Die Bundesliga fängt wieder an, viele freuen sich darüber. Welche Konzepte liegen denn vor? Welche Absprachen gab es mit den Berliner Vereinen, um Ansammlungen rund um die Stadien in den nächsten Wochen zu verhindern, und wie ist die Berliner Polizei darauf vorbereitet?
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Zeelen! Der Neustart der Bundesliga beruht auf einer Vereinbarung der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin. Das hat der Berliner Senat in der entsprechenden Eindämmungsverordnung nachvollzogen. Voraussetzung dafür war, dass die DFL ein entsprechendes Konzept vorlegt, um klarzumachen, wie Infektionsschutz innerhalb der Bundesliga und vor allen Dingen auch innerhalb des Trainings der Mannschaften gewährleistet werden kann. Wir hatten im Zusammenhang mit Hertha BSC und einem Film aus der Kabine eines Spielers einen kurzen Exkurs, der uns deutlich gemacht hat, was passiert, wenn das nicht so ist. Wir haben unmittelbar mit Hertha Kontakt aufgenommen, haben eine Stellungnahme abgefordert. Die hat Hertha BSC umfänglich geliefert. Der Spieler ist beurlaubt worden.
Das zuständige Bezirksamt, dort das Gesundheitsamt, überprüft regelmäßig die Einhaltung der Hygienerichtlinien. Wir haben im Moment keinen Grund, daran zu zweifeln, dass von beiden Erstligavereinen diese Bestimmungen eingehalten werden.
Zu dem Gesamtkonzept gehört natürlich auch die Frage: Wie gehen wir mit öffentlicher Sicherheit um, und führen diese Geisterspiele gegebenenfalls zu Ansammlungen von Fans vor dem Stadion? – Auch dazu sind wir mit den Vereinen im Gespräch. Am Sonntag gibt es dieses Geisterspiel Union gegen Bayern München. Dazu sind wir mit Union im Gespräch, haben aber zur Sicherheit vier Hundertschaften für dem Sonntag bereitgestellt, um das Umfeld um die Alte Försterei entsprechend zu sichern.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wir wissen es im Moment noch nicht, wir sind mit dem Verein in Gesprächen, der Verein tut sein Möglichstes – wie wir auch –, und wir werden sehen, wie diese Geisterspiele angenommen werden. Ich hoffe, dass sie nur in der Fernsehberichterstattung ange
nommen werden. Für die Fans macht es keinen Sinn dorthin zu kommen, Public Viewing oder Ähnliches wird dort nicht stattfinden.
Wir kommen damit zur zweiten Fragerunde. Es beginnt die SPD-Fraktion. Der Herr Abgeordnete Kohlmeier hat das Wort. – Bitte!
Danke schön, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Welche verfassungsrechtlichen und politischen Abwägungen liegen der Entscheidung des Senats zugrunde, das Versammlungsrecht und die Versammlungsfreiheit sowie das schrankenlose Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit weiterhin in dem Maße wie bisher einzuschränken?
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Abgeordneter Kohlmeier! Meine Damen und Herren! Da sind verschiedene Grundrechte miteinander abzuwägen. Der Artikel 2 im Grundgesetz, das Recht der Menschen auf körperliche Unversehrtheit, auf Gesundheit, ist abzuwägen mit Artikel 8, der Versammlungsfreiheit, oder mit Artikel 4, der Religionsfreiheit. Und in dieser Abwägung der Grundrechte sind die Folgen der vollständigen Ausschöpfung dieser Grundrechte zu berücksichtigen.
Wie Sie wissen – wie wir alle miteinander wissen –, resultiert aus großen Menschenansammlungen ein entsprechendes Infektionsrisiko. Wir haben in den vergangenen Wochen gelernt, dass eine Vermeidung von großen Menschenansammlungen dazu führt, dass die Infektionszahlen deutlich zurückgehen. Dass wir in Berlin aktuell relativ überschaubare Infektionszahlen haben, ist kein Zufall, sondern Ergebnis der Entscheidungen, die getroffen worden sind. Wir sagen jedes Mal, dass die Lage fragil ist, weil – Sie wissen das – die Erfolge, die wir bei der Bekämpfung der Coronapandemie erzielt haben, jederzeit wieder verspielt werden können, wenn neue Infektionsrisiken hinzukommen.
