Dafür könnten wir zum Beispiel die Nachtruhe von 5 auf 6 Uhr verlängern, was keine wirtschaftlichen Nachteile hätte. Wenn die FBB weiteres Steuergeld haben will, muss sie auch Zugeständnisse an anderer Stelle machen. Nach mir wird der Herr Finanzsenator reden. Deshalb noch einmal zum Schluss: Nehmen Sie die Studie ernst, und veranlassen Sie eine unabhängige Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Flughafens!
Danke schön, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass ich damit heute beginne, aber es scheint nötig zu sein: Der Senat von Berlin hat Vertrauen zu Herrn Lütke Daldrup, auch wenn Herr Czaja, Herr Sebastian Czaja, nicht sein Bruder, das ist mir auch wichtig, das Gegenteil hier fordert.
Er hat mit seinem Team die Fertigstellung des BER hinbekommen. Das Projekt ist teuer, weil neun Jahre zu spät. Es ist auch viel falsch gemacht worden.
Aber Herr Czaja hat noch vor Kurzem behauptet, dass die für Oktober 2020 geplante Eröffnung spätestens im Frühjahr 2020 krachend platzen würde – Zitat dieses Herrn Czaja.
Es ist schlichtweg sachfremd aus Frust darüber, dass Herr Lütke Daldrup mit seinem Team geliefert hat und die Träume der FDP geplatzt sind, seine Beurlaubung zu fordern. Das weise ich auch hiermit zurück.
Als Zweites: Es ist sachfremd, um nicht absurd zu sagen, in der jetzigen Situation solle man die Cashcow Tegel offen halten. Richtig ist, Tegel trägt in der gegenwärtigen Situation, wo der BER eben nicht eröffnet ist, zum Jahresergebnis deutlich positiv bei. Aber wenn die Studie, die Czaja zitiert, zuträfe, liegen die Passagierzahlen bei 32 – Minimalvariante – bis 39 Millionen Passagieren 2025. Das kann nun zweifelsfrei der Zwei-bis-dreiTerminal-Flughafen BER Willy Brandt fliegen. Wenn zusätzlich Tegel offen gehalten würde, wäre das jedenfalls eine zusätzliche Finanzbelastung. Das ist völlig zwingend.
Es geht auch nicht rechtlich, und das weiß auch dieser Herr Czaja. Also mein Ratschlag: Lassen Sie diesen Vorschlag besser stecken!
Drittens: Ja, sehr geehrte Damen und Herren der FDP, es gibt jetzt vermutlich tatsächlich zeitliche Reserven in der Eröffnung bis zum 31. Oktober. Das ist aber eher ein Erfolg von Herrn Lütke Daldrup mit seinem Team und nichts, was man kritisieren sollte. Vielleicht geht es tatsächlich vier Wochen schneller, wenn man die rein technische Zeit sieht. Dann sollten Sie aber, vielleicht empfiehlt sich da auch ein Gespräch mit der CDU, aufhören, den Bund aufzufordern, die temporäre Schließung von Tegel zu blockieren oder zu hintertreiben. Übrigens ein kleiner Hinweis: Die EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands beginnt für Herrn Scheuer völlig überraschenderweise am 1. Juli des Jahres. Also das ist doch Quatsch.
Dann komme ich jetzt mal zu den Zahlen – das ist der vierte Punkt: In der Studie, die Herr Czaja zitiert, wird das operative Ergebnis für 2019, das bei minus 95 Millionen Euro liegt, über das wir im Übrigen regelmäßig berichten, so viel zum Thema Transparenz – das liegt eben nicht bei minus 193 Millionen, aber auf 100 Millionen kommt es da irgendwie offensichtlich nicht an.
Der Schallschutz wird über 40 Jahre abgeschrieben. Darauf hat ein Redner schon hingewiesen. Das wird aber in der Studie so dargestellt, als findet das nicht statt, und einfach mal als Ausgabe von 370 Millionen 2020 eingebucht. Der geplante Liquiditätsabfluss für Schallschutz im Jahr 2020 beträgt 34 Millionen. Die Abschreibung der 370 Millionen, selbst wenn das richtig wäre, darauf ist auch schon hingewiesen worden, wäre knapp 10 Millionen. Also auf 350 Millionen scheint es da nicht anzukommen. Erst kommt es auf 100 Millionen nicht an, dann kommt es auf 350 Millionen nicht an.
Dann wird die Erlössituation schlichtweg falsch dargestellt. Natürlich ist das auch kritisiert worden, und es hat etwas damit zu tun, dass es auch sinnvoll ist, über Flughafengebühren dazu beizutragen, dass sich Verkehrs
ströme richtig lenken. Deswegen ist es auch richtig, und es ist im Übrigen genehmigt, dass sich die Erlössituation an dem neuen Terminal von etwa 12 Euro pro Passagier auf künftig ungefähr 18 Euro pro Passagier verbessert. Das sind 50 Prozent mehr. Damit man im Kopf mitrechnen kann, lasse ich mal die Nachkommastellen weg. Bei 40 Millionen Passagieren macht das 240 Millionen Euro mehr. Darauf kommt es aber offensichtlich auch nicht an. Wer das dann alles addiert, stellt fest: Oh Wunder, in der wundersamen Studie, die zitiert wird, landet man nicht mehr bei negativen Zahlen, sondern man landet im schwarzen Bereich.
