Der Antrag der AfD versucht mal wieder, Tatsachen zu verdrehen, will Fakten schaffen aufgrund falscher oder verfrühter Schlussfolgerungen. Übrigens ist auch Ihre Aussage, in Stuttgart wären die Dieselfahrverbote insgesamt aufgehoben worden, schlichtweg falsch. Doch was fordert die AfD in ihrem Antrag eigentlich für die Berlinerinnen und Berliner? – Freie Fahrt für den Autoverkehr, egal, was aus dem Auspuff herauskommt, und dazu pauschal die Aufhebung aller verkehrsrechtlichen Anordnungen aus Emissionsschutzgründen. Hier ist die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner in Berlin vollkommen egal. Noch einmal zur Erinnerung: Stickstoffdioxid erhöht das Risiko, frühzeitig aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben. Es begünstigt außerdem das Auftreten von Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Herzinsolvenz – –
Entschuldigung: Herzinsuffizienz, Schlaganfall, Asthma und weitere potenzielle tödliche Lungenkrankheiten.
Nicht wegen der Aufzählung, sondern ich darf Sie aus einem anderen Grund fragen, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.
Nein, danke! – Ich habe nur noch einen Satz. – Nicht nur in Zeiten von Corona brauchen wir mehr Gesundheitsschutz und keine freie Fahrt für Dreckschleudern auf Berliner Straßen. Deshalb werden wir Ihren Antrag auch ablehnen. – Danke!
Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nehmen wir an, die Dieselfahrverbote und die 30er-Tempo-Limits zur Luftreinhaltung würden die Luftqualität verbessern, dann müssten, wie Kollege Scholtysek schon gesagt hat, die Messwerte für Stickoxide und Feinstaub während der drastischen Reduktion des Verkehrs durch den Coronashutdown stark zurückgegangen sein. Wie die Messungen in Berlin und Stuttgart zeigen, ist das nicht der Fall. Die Werte schwanken unabhängig von dem reduzierten Verkehrsaufkommen. Folglich war die ursprüngliche Annahme falsch. Dieselfahrverbote und 30er-Tempo-Limits verbessern die Luftqualität nicht. Das nennt sich Beweis durch Widerspruch für diejenigen in der Regierung, die in Logik etwas firmer werden wollen.
Tempo 30 und Luftqualität konstruiert haben, herrschte zur Zeit der Messungen, mit denen Sie diese Maßnahmen begründen, nur eine Korrelation. Dass man aus einer Korrelation keine Kausalität folgern kann, lernt man zu Beginn der ersten Vorlesung zur Statistik an der Universität. In Bayern und Baden-Württemberg lernt man das sogar schon in der Oberstufe einer guten Schule. In Stuttgart zumindest sind die Dieselverbote wieder aufgehoben unter dem grünen Bürgermeister Fritz Kuhn.
Immer häufiger findet man in Berlin auf Hauptverkehrsstraßen scheinbar beliebige Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 30 Kilometer pro Stunde, die sich nur über 50 oder 100 Meter erstrecken. Der vorausschauende Autofahrer erblickt schon beim Einfahren in die 30er-Zone hinten wieder das 50er-Schild. Er bremst überrascht, um in einer solchen Zone nicht von einem Blitzer kriminalisiert zu werden, erhöht damit aber die Unfallgefahr. Zum Ende des Abschnitts muss erneut auf 50 beschleunigt werden. Meinen Sie, das senkt den Kraftstoffverbrauch, Frau Günther?
Durch die modernen Motoren und Abgasfilter fahren die Autos sowohl bei Tempo 30 als auch Tempo 50 nahezu ohne umwelt- und gesundheitsschädliche Emissionen. Der Berliner Autofahrer ist seine Kriminalisierung inzwischen gewohnt. Der Bundesverkehrsminister hat aber nun die mittleren Strafen bei Geschwindigkeitsübertretungen über Nacht abgeschafft, und deshalb folgt bereits bei 21 Kilometer pro Stunde überhöhter Geschwindigkeit der Führerscheinentzug. Das hat in Berlin mit seinen zunehmenden 30er-Schikanen auf breiten Straßen besondere Brisanz. Auch bei Tempo 30 können alte Leute und Kinder eine Straße nicht gefahrlos überqueren. Sie helfen weder alten Leuten noch Kindern.
