderweg bei dem Kurzarbeitergeld, der nur zu Problemen führen würde. So etwas muss bundesweit geregelt werden, aber nicht so, wie Sie es vorgeschlagen haben. Wenn das die Forderungen der Opposition sind, dann ist es wirklich schlecht um Sie bestellt. Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger erwarten mehr. Und dieses „mehr“ hat der Senat in den letzten Tagen geliefert und wird es auch weiter liefern, damit Berlin besser dasteht als vor der Krise. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben doch heute Morgen, Herr Heinemann, genug Zeit dafür gehabt, auch das, was alles in dieser Stadt hervorragend läuft auch hervorragend zu unterstreichen und mit viel Eigenlob und mit viel Verständnis, über die Fraktionsgrenzen hinweg im Übrigen, zu applaudieren und zu unterstützen.
Jetzt ist aber auch wirklich mal gut. Es ist gut, an dieser Stelle mal die Polemik vor der Tür zu lassen, weil, das
hat uns in den letzten Tagen hier extrem ausgezeichnet, dass wir die Probleme der Berlinerinnen und Berliner in den Mittelpunkt gerückt haben und nicht das parteipolitische Geplänkel. Das, was Sie hier gemacht haben, also wirklich, dafür sollten Sie sich echt schämen!
An dieser Stelle das Thema Kurzarbeitergeld derartig zu missbrauchen, um Parteipolitik zu machen, das gehört sich überhaupt nicht. Ich kann Sie nur bitten, nein, fast dazu aufrufen, das zu unterlassen und hier nach Lösungen zu suchen, sonst ist Ihnen doch auch jede Bundesratsinitiative recht, sonst ist Ihnen auch jeder Anruf beim Senator recht, dafür einzutreten, gemeinsame Lösungen auf Bundesebene hinzubekommen oder sogar Berliner Sonderwege zu verabreden. Beim Mietendeckel und anderen Geschichten haben Sie auch die Kraft aufgebracht, Berliner Sonderwege zu verabreden, dann tun Sie es jetzt auch hier, wo es darauf ankommt, denjenigen, die Unterstützung brauchen, tatsächlich auch Unterstützung zukommen zu lassen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Schämen muss ich mich nicht und auch nicht meine Fraktion, wenn, dann müssen Sie sich schämen, dass Sie jetzt zum Beispiel ganz vielen Beschäftigten nicht einen höheren Mindestlohn gewähren wollen und hier so gegen diese Maßnahmen, die wir beschlossen haben, wettern. Das gehört doch alles zusammen, wenn Sie hier was für Geringverdiener tun wollen, dann müssen Sie auch dem zustimmen,
und das ist schäbig. Das Kurzarbeitergeld muss bundesweit geregelt werden und nicht mit so einem unausgegorenen Konzept, was Sie haben.
Wenn Sie hier mit Parteipolitik kommen, was Sie hier für Argumente heute wieder zu den Flughäfen gebracht haben, das hatte doch alles mit Ihrer Initiative damals zu tun und das war genauso Parteipolitik. Wenn Sie sich das mal wirtschaftlich angucken und nicht irgendwelche Milchmädchenrechnungen aufmachen, dann – –
[Holger Krestel (FDP): Was hat denn das mit Kurzarbeitergeld zu tun! – Zurufe von Sebastian Czaja (FDP) – und Dr. Kristin Brinker (AfD)]
Das ist doch genau die Milchmädchenrechnung, man schließt doch den Flughafen, der die meisten Kosten verursacht,
und die 1 000 und die 2 000 Passagiere kann Schönefeld ganz dicke abführen. Das ist doch alles nicht konsequent, und so gewinnen Sie hier keinen Blumentopf, und das ist auch gut so.
[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Holger Krestel (FDP): Sie sind für die Wahlergebnisse der SPD verantwortlich!]