Wenn man sich dann – und das ist jetzt der fünfte Punkt – die Mühe macht, in die Studien zu gucken, die dieser Herr Czaja bisher zitiert hat, dann ist es so: In der Ryanair-Frontier-Studie ging man von 50 Millionen Passagieren aus. Dann wären es 300 Millionen mehr. Deswegen braucht man auch nicht – wie der Redner von der AfD gesagt hat – die Erlöse von 55 Euro pro Passagier wie in Frankfurt. Natürlich ist es sinnvoll, darüber nachzudenken, wie man die Erlössituation verbessert, und da muss viel passieren. Aber dass die Erhöhung der Landeentgelte auch unter dem Gesichtspunkt von Verkehrslenkungsaspekten ein richtiger Weg ist, glaube ich, unstrittig.
Damit komme ich zum fünften Punkt: Klar geht es auch um das Wachstum von Passagierzahlen. Mehr Passagiere sind gut für Berlin, und es ist für Berlin auch gut, wenn es endlich zu der Eröffnung des Flughafens kommt. Es ist auch von den Wirtschaftsverbänden nicht völlig grundlos darauf hingewiesen worden, dass die jetzige Situation besser ist, als sie vielleicht früher mal war. Aber die Situation wird deutlich besser, wenn es einen Flughafen gibt, und der Blick auf vergangene Krisen zeigt: Es gibt nach Krisen wieder Wachstum. Es kann aber gut sein, dass das Wachstum langsamer ausfällt. Und es kann auch gut sein, dass durch verkehrslenkende Maßnahmen und wachsendes Klimabewusstsein das Wachstum geringer ausfällt als in bisherigen Prognosen. Klar muss man das einbeziehen. Deswegen ist es die Aufgabe, der sich auch das Land Berlin als einer von drei Gesellschaftern stellt, den Flughafen operativ in schwarze Zahlen zu führen.
Es ist aber – in Richtung CDU – wirklich sachfremd – um nicht zu sagen, absurd –, den Flughafen jetzt zu wesentlichen Teilen zu privatisieren. Das Konzept kennen wir doch aus der Vergangenheit: In einer Situation, wo Sie behaupten – ich meine, unrichtigerweise –, von 1,5 Milliarden Nachschussbedarf und dramatischer Überschuldung auszugehen, führt eine Privatisierung zu einem klaren Ergebnis; das weiß man aus der Vergangenheit: Da werden Verluste sozialisiert, und anschließend werden Gewinne privatisiert. Das kann doch nicht die Logik sein!
Die Aufgabe, der wir uns stellen müssen, ist, den Flughafen operativ in schwarze Zahlen zu führen, und das wird auch gelingen.
Damit komme ich noch kurz zum Thema Corona: Richtig ist, dass die Coronasituation für alle Flughäfen dramatisch ist. Im April 2019 wurden über zwei Millionen Fluggäste abgefertigt – dieses Jahr waren es im Monat April gerade mal 20 000.
Das ist ein Minus von 99 Prozent, und das hat nun wirklich nichts damit zu tun, dass der Senat die Coronakrise erfunden hätte.
Das heißt: Bei allen Flughäfen in Deutschland fehlt damit ein wesentliches Element der Geschäftsgrundlage, und deswegen ist es so, dass ich im ersten Nachtragshaushalt diesem Parlament eine Unterstützungsmaßnahme für diese operativen Verluste von 111 Millionen vorgelegt habe. Jetzt kann man sich mal überlegen – wir wissen ja alle nicht, wie das weitergeht:
Aber es ist klar so, dass die nur für die operativen Verluste, die durch die Coronakrise entstehen, eingesetzt werden dürfen, für nichts anderes. Alles andere wäre auch mit dem Beihilferecht der EU nur schwer zu vereinbaren.
Insofern ist so: Machen Sie bitte manchmal eine Kopfrechnung! Wenn uns im Monat über 2 Millionen Passagiere fehlen, dann fehlen uns über 2 Millionen Mal die Erträge von 12 Euro, und wenn Sie annehmen, das würde über zwölf Monate passieren, dann landen Sie bei einer noch größeren Summe.
Insofern ist völlig klar: Wir reden hier über eine Situation, die alle Flughäfen erwischt, für alle Flughäfen schwierig ist und gelöst werden muss. Da sage ich ausdrücklich: Das gilt entsprechend auch für andere Unternehmen, an denen das Land Berlin beteiligt ist. Da müssen wir bei allen überlegen, wie wir durch die Krise kommen. Da wird es im zweiten Nachtrag für Unternehmen – das wurde von den Rednern der Grünen-Fraktion gesagt – einen Vorschlag geben.
Insofern komme ich zum Schluss: Die Struktur des Unternehmens und die Strategie müssen in der Situation, wo es um den Erfolg der Inbetriebnahme geht, und in der Situation, in der wir sind, angeschaut und bewertet werden.
Es macht aber keinen Sinn, nachdem einem jetzt sein Lieblingsthema weggebrochen ist, ein anderes Drama zu erfinden, das es so nicht gibt. Der Flughafen wird sich den Herausforderungen stellen. Das wird nicht nur in der internen Küche des Flughafens ausgekocht werden; das wird auch in Diskussionen des Parlaments hier stattfinden.
Aber – und das zum Schluss: Sie haben das Bild des Odysseus gebraucht. Sie haben nur eins vergessen: Odysseus kam an – er kam an. – Danke!