Deshalb treffen wir immer abgewogene Entscheidungen und gehen stufenweise vor. Das betrifft natürlich insbesondere die Einschränkung der Grundrechte – selbstverständlich geht das nur befristet –, und deswegen beurteilen wir die Situation jeweils alle vierzehn Tage und treffen die Entscheidungen. Bei dem Grundrecht auf
Versammlungsfreiheit haben wir die entsprechenden Lockerungsstufen bereits vollzogen und haben auch eine Perspektive gegeben. Der nächste Schritt wird von uns am 18. Mai vollzogen mit der Freigabe von Versammlungen innerhalb von Gebäuden mit einer Obergrenze von 50 Personen, analog zu Versammlungen zur Ausübung der Religionsfreiheit, und ein weiterer Schritt erfolgt dann am 26. Mai, indem wir Demonstrationen wieder zulassen. Also die Ortsfestigkeit aufheben und die Obergrenze auf 100 Personen anheben.
Es ist – wenn ich die letzten Wochen bewerte – nicht so gewesen, dass wir mit der Entscheidung, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einzuschränken, um Artikel 2, Gesundheitsschutz entsprechend zu gewährleisten, Versammlungen unmöglich gemacht hätten. Bis zum 3. Mai haben in Berlin 85 öffentliche Versammlungen mit einer Obergrenze von 20 Personen stattgefunden. Ab dem 4. Mai waren das bisher 73 angemeldete und genehmigte Veranstaltungen mit einer Obergrenze von 50 Personen. Das heißt, das Recht auf Versammlungsfreiheit ist gewährleistet, aber klar ist, dass wir diese Begrenzungen jedes Mal neu überdenken müssen.
Prognosen abzugeben ist schwer – der Regierende Bürgermeister hat ja vorhin schon dazu Stellung genommen –, da wir immer die Infektionszahlen anschauen müssen. Wenn ich trotzdem eine Prognose wagen würde, würde ich sagen, wenn die Infektionszahlen so niedrig bleiben, wie sie gegenwärtig sind, dass wir im Laufe des Juni zur vollständigen Versammlungsfreiheit zurückkehren können, wie das Thüringen schon getan hat.
Danke schön, Frau Präsidentin! – Ist der Senat mit mir der Ansicht, dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in unserer Demokratie konstituierend ist, und zwar anders als zum Beispiel das Einkaufen in einer großen Shopping Mall, wo sich ebenfalls viele Menschen aufhalten? Und ist der Senat mit mir der Ansicht, dass in der Abwägung zwischen Artikel 2 Grundgesetz, der Gesundheitsschutz, und Artikel 8 Grundgesetz, die Versammlungsfreiheit, der Gesundheitsschutz einer Versammlung auch dadurch gewährleistet werden kann, indem man Auflagen macht, zum Beispiel gegebenenfalls und notfalls das Instrument des polizeilichen Notstandes nutzt oder dass Versammlungen zum Beispiel auf großen Straßen in Berlin, wie der Straße des 17. Juni, stattfinden können?
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Abgeordneter! Nein, dieser Auffassung bin ich nicht ganz. Das Instrument des polizeilichen Notstandes können sie nur anwenden, wenn die Polizei nicht mehr in der Lage wäre, eine Lage zu bewältigen. Die Berliner Polizei ist im Umgang mit Demonstrationen außerordentlich erfahren, und selbstverständlich können wir die Lagen bewältigen und erhalten auch aus anderen Bundesländern oder von der Bundespolizei Unterstützung. Insofern ist das Instrument des polizeilichen Notstandes – ich weiß gar nicht, ob das jemals herangezogen worden ist – bisher jedenfalls noch nicht herangezogen worden, und es war auch nicht notwendig. Das würden wir nicht tun.