Herr Kollege Schatz, im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Deutschen mehr Kinder brauchen. – Danke schön!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Empfohlen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist unstrittig, dass wir viel Unterstützung für unsere Wirtschaft, für unsere Unternehmen, für unseren Mittelstand im Land brauchen. Wir haben gesehen, dass die Soforthilfe II insofern sehr erfolgreich war, weil sie einfach war, weil sie unbürokratisch funktioniert hat und weil zumindest nach meinem Empfinden die Überweisung der Soforthilfe als Betriebseinnahme auch dazu geführt hat, dass, sollte jemand in diesem Jahr doch noch ein gutes Jahr haben, um es einmal so zu formulieren, es im nächsten Jahr über die Steuererklärung uns wieder zugutekommen wird. Wir sehen jetzt bei der Diskussion um die Soforthilfe IV und V, wie schwierig es ist, zwischen den Branchen zu entscheiden und zu lavieren: Wer
bekommt einen Zuschuss, und wer bekommt einen Kredit? – Ich kann auch warten, Herr Schneider, bis Sie sich zu Ende ausgetauscht haben. Wenn ich störe, dann warte ich.
Deswegen möchten wir noch einmal aufmerksam machen auf die Lösung, Unternehmen zu helfen über eine Umsatzausfallzahlung, und zwar in einer Form, in der die Finanzämter für den Shutdown den entgangenen Umsatz ersetzen, auch natürlich als Betriebseinnahme gedacht. Das heißt, wenn ich meinen Umsatz erreiche, dann muss ich es natürlich im nächsten Jahr in der Steuererklärung wieder zurückfließen lassen, das ist selbstverständlich.
Wir sind jetzt im Bereich der größeren Unternehmen ab zehn Mitarbeitern; die Soforthilfe II ist ja sozusagen für sich zu sehen.
Diese Umsatzausfallzahlung soll auch wirklich den Umsatz ersetzen. Der Unternehmer muss natürlich auch für seine Kosten aufkommen. Das heißt, ich kann nicht auf der einen Seite Kurzarbeitergeld und auf der anderen Seite Umsatzausfallsteuerzahlungen nehmen. Das ist auch klar, das ist völlig logisch.
Natürlich ist das – und das ist uns auch bewusst – nicht ganz wenig Geld. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir versuchen, möglichst viele Arbeitsplätze in dieser Stadt zu retten.
Das brauchen wir einfach für die Zukunft, um wieder auf die Beine zu kommen. Das wäre ein Modell, das uns die Möglichkeit gibt, es einmal als Zuschuss auszugeben und einmal als Darlehen, bei den Unternehmen, die es nicht gebraucht haben. Kein Mensch weiß, was auf uns zukommt, und weil eine stufenweise Öffnung doch dazu geführt hat, dass man das ein oder andere wieder herausholen konnte.
Insofern freue ich mich über die Debatte darüber, weil ich glaube, dass es wirklich eine Alternative ist, wie man den Unternehmen auch helfen könnte. Ich bin auf die weitere Diskussion gespannt. – Vielen Dank!
Danke! Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP legt hier heute einen Antrag vor, der vorgibt, sich für die Belange der Wirtschaft einzusetzen.
Auf der Drucksache „Coronahilfen zielgenauer mit Umsatzausfallzahlungen vom Finanzamt“ fordert die FDP, dass die Finanzämter direkt anhand der Umsatzergebnisse des letzten Jahres den Unternehmen monatlich ein Zwölftel des Vorjahresumsatzes überweisen sollen. Im Duktus ähnlich abstruser Vorschläge geht der Antragstext dann weiter. Die Unternehmen, die das Geld nicht benötigen, sollen es dann unaufgefordert wieder dem Fiskus zurücküberweisen.
Gerade haben Sie sich noch in der Aktuellen Stunde aufgeplustert und Steuerverschwendung angeprangert und dann legen Sie solch einen Antrag vor.
Ich habe den Eindruck, dass bei der FDP die Nerven blank liegen, weil politisch betrachtet der Pleitegeier über Ihnen schwebt, um Ihre Terminologie aus der Aktuellen Stunde noch einmal zu bemühen.
Natürlich ist es für eine marktliberale Partei wie die FDP, die ständig predigt, der Markt richte alles am besten und der Staat solle sich gefälligst raushalten, eine traumatische Erfahrung, wenn nun plötzlich alle nach dem Staat rufen. Große Konzerne, wie TUI oder die Lufthansa, tun das ebenso wie die hippe Start-up-Szene, der sich die FDP sonst so gerne zu bemächtigen sucht. Ich denke da zum Beispiel an den großen FDP-Strategen Christian Lindner, der mit seinem Handy wichtigtuerisch auf Wahlplakaten posiert, als wäre er selber schon ein Startup-Unternehmer.
Bei aller Wertschätzung bin ich, gelinde gesagt, über diese Vorschläge mehr als verwundert, die einem fiskalischen Himmelfahrtskommando gleichen.
Wenn man weiterliest, soll der Fiskus sogar zu hohe Gewinne der Unternehmen zu 100 Prozent abschöpfen. Aus meiner Sicht käme dies einer Enteignung gleich und ist mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar. Stünde da nicht „FDP“ über dem Antragstext, könnte man eher eine kommunistische Splittergruppe der Autorenschaft verdächtigen.