Wie schwer es ist, den Infektionsschutz tatsächlich umzusetzen, haben Sie am 1. Mai oder jetzt bei den verschiedenen ungenehmigten Demonstrationen gesehen. Wenn sich Tausende Menschen, die die Absicht haben, diesen Mindestabstand eben nicht einzuhalten, versammeln, ist das durch die Polizei kaum noch umzusetzen.
Daraus resultieren dann Infektionsrisiken, und deshalb verfolgt der Senat den Weg der stufenweisen Freigabe der Grundrechte. Aber ich stimme Ihnen zu, dass die Eingriffe in diese Grundrechte sehr gravierend sind und dass wir sehr vorsichtig damit umgehen und so schnell wie möglich lockern müssen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator, gab es denn am 1. Mai Sonderrechte für die linksradikale Szene, die mit 3 000 Menschen, ohne jeden Schutz, aufmarschiert sind? Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus, dass die linke Szene der Meinung ist, dass sie in dieser Stadt machen kann, was sie will, ohne Sanktion zu bekommen?
[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Links verbieten! Versammlungsfreiheit abschaffen! Grundgesetz abschaffen! Zuruf von Ülker Radziwill (SPD)]
Frau Präsidentin! – Sehr geehrter Abgeordneter Wansner! – Solche Sonderrechte gibt es für niemanden.,
Und die vergangenen Wochenenden nach dem 1. Mai haben durchaus gezeigt, dass sich auch die rechtsextremistische Szene Rechte herausnimmt und dass sich Verschwörungstheoretiker, Esoteriker, Impfgegner versammeln und ihre Gewalt, auch Gewalt gegen Polizisten, auf die Straße tragen. Das ist durch nichts zu rechtfertigen. Ich glaube, dass wir diese Extremisten, egal ob von rechts oder von links oder aus welcher Gruppierung auch immer, durchaus im Griff haben, dass die Polizei das bewältigen kann.
Was mich umso mehr besorgt, ist, dass vor allem am 1. Mai und auch an den vergangenen Wochenenden, die Zahl der Schaulustigen, der erlebnisorientierten Menschen außerordentlich groß war, und die machen es der Polizei sehr schwer. Deswegen kann ich nur sagen: Sorgen sind berechtigt, aber passen Sie auf, dass Sie sich nicht vor einen Karren spannen lassen. Schützen Sie sich, und indem Sie sich schützen, schützen Sie auch andere.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich habe eine Verkehrsfrage und frage den Senat: Wird der Senat aufgrund fallender Emissionswerte auf den Straßen Berlins während und nach der Coronakrise die Möglichkeit prüfen, einzelne verhängte Dieselfahrverbote nun wieder zu widerrufen beziehungsweise keine neuen anzuordnen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wie Sie wissen, prüfen wir kontinuierlich, wie sich die Emissionen entwickeln. Wichtig, um solche Beschränkungen wieder aufzuheben, ist natürlich die langfristige Senkung. Augenblicklich sehen wir das noch nicht, dass wir über einen längeren Zeitraum Emissionswerte erreicht haben bei NOx, dass wir sagen können, wir können unbesorgt wieder das Ursprüngliche herstellen. Insofern bleibt es erst einmal wie es ist.
Darf ich Ihrer Aussage oder Ihrer Antwort entnehmen, dass es durchaus nicht ausgeschlossen ist, dass bei weiterhin fallenden Werten diese Fahrverbote aufgehoben werden?
Ja, natürlich ist es so. Fahrverbote gibt es sowieso nicht. Wir haben bei einzelnen Straßen Durchfahrverbote
für ausgewählte, besonders schmutzige Dieselfahrzeuge. Ich weiß nicht, die Sachverhalte sind sehr klar, warum es da zu Gelächter kommt.
Es ist so, wie ich das darstelle, und wenn die NOxGrenzwerte über einen längeren Zeitraum eingehalten werden, dann werden natürlich an diesen Straßen diese Durchfahrverbote aufgehoben. Das haben wir auch nie anders kommuniziert. Das soll nicht für alle Ewigkeit sein. Das ist doch vollkommen klar. Insofern kann ich das mit ja beantworten.